World Police and Fire Games 2015 – eine abenteuerliche Anreise
Der Start unseres geplanten Viererteams verlief mit Hindernissen. Zuerst fielen Ursula und Hans Wizofsky aus persönlichen Gründen aus. Da waren wir dann mit Ralf Herbst aus Hessen und Axel Manthei aus Bayern nur noch Zwei. Für Ralf Herbst gestaltete sich die Anreise zunächst relativ normal. Mit den Waffen in Frankfurt durch die Kontrolle und dann in Washington die üblichen Einreiseformalitäten absolvieren. Eigentlich wollte man sich in Washington am Flughafen treffen und dann mit dem Mietwagen zusammen ins Hotel fahren. Leider saß Axel Manthei durch Verspätungen und ein Gewitter in Charlotte fest. Nachdem er eine Nacht auf einem Feldbett im Flughafen verbracht hatte, traf er dann am nächsten Mittag endlich ein. Ralf hatte es allerdings auch erwischt. Der Waffenkoffer mit seinem Wettkampfrevolver hatte sich auf der Reise in einen Trümmerhaufen verwandelt. Die Reisetasche, in der er sich befand, ist offensichtlich irgendwo mal sehr heftig aufgeschlagen.
Auch wenn äußerlich nur eine leichte Delle am Kornschutz zu verzeichnen war, sah Ralf mit Sorge dem Training entgegen. Doch bis dahin war noch etwas Zeit. Der nächste Tag stand im Zeichen der Munitionsbeschaffung. Auf den Flug durften fünf Kilogramm Munition mitgenommen werden. Bei zwei Hauptwettkämpfen á 150 Schuss und zwei 60’er Matches plus Training musste dann vor Ort noch etwas Shopping betrieben werden. Klar, dass die Revolvermunition mit den weichen Federal-Zündhütchen von zu Hause mitgebracht wurde. Also ging es auf die Suche nach brauchbaren 9 Para Patronen. Bei einem der großen Outdoor -Geschäfte fanden wir Winchester-Munition im Angebot. 300 Schuss für rund 95 Euro. Damit hatten wir die Munition im Griff. Jetzt fehlte nur noch etwas Karbid, um die Visierung schwärzen zu können.
Im Hauptquartier der National Rifle Association (NRA)
Das Hauptquartier der National Rifle Association (NRA) war nur zwei Autobahnausfahrten von unserem Hotel entfernt. Durch die jahrelange Teilnahme des BDMP an den PPC Nationals bestanden gute Kontakte und von einem Besuch dort versprachen wir uns einen Tipp zu einer Quelle für etwas Karbid. Außerdem befindet sich im Gebäude der NRA auch das National Firearms Museum mit einer gigantischen Waffensammlung. Also alles gute Gründe dort vorbei zu fahren. Nach einem herzlichen Empfang und einer Führung durch das Gebäude bekamen wir auf die Frage nach Visierschwärze nur ein Kopfschütteln. Marc Lipp, der PPC-Koordinator der NRA sagte was von: "Das braucht ihr da nicht, nehmt was von dem hier" und gab uns ein Fläschchen Tipp-Ex! So richtig glauben wollten wir das nicht, immerhin haben wir in Deutschland überwiegend geschlossene Schießstände und manche von denen sind arg dunkel. Aber Tipp-Ex?
World Police and Fire Games 2015 – das Training
Der Trainingstag sollte es uns dann aber beweisen. Ursprünglich hatten die Organisatoren der WPFG-Federation kein Training vorgesehen. Erst vehementes Nachfragen mit dem Hinweis auf die Munitionsproblematik und dadurch nötiges Einschießen führte dann dazu, dass ein Trainingstag angeboten wurde. Das Training und der Wettkampf fanden auf der Schießanlage der "Fairfax County Criminal Justice Academy" statt. Mit insgesamt 40 Ständen á 50 Meter und drei Tagen Schießzeit war genügend Standkapazität für Training und Wettkampf vorhanden. Beim Training stand jedem eine Stunde zur Verfügung, die mit jeweils zwei Durchgängen zwischen 50 und 25 Metern aufgeteilt war. Trotz Hinweis haben wir dann mit etwas Karbid die Visierungen geschwärzt. Bei den ersten Schüssen wussten wir dann, warum wir Tipp-Ex bekommen hatten. Der Stand war so unvorstellbar finster, dass das Korn völlig unsichtbar war. Um es zu finden, musste man auf den weißen Rand hinaus zielen, die Visierung ausrichten und dann vorsichtig ins Ziel gehen. Für einen normalen Wettkampf eine unmögliche Prozedur. Blitzartig wurde das Tipp-Ex ausprobiert. Das war dann allerdings zu grell. Also wurde das Zeug mit der Reinigungsbürste wieder runtergekratzt und der nächste Versuch mit blank geputzter Visierung gestartet. So ging es dann halbwegs. Allerdings waren die Kimme und das Korn in Laufe der Jahre nicht mehr so schön scharf und ihre Kanten spiegelten ziemlich unregelmäßig. Damit war der erste von vier Trainingsdurchgängen dann rum. Die weiteren drei wurden dringend zum Einstellen der Visierungen an allen Waffen gebraucht. Durch den dunklen Stand waren dann auf 50 Yards auch keine Schusslöcher mehr mit dem Fernglas zu erkennen. Also hieß es improvisieren und pro Durchgang möglichst die Waffen mit verschiedenen Geschossformen verwenden, um dann später die verschiedenen Gruppen auseinander halten zu können.
Das schwarze Loch – der Schießstand
Nach dem Training kam dann erst mal der Tag der Eröffnungsfeier, die im Robert F. Kennedy Memorial Stadium in Washington D.C. stattfand. Nach dem Einmarsch der Aktiven, der sich gut über eine Stunde hinzog, gab es die üblichen Ansprachen. Der Gastredner war Colin Powell, ehemaliger Außenminister der Vereinigten Staaten. Das Entzünden eines olympischen Feuers bildete den Abschluss der Veranstaltung. Der erste Wettkampftag begann mit dem Hauptmatch für den Revolver, gefolgt von einem Distinguished Revolver Match. Der Stand war wie bereits erwähnt stockfinster und entsprechend waren die Ergebnisse dann auch. Wenn man weit reist und auch die deutschen Farben mit vertritt, möchte man natürlich die volle Leistung zeigen.
Mit entsprechend gemischten Gefühlen kam dann der zweite Tag mit dem Pistolenprogramm. Auch hier wurde es nicht besser. Wenn man auf der Scheibe mehr peilen muss als das man zielen kann, entwickelt man die seltsamsten Taktiken. So war das Visierbild deutlich besser, wenn man die vorbeiziehende helle Schmauchwolke des Nachbarschützen als hellen Hintergrund nutzen konnte. Man musste nur seinen eigenen Rhythmus darauf anpassen. Nach dem Match zeigte sich aber bei der Durchsicht der Verifikationslisten, dass es wohl allen Teilnehmern gleichermaßen ergangen ist. So hatten Topschützen der US Border Patrol auch bescheidene Ergebnisse, die sie schon sehr, sehr lange nicht mehr geschossen hatten. Die endgültigen Ergebnislisten hingen dann rund 5 Stunden später aus.
Das bei Wettkämpfen schon fast obligatorische Computerproblem erforderte es, alle Ergebnisse noch mal einzugeben. Genügend Zeit um mit all den anderen Schützen aus Russland, China, USA, Kanada, Luxemburg, Frankreich, den Niederlanden, Australien, Kroatien, Malaysia, Singapur, Brasilien, Rumänien, Spanien und Mexiko ein Schwätzchen zu halten. Das lange Warten hatte sich dann aber doch gelohnt. Immerhin konnte unser kleines Team bei sechs Starts fünf Medaillen mit nach Hause nehmen. Ralf Herbst holte bei seinem ersten Auslandswettkampf mit der Distinguished Pistol auf Anhieb Bronze in der US-Marksman-Klasse und Axel Manthei in der US-Expert-Klasse einmal Gold mit den Distinguished Revolver und dreimal Silber in den restlichen drei Disziplinen. Nach diesem versöhnlichen Abschluss ging es dann wieder nach Deutschland zurück. Das Gepäck kam diesmal völlig unbeschädigt an und es musste auch keiner mehr auf einem Flughafen übernachten.
Die nächsten World Police and Fire Games werden sich 2017 in Montreal, Kanada, ereignen. Wollen wir hoffen, dass es dort mehr Licht auf den Schießstand gibt.
Weitere Informationen sowie die Ergebnisse erhalten Sie auf der Webseite des Veranstalters oder unter www.wpfg.de