Heckler & Koch trennt sich von CEO Norbert Scheuch

Am frühen Dienstagnachmittag (29.08.2017) wurden die Mitarbeiter von Heckler & Koch in Oberndorf in einer Betriebsversammlung aus erster Hand informiert: Der Aufsichtsrat der HK-Aktiengesellschaft hat mit sofortiger Wirkung die Bestellung von Norbert Scheuch als Vorsitzenden des Vorstands der Heckler & Koch AG widerrufen. Zusätzlich wurde seine Bestellung als Geschäftsführer der Heckler & Koch GmbH mit sofortiger Wirkung widerrufen. Umgangssprachlich würde man es so ausdrücken: HK hat seinen Boss gefeuert.

Bis zur Regelung einer Nachfolge, die kurzfristig erfolgen soll, wird der bisherige Mitgeschäftsführer der Heckler & Koch GmbH, Wolfgang Hesse, in Personalunion als Alleinvorstand der H&K AG und alleiniger Geschäftsführer der Heckler & Koch GmbH die Aufgaben in enger Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat wahrnehmen - so lautet die offizielle Mitteilung des Unternehmens.

Norbert Scheuch führte Heckler & Koch seit Dezember 2015.

Zuvor war Scheuch unter anderem Chef von A.T.U. (Auto-Teile Unger) sowie des Betonpumpen-Herstellers Putzmeister. Scheuch war mit markigen Sprüchen angetreten. Er forderte HK zu "überkorrektem Verhalten" auf, wollte sich aus Krisengebieten zurückziehen, um die "Rolle von HK als Prügelknabe der Nation" ein für alle Mal zu beenden. So richtig gelungen ist ihm das wohl nicht – auch nicht die von ihm erwartete strategische Neuausrichtung.

Erst vor wenigen Tagen hatte sich Scheuch nach der Aktionärsversammlung der HK AG vor Fernsehkameras geäußert – ein echtes Novum für das Unternehmen. Interessant ist die offizielle aktuelle Presseinformation des Unternehmens: Danach wolle man "die eingeleitete strategische Neuausrichtung des Unternehmens, den operativen Transformationsprozess und die Produktinnovationsoffensive" unverändert fortführen. Doch wozu dann der Rausschmiss des Trägers der Neuausrichtung sowie des Leiters Produktstrategie?

Heckler & Koch ist nicht gerade für seine Nähe zur Presse bekannt. Da mag es wohl einige Gründe geben, die hier im Verborgenen bleiben. Unter den Mitarbeitern von Heckler & Koch sorgte die Nachricht der Entlassung von Norbert Scheuch offenbar für keinen Schock. Es kam ja in Oberndorf doch immer wieder mal vor, dass Mitarbeiter oder sogar Chefs von einem Tag auf den anderen ihren Stuhl räumen mussten. 

Moderne MP5 Maschinenpistole
Heckler & Koch ist führender Hersteller von Handfeuerwaffen für Streitkräfte aller Herren Länder. Hier eine der neuesten Versionen der MP5 Maschinenpistole.

Wie sieht die aktuelle Strategie von HK aus?

Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. Vieles hängt sicher davon ab, ob das Unternehmen den Zuschlag der Bundeswehr für den Nachfolger des G36 bekommt. Das ist aktuell völlig offen, auch wenn HK hier - Insidern zufolge - gut im Rennen liegt.

Derzeit baut HK außerdem ein Werk im US-Bundesstaat Georgia zur Herstellung von zivilen Sportwaffen. Die ersten Heckler & Koch-Pistolen "Made in USA" sollen nach Unternehmensangaben Ende 2018 ausgeliefert werden.

Ebenso war aus Oberndorf zu vernehmen, dass sich künftig verstärkt um das "zivile Geschäft" bemüht wird. Neben weiteren Pistolenmodellen vermuten Insider auch einen jagdlichen Repetierer von HK. Das alles sind anspruchsvolle Ziele.

Pistole HK SFP9 in 9mm Luger
Heckler & Koch möchte in USA und Europa den zivilen Markt weiter ausbauen. Hier die SFP9 Pistole.

Die Auslastung des Waffenherstellers mit rund 700 Mitarbeitern in Oberndorf sei in diesem Jahr sehr hoch, verkündete der scheidende CEO Norbert Scheuch noch im Mai 2017. Die Auftragslage sei gut. Die ersten Waffen ans französische Militär wurden bereits ausgeliefert. Im Polizeibereich des Nachbarlands besteht ebenfalls Bedarf. Das klang damals alles sehr gut und überzeugend. 

Wie die Realität aussieht, ist schwer einzuschätzen. Da machen interne Gerüchte von "Produkt-Staus" und von "Qualitätsmängeln" die Runde. Die Diskussion um das G36 haben wir noch vor Augen – auch wenn wir nicht müde werden, darauf hinzuweisen, wofür diese Waffe eigentlich gedacht war. Doch sei’s drum: es scheint nicht alles zum Besten zu stehen in Oberndorf, würde das Unternehmen sonst den CEO feuern?

Die eingeleitete Umstrukturierung bei Heckler & Koch wird aktuell nicht in Frage gestellt

Erst vor kurzem hatte der Hauptanteilseigener der HK AG, Andreas Heeschen, dem Unternehmen ein Darlehen in Höhe von 50 Millionen Euro gewährt. Bei einer Aktionärsversammlung Mitte August 2017 wurde das Grundkapital der Gesellschaft von 21 Millionen Euro auf 34,5 Millionen erhöht. Zur Zeichnung dieser neuen Aktien wurde alleine Heeschen zugelassen, der derzeit Anteile im Wert von rund 10,7 Millionen Euro an der Gesellschaft hält. 

Welche Rolle Andreas Heeschen bei der aktuellen Abberufung des CEOs gespielt hat, ist uns nicht bekannt. Aber man muß kein Hellseher sein um zu vermuten, dass es offenbar mehr Diskrepanzen in der strategischen Neuausrichtung von HK gab und gibt als im Augenblick kommuniziert werden.

Wir dürfen gespannt sein, wie sich Heckler & Koch in der Nachfolge von Norbert Scheuch und Marc Roth entscheidet und welche Auswirkungen das auf die Strategie des Rüstungsunternehmens haben wird. Ein Erfolg bei der Ausschreibung rund um den G36 Nachfolger würde die Lage in jedem Fall deutlich entspannen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Eventueller Nachfolger des G36: HK433 Sturmgewehr
Das HK 433 könnte als eventueller Nachfolger des G36 der Bundeswehr ins Rennen gehen.

Über Heckler & Koch

Die Heckler & Koch Gruppe ist einer der führenden Hersteller von Premium-Handfeuerwaffen für die Streitkräfte Europas, der NATO und deren verbündeter Staaten. Seit über 65 Jahren entwickelt, produziert und vertreibt die Heckler & Koch Gruppe Handfeuerwaffen; darunter Gewehre, Pistolen, Maschinenpistolen, Maschinengewehre und Granatwerfer.


Weitere Informationen zu Produkten von Heckler & Koch finden Sie direkt auf der Webseite von HK.

30.08.2017

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