TEST: Die Long Range-Zielfernrohre ZEISS LRP S5 525-56 und LRP S3 636-56 mit extrem großem Verstellbereich 

Das deutsche Traditionsunternehmen ZEISS genießt seit Jahrzehnten nicht nur einen hervorragenden Weltruf bei optischen beziehungsweise optoelektronischen Produkten für die Mess- und Medizintechnik. Auch die Zielfernrohrsparte für den jagdlichen Einsatz ist bei den Grünröcken sehr beliebt. Neben einer exzellenten Verarbeitung und damit einhergehender Langlebigkeit bieten die Zielfernrohre dieses Herstellers eine sehr hohe Lichttransmission und eine Vergütung der Linsen auf höchsten Niveau. Daher verwundert es, dass ZEISS-Modelle im Bereich Sportschießen, vor allem aber beim Long  Range-Schießen, eher unterrepräsentiert sind. In dem vorgenannten Anwenderkreis sind überwiegend Zielfernrohre der Hersteller Kahles, ZCO, Schmidt  &  Bender und Nightforce zu finden. Augenscheinlich gibt es dafür zwei Gründe. Die meisten Sport- und Long  Range-Schützen bevorzugen taktische Absehen, mit denen eine Korrektur des Geschosseinschlags, die Seitenkorrektur bei Wind und das Ermitteln von Zielgrößen bei bekannter Distanz (oder umgekehrt bei bekannter Zielgröße) über entsprechende Marken im Absehen möglich ist. Derartige Absehen waren bislang bei ZEISS unterrepräsentiert, da der Fokus auf dem jagdlichen Einsatz lag. Der zweite Grund dürfte der zur Verfügung stehende vertikale und horizontale Verstellbereich sein. Wer weit schießen möchte, braucht für beide Achsen einen möglichst großen Verstellbereich, um den Geschossabfall und den Wind kompensieren zu können.

Der Weg zu den LRP-Zielfernrohren von ZEISS

So hat ZEISS vor einigen Jahren mit dem Zielfernrohr V8  4,8-35x60 ein eigentlich sehr interessantes, Long  Range-taugliches Zielfernrohr auf den Markt gebracht, das vor allem durch die hohe Vergrößerung für den Weitschuss prädestiniert ist. Schaut man sich jedoch die technischen Daten an, so steht ein Höhenverstellbereich von nur 140  cm (oder 48  MOA) zur Verfügung, welcher für größere Distanzen nicht ausreicht. Umso erfreulicher ist da, dass sich Zeiss diesem Problem angenommen hat. Speziell für das sportliche und auch jagdliche Weitschießen wurde eine neue Produktfamilie mit Absehen in der 1.  Bildebene entwickelt. Unterteilt in die beiden Serien LRP  S3 und LRP  S5 stehen nun Long  Range-taugliche Zieloptiken zur Verfügung. Wir konnten uns jeweils das Spitzenmodell der Serien LRP  S3 und LRP  S5 für einen Test sichern.

Modellvarianten: Diese Zielfernrohre der LRP-Reihe bietet ZEISS an

Das LRP  S3 ist in zwei Ausführungen erhältlich. Das LRP  S3  425-50 bietet einen Vergrößerungsbereich von 4  bis 25-fach bei einem Objektivdurchmesser von 50  mm, mit einem Höhenverstellbereich von 46,5  MRAD  (≈ 160 MOA), dies entspricht 465  cm auf 100  Meter Distanz. Laut Hersteller ist es damit Klassenbester in diesem Vergrößerungsbereich. Bei der Seitenkompensation stehen 17,5  MRAD (≈ 60  MOA) zur Verfügung. Der große Bruder, das LRP 3  636-56, vergrößert das Zielbild von 6  bis 36-fach. Das 56-mm-Objektiv bietet zudem mehr Reserven bei schlechten Lichtverhältnissen. Der Verstellweg in der Höhe beträgt 32  MRAD beziehungsweise 110  MOA. Für die Seite sind 14,6  MRAD und 50  MOA möglich. Die Parallaxe-Abstimmung beträgt 15 respektive 10  Meter bis unendlich. Damit eignen sich beide Modelle gut für sehr nahe Zieldistanzen, wie dies bei den PRS-Disziplinen vorkommt. Beide Modelle sind bereits seit April  2023 verfügbar.

In der S5-Serie sind ebenfalls zwei Modelle bereits seit Herbst 2022 erhältlich. Das S5 gehört bei ZEISS in die High Premium-Linie und verwendet FL-Linsen von Schott, die ein äußerst detailtreues und hochaufgelöstes Bild erzeugen sollen. Gefertigt wird das S5 in Deutschland. Das kleinere LRP  S5  318-50 weist eine Vergrößerung von 3,6  bis 18-fach, bei einem Objektivdurchmesser von 50  mm auf. Der vertikale Verstellweg beträgt 40,7  MRAD oder 140  MOA. Für die Seite stehen 17,5  MRAD (≈ 60  MOA) auf dem Datenblatt. Den gleichen vertikalen und horizontalen Verstellweg bietet auch das LRP  S5  525-56. Die maximale Vergrößerung beträgt hier 25-fach, das Objektiv misst 56  mm. Der Parallaxe-Ausgleich reicht bei beiden von 25  Meter bis unendlich. Alle Modelle der Serien S3 und S5 verfügen über ein 34-mm-Mittelrohr.

Absehen der Long Range-Zielfernrohre LRP S3 und S5 von ZEISS

Sowohl für das S3 als auch das S5 sind jeweils die zwei gleichen Absehentypen erhältlich. Das ZF  MRi oder Absehen  16 wurde zusammen mit Instruktoren aus der PRS- und NRL-Wettkampfszene entwickelt. Die Abstände zwischen den einzelnen Haltemarken sind auf MRAD beziehungsweise MIL ausgelegt. Ein MRAD/MIL entspricht 10  cm auf 100  Meter. Die Klickverstellung bei diesem Absehen entspricht 1  cm (0,1  MRAD) pro Klick. Jeder zehnte Klick bietet etwas mehr Widerstand, sodass große Verstellwege schnell vorgenommen werden können. Unterhalb des Fadenkreuzes sind die Haltemarken in Form eines Tannenbaums angeordnet, welche die Korrektur des Haltepunktes bei Seitenwind erleichtert. Ganz ohne Tannenbaum kommt das zweite Absehen aus, das ZF  MOAi oder Absehen  17. Entsprechende Haltemarken befinden sich direkt auf den beiden Achsen des Absehens. Die Abstände zwischen diesen sind nach dem MOA-System (Winkelminuten) angeordnet. Entsprechend ist auch die Klickverstellung auf MOA abgestimmt. Dabei entspricht ein Klick ¼  MOA (7,3  mm). Beim LRP S3 ist das Absehen in fünf Helligkeitsstufen beleuchtbar. In der niedrigsten Stufe ist nur das eigentliche Fadenkreuz beleuchtet. In den höheren Stufen werden dann die gesamten Haltemarken erhellt. Die Beleuchtung ist standardmäßig in Grün und Rot eingebaut. Beim S5-Modell wird nur das eigentliche Fadenkreuz in der Farbe Rot beleuchtet. Im Gegensatz zum S3 ist hier jedoch die Beleuchtungsstärke stufenlos einstellbar. Bei beiden Modellen kann die Beleuchtung so hell eingestellt werden, dass das Absehen auch bei hellem Tageslicht problemlos zu sehen ist.

Bedienelemente und Einsatz mit den Recknagel/ ERATAC Montagen mit einstellbarer Vorneigung.

Der Höhenverstellbereich der beiden Testoptiken lässt sich mit etwas mehr als drei vollen 360°-Umdrehungen ausnutzen. Die entsprechende Ebene wird mit den Ziffern 1, 2 oder  3 angezeigt. Die Beschriftung der drehbaren Turmkappen ist sehr leicht ablesbar und durch eine gezahnte Oberfläche sehr gut bedienbar, auch mit nassen oder kalten Fingern. Die Parallaxe-Verstellung beim S3 gibt nur die Ziffer 10  Meter und "unendlich" an. Dazwischen finden sich keine Angaben. Damit gerät man nicht in die Versuchung, die bekannte Entfernung an der Parallaxe einzustellen, sondern dreht solange, bis das Zielbild scharf ist und somit die korrekte Parallaxe-Freiheit eingestellt ist. Beim S5 ist dies ähnlich gelöst, nur dass hier der unterste Bereich mit 25  Meter angegeben wird. Zum Schutz vor einer ungewollter Verstellung muss bei beiden Modellen zunächst die Kappe des Seitenverstellturms herausgezogen werden, ansonsten ist dieser blockiert. 

Auf die Waffen kamen beide Testgläser dann mit Montagen mit einstellbarer Vorneigung von ERATAC beziehungsweise Recknagel. Diese Montagen und ihre Funktion haben wir Ihnen auch schon im Detail bei all4shooters.com vorgestellt.

Technische Daten des ZF Zeiss LRP S5 525-56 und LRP S3 636-56

ZEISS LRP S5 525-56 und LRP S3 636-56: Unser Fazit

Die Tester konnten die neuen Optiken LRP  S3 und LRP  S5 auf diversen Testwaffen ausgiebig probieren. Die Bedienung und Verstellung aller Türme sowie der Vergrößerung sind hervorragend, ebenso die Verarbeitung und Haptik. Mit den nun zur Verfügung stehenden, teils enorm großen Verstellwegen und Vergrößerungen ist es ZEISS endlich gelungen, für das Long Range-Schießen prädestinierte Zielfernrohre herzustellen. Beide Modelle dürften aufgrund des hohen Vertikalverstellweges auch bestens für Long Range mit KK-Waffen geeignet sein.

Dieser Test erschien auch in der VISIER, Ausgabe 5/2023. Das Heft ist, auch als digitale Ausgabe, im VS Medien-Onlineshop erhältlich.

Mehr Informationen zu den Long Range- und weitere Optiken von ZEISS, erhalten Sie auf den Seiten des Herstellers.