Test: Kestrel 5700 – was bringt das Windmessgerät zur Ergänzung von Laser Rangefindern?

Wer sich mit Geräten wie dem von Leica gebauten Laser-Entfernungsmesser Rangemaster CRF 2800.COM und dessen verbesserter Version Rangemaster CRF 3500.COM befasst, steht oft vor der Frage, wer solche Reichweiten braucht. Nun, es gibt ja auch außerhalb von Jagd und Schießsport Anwendungen, bei denen akkurates Berechnen solcher Reichweiten nützt. Überdies neigen leistungsfähigere Instrumente in schwierigen Situationen weniger zu Störungen. Folglich kommt etwa bei schlechten Sichtverhältnissen (Nebel) ein besseres Gerät später an seine Grenzen. Nun zeigte der Rangemaster im Test (VISIER 12/2019) bei vorausgegangener Programmierung auf die eigene Laborierung die ballistischen Korrekturdaten zuverlässig an. Was fehlte, war der Einfluss von Wind. Kann man den aber nicht messen, lässt sich sein Einfluss nur mit viel Erfahrung in den Haltepunkt einbeziehen. Exakt hier kommt zum Einsatz, was die Schützenszene als "Kestrel" kennt. 

Hinter diesem englischen Begriff für den Turmfalken steckt eine komplette Gerätefamilie, hergestellt vom US-Hersteller Nielsen-Kellerman. Dabei handelt es sich um vollwertige Wettermessgeräte inklusive Windmessung in verschiedenen Ausbaustufen. Wer nun in Betracht zieht, derlei mit dem Leica-Gerät zu koppeln, für den ist die Kestrel-Serie 5 von Interesse, einschließlich des 5700 (mit Hornadys Ballistikrechner-App 4DOF) und des neuen 5700X. Diese Geräte haben eine eingebaute "Applied Ballistics" und lassen sich in der Version mit dem Zusatz "LiNK" an die Leicas koppeln. Das geschieht per Bluetooth. Zudem ist eine Verbindung mit der Apple Watch möglich, was zusätzlich eine Datenübertragung zwischen Spotter und Schütze gestattet. 

Kestrel 5700 und Leica CRF 2800.COM
Hat das Windmessgerät der Kestrel-Serie 5 den LiNK-Zusatz, lässt es sich per Bluetooth mit dem Leica Rangemaster CRF 2800.COM verbinden.

Freilich sei gleich gesagt, dass die Kestrels nicht nur eine, sondern diverse ballistische Funktionen bieten. Will man die voll nutzen, kommt man um eingehendere Beschäftigung mit den atmosphärischen Parametern nicht umhin. Immerhin ermöglicht ein Zusatzprogramm die bequeme Konfiguration des Parameterprofils und die anschließende Übertragung auf den Kestrel. Leider erhält auch der Kunde dieses komplexen Produkts bei dessen Erwerb nur rudimentäre Bedienhinweise – die vollständige Dokumentation findet sich online. Dies erschwert den Einstieg und die spätere intensive Beschäftigung outdoor erheblich. Am Rande sei bemerkt, dass man des Englischen mächtig sein muss, aber selbstverständlich stehen die Daten umschaltbar auch in metrischen Einheiten zur Verfügung. 

Wenn CRF2800/3500.COM mit Kestrel 5700, Ruger Kestrel 5700, Hornady Kestrel 5700 oder Kestrel 5700 Elite samt integriertem Ballistikrechner eine Zweierbeziehung eingegangen sind, zeigt der CRF2800.COM sowohl wie bisher die Höhenkorrekturen als auch jetzt die Seitenwinkelkorrekturen an, die aus der Windgeschwindigkeit resultieren. Nun bewirkt allein die Komponente des Windes quer zur Flugbahn eine Seitenablage, die anderen Komponenten sorgen für Hoch- respektive Tiefschuss, was aber eigentlich bloß bei extrem weiten Schüssen relevant wird. Folglich muss man das Messgerät so halten, dass es den Wind quer zur Schussrichtung misst und anzeigt. Es geht auch komfortabler: Als Zubehör gibt es eine Mini-Wetterfahnenstation namens Kestrel-Vane, in die das Gerät eingesetzt wird und sich nach der Windrichtung dreht. Abgelesen und übertragen werden kann dann die berechnete Windgeschwindigkeit 90 Grad zur Schussrichtung. Nun mag man einwenden, dass auch jetzt immer noch nicht die Windverhältnisse über die gesamte Flugbahn berücksichtigt werden. Richtig, jedoch haben die Windverhältnisse in der Feuerstellung bis etwa zu einem Drittel der Flugbahn den meisten Einfluss auf die Seitenabweichung.

Bleibt zu klären, ob sich das jeweilige Geschoss über seine gesamte Flugstrecke hinweg messen lässt. Das sollte mit einem Gerät auf Doppler-Radarbasis gehen, derzeit hat der Hersteller Trijicon ein solches in der sprichwörtlichen Pipeline. 

Test-Fazit zum Kestrel 5700:

Jedenfalls ist es eine wichtige Ergänzung, wenn man den Wind in die ballistischen Rechnungen einbeziehen kann und nicht bloß schätzen muss. Das werden besonders Long-Range-Schützen zu schätzen wissen. Als Zusatzvorteil ersetzt auch der eingebaute Ballistikrechner die von der Leica Hunting App bezogenen Daten. Denn die Hunting App kann weitab jeglicher Internetverbindung ja keine Änderungen der Parameter berücksichtigen. Die per Kestrel gewonnenen Daten sind nicht wesentlich exakter als vorher, trotz Einbeziehung weiterer ballistischer Einflüsse. Sie lassen sich aber jederzeit modifizieren, sei es, um die Meereshöhe des Geländes zu verändern, die atmosphärischen Bedingungen neu einzupflegen oder, was seltener vorkommen dürfte, ballistische Grunddaten neu einzustellen. Zwar ist der Preis für einen Kestrel nicht vernachlässigbar, je nach Anbieter, Modell und Ausstattung rangiert er zwischen zirka 450,- und 950,- Euro. Aber dafür erhält man ein nützliches Gerät, um die Vorausberechnung der Geschossflugbahn zu präzisieren.


Weitere Informationen zu den Windmessgeräten der Serie 5 erhalten Sie auf der Homepage von Kestrel Industries.

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