Blei ist der seit Jahrhunderten traditionelle Werkstoff für die Geschossherstellung. Und obwohl Bleilegierungen aktuell in der Diskussion sind, werden sie auch im Jahr 2014 nach wie vor als Ausgangsmaterial für die Mehrzahl aller verkauften Projektile genutzt.
Klar, Blei ist nicht teuer, leicht zu verarbeiten und schwer. Die hohe Dichte des Bleis (11,3 g/cm3) sorgt für hervorragende ballistische Eigenschaften. Blei ist jedoch relativ weich und hat mit 327 Grad Celsius eine ziemlich niedrige Schmelztemperatur.
Die Vorteile des Bleis sind zum Teil auch nachteilig. Bei der Beschleunigung des Geschosses und der dabei entstehenden Belastung bildet der Bleiabrieb einen Belag im Lauf, der bei zunehmender Stärke die Schusspräzision nachteilig beeinflusst. Dies ist übrigens bei der Verwendung von Tombak nicht anders, Tombak lässt sich aber chemisch lösen. Da sind wir beim Thema: Welche Mittel lösen Blei?
Waffenpflegeprodukte gibt es wie Sand am Meer. Wir haben einige Fabrikate ausgewählt, die versprechen, auch als Bleilösemittel zu funktionieren. Nur das von vielen Waffenbesitzern auch als Vielzweck-Öl genutzte WD 40 unterkriecht, aber löst nicht spezifisch Blei. Alle anderen in der Tabelle aufgeführten Mittel erheben den Anspruch, Blei zu lösen oder zu beseitigen. Dabei ist Blei chemisch wirklich nicht leicht zu beseitigen. Es gibt Mittel, die das können, die sind aber entweder giftig und/oder haben auch eine ätzende Wirkung auf den Stahl.
Übersicht der im Test verwendeten Waffenöle und Bleilösemittel:
Um der Sache auf den Grund zu gehen, haben wir Bleigeschosse für 24 Stunden in den gelisteten Flüssigkeiten untergetaucht. Das Resultat war eine herbe Enttäuschung, nicht die feinste Rille an den Projektilen war aufgelöst oder gar weggeschmolzen. Allerdings handelte es sich um harte Geschosse mit einer Legierung aus 93% Blei, 4% Antimon und 3% Zinn, die vielleicht zu widerstandsfähig für die Lösungsmittel war.
Um hier Zweifel auszuräumen, wurden im identischen Testverfahren Luftgewehrkugeln, die, ähnlich wie auch Kleinkalibergeschosse, aus 99,5% Blei und 0,5% Antimon bestehen, verwendet. Auch hier gab es nach 24 Stunden keinerlei Auflösungserscheinungen. Nach dem Tauchgang haben wir die Diabolos an der Luft trocknen lassen; wie das Foto zeigt, blieben die Ränder makellos.
Haben die getesteten Waffenpflegemittel trotzdem Wirkung?
Wenn das Blei auf chemischem Weg nicht entfernt werden kann, dann mechanisch. Wer einen Baumwollfetzen auf dem Putzstock durch den Kleinkaliberlauf drückt, wird sehen, dass zuerst eine Mischung von Pulverresten-Kohlenstoff und Fett auf dem Tüchlein klebt. Beim zweiten Patch kann man bereits besser sehen, dass etwas Blei im Gewebe steckt. Die Struktur des Gewebes ist mitentscheidend für die reinigende Wirkung.
Das Blei der Kleinkaliber-Geschosse ist weich und wird auch durch das Tuch weggerieben. Einen Mehrwert hat eventuell dünnes Waffenöl. Dieses könnte Bleireste unterwandern, weil Blei beim Abkühlen mehr schrumpft als Stahl. Hierdurch entsteht möglicherweise eine Kapillarwirkung. Ob die dann im Stande ist, Blei zu lösen, ist eine andere Frage. Bestimmt hilft das Waffenöl, indem es Pulverreste und Kohlenstoff löst. So entsteht eine Art Paste, die eine reinigende Wirkung hat. Zu bedenken gilt auch, dass die Rückstände ziemlich hart sein können. Bei Randfeuermunition ist oft gemahlenes Glas im Zündstoff vorhanden, weshalb man Kleinkaliberwaffen auch nicht zu viel „schrubben“ sollte. Empfehlenswert ist es, nach jedem Schießen den Lauf ein oder zwei Mal durchzuwischen. Sehr gut für die schnelle Zwischenreinigung sind Reinigungsschnüre wie „BORE BLITZ.“ Die enthält keine Borsten und sorgt dafür, dass der Lauf nach der Reinigung wieder schnell die gewünschte Leistung bringt.
Es dauert halt immer 10 bis 20 Schuss, bis die KK-Waffe nach der Reinigung wieder auf Topschussleistung eingependelt ist. Die Messing- oder besser Bronzebürste kommt nur zum Einsatz, wenn man bemerkt, dass die Schussleistung abnimmt. Dies dürfte bei Intensivtätern so etwa einmal im Monat sein.
Faustfeuerwaffen: Eine Hand voll Blei
Weitaus dramatischer kann die Bleiverschmutzung bei großkalibrigen Faustfeuer-waffen ausfallen, vor allem wenn stramm geladene Munition mit gefetteten Bleiprojektilen zum Einsatz kommt. Waffentechnische Konstruktionsmerkmale spielen hier ebenso wie höhere Geschossgeschwindigkeiten und andere Verhältnisse zwischen Masse und Oberfläche eine Rolle.
Bei einem Revolver entstehen Bleiablagerungen vor allem im Bereich des Übergangskonus, weil das Geschoss bereits einen ziemlich langen rotationsfreien Weg zurückgelegt hat, wenn es in den Lauf gepresst wird. Das Blei, das sich dann im Kegel ablagert, ist nicht leicht weg zu putzen. Chemische Mittel haben hier kaum eine Chance, der „LEWIS LEAD REMOVER“ leistet hier gute, mechanische Arbeit. Doch auch bei Pistolen kann der Übergangsbereich vom Patronenlager in den gezogenen Lauf ein Problembereich sein, weil hier kleinste Riefen bereits ihren Tribut fordern können.
Sein Fett weg kriegen
Weil Bleigeschosse oft auch gefettet sind, untersuchten wir, inwieweit die getesteten Reinigungsmittel das Geschossfett auflösen können. Dazu wurde ein härteres Geschossfett (RCBS) in Kugelform (1,5 Grains) 5 Minuten lang in 50 Grains Reinigungsflüssigkeit bewegt. Die Proben wurden mit allen Waffenölen weicher, aber nur mit BUTCH BORE SHINE, MOUNTAIN COWBOY und SHOOTERS CHOICE verloren die Kugeln bis zu 10% Masse. Keinesfalls spektakulär!
Fazit: Blei wird nur mechanisch zuverlässig beseitigt mit Tuch, VFG Pfropfen, Schnur, Bürste, Lewis Lead Remover oder einem Poliermittel wie J-B oder KG 2. Reinigungsmittel können Schmutz und Metallablagerungen zum Teil unterwandern. Alle Mittel nahmen Pulverreste auf und lösten auch Kohlenstoffrückstände, damit unterstützen Sie die Reinigung und können obendrein als Rostschutz einen positiven Beitrag liefern. Für die Beseitigung von Blei sollten Sie keine Mittel benutzen, die stark ammoniakhaltig sind. Ammoniak löst Tombak, kann Blei jedoch nichts anhaben. Der Nachteil, dass Ammoniak hygroskopisch wirkt, also Feuchte in den Lauf bringt, braucht man nicht wirklich!
Teuflisches TEFLON?
Vor geraumer Zeit warnte der deutsche Waffenpflegeprodukt-Hersteller BALLISTOL KLEVER vor Mitteln, die PTFE enthalten. PTFE, bekannter unter dem Markennamen TEFLON, ist als Zusatz von Waffenpflegemitteln ungeeignet, weil es sich bei den hohen Temperaturen, die im Schuss entstehen, in giftige, gesundheitsschädliche Bestandteile, wie Flusssäure, zersetzt.
Ein Hersteller der PTFE verwendet, meinte dazu, dass man die Säure in ihrem Produkt chemisch neutralisiert hat. Dann sollte man das aber auch auf der Verpackung vermerken. Der Ball liegt nun bei den Herstellern, die in der Verantwortung stehen, hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung unbedenkliche Produkte auf den Markt zu bringen. Wenn es etwaige Risiken gibt, sollte darauf eindeutig hingewiesen werden, dann hat der Konsument die Wahl.
Keramik kann’s?
Vielleicht ist das Problem mit dem PTFE der Grund dafür, dass es etwas gedauert hat, bis KLEVER das neue Produkt „GUN CER“ eingeführt hat. BALLISTOL GUN CER ist ein keramikhaltiges Waffenöl, das kein PTFE enthält. Damit unterscheidet es sich von den bisherigen Produkten von SCHLETEK und FLUNA TEC. Beide Hersteller bieten Waffenöle an, die keramikhaltig sind aber auch PTFE an Bord haben. Dass Schmierstoffe gesundheitsschädigend sein können, ist bekannt, die weitere Gefahr, die von PTFE ausgehen kann, nun ebenso. Weshalb hat man nun aber diese Hochleistungsöle auf den Markt gebracht? Die neuen Waffenöle sollen die Waffe schützen und den ungewünschten Effekt des Ölschusses beseitigen.
Bei FLUNA TEC SPECIAL COAT deutet das letzte Wort in der Produktbezeichnung schon darauf hin, dass es sich hier um eine Art Beschichtung handelt.
Das Ziel dieser Beschichtung? Kältebeständigkeit, Behebung des Ölschusses und Korrosionsschutz. Mehr oder weniger das Gleiche verspricht SCHLETEK mit „2 in 1 Gun-Tuning“. Mit diesem Mittel behandelte Waffen sollen bei Temperaturen von minus 40 bis 750 Grad Celsius klaglos funktionieren. Auch das neue BALLISTOL KLEVER GUN CER soll in diesen Temperaturbereichen seinen Dienst verrichten, mehr noch, die Keramikpartikel sollen sogar bis 1.000 Grad Celsius halten. Und nun der Ölschuss.
Nachtrag von all4shooters.com:
Seit der IWA gibt es von FLUNA TEC auch eine Variante ohne PTFE: Es heißt FLUNA Gun Coating. Wir gehen davon aus, dass die aktuellen Forschungsergebnisse von BALLISTOL auch andere Hersteller zum Handeln bewegt haben.
Ölschuss, Laufkondition & „fouling shots“
Bekannt ist das Phänomen, dass der erste Schuss aus dem zuvor gereinigten, geölten und kalten Lauf immer eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Abweichung zu den folgenden Schüssen hat. Wenn dieser erste Ölschuss in der Treffpunktlage mehrere Zentimeter von der Kerngruppe entfernt ist, dann ist das keine beruhigende Sache. Manche meinen, dass der Ölschuss zwangsweise immer zum Hochschuss führt. Dies ist nicht immer der Fall. Die Ursache der anderen Treffpunktlage kann dadurch erklärt werden, dass das Schwingungsverhalten des Laufes sich ändert, weil das Öl im Schuss verdampft oder verbrennt. Auch wenn man den Lauf nach dem Ölen sorgfältig mit trockenen Patches durchwischt, ist der Lauf nicht richtig trocken. Das Öl kriecht in Poren und feine Risse.
Vor allem Gewehre, die wiederholt heiß geschossen wurden, weisen „heat cracking“ (Wärmerisse) auf. Die um bis zu fünf Prozent geringere Geschossgeschwindigkeit des Ölschusses, die auch oft konstatiert wird, hat auf Entfernungen bis 100 Meter wenig Einfluss. Ganz anders sieht das natürlich auf großen Entfernungen aus, denn bei einer .308 Winchester ergeben 10 m/s Geschwindigkeitsunterschied mindestens
10 cm Höhendifferenz in der Treffpunktlage.
Viele Standardläufe weisen ab Werk winzige Unregelmäßigkeiten auf und im Dauergebrauch können nach vielen Schüssen und suboptimaler Pflege mikrofeine Krater („pitting“) im Inneren entstehen, was letztendlich natürlich auch Auswirkungen auf die Präzision haben kann. Wer dann mit einem sorgfältig gereinigten Lauf schießt, wird oft feststellen, dass sich das Gewehr über die ersten Schüsse einpendeln muss, was unsere US-Schützenbrüder als „fouling shots“ bezeichnen.
Tombak schmiert und füllt während der ersten Schüsse Unregelmäßigkeiten im Laufinneren aus. Danach hält die Waffe je nach Kaliber und Laufqualität 20 bis 60 Schuss eine gute Schussqualität mit guten Gruppen. Daraus müssen wir schlussfolgern, dass wir als Schützen zwei zweckverschiedene Laufpflege-Aspekte zu berücksichtigen haben: Die pure Laufreinigung, um Ablagerungen im Lauf zu entfernen, und die Konservierung, die dazu dient, Korrosion zu vermeiden. Reinigen Sie nur, wenn die Schussleistung abnimmt, aber konservieren sie nach jedem Schießen!
Für wen ist der Ölschuss wichtig? Nicht für Sportschützen, die vor dem Wettkampf Probeschüsse machen können. Für Einsatzkräfte und Jäger ist der erste Schuss jedoch von eminenter Bedeutung. Viele wagen es nicht mit einem gereinigten Lauf zu schießen und sind dem Grundsatz treu, nie mit einer „frischen“ Waffe zur Jagd zu gehen. Generell gilt es festzustellen, dass es bei Schusswaffen selten Pauschallösungen gibt. Wenn ein Gewehr im gutmütigen Standardkaliber .308 Winchester mit einer Munitionssorte und einem Öl eine gute Leistung hinsichtlich des kritischen ersten Ölschusses an den Tag legt, dann muss sich das noch lange nicht auf andere Gewehre und Laborierungen übertragen lassen. Heißere Kaliber können dann wiederum für ganz andere Überraschungen sorgen, weil sie manchmal etwas empfindlicher reagieren.
Weil wir schon positive Erfahrungen mit keramikhaltigen Waffenpflegemitteln gesammelt hatten, wurde mit solcherart Ölen von FLUNA TEC, BALLISTOL und SCHLETEK Vergleichserprobungen zum Ölschussverhalten durchgeführt. Hier überzeugte vor allem das neue BALLISTOL GUN CER, denn die Präzision blieb gut und die Geschossgeschwindigkeit konstant. FLUNA TEC SPECIAL COAT folgte mit knappem Abstand auf dem zweiten Platz und „2 in 1 Gun-Tuning“ von SCHLETEK landete, wie man der Tabelle entnehmen kann, auf der dritten Position:
Damit keine Missverständniss aufkommen: Das ist das Ergebnis dieses Einzelfalls und jeder Schütze sollte eigene Versuche anstellen, um herauszufinden, was für ihn am besten funktioniert. Vielleicht sind Sie mit BOREBLITZ und BRUNOX TURBO bestens bedient, wenn nicht, probieren Sie mal die keramikhaltigen Waffenöle aus.
Rostschutz
Die gute Leistung beim Ölschuss hat nur einen Wert, wenn das Waffenöl auch vor Korrosion schützt. Der Ausgangspunkt ist ja, dass das Laufinnere geschützt und trotzdem eine gute Schussleistung gewährleistet ist. Wir unterzogen die nun erprobten Mittel dem gleichen Salzwasser-Sprüh-Dauertest, den wir schon vor über einem Jahr bei 20 Waffenpflegeprodukten anwandten. Hier gab es wenige Überraschungen. Die meisten der erprobten Waffenöle befinden sich im mittleren Schutzbereich:
Das Öl, das sehr enttäuschte, war das REMINGTON Rem-Oil. Die mit den anderen Ölen behandelten Stahlscheiben fingen nach etwa 48 Stunden an, die ersten Rostflecken zu zeigen. Somit brachten sie nicht die Leistung der Sieger aus dem ersten Test (siehe Caliber 1/2013, das Sie hier im Online-Shop bestellen können).
Die Waffenöle BIRCHWOOD BARRICADE, BRUNOX LUB & COR und GUN CER von BALLISTOL sind mit Abstand nach wie vor die besten Rostschützer.
Fazit der caliber-Redaktion zum Test der Waffenpflegemittel
Es gibt nicht die „eierlegende Wollmilchsau“ für die Laufreinigung und Waffenkonservierung. Bei der Beseitigung von Blei kann auf die mechanische Arbeit nicht verzichtet werden, denn chemisch wirken die hier vorgestellten Mittel nicht wirklich. Es gibt gute Mittel, um Tombak-Ablagerungen zu beseitigen, die Wirksamsten sind aber ammoniakhaltig, wodurch wiederum ein letzter Reinigungsgang mit einem guten Rostschutzmittel notwendig ist. Für die Schützen, für die der erste Schuss absolut akkurat sein muss, bilden die keramikhaltigen Waffenöle eine prima Lösung. Dass bei diesen Waffenölen der Rostschutz etwas geringer ausfällt, spielt in der Praxis keine wirklich große Rolle, wenn man innerhalb einiger Wochen die Waffe wieder benutzt.