Als in einem Regionalzug in Würzburg ein Teenager mit Axt und Messer auf Reisende losging, überschlugen sich die Medienmeldungen förmlich. Doch die eigentlich interessanten Debatten und Fragen fanden in Foren, auf Social-Media-Kanälen oder eben via Telefon oder E-Mail statt. Dabei klang immer wieder das Bedürfnis nach Sicherheit aus den Schilderungen der Menschen heraus.
Effektiver Selbstschutz stand dabei ganz oben und auch das Thema "Kleiner Waffenschein" stellte sich mitunter hitzigen Diskussionen. Auffällig: So mancher schien nicht ganz zu verstehen, worum es sich dabei handelt und wie man ihn überhaupt bekommt. Deswegen zuerst einmal etwas Grundsätzliches.
Der erste Schritt zum kleinen Waffenschein
Gas- oder Schreckschusswaffen mit dem Siegel der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt PTB sind in der Regel frei ab 18 Jahren verkäuflich und dürfen auch im eigenen Heim aufbewahrt werden. Nur wer eine solche Waffe mit sich führen möchte, braucht den Kleinen Waffenschein, der mit dem neuen Waffengesetz von 2002 verabschiedet wurde.
Wie sich solch ein Antrag im Einzelnen vollzieht, zeigt das Beispiel des Rhein-Lahn-Kreises. Für die Erteilung eines Kleinen Waffenscheins ist die Abteilung "Sicherheit, Ordnung und Verkehr" zuständig. Dort erhält der Antragsteller alle nötigen Papiere. Hier verwendet die Behörde denselben Vordruck, wie wenn es etwa um die Erteilung einer gelben, roten, grünen Waffenbesitzkarte oder anderer waffenrechtlichen Angelegenheiten geht.
Personalien, die Frage nach bisherigen Erlaubnissen, Grund der Antragstellung, die persönliche Erklärung zu Vorstrafen, geistiger Gesundheit und so weiter gehören zum bundesweiten Standard.
Einen Kleinen Waffenschein - oder überhaupt eine waffenrechtliche Erlaubnis - erhält nur derjenige, der mindestens 18 Jahre alt ist, bei dem keine Drogen- oder Alkoholabhängigkeit vorliegt, der körperlich und geistig zum Führen einer Waffe imstande ist, der die fachgerechte Aufbewahrung der Waffe garantieren kann und der keine Vorstrafen hat. Der letzte Punkt greift aber erst ab einer Freiheits-, Jugend- oder Geldstrafe ab 60 Tagessätzen.
Überprüfung der Personalien für den kleinen Waffenschein
Wenn alles korrekt ausgefüllt und unterschrieben ist, gibt man diesen Antrag wieder auf der zuständigen Stelle ab. Nun kann es bis zu acht Wochen dauern, bis der Bescheid zugestellt wird. Die Überprüfung des Antragstellers seitens der Ämter dauert eben ihre Zeit.
Mit dem Bescheid kommt auch meist direkt die Zahlungsaufforderung. Bundesweit existiert dazu keine einheitliche Regelung. Im Rhein-Lahn-Kreis belaufen sich die Kosten derzeit auf 50,- Euro.
Merkblatt für den kleinen Waffenschein
Die Mitarbeiter des Rhein-Lahn-Kreises händigen dem neuen Waffenschein-Besitzer ein Merkblatt aus, das die wichtigsten Punkte enthält, auf die man achten sollte. Auch wenn die Waffe im Handschuhfach des Autos liegt, ist der Kleine Waffenschein Pflicht.
Kein Unbefugter darf auf die Waffe zugreifen können und das Schießen außerhalb von Schießstätten ist verboten. Nur in einer Notwehrsituation gestattet das Gesetz den Einsatz der Waffe.
Außerdem bewegt sich der Führende immer auf dem Boden des Waffengesetzes. Die PTB-Waffen gehören nämlich zu den Waffen gleichgestellten Gegenständen. Bei öffentlichen Veranstaltungen darf eine solche Waffe nicht mitgeführt werden. Eine besondere Falle existiert noch mit den Waffenverbotszonen.
Unbedingte Konsequenz des kleinen Waffenscheins
Trage ich eine solche Waffe, muss ich in einer entsprechenden Situation auch in der Lage sein, diese zu benutzen. Das gilt für Pfefferspray, Gasrevolver und andere Waffen.
In einer Stresssituation bleibt meist nur das Reagieren. In einem solchen Fall muss die Bewegung sitzen. Ziehe ich eine Waffe, besteht die Gefahr, dass mein Gegenüber auch eine zieht. Auf diese Weise kann die Situation eskalieren. Fehlt die nötige Übung im Ziehen und Benutzen einer Waffe, kann sich die vermeintliche Sicherheit auch in das Gegenteil verkehren.
Fazit und Tipp zum kleinen Waffenschein
Der Kleine Waffenschein hat sicher seine Berechtigung, jedoch sollte eine entsprechende Entscheidung genau abgewogen werden. Machen Sie sich mit der ausgesuchten Waffe vertraut.
Üben Sie daheim oder lassen Sie sich den Umgang in einem Schützenverein erklären. Dort erhalten Sie auch Ratschläge und weitere Kenntnisse und können von der Erfahrung anderer profitieren.
Stellen Sie sich vorab aber eine Frage: Kann ich zur Selbstverteidigung in einer Stresssituation eine Waffe ziehen und diese auch konsequent einsetzen? Sollte die Antwort "Nein" lauten, sei Ihnen vom Kleinen Waffenschein abgeraten. Greifen Sie zum Selbstschutz auf Pfefferspray, Abwehrstöcke oder andere Gegenstände aus diesem Bereich zurück. Hier müssen keine Anträge gestellt werden, die Geld kosten und sich wochenlang hinziehen. Übung muss hier trotzdem sein. Für die eigene Sicherheit.
Der Beitrag über den kleinen Waffenschein ist aus der VISIER Ausgabe September 2016. Hier im VS Medien Online-Shop können Sie die Ausgabe bequem nachbestellen.
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Die Europäische Union beschließt die Verschärfung des Waffenrechts. Hier kommen Sie zum Beitrag bei all4shooters.com.