Am 26. Januar 2017 hat der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments (IMCO) mit 25 gegen 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen den im Dezember zwischen Parlament und Rat geschlossenen Kompromiss zur Änderung der Feuerwaffenrichtlinie angenommen. Einer der abwegigsten Punkte dieser Initiative, die ja eigentlich dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus dienen soll, sieht die Gleichsetzung von Vorderlader-Replikas mit Jagd- und Sportwaffen vor. Abgesehen davon sollen einige andere Waffentypen, die bisher nie für Terroranschläge verwendet wurden, fortan zur Kategorie A gehören. Das nur zur Einstimmung.
Und jetzt hat Pierangelo Pedersoli das Wort.
Die EU-Kommission und die Feuerwaffenrichtlinie
Dies ist die Geschichte einer Kommission, die auf gewissen Gebieten als kompetent gilt und eigentlich Gesetze in Vertretung des Volkes machen soll. Und doch hat sie in einem entscheidenden Augenblick ihrer Geschichte ihre Inkompetenz bewiesen und den Unmut derer auf sich gezogen, die beruflich mit der Materie zu tun haben.
Ich erzähle Ihnen nun die Geschichte des Änderungsvorschlags für die Richtlinie 477/91 über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen. Sie müssen jetzt stark sein, liebe Leser: Es folgt eine tragikomische Episode.
Die Anpassung der EU-Feuerwaffenrichtlinie 477/91 hatte, das wurde uns jedenfalls erzählt, drei edle und bedeutende Ziele: Kampf gegen den Terrorismus, Kontrolle des illegalen Waffenhandels und Eindämmung der Kriminalität. Es ist ganz schön schwierig, heute nicht sarkastisch zu sein. Sarkasmus ist (bald im wahrsten Sinne des Wortes) die einzige Waffe, die uns geblieben ist.
Ausdehnung der Feuerwaffenrichtlinie
Nach monatelangen Diskussionen, Besprechungen mit "Experten" und Anhörung von "Sachverständigen" kann ganz Europa aufatmen. Schließlich hat die Kommission (als einen von mehreren Geniestreichen) die Gültigkeit der Waffenrichtlinie auf Reproduktionen historischer Vorderlader ausgedehnt. Und damit können wir uns ja wohl alle ein bisschen sicherer fühlen, oder nicht?
Unsere Albträume werden schließlich schon seit geraumer Zeit von finsteren Gestalten bevölkert, Bösewichtern aus den Märchen unserer Zeit, Ausgeburten der Hölle. Es handelt sich – jedenfalls nach Ansicht der EU-Technokraten – um Terroristen, die im Sold des IS stehen und mit Musketen zur Tat schreiten, mit Vorderladern, wie man sie seit der Schlacht von Waterloo nicht mehr gesehen hat. Furchtbar, was?
Das ist aber noch nicht alles. Passen Sie gut auf, liebe Leser! Scherz beiseite (und zum Scherzen wird einem bei dieser Sache nun wirklich nicht zumute) – die Kommission hat beschlossen, dass Reproduktionen historischer Waffen (also Modelle, die älter sind als 1890) von der neuen Richtlinie erfasst werden sollen, dass sie meldepflichtig werden und in die gleiche Kategorie fallen wie moderne Waffen (Kategorie C). Das wiederum gilt übrigens nicht für die Originale, also für die Waffen, denen sie eins zu eins nachgebildet sind!
Für vergessliche Leser und solche, die sich eher für neuere Waffen interessieren, sei noch einmal daran erinnert, dass vor 1890 sowohl Vorderlader als auch Hinterlader gebaut wurden und dass beide Typen nichts mit modernen Waffen und noch weniger mit Terrorismus zu tun haben.
Vorderlader und Hinterlader - der Unterschied
Es sollte präzisiert werden, dass Vorderlader mit Steinschloss oder Perkussionsschloss zwischen dem frühen 17. Jahrhundert und 1869 gebaut wurden (wie der Name schon sagt, werden sie über die Mündung geladen, wie der schöne Leonardo Di Caprio es uns im Film "The Revenant" vorführt). Hinterlader werden über den hinteren Teil des Laufs geladen, und zwar mit Patronen, so wie wir das kennen. Solche Waffen wurden ab 1870 gebaut.
Vorderlader – ob als Originale oder Nachbauten (oder Repliken, die Definition variiert von Land zu Land) sind in vielen Ländern Europas und der Welt frei verkäuflich, da sie (bisher und zu Recht) objektiv als ungefährlich für die Sicherheit der Gesellschaft gelten.
Hinterlader-Nachbauten (oder eben Replikas) waren dagegen immer der Richtlinie unterworfen und konnten daher nur mit Waffenschein oder spezieller Genehmigung erworben werden, je nach nationaler Regelung.
Jetzt aber sind der Richtlinie auch Nachbauten von Vorderladern mit Stein- oder Perkussionsschloss unterworfen und damit meldepflichtig. Für die historischen Originale gilt das wiederum nicht; sie können weiterhin frei erworben werden – Hinterlader wie Vorderlader. Dabei stellen die Replikas originalgetreue Nachbauten genau dieser Waffen dar, und zwar im Hinblick auf ihre Funktion ebenso wie im Hinblick auf Material und Konstruktionstechnik.
Falsches Verständnis für Vorderlader-Replikas
Eine Frage: Lassen sich Terrorismus, illegaler Waffenhandel und Kriminalität wirklich auch dadurch bekämpfen, dass man den Umlauf von historischen Vorderladern einschränkt? Kann sich irgendjemand vorstellen, dass ein Terrorist mit einem, sagen wir mal, Steinschlossgewehr ein Massaker verübt, ohne dass die Ordnungskräfte ihn während der umständlichen Ladeprozedur unschädlich machen?
Noch erschütternder ist die Begründung für die Änderung. "Wo es in den Mitgliedsstaaten ein Gesetz zur Reglementierung historischer Waffen gibt, sind diese nicht der Richtlinie unterworfen. Reproduktionen solcher Waffen dagegen haben nicht dieselbe historische Bedeutung und können mithilfe moderner Technologie gebaut werden, so dass Lebensdauer und Präzision gesteigert werden. Daher müssen solche Waffen der Richtlinie und ihren Bestimmungen unterworfen werden."
Klar? Man befasst sich nicht mit dem Gegenstand an sich, sondern mit dem Verfahren zu seiner Herstellung. Das ist ein bisschen so, als würde man sagen: Eine im Jahr 2017 hergestellte Pferdekutsche ist eigentlich gar keine Pferdekutsche, sondern ein Kraftfahrzeug, selbst wenn statt eines Motors echte Pferde angeschirrt sind – weil das Gefährt ja mit modernen Methoden gebaut wurde.
Aber das ist leider immer noch nicht alles: Das Dokument, das da am 26. Januar mit 25 Ja-Stimmen, nur 9 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen angenommen wurde, weist in eine völlig falsche Richtung, auch wenn es gegenüber der ursprünglichen Version schon verbessert wurde. Warum überlässt man es nicht den einzelnen Staaten, etwa Italien, das bereits jetzt regelmäßige Kontrollen durchführt und bewährte Regelungen anwendet, den Zeitrahmen und die Erfordernisse für die Neuregelung des Waffentragens zu bestimmen?
Offene Fragen zur Änderung der EU-Feuerwaffenrichtlinie
Warum wird die Bürokratie noch weiter verlangsamt? Warum macht man es den Herstellern logistisch unmöglich, die Markierung der wichtigsten Komponenten ihrer Waffen zu organisieren, was ja wiederum auch die Kontrollen der Behörden erschwert – und das ohne einen einzigen Vorteil im Hinblick auf die Rückverfolgbarkeit?
Warum erklärt man ausgerechnet solche Waffen für verboten, die schon von ihrer Machart her gar nicht umgewandelt werden können und schadet so dem Schießsport, jedenfalls in einigen Disziplinen? Warum schädigt man die rechtmäßigen Waffenbesitzer, untadelige Bürger, Unternehmer und Mitarbeiter der Waffenbranche sowie die Anwender solcher Waffen unter dem Vorwand, Kriminelle, Waffenhändler und Terroristen zu bekämpfen, die die neuen Regelungen genauso wenig beachten werden wie die alten?
Gerade kam die Meldung über drei Italiener, die im internationalen illegalen Waffenhandel aktiv waren, der ja einer der Gründe für die Revision der Richtlinie 477/91 war. Und um welche Waffen ging es da? War auf den Fotos der beschlagnahmten Waffen auch nur ein einziges italienisches Jagdgewehr zu sehen? Ein italienisches halbautomatisches Gewehr? Irgendeine Replika einer historischen Waffe? Natürlich nicht – man konnte stattdessen von "Sturmgewehren und Material für zivile und militärische Verwendung aus ausländischer Produktion" lesen.
Und die Moral von der Geschichte? Darüber urteilen Sie am besten selbst, liebe Leser.
Fazit zur neuen EU-Feuerwaffenrichtlinie von Pierangelo Pedersoli
Nach Monaten voller intensiver Arbeit, voller Engagement in dem Bestreben, unsere Stimme zu erheben und die Hersteller, die Waffenbesitzer und die Nutzer zu Wort kommen zu lassen, die von jeher strengen Kontrollen unterworfen sind und sich diesen aus Gesetzestreue und im Interesse der öffentlichen Sicherheit gern unterwerfen – nach diesen langen Monaten also stehen wir immer noch mit unseren unbeantworteten Fragen da. Vor allem diese hier: Warum hat man es nicht den einzelnen Staaten überlassen, Gesetze über Dinge zu machen, von denen diese großspurigen "Techniker" und "Sachverständigen" trotz aller gegenteiligen Behauptungen nichts verstehen? Warum haben die Technokraten der Kommission nicht das gezeigt, wofür sie bezahlt werden: Kompetenz?
Weitere Informationen zur Änderung der EU-Feuerwaffenrichtlinie finden Sie bei all4shooters.com hier: EU-Waffenrecht 2016: EU-kommission beendet den Trilog
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Auf der SHOT Show 2017 stellte Pedersoli das Vorderlader-Perkussionsgewehr Volunteer 1860 Target vor.