Hydraulische Rückstoßdämpfer sind keine neue Erfindung. Seit der Einführung der Modelle ArmaLite AR-10 und AR-15 in den frühen sechziger Jahren gab es vielfältige Konzepte, Prototypen und marktfertige Produkte von zahlreichen Herstellern – unter anderem auch von Colt. Das erfolgreichste Produkt von allen war der AR-Restor der Firma Enidine, die heute zum ITT-Konzern gehört und sich auf Lösungen und Technologien zur Vibrations- und Stoßabsorption spezialisiert hat. Obwohl Enidine den freien Verkauf von AR-Restor eingestellt hat, ist er noch für Militär- und Regierungsorganisationen erhältlich.
2012 haben einige Ingenieure, die den AR-Restor (und einen großen Teil der Rückstoßdämpfungstechnik von Enidine) entwickelt haben, in New York ein neues Unternehmen gegründet: die Kyntec Corporation. Seitdem hat Kyntec seine Qualitätsprodukte für Autos, Luft- und Raumfahrttechnik und Industrieprodukte vollständig überarbeitet und verbessert sowie seine eigenen hydraulischen Rückstoßdämpfer für Kleinwaffen – Kynshot – patentiert.
Wir haben drei Muster der hydraulischen Rückstoßdämpfer von Kynshot bekommen: RB5000, RB5004 und RB5007. Alle sind für den Einsatz in standardmäßigen Schubschaftrohren für die AR-15 im Kaliber .223 Rem., die AR-10 im Kaliber .308 Win. sowie für Pistolenkarabiner auf AR-Basis konzipiert.
Bevor wir uns mit dem eigentlichen Tests befassen, noch eine Anmerkung zu Rückstoßdämpfern im Allgemeinen: In AR-Waffen ist der Rückstoßdämpfer im Schließfederrohr zwischen der Schlagfeder und dem Verschlussträger platziert. Er verhindert, dass die Schlagfeder zu stark zusammengedrückt wird und sorgt durch Hinzufügen einer spezifischen Masse für einen harten Anschlag der Verschlussträgergruppe am Ende des Wegs. Der Rückstoßdämpfer ist mit einem Satz kleiner Gewichte ausgestattet, die innerhalb des zylindrischen Dämpfergehäuses "fließen". Sie funktionieren wie die Pellets bei einem rückschlagfreien Hammer und werden (übrigens seit dem Jahr 1966) eingesetzt, um den Aufprall des Verschlussstücks zu mindern, der insbesondere bei vollautomatischen Waffen zu Ladehemmungen führen kann. Schließlich hat der Rückstoßdämpfer hinten einen Gummistopfen, der beim Repetieren den Anschlag des Dämpfers am Ende seines Wegs im Schließfederrohr etwas absorbiert.
Welche Vorteile bietet der Einsatz eines hydraulischen Rückstoßdämpfers von Kynshot?
Im Prinzip funktioniert ein Rückstoßdämpfer wie der Kynshot genauso wie der Stoßdämpfer eines Autos. Er arbeitet während des gesamten Schießzyklus: Sowie eine Patrone abgefeuert ist, entsperrt die Verschlussträgergruppe und beginnt ihre Rückwärtsbewegung. Das Gehäuse des Kynshot bleibt aber aufgrund seiner Masse noch stehen und der Ölkolben im Inneren wird zusammengedrückt, wenn sich die Verschlussträgergruppe heftig gegen den Dämpfer bewegt. Das dämpft die Anfangsbeschleunigung der Verschlussträgergruppe. Schließlich bewegt sich der Dämpfer mit der Verschlussträgergruppe. Währenddessen kehrt der Kolben in seine Ausgangsposition zurück. Dann verlangsamt der Dämpfer bis zur Maximalspannung, die der Standarddämpfer am Ende des Wegs auf das Schließfederrohr überträgt, wobei der Impuls gestreut und der gefühlte Rückstoß vermindert wird. Anstelle eines scharfen Rückstoßes fühlen wir einen sanften Schub, obwohl der tatsächliche Rückstoß der ganzen Waffe immer noch derselbe ist. Bei der Rückkehr dämpft das Gehäuse des Kynshot die Wirkung der Schlossverriegelung und schluckt den Aufprall aufgrund seiner Trägheit beinahe vollständig. Das reduziert nicht nur den gefühlten Rückstoß, sondern auch den Hochschlag und bei automatischen Waffen die Schussfolge. Es treten noch weitere interessante Wirkungen auf, die wir beim Test beobachten konnten.
Alle Dämpfer von Kynshot werden aus Edelstahl SAE 630 in Flugzeugqualität hergestellt. Die Hydraulikpatrone ist permanent versiegelt und wartungsfrei. Das Gerät wurde mit 1 Million Zyklen getestet und hat eine Lebensdauer von mindestens 10 Jahren. Der RB5000 ist mit 118 g etwas schwerer als ein Standarddämpfer für ein M4 im Kaliber .223 Rem.
Der hydraulische Rückstoßdämpfer von Kynshot im Test...
Für den Test der Kynshot-Dämpfer haben wir verschiedene Waffen benutzt. Der RB5000 und der RB5004 wurden drei Monate lang mit Tausenden von Patronen ausgiebig getestet, die ohne eine einzige Ladehemmung verschossen wurden. Wir haben zwei halbautomatische Karabiner M4 im Kaliber .223/5,56 mm NATO mit 12" und 16" langen Läufen und ein SASS-Weitschussgewehr vom Typ ArmaLite AR-10 im Kaliber .308 Win. mit 24"-Lauf verwendet.
Das Einsetzen könnte nicht einfacher sein: Öffnen Sie die Waffe, nehmen Sie den Standarddämpfer heraus und tauschen Sie ihn gegen den entsprechenden Kynshot aus. Das ist alles!
Man stellt augenblicklich fest, dass sich das Feedback vom Spannhebel verändert hat. Der Kynshot ist ausgezogen länger als ein Standarddämpfer und das Zurückziehen des Verschlusses führt dazu, dass er zu früh das hintere Ende des Schließfederrohrs berührt: Man muss weiter ziehen, um die Kolbenkraft zu überwinden und ihn zusammendrücken, damit der Verschluss eine Patrone aus dem Magazin ziehen kann. Man gewöhnt sich aber sehr schnell daran. Trotzdem kann es sich für manche Schützen befremdlich anfühlen, vor allem wenn sie die Verschlussträgergruppe ohne Magazin verriegeln. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass der Verschlussfanghebel etwas straffer wird, wenn der Druck des Hydraulikkolbens bei verriegelter Verschlussträgergruppe zur Spannung der Schlagfeder hinzukommt.
Unsere Erfahrung beim Schießen mit dem M4-Karabiner zeigt, dass der Rückstoß viel sanfter wird. Das gesamte Verhalten der Waffe kann so beschrieben werden, dass alle "Ecken und Kanten" plötzlich geglättet sind. Das halbautomatische Schnellfeuer ist sehr stabil, sogar mit einem einfachen Phantom-Mündungsfeuerdämpfer (an der 16"-Waffe) und ohne Mündungsbremse. Der Hochschlag wird auch etwas verringert. Diese Wirkung zeigt sich vor allem im Visierbild. Auch Zielfernrohre mit Vergrößerung können leichter auf dem Ziel gehalten werden. Außerdem werden Schießzyklus und Auswurf extrem konstant und alle Hülsen fallen ein paar Meter vom Schützen entfernt auf ein ordentliches Häufchen. Folgeschüsse können schneller abgegeben werden und der Schütze hat spürbar mehr Kontrolle über die Waffe. Interessanterweise liegt das gerade daran, dass der Kynshot die automatische Schussfolge eigentlich verlangsamt, damit den Impuls über einen längeren Zeitraum verteilt und so die harten Schläge des Verschlusses (Metall auf Metall) an beiden Enden seines Weges abdämpft.
Der Effekt ist nicht ganz so dramatisch wie beim AR-10, denn dessen Eigengewicht ist größer, so dass der gefühlte Rückstoß ohnehin sanfter ausfällt. Allerdings ist der Einschlag des Projektils durch das Zielfernrohr besser zu beobachten, weil der Dämpfer die unregelmäßigen Vibrationen des Verschlussstücks mindert, das beim Repetieren an das hintere Ende und den Verschluss des Schließfederrohrs schlägt. Die Behauptung des Herstellers scheint zu stimmen, dass auf diese Weise schädliche Vibrationen das Zielfernrohr gar nicht erst erreichen.
Eine Frage, die im Zusammenhang mit hydraulischen Rückstoßdämpfern immer auftaucht, ist diese: "Was passiert, wenn er versagt?" Es passiert nichts! Denn wenn die Dichtung nicht hält und Öl ausläuft, verhält sich der Kynshot ganz ähnlich wie ein Standarddämpfer und man kann weiterhin schießen.
Den Dämpfer RB5007 haben wir ebenfalls kurz getestet, und zwar für 9 mm und ähnliche Pistolenkaliber in AR-Derivaten. Eine gründlichere Bewertung wird in Kürze erscheinen. Wir können aber jetzt schon sagen, dass er insbesondere beim Schießsport mit IPSC-Mini-Waffen und ähnlichen sehr vielversprechend ist.
Zu guter letzt noch eine Anmerkung zu hydraulischen Rückstoßdämpfern: Für die Kontrolle ist ITAR zuständig, denn an Militärwaffen dienen sie in erster Linie der Reduzierung der Schussfolge bei Dauerfeuer. Deshalb können sie nicht direkt erworben und nicht ohne Lizenz aus den USA exportiert werden. Trotzdem haben die Distributoren die Produkte ins Sortiment aufgenommen, so auch Brownells, die das gesamte Sortiment zu Preisen ab 145,- Euro in Europa vertreiben.
Mehr Informationen zu den Kynshot Rückstoßdämpfern erhalten Sie auf der Website des Herstellers.
Der Vertrieb in Europa erfolgt durch Brownells.