Der Schießsport nimmt im Programm der Olympischen Spiele der Neuzeit einen bedeutenden Platz ein. Bereits 1896 in Athen gehörte Schießen zu den einzigen neun Disziplinen, die auf dem Programm standen. Damals gab es drei Pistolendisziplinen: Freie Pistole und Militärrevolver auf 25 Meter, Freie Pistole auf 30 Meter. Dann das freie Gewehr auf 300 Meter und das Militärgewehr auf 200 Meter.
Mit Ausnahme von Saint Louis 1904 blieb der Schießsport bis zu den zweiten Spielen in Paris 1924 auf dem olympischen Programm. Leider sagte das IOC (Internationales Olympisches Komitee) jedoch alle für Amsterdam 1928 geplanten Schießwettbewerbe kurzfristig ab, weil es argumentierte, dass die Preisgelder der UIT-Weltmeisterschaften (Union International de Tir Sportif oder International Shooting Union, seit 1998 umbenannt in ISSF, International Shooting Sports Federation) nicht in den Rahmen des Amateursports fielen. In Los Angeles 1932 wurde der Schießsport jedoch sofort wieder aufgenommen.
Der Einzelwettbewerb mit der 10-Meter-Luftpistole steht seit Seoul 1988 auf dem olympischen Programm, wobei es getrennte Wertungen für Männer und Frauen gibt und seit 2020 auch einen Mixed-Wettbewerb.
Die technischen Aspekte: Luftpistolen, Zielscheiben, Geschosse für die Olympischen Schießsportdisziplinen in Paris 2024
Die Matchwaffe ist eine einschüssige Luftpistole des Kalibers 4,5 mm (.177 Zoll) mit einem Höchstgewicht von 1.500 Gramm. Sie kann in den meisten Ländern der Welt als Sportwaffe frei besessen werden, in Deutschland ab 18 Jahren, sofern sie unter einer Mündungsenergie von 7,5 Joule bleibt. Was die vorgeschriebene Größe betrifft, so muss die Waffe in einen Holzkasten von 420 x 200 x 50 mm passen. Das Blei-Diabolo (eine Doppeltrichter-Geschossform) mit einem Gewicht von etwa 0,5 Gramm wird durch abgezapfte Luft aus einem vorgefüllten Pressluft-Behälter angetrieben (vom Regelwerk her sind auch Kompressions-, Federdruck- oder CO2-Pistolen erlaubt, diese wären aber heute nicht mehr konkurrenzfähig).
Der Abzugswiderstand darf nicht unter 500 g liegen. Der Griff der Pistole darf nicht so verlängert werden, dass er über die Hand oder einen Teil des Handgelenks hinausragt. Es sind nur "offene" und nicht-optische Visierungen erlaubt, also Kimme und Korn. Bei den Wettkämpfen muss die Pistole im Stehen mit einer Hand frei gehalten werden, wobei sich das Ziel in einer Entfernung von 10 Metern befindet.
In der Zielscheibe beträgt der Durchmesser des 10er-Rings (also der höchstmögliche Wert) 11,5 mm. Das ist also kleiner als eine 1-Euro-Cent-Münze, während der Durchmesser des 9er-Rings 27,5 mm beträgt (etwas größer als eine 2-Euro-Münze). Beim Schießen zählt bereits ein sichtbar berührter, auch nur tangierter Ring als getroffen. Allerdings gibt es schon seit 1992 bei internationalen Wettkämpfen wie auch Olympia keine Papier-Zielscheiben mehr, sondern die Treffer werden auf elektronischem Weg beurteilt, wenn das Geschoss am Kugelfang einen "Lichtvorhang" durchbricht. Die Genauigkeit ist auf 1/10 Ring justiert (noch genauer zu messen wäre technisch durchaus möglich), und die Trefferlage und die Rangliste nach jedem Schuss wird den Schützen wie den Zuschauern auf Monitoren angezeigt. Somit lässt sich ein Wettkampf eben auch ganz gut von außen mitverfolgen.
Qualifikation und Finale beim olympischen Luftpistolen-Schießen. Das sind die Regeln:
Im Einzelwettbewerb absolvieren zunächst alle Starter die Qualifikationsrunde (60 Schuss in 75 Minuten, davor 15 Minuten Vorbereitung und Probeschießen). Zehntelringe werden in dieser Runde noch nicht gezählt; bei Gleichstand werden die "Innenzehner" (5 mm Durchmesser) gezählt, danach die besseren letzten 10er Serien. Der Höhepunkt des Wettbewerbs ist das Finale über 24 Schuss, für das sich die acht besten aus dem Vorkampf qualifizieren. Hier wird einschließlich Dezimalstellen gewertet: das Maximum, also eine absolut mittige Zehn, beträgt 10,9.
Das Finale beginnt wieder bei null Ringen für alle. Zunächst schießen alle Finalisten zweimal fünf Schuss, dann noch einmal zwei Schuss. Erst dann, nach 12 Schuss, scheidet nach jeweils zwei weiteren Schüssen der Athlet mit dem dann schlechtesten Ergebnis aus. Gold gewinnt derjenige der beiden verbleibenden Schützen, der das beste Ergebnis aus den insgesamt 24 Final-Schüssen erzielt.
Der Ablauf der Qualifikation ist auch im Mixed Team im Wesentlichen identisch: 60 Schuss, aufgeteilt in je 30 Schuss für männliche und weibliche Schützen. Das dritte und vierte qualifizierte Paar kämpfen um die Bronzemedaille. Das erste Paar gegen das zweite um die Goldmedaille.
Das sind die Favoriten: Die weltbesten Männer und Frauen mit der 10-Meter-Luftpistole
Der 10-Meter-Luftpistolen-Wettbewerb der Männer bei den Spielen der XXXII. Olympiade in Tokio fand am 24. Juli 2021 statt (ein Jahr später als geplant wegen Corona). Sechsunddreißig Athleten aus 29 verschiedenen Nationen nahmen teil, und der Sieger war der 42-jährige iranische Krankenpfleger Javad Foroughi – eine echte Überraschung. Der Wettbewerb der Frauen fand am folgenden Tag statt, und der Sieg ging an die 25-jährige Schützin des Russischen Olympischen Komitees Vitalina Bacaraškina, die damit gleichzeitig einen neuen Olympischen Rekord setzte.
ACHTUNG: Da momentan noch Weltcup-Wettbewerbe laufen, bei denen weitere Startplätze für Olympia errungen werden können, verändern sich die Rangliste der besten Schützinnen und Schützen andauernd. Am aktuellsten ist der Blick in die Qualifikations-Ranglisten der ISSF:
Neben der Griechin Anna Korakaki werden der Inderin Rhythm Sangwan, der Ungarin Veronika Major und Sylvia Steiner aus Österreich gute Chancen auf Medaillen eingeräumt, ebenso Olena Kostevych aus der Ukraine. Bei den Männern gelten etwa Damir Mikec aus Serbien, Juraj Tucinsky aus Slowakien oder der Deutsche Robin Walter als Favoriten.
10m Luftpistole: Medaillen und Rekorde
Im olympischen Medaillenspiegel der 10 Luftpistolenwettkämpfe liegt China mit sieben Gold-, zwei Silber- und vier Bronzemedaillen an der Spitze, gefolgt von Russland und einer Reihe europäischer Länder: Bulgarien, Serbien, Italien, Ukraine und Frankreich.
Der Qualifikationsweltrekord in dieser Disziplin liegt bei Jin Jong-oh (Südkorea) mit 594 Punkten, der Olympiarekord wird schon seit 20 Jahren (2004) von Mikhail Nestruyev (Russland) mit 591 Punkten gehalten. Der Weltrekord für das Finale wurde 2019 in Doha (Katar) von Song Guk Kim (Nordkorea) mit 246,5 Punkten aufgestellt.
Der Weltrekord bei den Frauen in der Qualifikation liegt bei der Chinesin Ranxin Jiang mit 591 und der Weltrekord im Finale bei der Serbin Zorana Arunovic mit 246,9.
Zum Schluss noch ein technischer Hinweis: Ohne die oben genannten bleihaltigen, hochpräzisen Diabolos wäre diese Olympische Schießsportdisziplin technisch nicht möglich. Es gibt keine vergleichbaren Alternativ-Materialien.
Für den Terminkalender: Wann sind die olympischen Schießwettkämpfe 2024 mit der Luftpistole auf 10 Meter?
Sonntag, 28. Juli, 09:30 bis 13:05 Uhr: Luftpistole 10 m − Finale der Herren, Luftpistole 10 m − Finale der Frauen
Dienstag, 30. Juli, 09:30 bis10:50 − Luftpistole 10 m − Finale Mixed
ACHTUNG: Da aus organisatorischen Gründen Verschiebungen im Zeitplan auftreten können, finden Sie hier den stets aktuellen Zeitplan für alle olympischen Schießwettbewerbe in Chateauroux (in deutsch)!
In den Monaten vor den Olympischen Spielen 2024 in Paris werden wir regelmäßig Artikel über die Olympischen Spiele und den Schießsport veröffentlichen. Wir lassen Sie den olympischen Traum bis zum Anzünden des Feuers leben und auch danach, wenn es um die Medaillen geht. Bleiben Sie auf dem Laufenden!
Um die früheren Artikel unserer Serie "Road to Paris" zu lesen, klicken Sie auf die unten stehenden Links:
- Road to Paris, Teil 1: Das sollten Sportschützen über die Olympischen Spiele 2024 in Paris wissen
- Road to Paris, Teil 2: Die Schießwettbewerbe bei den Olympischen Spielen Paris 2024 vom 27. Juli bis 5. August in Châteauroux
- Road to Paris, Teil 3: Olympische Schießwettbewerbe, Medienberichterstattung und Zeitplan
- Road to Paris, Teil 4: Interview mit Luciano Rossi, ISSF-Präsident