Nachdem wir diese Woche bereits über die mögliche Änderung des Waffengesetz in Deutschland berichtet, gibt es nun Neuheiten aus dem EU-Parlament:
Der 14. März 2017 war im gesamten Verfahren des EU-Gun-Ban der letzten 18 Monate der wohl entscheidenste Tag. Denn an diesem Tag hat das Europäische Parlament in Straßburg mit großer Mehrheit die Änderung der europäischen Richtlinie 477 von 1991 (die EU-Schusswaffenrichtlinie), genehmigt. Zuvor hatte sich der EU-Rat im Trilog mit dem EU-Parlament und der EU-Kommission auf eine Lösung geeinigt.
Die EU-Kommission, die auch den Stein des sogenannten "EU Gun Bans" ins Rollen gebracht hat, hatte zunächst eine striktere Verschärfung in einigen Teilen der Feuerwaffenrichtlinie eingefordert.
Im sogenannten Trilog konnte die Waffenlobby noch einige Teilerfolge erringen und die geplanten Verschärfungen des EU-Waffenrechts etwas abschwächen.
Die vorläufige Vereinbarung vom Dezember vergangenen Jahres zwischen Parlament und Rat zur Reform der EU-Richtlinie über Feuerwaffen wurde am 14. März 2017 mit 491 Ja-Stimmen verabschiedet, bei 178 Gegenstimmen und 28 Enthaltungen.
Änderung der Schusswaffenrichtlinie der EU - ein langer Weg
In den vergangen 18 Monaten des Bangens um die Beschneidung der Rechte aller legalen Waffenbesitzer haben das Parlament und der EU-Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) verschiedene Interessenvertreter angehört. Die Abgeordneten arbeiteten mit Vertretern der Strafvervolgungsbehörden, Prüfstellen für Schusswaffen und Rechtsexperten zusammen, um die Interessen der Industrie und aller rechtmäßigen Waffenbesitzer zu schützen. Gleichzeitig versuchten sie aber auch, bestehende Sicherheitslücken zu schließen und Aspekte der Terrorabwehr zu berücksichtigen.
"Die Textfassung des Parlaments hat viele bedeutende Verbesserungen gebracht. Die Änderungen, die wir jetzt vereinbart haben, werden die bestehenden Gesetzeslücken schließen. Sie werden einen wichtigen Beitrag zu unserer Sicherheit darstellen und gleichzeitig die Rechte der rechtmäßigen Waffenbesitzer achten", sagte Vicky Ford, Vorsitzende des EU-Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO).
Verschärfung der EU-Schusswaffenrichtlinie 2017 - das ändert sich
Mit der Zustimmung des EU-Parlaments zur "veränderten Anpassung der Schusswaffenrichtlinie" liegt noch lange kein geändertes Gesetz vor. Denn die Richtlinie hat nicht die Wirkung wie ein nationales Gesetz, denn es richtet sich nicht direkt an den Bürger, sondern an die Regierungen der Mitgliedsstaaten. Diese haben wiederum 15 Monate Zeit, um ihre jeweiligen Waffengesetze dem neuen EU-Stand von 2017 anzupassen.
Doch was ändert sich nun in der EU-Richtlinie für Schusswaffen im Detail?
1. Endgültige Deaktivierung von Schusswaffen
Die überarbeitete EU-Richtlinie verschärft die Vorschriften für die Kennzeichnung von Schusswaffen und klärt den Status von "deaktivierten" Waffen. Unbrauchbar gemachte Schusswaffen (vor allem Dekowaffen) dürfen nicht mit einfachen Techniken wieder in scharfe Waffen umgebaut werden können. Auf Druck des Parlaments hat sich die EU-Kommission verpflichtet, bis Ende Mai 2017 und in Zusammenarbeit mit nationalen Sachverständigen die Deaktivierungsstandards und -techniken zu überarbeiten, um sicherzustellen, dass deaktivierte Schusswaffen endgültig unbrauchbar gemacht werden. Neu deaktivierte Waffen müssen den nationalen Behörden gemeldet werden.
2. Geringere Magazinkapazität
Es werden neue, strengere Kontrollen von bestimmten halbautomatischen Schusswaffen eingeführt, wenn sie mit Hochkapazitätsmagazinen ausgestattet sind. Bei halbautomatischen Kurzwaffen sind das Magazine mit einer Kapazität von mehr als 20 Patronen. Halbautomatische Langwaffen sollen in Zukunft nicht mehr als 10 Patronen aufnehmen dürfen. Jedoch können Einzelpersonen, die solche Waffen heute bereits legal besitzen, dies weiter tun, sofern ihr Mitgliedsstaat zustimmt. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die deutsche Regierung zu diesem Thema entscheidet.
3. Nationale Waffenregister und Informationsaustausch
Die neuen EU-Regelungen schreiben vor, dass alle Informationen, die erforderlich sind, um Schusswaffen zurückzuverfolgen und identifizieren zu können, in den nationalen Waffenregistern erfasst werden. Außerdem müssen Vorkehrungen getroffen werden, um den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern. Klingt spektakulärer als es in Wirklichkeit für Deutschland wird, denn hierzulande besteht bereits ein nationales Waffenregister.
4. Stärkere Kontrolle von "nicht scharfen" Waffen
Die EU-Mitglieder werden strengere Kontrollen von "unscharfen Waffen" - z.B. Dekowaffen und Schreckschusspistolen - durchsetzen müssen, die unter Umständen so umgebaut werden können, dass sie mit scharfer Munition schießen. Was das für die Waffengesetzgebung in den einzelen EU Staaten konkret bedeutet, ist aktuell völlig unklar.
Verschärfung des Waffenrechts in der EU - die nächsten Schritte
Zunächst muss der Richtlinienentwurf noch vom EU-Ministerrat verabschiedet werden. Danach hat jeder EU-Mitgliedsstaat ab dem Inkrafttreten der Änderung 15 Monate Zeit, um die neuen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Innerhalb von 30 Monaten müssen sie ein Datenbanksystem zur Rückverfolgung und Identifizierung von Schusswaffen und den nötigen Informationen einrichten.
Ein straffer Zeitplan, der in Deutschland aber möglicherweise ziemlich zügig über die Bühne gehen könnte. Denn bereits jetzt soll das Waffengesetz mit einer Gesetzesnovelle geändert werden. Der deutsche Bundesrat hat dazu bereits eine Stellungnahme abgegen, wobei der Bundetag sogar noch Änderungsbedarf sieht. Wir haben darüber berichtet. In der Gesetzesnovelle zur Änderung des Waffengesetzes könnten die geforderten Richtlinien der EU mit eingearbeitet werden.
Im Grunde kann die Änderung der EU-Feuerwaffenrichtlinie im Gegensatz zur anfangs geforderten Verschärfung der EU-Kommission als ein kleiner Erfolg der Waffenlobby für legale Waffenbesitzer gesehen werden.
Jäger und Sportschützen dürfen ihre halbautomatischen Selbstladebüchsen behalten. Die Magazinkapazitäten werden nicht in vollem Maße beschränkt. Was auch nicht kommen wird: zeitliche Befristungen für waffenrechtliche Erlaubnisse wie Waffenbesitzkarte oder Jagdschein und eine verpflichtende medizinisch-psychologische Untersuchung.
Auch Ludwig Willnegger, Generalsekretär der Europäischen Förderation der Verbände für Jagd und Naturschutz (FACE), äußerte sich positiv: "Diese endgültige Abstimmung gilt als gutes Ergebnis für europäische Jäger." Allerdings seien die Bestimmungen für Genehmigungen, Lizenzen, einschließlich Erneuerungen und Verlängerungen, und die Lagerung von Schusswaffen noch unklar. Hier sieht Willnegger eine Gefahr der Überregulierung, die zu einer schlechten Umsetzung in den Mitgliedstaaten führt. "Daher wird sich FACE nun auf die Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften in nationale Gesetze konzentrieren und die Jagdverbände unterstützen, um eine reibungslose Umsetzung ohne unnötige Belastungen und Hindernisse für Jäger, Waffenbesitzer und Hersteller zu gewährleisten", so Willnegger.
Der Kommentar von all4shooters.com zur neuen EU-Feuerwaffenrichtlinie 2017:
Es ist nun also so gekommen, wie es zu befürchten war. Viel Aktionismus auf EU-Ebene, wenig Faktenbezogenheit, spürbare neue Einschränkungen für legale Waffenbesitzer und nach wie vor viele Unklarheiten. Das Thema wird uns wohl in den nächsten 15 bis 30 Monaten weiterhin begleiten, wenn es um die Umsetzung in Landesgesetze geht. Einzig erfreulicher Aspekt: es hätte noch schlimmer kommen können. Deshalb an dieser Stelle vielen Dank an alle, die daran mitgewirkt haben, die Verbote abzumildern. Unser Fazit: Nein, wir sind mit diesem Ergebnis natürlich nicht zufrieden. Aber ja: Wir werden für die legitimen Interessen von Sportschützen und Jägern weiterhin kämpfen.
Hier sehen Sie eine Videozusammenfassung der EU-Kommission von der Wahl aus dem EU-Parlament (in Englisch).
Die Pressemitteilung des Europäischen Parlaments zur Verschärfung des Waffenrechts finden Sie hier: Pressemitteilung.