„Schlüssel zu einem Waffenschrank sind in einem Behältnis aufzubewahren, das seinerseits den gesetzlichen Sicherheitsstandards an die Aufbewahrung der im Waffenschrank befindlichen Waffen und Munition entspricht“. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in Münster am Mittwoch, den 30.08.2023 in einem letztinstanzlichen Urteil entschieden. Hand aufs Herz: Wer hat das gewusst und wer handhabt das als Jäger und Sportschütze in der Praxis genau so? Ob Gesetzeslücke, ein klassischer Fallstrick durch unklare Gesetze oder was auch immer: Damit gelten neue Verwahrungsstandards! Auch wenn die verwaltungsgerichtlichen Ausführungsbestimmungen dazu noch auf sich warten lassen.
Hintergründe zum Urteil des OVG NRW zur Aufbewahrung von Waffenschrankschlüsseln
Das ist der zu Grunde liegende Fall für dieses Urteil: In das Haus eines Jägers aus Duisburg war während seines Urlaubs eingebrochen worden und aus dem unbeschädigten Waffenschrank waren zwei Kurzwaffen und Munition gestohlen worden. Der Waffenschrank entsprach dem gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsstandard. Die Schlüssel zu diesem Schrank bewahrte der Kläger in einem etwa 40 Kilogramm schweren, dick- und doppelwandigen Stahltresor mit Zahlenschloss auf.
Dieser Schrank genügte allerdings nicht dem gesetzlichen Sicherheitsstandard für die Aufbewahrung der im Waffenschrank befindlichen Waffen und Munition. Daraufhin hatte das Polizeipräsidium Duisburg die waffenrechtlichen Erlaubnisse des Jägers widerrufen. Dieser zog dagegen vor Gericht. Während das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Klage noch abgewiesen hatte, war der Mann in der Berufungsinstanz nun erfolgreich. Nach Ansicht des OVG lagen die Voraussetzungen für den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis nicht vor. Denn trotz der unsachgemäßen Verwahrung des Schlüssels sei der Mann nicht waffenrechtlich unzuverlässig, so das Gericht. Also Glück im Unglück – was wohl nur für diesen Einzelfall gilt.
So streng sind die Anforderungen an die Verwahrung der Schlüssel zu einem Waffenschrank nach diesem neuen Urteil
Zur rechtlichen Einordnung: Nach § 45 Abs. 2 S. 1 WaffG ist eine Waffenerlaubnis zwingend zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG legt fest, dass die Erlaubnis zu versagen ist, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG besitzt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 wiederum besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder sie nicht sorgfältig verwahren werden. Maßgeblich für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist dabei eine in die Zukunft gerichtete Prognose.
Diese Prognose des OVG fiel im vorliegenden, oben beschriebenen Fall, zugunsten des betroffenen Jägers aus. Zwar habe er objektiv gegen die gesetzlichen Anforderungen an eine sorgfältige Aufbewahrung von Waffen und Munition verstoßen, weil er die Schlüssel zu seinem Waffenschrank in einem Tresor mit einem niedrigeren Sicherheitsstandard aufbewahrt hatte, was ihm aber so nicht bewusst war und man daher nicht davon ausgehen konnte, dass es sich um ein schwerwiegendes Versäumnis handelte, das die Zuverlässigkeit in Frage gestellt hätte.
Bisher gab es keine klare rechtliche Definition für Waffenbesitzer, wie die Schlüssel eines Waffenschranks aufzubewahren sind
Das erklärt wohl auch die Milde des OVG im vorliegenden Einzelfall. Doch darauf dürfen Sie sich ab heute nicht mehr verlassen – denn nun ist die Rechtslage neu definiert. Hintergrund: Dieser objektive Sorgfaltsverstoß des Jägers aus NRW rechtfertige wohl genau deshalb eine Unzuverlässigkeitsprognose ausnahmsweise nicht, so das OLG.
Die Aufbewahrung von Waffen und Munition in Behältnissen, die mittels Schlüssel zu verschließen sind, sei gesetzlich zulässig. Konkretere gesetzliche Vorgaben, wie der Schlüssel zu einem solchen Behältnis aufzubewahren ist, fehlten jedoch, so das OVG. Ebenso wenig habe es bis zum nun verkündeten Urteil des Senats Vorgaben der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gegeben, an denen sich Waffenbesitzer hätten orientieren können. Im Übrigen hatte der Jäger es ja auch nicht unterlassen zu verhindern, dass unbefugte Dritte den Waffenschrankschlüssel an sich nehmen können. Vielmehr hatte er mit der Aufbewahrung in dem Stahltresor Vorkehrungen getroffen, "die geeignet gewesen seien könnten, einen Zugriff durch unbefugte Dritte zu verhindern oder zu erschweren", stellte das Gericht fest. Nach alledem sei daher auch ein grober Verstoß gegen waffengesetzliche Bestimmungen nicht anzunehmen.
Die Lösung: Was also tun, wenn es um die Verwahrung von Schlüsseln zu Waffentresoren geht?
Natürlich gibt es die Option, seine Waffen gleich in einem entsprechend klassifizierten Waffenschrank mit Zahlenschloss aufzubewahren, dann stellt sich das Problem nicht. Jedoch ist das Urteil des OVG nicht wirklich klar definiert. Reicht also ein Widerstandsgrad-0-Schrank (W0) zur Schlüsselaufbewahrung? Oder wie ist es mit alten Waffenschränken, die unter den Bestandsschutz fallen? Oder muss der Schlüssel zu einem Waffenschrank immer in einen Tresor mit dem identischen Widerstandgrad? Oder hängt es davon ab, was sich tatsächlich in dem Waffenschrank befindet, was ja auch die Anforderungen zwischen W0 und W1 definiert? Und selbst wenn man - wie oben empfohlen - einen Tresor mit Zahlenschloss oder biometrischer Sicherung für seine Waffenschrankschlüssel benutzt, stellt sich die Frage nach der gesetzeskonformen Verwahrung des Notschlüssels. Alles klar? Leider definitiv nicht! So bleiben also − wie so oft bei der Waffengesetzgebung − auch nach diesem neuen OVG-Urteil viele Fragen offen. Deshalb unser oben stehender Verweis auf die fehlenden verwaltungsrechtlichen Ausführungen. Wir bleiben am Ball und werden weiter berichten.
Der Kommentar von all4shooters zu dieser OVG-Entscheidung:
Das vorliegende Urteil zeigt einmal mehr, dass der Gesetzgeber insbesondere im Waffenrecht ein für den Waffenbesitzer und selbst für Juristen kaum nachvollziehbares rechtliches Konstrukt geschaffen hat, das nicht nur unübersichtlich ist, sondern dem es an vielen Stellen auch an klaren und eindeutigen rechtlichen Vorgaben und Ausführungsbestimmungen mangelt. Dadurch sehen sich dann die Gerichte in vielen Fällen gezwungen, diese Normen selbst zu definieren. Dass sie dabei nicht immer der Intention des Gesetzgebers folgen und uns das Hobby dadurch erschweren, belegen Fälle wie das inzwischen per Gesetzesänderung ausgeräumte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das Jägern 2016 den Erwerb von halbautomatischen Gewehren verbot, die Magazine für mehr als 2 Patronen aufnehmen können. Wir haben seinerzeit über dieses BVerwG-Urteil zum Halbautomatenverbot für Jäger berichtet. Wer nun aber hofft, dass der Gesetzgeber hier, wie seinerzeit beim Bundesjagdgesetz, "dazwischen geht" und die Definition des OVG NRW per Gesetzesänderung entschärft, der hofft wohl vergebens...
Deshalb uns guter Rat: Nehmen Sie bitte die Aufbewahrung Ihrer Schlüssel für Waffen- und Munitionsschränke ernst und stellen Sie sicher, dass Sie gesetzeskonform handeln.