Im Vergleich zu einer konventionellen Repetierbüchse mit Zylinderverschluss ist das halbautomatische Funktionsprinzip eines Selbstladegewehres aufwändiger und es sind mehr Bauteile während des Schiessvorgangs in Bewegung. Aus diesem Grund sollten prinzipiell bei der Reinigung funktionsrelevante Teile regelmäßig unter die Lupe genommen werden, um eventuellen Störungen vorzubeugen. Anhand eines AR-15 Gewehres, das auch in der deutschen, vielfältigen Schießsportlandschaft immer mehr Fuß fasst, geben wir Tipps rund um die Inspektion, Wartung und Pflege von Selbstladegewehren.
Hierbei arbeiteten wir mit zwei unterschiedlichen praxisnah zusammengestellten Waffenpflegekomplettsets "M16/M4 Softpack" und "5.56 Soldiers Tool Kit" des führenden US-Herstellers Otis Technology. Das Unternehmen offeriert eine beeindruckende Vielzahl von Reinigungssystemen für alle Waffenarten und beliefert die amerikanischen Streitkräfte sowie unzählige US Polizeibehörden (siehe auch: www.otistec.com). Unsere beiden Werkzeug- und Pflegesets sind ganz speziell auf das AR-15 Waffensystem abgestimmt.
Einspritzer
Bei diesem Gewehr werden die Pulvergase im vorderen Laufbereich abgezapft und über das Gasrohr in das obere Systemgehäuse geleitet, wo sie direkt auf den Verschlussträger wirken. Hier entstehen im Dauergebrauch unvermeidbar starke Verunreinigungen und Ablagerungen an den Waffenteilen, die direkt mit den Gasen in Berührung kommen. Diese müssen früher oder später beseitigt werden, wenn man die zuverlässige Waffenfunktion erhalten möchte.
Nicht ohne Grund entdeckt man die typische 1966 beim verbesserten M16A1 Modell eingeführte, manuelle "Forward Assist" Schließhilfe auf der rechten Gehäuseseite hinter dem Auswurffenster, mit der man den Verschluss bei zu starker Verunreinigung in seine Endstellung drücken kann. Im sportlichen Metier tut man gut daran, kürzere Wartungsintervalle einzuhalten, damit die Schließhilfe gar nicht erst genutzt werden muss, weil keine Funktionsstörungen auftreten.
Natürlich braucht man seine Waffe auch nicht nach jedem Schießen komplett zu demontieren, um eine große Generalreinigung durchzuführen. In der Regel dürfte es ausreichen, den Lauf nach 100 Schuss chemisch zu reinigen und nach 500 Schuss die Waffe in ihre Hauptbestandteile zu zerlegen, um diese zu säubern.
Laufreinigung
Grundsätzlich empfiehlt es sich, für alle Reinigungstätigkeiten eine Kunststoffmatte mit griffiger Oberflächenstruktur als Arbeitsunterlage zu verwenden, weil das Waffenfinish geschont wird und Kleinteile nicht verloren gehen können. Bei einem AR-15 muss am zweiteiligen Systemgehäuse nur ein Demontagequerstift herausgedrückt werden, um das Gewehr aufklappen und den Lauf säubern zu können. Allerdings lässt sich die Waffe deutlich einfacher und besser reinigen, wenn man gleich beide Querbolzen löst, was in der Regel nur leichten Kraftaufwand erfordert, und das Griffstück vom Oberteil trennt.
Man muss den T-förmigen Ladehebel/Spannschieber so weit nach hinten ziehen, bis man den Verschluss aus dem Systemgehäuse ("upper") rückwärtig entnehmen kann. Da der Hebel bei der Reinigung ohnehin nur stört, kann man ihn auch gleich komplett entfernen. Hierfür muss er so lange nach hinten geschoben werden, bis eine Position erreicht ist, in der er nach unten aus seiner Führungsschiene fällt und einfach herausgenommen werden kann. Bei der späteren Montage muss man nur die Position wieder finden, in welcher der Schieber wieder in seine Schiene eingesetzt werden kann, was mit etwas Übung immer leichter fällt.
Nun hat man freie Bahn und kann den Lauf, das Patronenlager und die Verriegelungswarzen des Drehkopfverschlusses reinigen. Patronenlager und Riegelwarzen müssen nicht nach jedem Schießen gereinigt werden. Hier sollte man im Auge behalten, wie viele Messingablagerungen sich hier ansammeln. Bei jedem Zuführvorgang werden mit einer hohen Geschwindigkeit die Patronen aus dem Magazin in das Patronenlager katapultiert, wodurch es zu Messingabschabungen kommt. Diese Messingspäne bleiben dann im Patronenlager oder im Bereich der Verschlusswarzen liegen und sollten auf jeden Fall von Zeit zu Zeit entfernt werden.
Wichtig: Nach der Reinigung darf kein Öl im Patronenlager zurückbleiben, es sei denn, man möchte die Waffe längere Zeit nur lagern und wischt sie vor dem ersten Gebrauch nochmals trocken.
Öle und Fette in diesem sensiblen Bereich sorgen dafür, dass der Haftschluss zwischen Hülse und Patronenlager beeinträchtigt wird. Normalerweise formt sich die Hülse bei der Schussabgabe an das Patronenlager an, wodurch die Gasdruckkräfte gleichmäßig über die komplette Hülsenfläche an das Patronenlager übertragen werden. Wenn sich aber Öl oder Fett im Patronenlager befindet, findet dieser Haftschluss in dieser Form nicht statt, was bedeutet, dass ein Großteil des Gasdrucks jetzt über den Stoßboden abgeleitet wird.
Ein oft gesehener Anfängerfehler ist es, dass in Selbstladegewehren eingefettete Patronen verwendet werden, in dem Irrglauben, dass dadurch die Funktion verbessert wird. Letztendlich wird durch diese Praktik nur die Lebensdauer des Gewehrs verkürzt. Es reicht aus, den Lauf mit einem wirkungsstarken Reiniger zu behandeln, dann mit der Messing- oder Kupferbürste die Ablagerungen zu beseitigen und abschließend nochmals mit mehreren Baumwollfetzen (Patches) trocken durchzuwischen, bis keine Verfärbungen mehr an den Patches feststellbar sind. Mit dieser Methode fahren wir seit vielen Jahren bestens und konnten in Standardkalibern mit Gewehrläufen ordentliche Präzisionsergebnisse über 12.000 Schuss lang erreichen, bevor die Rohre endgültig zum Alteisen gehörten.
Verschlussreinigung
Bei einem AR-15 werden über die Gasrohranschlussstelle ("bolt carrier key" oder "gas key") die Pulvergase direkt in den Verschlussträger geleitet, so dass sich im Dauergebrauch am Verschluss teilweise auch festgebackene, hartnäckige Schmauchablagerungen ansammeln.
Um den Verschluss komplett in seine Einzelkomponenten zu zerlegen, empfiehlt sich folgender Arbeitsablauf: Zuerst wird der Schlagbolzenhaltesplint herausgezogen, um dann den Schlagbolzen herausnehmen zu können. Erst jetzt lässt sich das Steuerstück ("cam pin") bewegen, das zur Demontage um 90 Grad verdreht und in die untere Position gebracht werden muss, bevor es sich nach oben herausziehen lässt. Nun kann der Verschlusskopf nach vorne herausgeschoben werden. Am Hinterteil der Verschlusskopfeinheit sitzen die drei Gasdichtungsringe, die das System so lange dicht halten, bis die in der rechten Verschlussseite positionierten Gasentlastungsbohrungen ihre Arbeit verrichten können. Nicht ohne Grund gibt es die Staubschutzklappe am oberen Systemkasten, die auch die Aufgabe hat, diese beiden Bohrungen vor Schmutz zu schützen. Wenn die Büchse noch neu ist, dann bewegt sich der Verschlusskopf im Träger noch recht schwer. Hier wird man nach einiger Zeit merken, dass das Spiel größer wird, was auch normal ist. Wenn man aber den Verschluss nach unten hält, dann darf der Verschlusskopf auf keinen Fall aufgrund des Eigengewichtes nach unten in seine Endposition fallen. Hieran kann man erkennen, dass die Gasringe aufgrund von Verschleiß so schnell wie möglich gewechselt werden müssen.
Wichtig ist auch die richtige Positionierung der kleinen, sich schnell verdrehenden Kolbenringe, deren Öffnungen nicht allesamt auf gleicher Stellung stehen sollten, weil ansonsten die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, dass sie die nächsten Schüsse nicht überleben werden. Bei der Montage also darauf achten, dass die Gasdichtungsringöffnungen zueinander versetzt und so weit wie möglich voneinander entfernt liegen.
Regelmäßig überprüft werden sollten auch der Auszieher und seine vorhandene Federspannung, wenn man Funktionsprobleme ausschließen möchte. Der Auszieher wird mit einer Achse im Verschluss gesichert und kann leicht herausgedrückt und demontiert werden. Hat man den Auszieher wieder eingebaut, sollte man durch manuellen Druck checken, wie stark die Federkraft ist. Auch das Steuerstück oder der Schlagbolzenhaltesplint sollten auf Materialabnutzung oder -verformung kontrolliert werden. Nachdem alle Teile gereinigt und gesichtet wurden, kann die Büchse wieder zusammengebaut werden. Beim Einsetzen des Verschlusskopfes in den Träger sollte man darauf achten, dass der Auszieher auf etwa 10:00 Uhr positioniert ist und somit in Richtung Auswurffenster zeigt.
Abzugsreinigung
Befindet man sich oft auf offenen Freiluftschießanlagen kann es durchaus geschehen, dass Sand in die Abzugsgruppe gerät. Doch auch ansonsten wollen penible Schützen eben auch diese Einheit reinigen können. Als erstes muss der freistehende Pistolengriff abgeschraubt werden. Hierbei bleibt meistens die Feder des Sicherungsdruckstifts im Griff und der Stift wiederum im Griffstück (unteres Systemgehäuse, "lower receiver") stecken. Dieser kleine Druckstift, der schnell verloren gehen kann, sollte entfernt werden, damit man die Sicherung aus dem Griffstück herausziehen kann. Nach der Entfernung der Sicherung wird der vor dem Abzugsbügel befindliche Sicherungsstift für den Hammer herausgedrückt, wonach man das Schlagstück nach oben aus dem Griffstück entnehmen kann. Jetzt bleibt nur noch der direkt über dem Abzugsbügel positionierte Sicherungsstift des Abzuges übrig, der ebenfalls herausgedrückt wird. Nun lässt sich auch der Abzug aus dem Gehäuse entnehmen und alle Teile können gereinigt werden.
Die Montage sollte in umgekehrter Reihenfolge erfolgen, wobei es zu beachten gilt, die Schenkel der Schlaghammerfeder in die richtige Position in die Rillen des Sicherungsstiftes zu bringen, weil das den Abzug wiederum in seiner Stellung sichert.
Auf was man sonst noch achten sollte
Weil zu viel Öl oder Fett Schmutz und Pulverrückstände magisch anziehen, gilt generell das Motto "weniger ist mehr". Oft sorgt ein chronischer Fettmangel an der Schließfeder in der Schließfederröhre für ein starkes Geräusch, wenn der Verschluss die Feder zusammendrückt. Hier kann man die nervenden Geräusche auf ein Minimum reduzieren, wenn die Feder mit einem Kettenfett eingerieben wird. Ein Demontagestift, der sich im Griffstück direkt vor der Schließfederröhre/Schulterstütze befindet, muss herausgedrückt werden. Zusätzlich hat der Buffer noch eine Fläche am Kopf, die nur in Richtung Stift bewegt werden muss, so kann in der richtigen Position der Buffer samt Feder herausgenommen werden.
Gewöhnungsbedürftig bei der Montage ist, dass sich der Verschlusskopf in der vordersten Position befinden muss, damit man ihn in den Spannschieber einlegen und die Verschlusseinheit dann in den oberen Systemkasten einschieben kann. Beim Griffstück muss der Schlaghammer gespannt werden, damit man das Unter- und Oberteil mit dem Eindrücken der beiden Demontagequerbolzen wieder miteinander verbinden kann.
Ein All4Shooters-Beitrag von