Samantha Wendel kennen einige von unseren Leser bereits aus diversen Artikeln auf all4shooters.com. Samantha ist Deutsche, lebt aber seit vielen Jahren bei ihrem Partner in Österreich und startet bei der IPSC WM auch für die Alpenrepublik. Im Jahr vor einer Europa- oder Weltmeisterschaft können sich die österreichischen Schützen zur Qualifikation bei der IPSC Austria anmelden und am Ende des Qualifikations Jahres ihre Quali-Listen einsenden. Anhand der Plätze, die Österreich zur Verfügung gestellt bekommt, bei dem XIX World Shoot waren es 24 Startplätze, werden dann die besten Schützen ausgewählt und erhalten den Startplatz für die kommende Europa- oder Weltmeisterschaft.
Die Teilnahme am Handgun World Shoot 2022 ist eine kostspielige Angelegenheit
Der World Shoot 2020 wurde leider recht kurzfristig abgesagt, was für sehr viele Schützen bedeutete, dass sie ihre Flüge und Hotelreservierungen nicht mehr stornieren konnten und somit auf den Kosten sitzen blieben. Andere stellten bereits im Vorhinein fest, dass der World Shoot in Thailand für Europäer recht kostspielig ist. So kam es zu dem äußerst ungewöhnlichen Fall, dass über die Hälfte der gemeldeten Schützen ihre Startplätze wieder zurückgegeben haben. Die IPSC Austria traf die äußerst noble Entscheidung, eine Ausnahme zu machen und auch Schützen, welche sich vorab nicht qualifiziert hatten, die Möglichkeit zu geben, 2022 am World Shoot in Thailand teilzunehmen.
So kam es, dass mein Verlobter Horst Holzinger und ich im Winter 2021 einen Anruf der IPSC Austria erhielten, bei dem wir gefragt wurden, ob wir Österreich beim World Shoot vertreten möchten. Wir hatten uns eigentlich zu Beginn des Jahres 2019 bewusst nicht für die Qualifikation für den World Shoot 2020 angemeldet. Zwar schießen wir beide gut genug, um eine Teilnahme aufgrund unserer Qualifikations-Ergebnisse sicherzustellen, doch einerseits waren wir gut ausgelastet mit Matches zur Vorbereitung für die Europameisterschaft im September 2019 (wie es mir dort ergangen ist findet ihr in einem weiteren Artikel hier auf all4shooters.com), andererseits waren wir uns über den großen zeitlichen und finanziellen Aufwand bewusst, den ein World Shoot in einem asiatischen Land mit sich bringen würde. Und zu guter letzt hatten wir bisher noch keine Erfahrungen mit Thailand.
Doch als im Winter 2021 der Anruf kam, hatten wir durch Corona seit fast 2 Jahren kaum noch Wettkämpfe geschossen. Wir waren ausgehungert, gelangweilt und es dürstete uns nach Matches und Abenteuer. Also sagten wir kurzerhand zu. Überschäumend vor Elan und Vorfreude setzte ich mich sofort an den Laptop und machte mich daran, möglichst viele Informationen über den World Shoot und die bürokratischen Hürden zu sammeln. Und keine 3 Stunden später fielen uns die Gründe wieder ein, warum wir uns eigentlich nicht für die Qualifikation gemeldet hatten. Denn wir hatten noch einen langen Weg vor uns, bis zum World Shoot 2022 in einem Jahr.
Warum Hotel und ein Direktflug die "halbe Miete" bei einer Teilnahme am IPSC World Shoot 2022 in Thailand sind
Als erstes suchte ich uns ein Hotel. Auf dem JAGD&SPORT YouTube Kanal gibt es ein Video, warum ein gutes Hotel für uns essentiell ist und welche Anforderungen wir an ein Match Hotel stellen.
Dann den Flug. Wir schießen Open – das heißt, wir haben lange Magazine. In Österreich haben wir für diese eine Ausnahmegenehmigung, in Deutschland aber nicht. Wir wohnen 1,5 Stunden vom Münchner Flughafen entfernt, allerdings konnte uns keiner eine feste Aussage darüber geben, wie die Rechtslage ist, wenn wir mit den langen Magazinen von einem deutschen Flughafen aus fliegen.
Also mussten wir wegen der "langen Magazine" sicherheitshalber von Österreich aus fliegen. Zusätzlich sollte es ein Direktflug sein. Ganz offen gesprochen, mit Waffen im Koffer möchte ich möglichst wenig Risiken eingehen. Wenn ein Koffer beim Umsteigen nicht mit umgeladen wird, ist es ärgerlich, wenn allerdings eine Waffe zurückbleibt, wäre das eine Katastrophe.
Deshalb buchte ich einen Flug direkt von Wien nach Bangkok. Premium Economy. Das bisschen mehr Beinfreiheit war für diese Entscheidung weniger ausschlaggebend als dass wir so pro Person 2 – statt nur einem – 2x23 kg Koffer aufgeben dürfen plus pro Person 23 kg Sportgepäck, in dem sich dann die Waffen befinden. Denn man kann sich vorstellen, welche Menge an Ausrüstung und Werkzeug für so einen World Shoot zusammenkommt. Nun kam der Papierkrieg: Die Anmeldung bei der Fluggesellschaft, der Waffen und der 5 kg Munition, die man pro Person mitnehmen darf, war noch vergleichsweise einfach. Doch wir brauchten auch noch eine Waffen-Einreise-Lizenz für Thailand und wir brauchten Match Munition, denn 5 kg Munition reichen nicht, um den gesamten Wettkampf mit 548 Schuss zu schießen.
Hier hat allerdings die Thailändische Organisation ganze Arbeit geleistet! Die Anmeldung für die Lizenz und die Beschaffung der Match Munition erfolgte komplett über die Organisatoren des World Shoot. Es vergingen zwar einige Wochen voll bangen Wartens und täglichem Checken der Website, bis wir endlich die Bestätigung erhielten, doch war ich mehr als erleichtert, als die Beantragung der, in thailändischer Sprache verfassten Lizenzen für die 1.500 Schützen, von der Organisation übernommen wurde. Auch wenn die Kommunikation über Facebook Gruppen, Messenger und E-Mails, die erst eine Woche später beantwortet wurden, deutlich an meinen Nerven zerrte, hatte ich am Ende alles beisammen. Für jeden von uns hatte ich einen Stapel an Kopien unserer Pässe, die Lizenz für jede einzelne Waffe und die persönliche Einladung zum World Shoot. Das alles zusammengetackert in 6-facher Ausführung, eine für jede Behörde, die wir passieren werden.
Endlich war soweit: Abflug mit Waffen und Munition war am 20. November 2022 direkt nach Bangkok
Mit genügend Bargeld ging es für Horst und mich am 20. November dann los. Denn wir mussten nicht nur 200,- Euro pro Waffe für den Flug zahlen, sondern Thailand erhob zusätzlich auch etwa 10 Cent Steuern pro mitgebrachtem Schuss.
Beim Fliegen muss die Pistole des Schützen in seinem Sportgepäck Koffer verschlossen und ungeladen transportiert werden. Die Munition kommt in den Gepäckkoffer. Hier sind Schüttpackungen verboten. Beides wird beim Sperrgepäck von der Flughafenpolizei eingehend kontrolliert. In Wien hat dies erstaunlich gut und reibungslos funktioniert. Als wir dann durch die Sicherheitskontrolle gingen, fiel uns schon eine sehr große Last von den Schultern.
Doch unsere wirkliche Sorge stand uns noch bevor: Die Einreise in Thailand.
Würden unsere Waffen gut ankommen? Wo finden wir sie wieder? Auf dem normalen Gepäckband? Bei der Polizei? Beim Zoll? Wie geht es dann weiter? Habe ich alle Papiere? Habe ich alles richtig angemeldet? Doch unsere Sorgen waren unbegründet. Kaum aus dem Flugzeug heraus empfing uns eine Flughafen Angestellte mit einem Schild, auf dem unser Name stand, und erklärte uns, dass sie uns den gesamten Weg begleiten würde. Zuerst zur Passkontrolle und dann direkt zum Sperrgepäck, wo ein Polizist schon mit unseren Waffen und Munitionskoffern wartete. Der einzige Koffer, der fehlte, war mein zweiter, reiner Gepäckkoffer. Der befand sich auf dem normalen Gepäckband. Das Warten auf den Gepäckkoffer dauert dann am längsten. Vom Flugzeug durch die Passkontrolle bis hin zu unseren Waffen brauchten wir keine 15 Minuten. Auf meinen Gepäck Koffer warteten wir dann fast 45 Minuten.
Als wir ihn endlich hatten, wurden wir von der Polizei und Mitarbeitern des Flughafens zum Zoll gebracht, wo unsere Papiere und die Waffen und Munition überprüft wurden. Ich präsentierte stolz meinen gesamten Ordner mit Unterlagen und den Stapeln bestehend aus Passkopien, Lizenzen und Invitations. Manchmal zahlt es sich doch aus, ein "Vorbereitungs-Monk" zu sein. Auch diese Hürde bewältigten wir problemlos und keine 1,5 Stunden nachdem wir gelandet waren, waren wir auch schon auf dem Weg zu unserem Hotel.
Unsere ersten Trainings-Sessions vor Ort für den IPSC World Shoot 2022 Thailand
Den nächsten Tag verbrachten wir mit Trockentraining, Akklimatisieren und Energie tanken. 3 Tage vor dem Beginn des Main Matches fuhren wir das erste Mal auf die Shooting Range. Dort stand uns der Equipment-Check bevor. Hierbei wird überprüft, ob die Waffen, Rigg und Magazine den Regeln der jeweiligen Division entsprechen.
Anschließend besuchten wir zum ersten Mal die Shooting Range. Die THPSA Shooting Range (ihr könnt euch die auf Google Maps anschauen, sehr beeindruckend) wurde eigens für den World Shoot renoviert. In der Mitte der Shooting Range für die Verpflegung der Schützen und ROs wurde ein kleiner 7-Eleven Supermarkt aufgebaut. Ein Segen! Denn wenn man um 6:30 morgens anfängt zu schießen, gibt es in den Hotels natürlich noch kein Frühstück. Dahinter sind einige Verkaufsstände aufgebaut worden, von Merchandise, Kleidung über Holster und Ersatzteile gibt es alles, was man eventuell noch schnell für den Wettkampf kaufen muss. Allgemein ist der Wettkampf sehr liebevoll und durchdacht aufgebaut. Jede Stage ist sehr schön dekoriert und trägt ein eigenes, thaispezifisches Thema.
Mehr dazu gibt es allerdings erst im nächsten Artikel, wenn wir den Wettkampf schießen und euch darüber hier bei all4shooters.com berichten. Bis dahin könnt ihr euch unsere Videos anschauen, die wir mitgefilmt haben und ihr auf dem JAGD&SPORT YouTube Kanal finden könnt.