Der IPSC-Schießsport umfasst diverse Disziplinen mit klein- und großkalibrigen Kurzwaffen, Büchsen und Flinten. Dabei haben sämtliche Klassen des IPSC-Schießens eines gemeinsam: Sie vereinen absolute Sportlichkeit mit höchster Präzision. Eines verwundert also kaum: Diese weltweit einzigartige Variante des Sportschießens mit echtem Suchtpotenzial gewinnt immer mehr passionierte Schützen für ihre Reize.
Der grundlegenden Frage zum dynamischen Schießsport sind wir bereits nachgegangen: "Was ist IPSC-Schießen eigentlich?"
IPSC Handgun Divisions: Welche Kurzwaffen-Klassen gibt es im IPSC-Schießen?
In Deutschland wird der dynamische Schießsport offiziell durch den Bund Deutscher Sportschützen 1975 e.V. (BDS) vertreten und organisiert. Es handelt sich um den zweitgrößten Sportschützenverband des Landes. Gerade im Bereich des IPSC-Schießens verzeichnet der BDS einen jährlichen Mitgliederzuwachs von bis zu 20 % – ein Beleg für die außerordentliche Attraktivität des dynamischen Schießsports.
Der BDS ist ein moderner Verband, der viele interessante Schießdisziplinen anbietet. Dabei orientiert sich der BDS stets an den Wünschen und Bedürfnissen der aktiven Schützen. Das Resultat: Die jeweiligen Regelwerke werden immer wieder überarbeitet und angepasst. Die gegenwärtigen IPSC-Sportordnungen für Kurzwaffen, Gewehre und Flinten umfassen jeweils zwischen 88 bis 98 Seiten. Sie definieren die Grundsätze sowie das Reglement für die verschiedenen Klassen (Divisions). Dennoch stehen die aktiven Sportschützen zumeist vor wichtigen Fragen: "In welcher Division möchte ich starten?", "Welche Kurzwaffe eignet sich für diese IPSC-Klasse?"
Der auf Zeit ausgetragene IPSC-Schießsport vereint echtes Präzisionsschießen mit dem Absolvieren eines vorher bekannten Parcours. Somit spielt die Wahl der Waffe eine erfolgsprägende Rolle. Derzeit gibt es im Reich des IPSC-Schießsports mit großkalibrigen Pistolen und Revolvern 5 unterschiedliche Klassen: Open Division Pistole, Standard Division Pistole, Classic Division Pistole, Production Division Pistole und Revolver Divison.
IPSC-Kurzwaffen-Klassen: Open Division Pistole
Die Open Division Pistole ist die Königsklasse der International Practical Shooting Confederation. In der offenen Klasse gehen IPSC-Schützen mit besonders teuren, hochgezüchteten Wettkampfpistolen mit Single Action-Abzug, überlangen Magazinen mit Kapazitäten von bis zu 28 Patronen, Leuchtpunktvisieren und Kompensator-Systemen auf die Stages. In Sachen Regelbeschränkungen werden den Sportpistolen lediglich eine Mindestlauflänge von 3"/7,62 cm und eine Magazinlängenbeschränkung von 170 mm vorgegebenen. Es gibt keinerlei Beschränkungen hinsichtlich des Abzugsgewichts – Sicherheit und zuverlässige Waffenfunktion immer vorausgesetzt.
Der Major Power Factor beträgt mindestens 160, der Minor Power Factor mindestens 125. Als Minimum bei Geschosskaliber, Hülsenlänge und Geschossgewicht gilt 9 mm, 19 mm und 120 Grains. Das Resultat: Hier typische Kaliber sind 9 mm Luger (9 x 19 mm), 9 x 21 mm IMI, .38 Super Auto, .38 Super Comp, .38 Super Rimless oder 9 x 23 mm Winchester. Somit wird in dieser kostspieligen IPSC-Division gerne zu 1911er-/2011er-Hi-Cap-Versionen mit zweiteiligen Stahl-/Kunststoff-Griffstücken gegriffen. Aber auch Ganzstahlgriffstücke auf technischer Basis einer tschechischen Berühmtheit sind durchaus Weltmeisterschafts-tauglich. So bietet beispielsweise SIG Sauer mit der X-Five Open eine hervorragende Racegun für die Open Division Pistole.
Bei der letzten IPSC-Weltmeisterschaft beschloss der Weltdachverband den Major-Faktor in der Offenen Klasse versuchsweise von 160 auf 150 Faktorpunkte zu reduzieren. Diese Maßnahme blieb auf Deutschland beschränkt. Sollte die einjährige Evolutionsphase erfolgreich verlaufen, könnte der niedrigere 150er-Faktor allerdings international eingeführt werden. Bisher war die serienmäßige Herstellung von Fabrikmunition im Kaliber 9 mm Luger im Rahmen sicherer Gasdrucklimits kaum möglich. Schließlich erreicht derartige Munition den Faktor von 160 aus einer Vielzahl von Waffen/Lauflängen nicht zuverlässig. Der neue 150er-Faktor könnte nun jedoch endgültig dazu führen, dass ein Hersteller fabrikfrische 9 mm Luger Major-Munition aus der Schachtel anbieten kann.
Die Open Division Pistole also für all jene Schützen interessant, die es reizt, mit exklusiven und hochgerüsteten Pistolen zu schießen. Schließlich erlaubt das Reglement zahlreiche, leistungssteigernde Umbauten und Nachrüstungen an den Sportwaffen. In dieser IPSC-Klasse gelangen jedoch nicht nur die Pistolen oder auch die Schussfrequenz in den Bereich der Superlative – auch die Kosten für Schützen spielen in einer höheren Liga.
Kurzwaffen-Klassen im IPSC-Schießsport: Standard Division Pistole
Die Standard Division Pistole richtet sich vornehmlich an Single-Action-Pistolen im Kaliber .40 Smith & Wesson mit doppelreihigem Magazin, 5"/12,7 cm Lauflänge und einer mechanischen Visierung. Die Waffen müssen im Leerzustand gespannt und gesichert in einen Kasten mit den Maßen 225 mm Länge x 150 mm Höhe x 45 mm Breite passen. Dabei dürfen nur die Schlitten oder Verschlussgehäuse "geportet", also mit Ausfräsungen versehen werden. Doch auch mit dem im Schussverhalten moderateren "Minor"-Kaliber 9 mm Luger lassen sich Titel gewinnen.
In dieser Klasse des IPSC-Schießens wird also besonders gerne zu 2011er-Pistolen mit großen Patronentanks gegriffen. Allerdings können Sportschützen auch mit vergleichsweise günstigen Selbstladepistolen aus Polymer starten. Es existieren keine Vorgaben in puncto Abzugsgewicht. Der Major Power Factor liegt bei mindestens 170, der Minor Power Factor bei 125 Faktorpunkten. Das Minimalkaliber für die hinsichtlich der Punkteausbeute vorteilhafte Major-Wertung beträgt 10 mm (.40"). Folglich ist die Patrone .40 S&W das Maß der Dinge.
Classic Division Pistole: Die jüngste IPSC Kurzwaffen-Klasse!
"Back to the roots!": In dieser erst vor wenigen Jahren eingeführten Disziplin dreht sich alles um den Pistolen-Klassiker Colt Government Model of 1911. Der von John M. Browning erdachte Dauerbrenner war schon in den IPSC-Gründerzeiten das bevorzugte Werkzeug. Moderne Fabrikate/Modelle mit einreihigem Magazin, 5"/12,7 cm langem Lauf und mechanischer Visierung dürfen in der Classic Division Pistole an den Start.
Die Waffen müssen jedoch auf dem Design der klassischen Pistole basieren und gewisse Kriterien erfüllen: Das Griffstück muss für einreihige Magazine ausgelegt sein und aus einem Metallteil bestehen. Zusätzlich soll die Waffe in einen Kasten mit den Innenmaßen 225 mm x 150 mm x 45 mm passen. Es gibt keine Beschränkungen bezüglich des Abzugsgewichts. Bei der Wahl der Griffschalen und der offenen Visierung herrscht ebenso ein wenig "Freiheit". Gewichtserleichternde Einschnitte oder Fräsungen im Material sind jedoch strikt verboten.
Der Major Power Factor liegt bei mindestens 170, der Minor Power Factor bei 125 Faktorpunkten. Das Minimalkaliber für die hinsichtlich der Punkteausbeute vorteilhafte Major-Wertung beträgt 10 mm (.40"). Die Folge: In dieser Division sind neben der klassischen Patrone .45 ACP vor allem die üblichen Verdächtigen 9 mm Luger und .40 S&W anzutreffen. Aber auch die ohnehin recht exotische Flaschenhalspatrone .357 SIG ist wie auch in der Standard Division ebenfalls ein zugelassenes Kaliber für Major – sofern der geforderte Minimalfaktor erreicht wird.
Production Division Pistole im IPSC-Schießen
Das Regelwerk für die IPSC Production Division zeigt sich geradezu passgenau für 15-schüssige Double-Action-Dienstpistolen. Dementsprechend ist die inzwischen teilnehmerstärkste Klasse das Reich der typischen 9 mm Luger-Dienstpistolen à la Beretta 92 FS, CZ 75/CZ SP01 Shadow, GLOCK 17, Heckler & Koch USP/P30/SFP-9 oder SIG Sauer P226/X-Five Allround mit mechanischer Visierung. Die CZ Shadow 2 ist wurde speziell für die Anforderungen in dieser Klasse entwickelt – wir haben die Matchpistole bereits ausgiebig getestet. Single-Action-Pistolen sind nicht erlaubt.
In der Production Division Pistole darf jede Waffe starten, die in der "IPSC Production Division List" aufgeführt wird. Die typische Unterteilung zwischen Major/Minor-Kaliber und entsprechender Wertung entfällt. Es gibt nur einen Major Power Factor von 125, der mit handelsüblicher 9 mm Luger-Fabrikmunition aus den üblichen Lauflängen erreicht wird. Vorgeschrieben ist ein Abzugsgewicht von mindestens 2.270 g sowie eine Maximallauflänge von 5"/12,7 cm.
Unabhängig von der originalen Magazinkapazität dürfen nur 15 Patronen geladen werden. Geringfügige Veränderungen an der Waffe wie die Verwendung von Visierfarben und der Einsatz von Aftermarket-Magazinen sind erlaubt. Der Grundgedanke der IPSC Production Division bleibt jedoch bestehen: Die Waffen sollen weitestgehend unmodifiziert antreten!
IPSC-Schießen mit Kurzwaffen: Revolver Division
Vergleichsweise übersichtlich ist das Startfeld in der Revolver Divison. In Deutschland gehört sie zu den schwächeren IPSC-Disziplinen. Der übliche Power-Faktor von 170 für Major und 125 für die Minor-Wertung besteht auch hier. Das minimale Geschosskaliber liegt bei 9 mm. Die Trommelkapazität ist grundsätzlich nicht begrenzt, allerdings dürfen nach jedem Nachladen maximal 6 Schuss abgegeben werden. Es ist ausschließlich eine mechanische Visierung erlaubt. Zudem beträgt die Mindestlauflänge 3"/7,62 cm. Selbstladerevolver mit zurückziehbaren Schlitten dürfen in dieser Klasse nicht auf die Stage.
Die IPSC Revolver Division ist definitiv die Heimat des traditionsreichen US-Herstellers Smith & Wesson. Der Hintergrund: Die Revolver verfügen bei einem ordentlichen Preis-Leistungs-Verhältnis werksseitig über einen guten Spannabzug (Double Action). Außerdem stehen gerade für dieses Fabrikat unzählige Nachrüst-/Tuning- sowie Ausrüstungs-/Zubehörteile zur Auswahl. Aber auch Revolver in den Pistolenkalibern 9 mm Luger und .45 ACP schießen hier mit. Schließlich können sie mithilfe halbmond- oder vollmondförmiger Ladeclips besonders schnell aufmunitioniert werden.
Gibt es im IPSC-Schießen auch Klassen für Kleinkaliberpistolen?
Zu den als letztes hinzugekommenen Disziplinen im IPSC-Schießsport zählen Airsoft-IPSC und KK-IPSC. Das Segment orientiert sich an dem Kurzwaffenregelwerk des "normalen" IPSC: Die Parcours sind genauso anspruchsvoll, die Auswertung, die Waffenkontrollen, die Körperbeherrschung und viele weitere Details entsprechen dem klassischen IPSC-Schießen. Dabei erfreut sich der junge Sektor des dynamischen Schießens mit Kleinkaliberpistolen für die Randfeuerpatrone .22 Long Rifle wachsender Beliebtheit. Der Hintergrund: Die rückstoßarmen Waffen eignen sich bei geringen Munitionskosten hervorragend für die Ausbildung und Förderung von Jugendlichen (im Rahmen der nationalen Waffengesetzgebung).
IPSC-Kleinkaliber-Schießen Pistole Offene Klasse: Die reinrassigen Kleinkaliberpistolen oder Großkaliberpistolen mit montiertem KK-Wechselsystem mit Leuchtpunktvisierung müssen ein Mindestabzugsgewicht von 908 g aufweisen. Die Magazinkapazität beträgt maximal 10 Patronen. Es kann mit .22 Long Rifle-Munition in Standard- oder flotter HV (High Velocity)-Ausführung verwendet werden.
IPSC-Kleinkaliber-Schießen Pistole Standardklasse: In der Standardklasse für Waffen mit mechanischer Visierung gelten dieselben Regeln. Zudem liegt das Maximalwaffengewicht bei 1.400 g und die Visierlänge darf 22 cm nicht überschreiten.
Daneben gibt es im IPSC-Schießen noch die 2 weitere Disziplinen mit Kurzwaffen: Pistole mit Anschlagschaft mit optischer Visierung sowie Pistole mit Anschlagschaft mit mechanischer Visierung. Dabei handelt es sich vornehmlich um willkommene Einsatzerweiterungen für IPSC Production-Pistolenschützen. Dennoch ordnet die International Practical Shooting Confederation die beiden Klassen dem Büchsenregelwerk zu. Daher finden sie sich in der Sportordnung des BDS auch im IPSC-Büchsen-Reglement wieder.
In der Zeit vom 27. August bis 3. September 2017 findet in Frankreich die 18. Weltmeisterschaft im dynamischen IPSC Schießen statt. Wir sind vor Ort und werden ausgiebig von der IPSC WM 2017 Kurzwaffe berichten. Hier finden Sie schon mal alle Details und einen Terminplan.
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