Die Krieghoff Kombihandspannung ist in allen Büchsen und auch einigen Flinten des Hauses verbaut. Mit ihr kann man vollkommen sicher mit einem geladenen, einsatzbereiten Gewehr auf die Jagd gehen. Theoretisch kann weder ein Unfall (Sturz oder ähnliches) noch ein technischer Defekt (Versagen einer Fangstange, usw.) eine ungewollte Schussabgabe auslösen. Der Handspanner wird dabei wie ein Sicherungsschieber verwendet, nach vorne geschoben ist das Gewehr scharf, nach hinten ist es sicher. Im Gegensatz zu anderen Handspannersystemen handelt es sich bei der Krieghoff-Mechanik um einen Selbstspanner, sodass vorteilhafterweise nach einem schnellen Nachladen sofort weitergeschossen werden kann, ohne dass man erneut spannen muss. Der Autor ist generell ein Fan des Handspanners, wenngleich das viele Berufsjäger etwas anders sehen. Vor allem der höhere Kraftaufwand beim Vorwärtsschieben wird bemängelt und dass man das in einer Stresssituation nicht immer schafft. Wie immer gibt es hier verschiedene Meinungen, es ist wohl eher eine Sache der mentalen Einstellung als der Technik. Klar ist ebenso, dass die Themen Sicherung/Handspanner nur im deutschsprachigen Raum "interessant" sind. In dem größten Markt, den USA, interessiert das niemand, dort ist man meist schon mit der simplen, vergleichsweise "unsicheren" Abzugssicherung zufrieden. Rund 20 Jahre nach der Markteinführung der Krieghoff Classic gibt es die Doppelbüchse seit 2013 auch mit optional erhältlichen Ejektoren für den automatischen Hülsenauswurf. Im Gegensatz zum bekannten Taylor-Statement (1948), das "Ejektorengeräusche den Standort des Schützen verraten und ihn somit in Gefahr bringen", wollten die meisten Jäger schon einen automatischen Hülsenauswurf haben. Ist der Spannschieber bei der Classic vorne, werden die Hülsen beim Abkippen ausgeworfen. Ist der Spannschieber zurückgenommen, sind auch die Ejektoren ausgeschaltet, man kann die leeren Patronen dann einfach manuell herausziehen. Bei dem Kugellauf des Drillings ist das zurzeit technisch noch nicht möglich. Es dürfte auch schwierig zu konstruieren sein, aber man braucht ja bekannterweise immer Platz für Verbesserungen.
Krieghoff patentiere Universal-Abzug-System (UAS) und die Kombihandspannung
Krieghoff verbaut in allen Kipplaufwaffen und Kombinierten fast ausschließlich Blitzschlosse. Dabei befinden sich alle Bauteile, wie zum Beispiel die Schlagstücke und Schlagfedern, auf der Abzugsplatte – auch Schlossblech oder Züngelplatte genannt. Über die Spannstangen, die durch die Basküle reichen und in Ausnehmungen im Vorderteil ein Gegenlager besitzen, spannen sich beim Abkippen des Laufes die Schlagstücke. Der Vorteil: Nachdem man die Abzugsplatte abgeschraubt hat, kann das ganze Schloss samt Abzugseinrichtung aus der Waffe entfernt werden. So kann man kostengünstig fertigen und verbauen. Eine Besonderheit ist hier das von Krieghoff patentiere Universal-Abzug-System (UAS) und die Kombihandspannung: Schnell und intuitiv die Kugel ins Ziel bringen, günstige Situationen auf der Pirsch oder einer Bewegungsjagd nutzen, das geht meist nur mit einem optimalen, gleichmäßigen und leichtgängigen Abzug.
Ein zu hohes Abzugsgewicht geht dagegen auf Kosten der Präzision. Eine ungewollte Schussauslösung, beispielsweise auf der winterlichen Drückjagd durch einen kalten Abzugsfinger mit verringertem Gefühl, ist wiederum die große Gefahr eines zu geringen Abzugsgewichts. Dafür steht das UAS, es löst trocken und präzise bei 1,0 bis 1,5 Kilogramm aus, ohne dass die Gefahr des Doppelns besteht. Bei den meisten Kalibern ist auch der Einsatz eines Rückstechers möglich. Eine entspannte Waffe ist eine sichere Waffe. Jede Krieghoff mit Kombihandspannung wird ungespannt und sicher geführt. Erst unmittelbar vor der Schussabgabe wird der ergonomisch gestaltete Kickspanner leicht und nahezu geräuschlos nach vorne geschoben. Das Gewehr ist jetzt gespannt und schussbereit. Kommt man nicht zum Schuss, wird einfach durch ein kurzes Vordrücken und Zurückgleitenlassen des Spannschiebers wieder entspannt. Belässt man den Spannschieber beim Abkippen des Laufbündels in vorderer Stellung – zum Beispiel beim schnellen Nachladen – wird wie bei einem Selbstspanner automatisch nachgespannt. Es kann nach dem Schließen sofort weitergeschossen werden.
Krieghoff: Von Schonzeitpatronen bis zum Elefantenstopper
Krieghoff offeriert von der kleinen Schonzeitpatrone .22 Hornet bis zum mächtigen Elefantenstopper .500 NE eine breite Kaliberpalette. Dabei auch zwei sehr innovative Varianten, die direkt auf die Firma zurückgehen. Dies wäre zunächst einmal die 6x70 R, die ihre Marktreife im Millennium erreichte. Hierbei handelt es sich um eine lange, schlanke Patrone, die in schmale Baskülen passt, ausreichend Leistung für das mitteleuropäische Rehwild sowie ein sehr mildes Rückstoßverhalten aufweist. Der deutsche Munitionsexperte Wolfgang Romey entwickelte Ende der 1990er Jahre auf Basis der 6,5x70 R-Mutterhülse die auf 6 mm eingezogene 6x70R. Es folgte die CIP-Zulassung und Norma sicherte sich die endgültige Munitionsherstellung mit einem 90 Grains (5,8 g) Nosler Ballistic Tip-Geschoss. Damit erreichte die Patrone aus der ersten Testwaffe, einer Hubertus Kipplaufbüchse, einen Streukreis um die 3 cm, 750 m/s und 1.650 Joule Mündungsenergie. Auf 100 Meter waren es dann 1.200 Joule und auf 200 Meter immerhin noch 990 Joule. Obwohl man bei der Entwicklung der Patrone von Beginn auch das Thema "Wildbretschonung" berücksichtigt hatte, ergaben erste Feldversuche dann doch Hämatombildungen bei Rehwild, wie sie bei den damals "gefürchteten" Rasanz-Kalibern üblich waren. Romey fertigt daraufhin eine Munitionsserie mit dem 80 Grains Sierra-Game King-Geschoss, das etwas härter im Aufbau ist. Diese Variante wurde dann auch von Norma in Serie produziert. Doch der Erfolg blieb letztendlich aus, so führt selbst Krieghoff das Kaliber nicht mehr im Programm. Rückblickend betrachtet, hätte man wohl besser die 6,5x70 R wiederbelebt, aber man wollte eine eigene Patronenkreation, was sich auch für andere Waffenhersteller als Irrweg herausstellte. Das zweite Kaliber, das direkt auf Krieghoff zurückgeht, ist die .500/.416 3 1/4 Nitro Express. Sie ist die neueste Nitro-Express-Patrone und hat eine lange Vorgeschichte. In mehreren Publikationen ist beschrieben, dass schon vor über 100 Jahren Rigby mit einer Randversion der bekannten .416 Rigby Repetier-Patrone experimentierte, dieses Projekt aber wegen der Wirren des Ersten Weltkrieges aufgab und später nicht weiter verfolgte. Um 1990 greifen Chapuis und A-Square die Idee wieder auf. Art Alphin (um 1989):
"Viele Büchsenmacher wünschten sich eine neudesignte Nitro-Expres-Patrone. Ein Kind der Neuzeit. Basierend auf der bekannten Rigby Patrone, aber mit Rand für Kipplaufgewehre. Sie muss unter anderem neutral gestempelt sein, sodass verschiedene Hersteller sie verwenden können." Die so entstandene .416 Rimmed ist aber noch zu langsam, sodass die darauf folgende Patrone mit längerer Hülse und vergrößertem Pulverraum den heroischen Namen .416 Gerlach trägt. Benannt nach dem deutschen Physiker Walter Gerlach, der in der militärischen Forschung tätig war (Torpedokrise der Kriegsmarine um 1940). Doch auch dieses Projekt floppte schnell. Walter Brass, der kürzlich verstarb und über 60 Jahre für Krieghoff arbeitete, war die gesamte Karriereleiter hochgeklettert. Er war von 1989 bis 2002 zudem Geschäftsführer und brachte das Projekt dann unabhängig und schnell – wiederum mit Hilfe von Wolfgang Romey – voran: 1,27 mm kürzer als die .416 Rimmed, aber mit verbesserter Charakteristik und einem stimmigen Gesamtkonzept – schon war die .500/.416 N.E. geboren. 1991 wurden der Fachpresse erste Prototypen präsentiert und seit 1993 besitzt die .500/.416 N.E. den Status einer serienmäßig gefertigten Fabrikpatrone. Auch andere Hersteller fertigen seit den 2000er Jahren Gewehre in diesem Kaliber und besonders in den USA bildete sich langsam aber sicher eine Fangemeinde. Sie erreicht im Vergleich zu anderen Patronen dieser Kalibergruppe eine um zehn Prozent gestrecktere Flugbahn und günstigere GEE. So erreicht die African PH von Norma eine Anfangsgeschwindigkeit von 710 m/s und auf 50 Meter immer noch 670 m/s. Im Gegensatz dazu hat die .470 N.E. eine Mündungsgeschwindigkeit von 635 m/s, die auf 50 Meter nur noch 595 m/s beträgt.
Auf dem Schießstand mit verschiedenen Krieghoff-Gewehren
Bei unserem mehrtägigen Werksbesuch erprobten wir natürlich auch verschiedene Krieghoff-Gewehre im hauseigenen Stand und im Schießzentrum Müller (MSZU) im Feuer. Wir starteten mit dem technisch ungewöhnlichen In-Line-Repetierer Semprio in .30-06. Im Gegensatz zu klassischen Pump-Action-Flinten wie Mossberg 500 oder Remington 870 funktioniert das Repetiersystem genau andersherum: Erst nach vorne, dann nach hinten. Man zieht so auch die Waffe bei der finalen Bewegung nach hinten in die Schulter ein und stößt diese nicht vom Oberkörper weg. Wer viel mit Vorderschaftrepetierflinten geschossen hat, für den ist die Umstellung bei der ersten Kontaktaufnahme schwierig. Doch nach kurzer Eingewöhnungsphase passen die Handhabungsabläufe, wovon auch die stetig besser werdenden Streukreise bei schnellen Serien zeugen. Wir wechselten nun zu einer Doppelbüchse Classic im hauseigenen Kaliber .500/.416 N.E., deren V-Kimme im Vergleich zur abgestuften Express-Kimme eine Wohltat beim Zielen war, was natürlich eine individuelle Präferenz des Schützen ist. Zwei Schuss mit schneller Abfolge, zwei Treffer in der Zehn auf 20 Meter sind ein ordentliches Ergebnis für einen solchen "Schnelltest", wobei sich das respekteinflößende Kaliber durchaus beherrschen lässt.
Im Rahmen der Recherche für diese Serie erprobten wir auch altgediente Krieghoff-Langwaffen wie eine Bockbüchsflinte Teck in 7x65 R und 12/70 mit 63,5 cm Lauflänge und eine sportliche Bockflinte K-80 in 12/70, Baujahr 1982 (also zwei Jahre nach Markteinführung). Das kaum benutzte Modell Teck aus Erstbesitz mit Wurzelmaserholz, dem Zeitraum angemessenen Gravuren, Flintenwechsellauf und Lederkoffer lässt auf einen solventen Besitzer schließen. Montiert ist ein Zeiss Diavari 1,5-6x42. Geschossen mit der SAX KJG auf 100 Meter aufgelegt, erreicht sie 4,1 cm Streukreis, was als gut zu bezeichnen ist. Unsere K-80 begleitete einen bekannten, deutschen Wettkampfschützen bis weit in die 1990er Jahre hinein und hat mindestens 200.000 Schuss auf dem Buckel. Dem Vernehmen nach gibt es auch K-80, mit denen über eine Millionen Patronen verfeuert wurden. Bei unserer K-80-Testwaffe kann man von Brünierung und Holzfinish nicht mehr reden. Aber darum geht es auch gar nicht. Sie war zweimal in ihrem Dasein zur Überholung bei einem Fachmann und weist nach wie vor kein Spiel auf. Auf dem Stand holt sie in den Händen ihres Besitzers immer noch verlässlich Scheiben während des Jagdparcours vom Himmel. Die robust konstruierte Sportwaffe liegt ausbalanciert im Anschlag. Bei einem ungewöhnlichen Schusstest (50 Meter aufgelegt) mit fünf Rottweil Exact-Flintenlaufgeschossen – alle aus dem oberen Lauf geschossen mit je gut einer Minute Abkühlphase – realisierten wir einen 6,4-cm-Streukreis.
Unser Fazit - 135 Jahre Krieghoff
Auch nach 135 Jahren steht Krieghoff aus Ulm für exklusives Handwerk sowie praxisnah konstruierte, hochwertige Langwaffen, die in einer üppigen Modellpalette vom verlässlichen Revierbegleiter für um die 3.000,- Euro bis hin zu repräsentativen Luxusexemplaren für bis zu 100.000,- Euro offeriert werden.
Hier geht es zum ersten, zweiten Teil und dritten Teil der Krieghoff Historie.
Diese Serie zur Unternehmensgeschichte von Krieghoff Jagd- und Sportwaffen wird hier bei all4shooters.com fortgesetzt.
Fotos: Dr. Frank B. Metzner und Archiv