Last but not least beschäftigen wir uns mit einem für das IPSC-Schießen äußerst wichtigen Bereich. Dem Betreten und Verlassen einer Schießposition. Bewegung, mal abgesehen von minimalistischen Short Courses (Stages mit weniger als 12 Schuss), gehört in jedem Parcours wie das sprichwörtliche Salz zur Suppe, egal ob nur wenige Schritte zwischen zwei Positionen zurückzulegen sind oder Sprintstrecken von mehreren Metern anliegen. Doch keine Angst. Das bedeutet nicht, dass man über die Qualitäten eines olympischen Sprinters verfügen muss. Was die Besten unseres Sportes allerdings bis zur Perfektion beherrschen, ist das konsequente Ausnutzen von Bewegungsräumen. Sie verstehen es, das Zeitfenster beim Betreten und Verlassen einer Position effektiv zum Beschießen von Scheiben zu nutzen und dadurch so wenig Zeit wie möglich statisch in einer Position zu verbringen. Das mag zwar häufig nicht so dynamisch aussehen wie ein Schütze, der von Position zu Position sprintet und die Ziele anschließend statisch beschießt. Doch am Ende ist es die deutlich zeitsparendere Methode. Zumal ein übermäßiges Beschleunigen zwischen zwei Positionen wiederum andere Probleme mit sich bringen kann (insbesondere muss vor der neuen Position abrupter abgebremst werden).
3 Aspekte des perfekten Positionswechsels
Doch bevor wir nun einige wichtige Punkte zum Thema Positionswechsel behandeln, sei vorweg geschickt, dass die Grundfertigkeiten (wie das Ziehen der Waffe, der Magazinwechsel, das Ansagen der Schüsse etc.) sicher beherrscht werden sollten. Denn wie soll man sich zum Beispiel schnell von der Startposition unter gleichzeitigem Ziehen der Waffe lösen können, wenn einem bereits der statische Ziehvorgang Probleme bereitet. Prinzipiell dreht sich beim Positionswechsel alles um drei Dinge:
- Man sollte beim Erreichen einer Position so früh wie möglich in der Lage sein zu schießen.
- Man sollte in der Position seine übliche Schießhaltung einnehmen.
- Die Schießposition sollte so früh wie möglich verlassen werden
Von diesen Punkten ist gerade der zweite Punkt von großer Bedeutung. In jeder Position sollte wieder die gleiche rechtwinklig zu den Zielen ausgerichtete Schießhaltung (mit gebeugten Knien und leicht nach vorne verlagertem Schwerpunkt) ein genommen werden. So leidet weder das Schießen an sich unter dem Positionswechsel, noch ist man beim Verlassen der Position eingeschränkt. Nachdem alle Ziele aus der Position beschossen worden sind, explodiert man ohne weiteres Zögern förmlich in Richtung der neuen Position. Einige Schritte vor der neuen Schießposition verlangsamt man sein Tempo und bringt die Waffe wieder in den Anschlag. Die Knie funktionieren währenddessen als Stoßdämpfer und die Visierung verrät einem, wann wieder mit dem Schießen begonnen werden kann.
Spezielle Situationen machen Anpassungen erforderlich
Das beschreibt recht treffend den allgemeinen Prozess beim Positionswechsel. Allerdings gibt es einige Variablen, die Anpassungen erforderlich machen. Zu den Variablen gehören etwa die zurückzulegende Distanz zwischen den Positionen, die Schwierigkeit der Ziele, ein notwendiger Magazinwechsel oder aber eine erzwungene Haltung, die den Positionswechsel erschwert. Bei Beachtung der nachfolgenden Punkte meistert man aber auch diese Anpassungen erfolgreich. Sobald es sich um das schnelle und effiziente Betreten oder Verlassen einer Position dreht, sagt einem nämlich die eigene Visierung recht eindringlich, was man zu tun hat. Steht die Visierung nach dem Positionswechsel nicht auf dem Ziel, hat man die Waffe nicht rechtzeitig wieder angehoben. Verlässt man eine Position, ohne ein Visierbild gesehen zu haben, hat man aller Wahrscheinlichkeit nach ein "Miss" geschossen. Steht die Visierung in der Bewegung nicht ruhig auf dem Ziel, vernachlässigt man die Position seiner Knie. Egal um was es geht, unsere Visierung verrät uns, was passiert. Bereits einige Schritte vor Erreichen der neuen Position sollte man sich zum Schießen bereitmachen, weshalb beide Hände an die Waffe gehören. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, bei kurzen Wegstrecken zur Zeitoptimierung die normale Waffenhaltung nicht aufzulösen und beide Hände an der Waffe zu belassen.
Bei größeren Laufstrecken ist es indes dynamischer, die Nichtschusshand von der Waffe zu lösen und unterstützend beim Laufen einzusetzen. Zudem kann man dem Positionswechsel noch mehr Explosivität verleihen, wenn man seinen Blick bewusst auf die neue Position richtet. Des Weiteren sollten Seitwärtsbewegungen tunlichst vermieden werden und stattdessen sollte man immer mit in Bewegungsrichtung orientierten Hüften laufen, da man so schneller laufen kann. Sofern im Zuge der Bewegung ebenfalls ein Magazinwechsel ansteht, wird unweigerlich die Gretchenfrage aufgeworfen, ob dem Wechsel des Magazins oder der Bewegung die Priorität gilt. Wir empfehlen – mit Ausnahme bei sehr kurzen Laufwegen – stets dem zügigen Positionswechsel den Vorzug zu geben. In keinem Fall sollte die Einleitung des Positionswechsels künstlich verlangsamt werden, um das Magazin einfacher wechseln zu können. Zum Schluss noch ein wichtiger Hinweis zum Beschießen von Zielen aus der Bewegung (egal ob beim Betreten/Verlassen einer Position). Es ist elementar wichtig, sich hinsichtlich der Schwierigkeit der Schüsse wohl zu fühlen. Man muss in der Lage sein, gute Treffer schnell und aggressiv zu erzielen. Ansonsten lohnt es sich nicht und man ist besser beraten, eine statische Position einzunehmen. Hier ist es also gut, Anspruch und Wirklichkeit klar zu trennen, was einem natürlich umso leichter fällt, wenn man eine gesunde Selbsteinschätzung der eigenen Schießfertigkeit besitzt.
Abwägung und Risikomanagement
Im IPSC-Schießen dreht sich enorm viel um Risikomanagement. Das bedeutet, dass man bei der Abwägung zwischen verschiedenen Optionen immer überlegen muss, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns; wie viel verliert man, wenn man sich für eine konventionelle Lösung entscheidet etc. In puncto Beschießen von Zielen aus der Bewegung steht damit stets die Frage im Raum, wie viele Punkte man unter Umständen einbüßt und welche Zeit man demgegenüber tatsächlich einsparen kann.
Zum Abschluss unserer Reihe ein Schlusswort und Literaturtipps
Wir hoffen, Ihnen hat unsere Reihe über die grundlegenden IPSC-Schießtechniken gefallen, und dass Sie möglichst viele Informationen, Anregungen sowie Tipps mitnehmen können. An dieser Stelle möchten wir uns noch recht herzlich bei Britta Kobler für die tatkräftige Unterstützung beim Bildmaterial und Patrick Kummer für die Zurverfügungstellung des Schießstandes bedanken. Falls Sie nun Blut geleckt haben sollten und noch weiter in die Materie eintauchen wollen, empfehlen wir Ihnen die hervorragenden, auch in deutscher Sprache erhältlichen Bücher "Perfect Practice" und "Thinking Practical Shooting" von Saul Kirsch sowie die englischsprachige Bücherreihe des US-Topschützen Ben Stoeger "Practical Pistol Training", "Skills and Drills" und "Dryfire Training Reloaded".
Hier finden Sie die weiteren Teile unserer Serie zum Dynamischen Kurzwaffenschießen:
- Teil 1: Die Griffhaltung fürs perfekte Pistolenschießen
- Teil 2: Die Körperhaltung fürs perfekte Pistolenschießen
- Teil 3: Die Abzugskontrolle fürs perfekte Pistolenschießen
- Teil 4: Der Ziehvorgang fürs perfekte Pistolenschießen
- Teil 5: Der Magazinwechsel fürs perfekte Pistolenschießen
- Teil 6: Der Zielwechsel fürs perfekte Pistolenschießen
Weiterführende Informationen zum Thema Dynamisches Kurzwaffenschießen:
Welche IPSC-Klassen gibt es im Bereich Kurzwaffe? Wir bieten Ihnen einen kurzen Überblick zu den Handgun Divisions .
Das Heft im Heft "Perfektes Pistolenschießen von A bis Z" wurde mit der caliber 7-8/2018 veröffentlicht. Diese und weitere Ausgaben können Sie ganz bequem im VS Medien Online-Shop bestellen.
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