Was bedeutet Exzellenz? Je mehr Leute Sie fragen, desto mehr unterschiedliche Antworten wird man auch bekommen. Für uns allerdings bedeutet Exzellenz in Bezug auf ein Produkt, dass Menschen sich bemüht haben, das Bestmögliche zu bauen. Dabei sollen äußere Anforderungen und Vorgaben übertroffen, neue Ideen und Technologien entwickelt werden. Es soll versucht werden neue Maßstäbe bei Qualität und Verarbeitung zu setzen, die dem aktuellen Standard so weit wie möglich voraus sind, und bis an die Grenzen dessen zu gehen, was die meisten noch für selbstverständlich halten würden.
"Exzellenz ist das Ergebnis daraus, sich mehr Mühe zu geben, als andere für klug halten, mehr zur riskieren, als andere für sicher halten, mehr zu erträumen, als andere für praktisch halten, mehr zu erwarten, als andere für möglich halten." (Ronnie Oldham).
Das ist unserer bescheidenen Meinung zu einer mögliche Definition von Exzellenz - und wie es der Zufall will, würden wir genau diese Beschreibung auch auf das 3,5-26x56 von Hensoldt anwenden, ein Zoom-Zielfernrohr für dienstliche und militärische Zwecke mit großer Reichweite.
Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr für große Entfernungen
Hensoldt – mittlerweile ein Unternehmen von Airbus Defense (ehemals EADS) – hat uns selbst ein Muster, samt IEA-Picatinny-Befestigung mit 30-MOA-Vorneigung, zukommen lassen.
Nach Angaben des Herstellers wurde das 3,5-26x56 Zielfernrohr auf Grundlage von Rückmeldungen zu Scharfschützenanforderungen für den Einsatz auf große Entfernungen entwickelt. Es seien alle Bereiche verbessert und für jede Vorgabe die bestmögliche Lösung erreicht worden.
Dieses Zielfernrohr bietet einen der höchsten Zoomfaktoren, der derzeit für militärische Zielfernrohre verfügbar ist. Seine optische Leistung ist unübertroffen und mit seinen 370 Millimetern ist es kurz genug, um problemlos auf fast allen Büchsen, selbst in Verbindung mit Nachtsichtaufsätzen (wie dem Hensoldt NSV-1000 oder dem Wärmebildgerät IRV 900), montiert zu werden. Der Höhenverstellturm verfügt über einen Einstellbereich von überraschenden 400 Zentimeter auf 100 Meter.
Zudem ist das gesamte Gerät gemäß DIN ISO 9022 (Salznebel) und MIL-STD 810 G gehärtet. Die Harteloxierung Typ III übersteigt sogar die Anforderungen der Militärspezifikation 8625 F. Es ist in Mattschwarz oder Mattbeige erhältlich. Zusätzlich kann auch eine breite Palette an Zubehör bestellt werden: unternehmenseigene Befestigungen, spezielle Laserschutzfilter für 1.064 nm, Gelb- und Polarisationsfilter, Augenmuscheln, Sonnenblenden sowie Antireflexgeräte.
Die Maße des Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohrs
Diese Leistungsfähigkeit ist jedoch mit einigen Abstrichen verbunden: Mit einer Breite von 95 mm, einer Höhe von 85 mm und einem Gewicht von stattlichen 1,3 kg ohne Befestigungsteile ist das 3,5-26x56 Zielfernrohr alles andere als handlich. Auch der Durchmesser des Hauptrohrs ist mit 36 mm eher ungewöhnlich.
Das Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr wird in einem schlichten weißen Karton geliefert, der außerdem die Bedienungsanleitung, ein Reinigungsset mit einem Nylonbeutel, Objektivdeckel und eine werkseitig montierte und zentrierte IEA KH-S Befestigung mit einem Vorneigungsadapter von 30 MOA und 36-mm-Ringen enthält.
Bei einem Zielfernrohr dieses Entwicklungsstands gibt es bei Aussehen oder Konstruktionsqualität nicht viel zu diskutieren. Alles, was zählt, sind mechanische und optische Leistung sowie Ergonomie - und die Frage, ob die leistungsbezogenen Angaben des Herstellers auch stimmen. Nichtsdestotrotz, fiel der ein oder andere heftige Kommentar, als wir das wirklich große Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr aus der Kiste hoben (sinngemäß "Mann, ist das Ding schwer" und "Damit könnte man jemanden erschlagen").
Größe und Gewicht müssen dennoch erwähnt werden, schließlich wirkt sich beides auf Ergonomie und Handhabung der Gesamtwaffe aus. Das Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr ist ausgesprochen hoch und breit und kann damit kleinere tragbare Waffen unhandlich und sperrig machen. Auf AMR-Waffen und großkalibrigen Langstrecken-Scharfschützengewehren hingegen mag das weniger ein Problem sein.
Praxistest des Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr
Wir hatten die Gelegenheit, das Zielfernrohr auszuprobieren und seine rein optische Leistungsfähigkeit auf einem Testschaft zu erproben: bei jeder Witterung und in jedem Gelände, bei direkter Sonneneinstrahlung, heftigem Regen, Morgennebel, bei Nacht und noch viel mehr. Angesichts des herausragenden Zoomfaktors von 7,4 und des gleichermaßen beeindruckenden Sehfelds in allen Vergrößerungen muss man die optische Leistungsfähigkeit des Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohrs wirklich als den neuesten Stand der Technik bezeichnen.
Nur wenige Zielfernrohre haben uns bisher so beeindruckt: Schärfe und Kontrast sind hervorragend, Bildfehler gibt es nicht und die Definition ist ausgezeichnet.
Gleichzeitig zeigen sich auch subtilere optische Vorzüge des Zielfernrohrs. Der große Durchmesser des Okulars (das zudem über einen Schnellfokus-Dioptereinstellring mit Einstelloptionen von -2,5 bis +2 verfügt) macht es möglich, dass man bei allen Zoomeinstellungen den vollen Bildkreis sehen kann: kein lästiger "Tunneleffekt" bei niedriger Vergrößerung und ein komfortables, breites und unkompliziertes Sehfeld bei hoher Vergrößerung.
Selbst bei 26-facher Vergrößerung treten bei geringen Bewegungen des Auges keine Schatten im Okular auf. Zudem ändert sich der Augenabstand bei höchster bzw. geringster Vergrößerung kaum. Der Hersteller verspricht 90 mm, doch tatsächlich verändert sich der Abstand zwischen Auge und Okular um nicht einmal 10 mm (95 mm bei niedriger und 85 mm bei hoher Vergrößerung) und ermöglicht so eine präzise und gleichbleibende Schießposition bei jeder Vergrößerung. Nach den Angaben verwendet das optische System AOS (Advanced Optics System von Carl Zeiss mit Schott-Glas) und weist zahlreiche fluoridhaltige Glaselemente auf.
Das Absehen des Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr
Das Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr enthält standardmäßig ein mrad-Strichabsehen. Bemerkenswert ist vor allem das nahezu transparente, feine Liniendesign, ein Markenzeichen der meisten Hensoldt-Absehen. Im Vergleich zu den "Weihnachtsbaum-Absehen", die häufig in taktischen Zielfernrohren verwendet werden, wirkt es schlicht und aufgeräumt, fast sparsam.
Standardmäßig sind die Linien alle 1 Strich gesetzt und jede Zwischenlinie misst 0,5 Strich. In den rahmenartigen Außenlinien gibt es noch feinere Unterteilungen in Schritten von 0,2 Strich. Das Absehen befindet sich auf der vorderen Bildebene. Entsprechend wird es bei niedrigster Vergrößerung fast unsichtbar.
Durch Einschalten der Beleuchtung löst sich dieses Problem: Diese ist so hell, dass das Absehen selbst am helllichten Tag zu erkennen ist, wobei die sichtbare Größe des lasergefrästen Absehens bei 3,5-facher Vergrößerung die Entfernungsmessung unmöglich macht. Andere Absehen-Designs sind auf Anfrage erhältlich, bei zivilen Verkäufen ist das aber möglicherweise weniger sinnvoll.
Zur Stromversorgung nutzt das Zielfernrohr eine 3V-Lithiumbatterie (CR123A), die sich waagerecht unter dem Okular befindet. Zum Einschalten des Leuchtabsehens wird der kleinere Drehknopf mittig am Parallaxeturm herausgezogen. Die Helligkeit lässt sich durch Drehen einstellen. Nützlich: Einmal eingestellt, bleibt die Einstellung auch nach dem Aus- und Wiedereinschalten der Beleuchtung erhalten.
Der Parallaxedrehknopf ist perfekt justiert: Damit Sie die Parallaxe nicht aus Versehen verstellen, brauchen Sie zum Drehen deutlich mehr Kraft als zum Einstellen der Helligkeit. Der Parallaxedrehknopf ist nicht mit Abstandsmarkierungen gekennzeichnet; lediglich eine generische Angabe zu 50 m bis unendlich zieht sich um den Knopf herum.
Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr beim Testschießen
Zum Testschießen am Schießstand haben wir das Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr auf Schusswaffen unterschiedlicher Kaliber befestigt, von 7,62 x 51 mm bis zu .338 Lapua Magnum. Anschließend haben wir es auf unterschiedliche Entfernungen und unter verschiedenen Bedingungen erprobt.
Zum Vergleich der optischen und mechanischen Leistungsfähigkeit sowie der Zuverlässigkeit zogen wir namhafte, hochwertige Zielfernrohre heran, unter anderem das 4-16x56 FF-LT von Hensoldt.
Als Montagezubehör wurde in allen Tests die Original-Picatinny-Befestigung (IEA KH-S) mit 30-MOA-Vorneigungsadapter verwendet. Es ist zu beachten, dass auf dem Tubus nur wenig Platz zur Montage vorhanden ist (gerade einmal 40 mm am vorderen Teil). Das könnte die Anbringungsmöglichkeiten auf der eingebauten Waffenschiene aus Gründen des Augenabstands beschränken.
Die Türme haben jeweils einen sehr großen Durchmesser und sind somit selbst mit Winterhandschuhen problemlos sicher zu fassen und zu bedienen. Der Höhenverstellturm mit Zero-Stop-Funktion und Doppeldreh-Option im Uhrzeigersinn hat pro Drehung 180 Klicks zu je 0,1 mrad, insgesamt also 36 mrad, was 126 MOA entspricht.
Einstellungen beim Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr
Um verschiedene Klimazonen ausgleichen zu können, erlaubt der Höhenverstellturm noch fünf weitere Klicks unterhalb der Nullmarkierung, bevor man nicht mehr weiter drehen kann. Insgesamt sind also 365 Klicks möglich.
Die Doppeldrehfunktion des Höhenverstellturms ist sehr geschickt umgesetzt: Hat der Turm eine ganze Drehung vollendet, kann der Schütze den Turm nach oben ziehen und dann noch eine weitere Drehung vornehmen. Ein Klick jenseits der 18-mrad-Grenze fixiert den Turm in der erhöhten Position der zweiten Drehung, sodass Fehler ausgeschlossen sind.
180 Klicks pro Runde bedeutet natürlich auch, dass die einzelnen Klicks sehr eng beieinander liegen, was man den Turmmarkierungen ansieht.
Um es dem Schützen einfacher zu machen, ist der Turm jedoch mit dem MTC-System ("More Tactile Clicks") ausgestattet. So ist jeder zehnte Klick (immer beim ganzen mrad) doppelt so schwergängig wie die übrigen. Somit erhält der Schütze ein deutliches haptisches Feedback. Dadurch und ab dem ersten MTC-Klick am Nullpunkt ist es z.B. auch in völliger Dunkelheit ganz einfach und schnell möglich, die Anzahl ganzer Strich-Klicks zu zählen und für die Feineinstellung dann mit den 0,1-Strich-Klicks den gewünschten Wert anzupassen.
Das Drehen des Turms erfordert einiges an Kraft, und jeder MTC-Klick erfordert noch einmal doppelt so viel. Das liegt nicht nur an der Bauweise, sondern auch an der technischen Herausforderung mit dem Ziel, einige sehr anspruchsvolle militärische Spezifikationen und Tests zu übertreffen.
Schwere Klicks beim Hensoldt Zielfernrohr
Entsprechend ist jeder Klick sehr schwergängig, schwergängiger als bei den taktischen Türmen der meisten Wettbewerber. Dafür ist er allerdings auch sehr knackig und gut definiert - der Turm rastet förmlich in die Einstellungsmarkierungen ein.
Mithilfe vorgedruckter Zielscheiben mit messschieber-genauen Skalen konnten wir ermitteln, dass die Klicks auf eine gemessene Entfernung von 100 Meter eine schier unglaubliche Präzision aufweisen.
Interessant ist, dass der Höhenverstellturm von U.S. Optics entwickelt, patentiert und bei Hensoldt in die Lizenzproduktion gegeben wurde.
Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr - unser Fazit
Unserer Meinung nach setzt die Einführung des Hensoldt ZF 3,5-26 x 56 mm Zielfernrohrs einen neuen Exzellenzmaßstab. Allerdings hat Exzellenz auch ihren Preis, und das im wahrsten Sinne des Wortes: Das Hensoldt 3,5-26x56 Zielfernrohr kostet in Deutschland saftige 5.500,- Euro.
Andererseits wird der Preis angesichts der herausragenden Leistung und Qualität sowie des Marktes und der vorgesehenen Verwendung dieses Zielfernrohrs für viele Kunden wahrscheinlich kein Ausschlusskriterium darstellen.
Weitere Informationen zu Hensoldt finden Sie bei all4shooters.com und auf der Website von Airbus Defence & Space.