Munition selbst und kostengünstig herzustellen, selten im Handel vertriebene oder nicht erhältliche Patronen zu laborieren und seine Sport- oder Jagdwaffen-Munition zu optimieren – alles gute Argumente fürs Wiederladen. Zwar haben Sportschützen und Jäger wegen ihres Hobbys ein Bedürfnis für selbst erstellte Patronen.
Dennoch kann man sich die zum Wiederladen notwendige Erlaubnis nach § 27 Sprengstoffgesetz nicht einfach so in der Behörde abholen – das erfordert einen Fachkundelehrgang. Und vor den hat der Gesetzgeber eine Unbedenklichkeitsüberprüfung gesetzt. Diese ist eine zwingende Voraussetzung für den Lehrgang. Aspiranten ohne "Persilschein" werden abgewiesen.
Ehe man sich aber dazu anmeldet, sollte man prüfen, wie es im und ums eigene Zuhause mit dem aussieht, was der Gesetzgeber zur Aufbewahrung von Treibladungsmitteln (in vulgo: Pulver) vorsieht. Denn es wäre ärgerlich, allen mit Prüfung und Kurs verbundenen Aufwand auf sich zu nehmen, um dann keine Genehmigung zur Aufbewahrung zu erhalten.
Aufbewahrungsfragen: Die Lagerung von Munition
Wer im Netz "Sprengstoffrichtlinie 410" eingibt, erhält einen guten, oft durch amtliche Fragebögen dargestellten Eindruck, wo sich welche Mengen befinden dürfen – und wo nicht. Ständig bewohnte Räume scheiden aus, es soll eine Druckentlastungsfläche in Form eines Fensters vorliegen, und weitere, leicht entzündliche Materialien dürfen dort nicht aufbewahrt werden. Die Garage käme also nicht in Frage, außer nach einer bewilligten Nutzungsänderung und ohne Kraftfahrzeug. Bei einer Reduktion der Menge – statt drei nur eineinhalb Kilogramm NC-Treibladungpulver – kann die Behörde Ausnahmen gestatten. Etwa in einem fensterlosen, aber hinlänglich großen Raum. Auch Balkone sind möglich oder Lichtschächte, deren Gitter dann abzusperren sind und nicht zu öffentlich begehbaren Stellen zeigen dürfen.
Außerhalb angebrachte Behälter müssen aus mindestens vier Millimeter starkem Stahlblech bestehen und mit der Befestigungsfläche fest verbunden sein. In Räumen genügen eine aus 20 Millimeter starkem Holz (auch selbst) hergestellte, am Mauerwerk befestigte, abschließbare Kiste, ein Schlüsselkasten oder eine Dokumentenkassette. Wir raten hier zu Größen mit lichtem Innenmaß von zirka 120 Millimeter Tiefe, 400 Millimeter Breite und 250 Millimeter Höhe. Da passen vier bis fünf große Pulverdosen hinein. Für ein Behältnis fallen etwa 40 bis 80 Euro an, ein paar Euro werden noch fällig für den darauf anzubringenden Gefahrgutaufkleber nach GHS01 (das Kürzel stammt aus dem global harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien).
Am Aufbewahrungsort muss sich der geforderte Sechs-Kilo-ABC-Feuerlöscher befinden. Derlei kostet in Baumärkten um 25 Euro. Unbewohnte Nebengebäude verlocken, fallen aber meist aus – Omas Hühnerstall oder das Gartenhäuschen sind kaum feuerhemmend ausgeführt und nicht einbruchsicher. Sollte sich kein Aufbewahrungsort finden, genehmigen manche Behörden immerhin den Umgang. Die erworbene Menge Treibladungsmittel muss meist binnen 24 Stunden verladen werden.
Auch auf die Rechnung gehören die Kosten für den Platz, an dem geladen werden soll: Stabile Arbeitsplatten in einer Stärke von etwa 4 Zentimeter Dicke und einer Tiefe von 60 Zentimeter liegen in Baumärkten zwischen 30 und 40 Euro pro laufendem Meter, eineinhalb sollten es sein, zwei wären besser. Mit Befestigungswinkeln oder –stützen kann der künftige Arbeitsplatz gut 100 Euro wert sein und sollte über ausreichende Beleuchtung verfügen. Da dies öfters in Foren gefragt wird: Nein, der Vermieter muss nicht informiert werden.
Zuverlässigkeitsüberprüfung zum Wiederladen
Sobald man sicher weiß, dass das Wiederladen zuhause machbar ist, kann man sich damit beschäftigen, wie man an die vorgeschriebenen Papiere kommt und was das kostet. Es beginnt mit der Überprüfung der persönlichen Zuverlässigkeit, zu beantragen auf dem Ordnungsamt.
Die Kosten variieren je nach Bundesland und Behörde, viele Sätze liegen zwischen 50 und 75 Euro. Erst schien es simpel, für diesen Artikel einen stichprobenartigen Querschnitt abzurufen. Bis die Redakteure Anzeigen wie im Serviceportal Rheinland-Pfalz entdeckten – "Rahmengebühr: EUR 51,13 – 255,66. Hat die zuständige Kreispolizeibehörde jedoch eine eigene Gebührenordnung erlassen, so gelten die dort genannten Beträge." Ups!
Auch die Stadt Bochum hält sich Optionen offen: "… entstehen Kosten für die Zuverlässigkeitsprüfung in Höhe von 30,- Euro bis 250,- Euro". Nach Sichtung der Seiten des Landes Brandenburg war es Zeit, zum Hörer zu greifen: Überprüfung der Zuverlässigkeit (zuzüglich zur Unbedenklichkeitsbescheinigung oder zuzüglich im Rahmen der Verlängerung der Erlaubnis): Gebühr nach Zeitaufwand.
Covid 19-bedingt dauerte es öfters, bis ein in der Regel sehr freundlicher und kompetenter Sachbearbeiter Auskunft zu den "schwimmenden" Sätzen erteilte. So erklärte der Verantwortliche im Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit, Regionalbereich Ost des Landes Brandenburg in Wort und Schrift auch für verwaltungs- und finanzrechtliche Laien verständlich, warum es zu momentan verwirrenden Angaben und hohen Spannweiten kommt:
Demnach wurde mit "Artikel 3 Absatz 15 und Artikel 7 des Gesetzes zur Aktualisierung der Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes (BGebRAG, BGBl. I S. 1666)" festgelegt, dass die bisherige Kostenverordnung zum Sprengstoffgesetz (SprengKostV) zum 1. Oktober 2019 als Bundesrecht außer Kraft tritt und spätestens bis 1. Oktober 2021 auch für die Länder nicht mehr gilt. Brandenburg hat die bislang nach SprengKostV erhobenen Gebühren bereits überprüft, den Aufwand der höheren Abfragequalität und -quantität neu kalkuliert und die Gebührenordnung des für den Vollzug des Sprengstoffgesetzes zuständigen Arbeitsministeriums bereits 2019 novelliert. 120 Euro werden für die Überprüfung der Zuverlässigkeit in Brandenburg jetzt erhoben. Zuzüglich 40 Euro für die Ausstellung – im Regelfall.
Denn: Werden zeitnahe relevante Ermittlungsverfahren beim Auskunftsersuchen offengelegt, kann die Behörde nach § 8a die Bearbeitung bis zum Abschluss des Verfahrens aussetzen. Diese Entscheidung wird dem Antragsteller auf jeden Fall mitgeteilt und mit der Bitte verbunden, die Behörde unverzüglich über den Ausgang des Verfahren zu informieren. Eine Maximalrechnung plus Ablehnung sollte nach diesem Schema eher nicht vorkommen.
Beim Schriftverkehr mit den netten "Preußen" in Brandenburg stach noch etwas ins Auge: Es gibt auch Fälle, in denen die Antragsteller nicht wissen, dass gegen sie Anzeigen oder Ähnliches vorliegen. So kann es etwa bei definitiv nicht kriminellem, aber ungeschicktem Agieren in Geldsachen schon mal zu Ermittlungen kommen, die sich womöglich auch auf "Ja" oder "Nein" beim Zuverlässigkeits-Check auswirken können.
Nach weiteren Telefonaten wurde klar: Ein Teil der Ämter hat im Rahmen der Möglichkeiten ihre Gebühren bereits geändert oder eine eigene Gebührenverordnung erlassen. Manche stehen noch vor der Umsetzung, andere befinden sich gerade darin. Bochum zum Beispiel teilte auf telefonische Anfrage mit, dass der Satz innerhalb der Spannweite von 30 bis 250 Euro bei 60 Euro läge – Bochum, wir lieben Dich! Mit Spannweiten von gut 100 Prozent von Behörde zu Behörde sollte jetzt gerechnet werden.
Lehrgang für Wiederlader: Variable Kosten je nach Standort
Nach (zurzeit) etwa sechs Wochen Wartezeit auf die Unbedenklichkeitsbescheinigung kann sich der jeweilige Wiederlade-Aspirant endlich den Lehrgang buchen. Auf Amtsdeutsch heißt das: Ein Grundlehrgang nach § 32 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV). Der Kurs kostet wieviel? Richtig! Von – bis …
Früher hießen sie Ballungsräume, heute Zentral- oder Metropolregionen. Das Leben dort ist vielleicht nicht viel schöner, aber teurer. So auch im Rhein-Main-Gebiet, in dem ein Anbieter 175 Euro für den NC-Pulver-Lehrgang verlangt. Kombilehrgänge für Schwarz- und Nitropulver kosten mehr, in der Nähe von Ulm gibt‘s Lehrgänge für NC-Pulver à 150 Euro, als Kombilehrgang à 250 Euro.
Und wo geht es günstig? Im Osten, nahe Hoyerswerda: NC-Lehrgänge für 95 Euro. Dort stach bei unserer Stichprobe auch die mit 25 Euro niedrigste Prüfungsgebühr ins Auge. Diese wird für die bei der Prüfung oder während der Lehrgänge anwesende "Amtsperson" von jedem Teilnehmer erhoben. Hohe Sätze finden sich in oder nahe der Metropolen: Im Frankfurter Raum muss man bis zu 65 Euro berappen. Hinweise teurer Anbieter auf niedrige Durchfallquoten können jedoch durchaus als Argument gelten. Manchmal werden Rabatte ab drei oder fünf Personen ausgelobt – es lohnt sich, darauf zu achten.
Ohne Gewähr, ob nicht noch günstigere oder teurere Anbieter existieren: Die Spannweite für Grundlehrgänge nach § 32 der 1. SprengV reicht von etwa 120 zu 240 Euro, bis man das Zeugnis über die erfolgreiche Prüfung in Händen hält.
Kosten für die Erlaubnis nach § 27 SprengG
Nach der Prüfung werden die Gebühren für die Neuausstellung einer Erlaubnis nach § 27 des Sprengstoffgesetzes (SprenG) fällig. Also für die physische Erlaubnis, mit der man Treibladungsmittel erwerben kann. Die Stadt Kaiserslautern langt mit 108,52 Euro dafür kräftig hin, während Hannover nur 50 Euro aufruft.
Oft wird die mangelnde Flexibilität von Behörden beklagt. Die Bochumer sind flexibel: Bis 1 Kilogramm fallen 50 Euro an, über 1 Kilogramm bis 25 Kilogramm 100 Euro. Bochum, wir lieben Dich etwas weniger! Es bleibt abzuwarten, wohin sich die späteren Durchschnittssummen entwickeln.
Finaler Kosten-Check: Wiederladen unterm Strich
Mindestens 300 Euro bei einem Kombilehrgang und bei "Standortpech" gut 500 Euro sollten in der jetzigen Umbruchphase bis zum Erhalt der "Pappe" einkalkuliert werden – Spesen und Reisekosten außen vor. Eine alte kaufmännische Regel lautet: Ohne Invest kein Geschäft. Für 400 bis 500 Euro erhält man etwa 20 bis 25 Schachteln Patronen in Kalibern wie .357 Magnum oder .45 ACP.
Nur, wie lange reichen 1000 Schuss, selbst bei marginalem WBK-Erhaltungstraining? Den etwa gleichen Betrag für eine Einsteigerausstattung in weitere Patronen umzurechnen, lässt nicht viel länger schießen. Aber in Gestalt des Wiederladegeräts erhält man Werkzeug von enormer Haltbarkeit. Und wer Kostspieligeres verschießt, seien es Lang-, seien es Kurzwaffenkaliber, für den amortisiert sich der Kauf noch rascher.
Generelle Voraussetzungen fürs Wiederladen
Generell werden Unbedenklichkeitsbescheinigungen und Erlaubnisse nach § 27 SprengG erst erteilt, wenn der Antragsteller folgende Grundvoraussetzungen erfüllt:
- Vollendung des 21. Lebensjahres (Ausnahmen nur auf Antrag).
- Wohnsitz im Geltungsbereich des Gesetzes, in der Regel auch im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Behörde.
- Deutsche Staatsbürgerschaft, EG-Bürger oder Wohnsitz / gewöhnlicher Aufenthalt seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Geltungsbereich dieses Gesetzes.
- Beratungs- und Info-Gespräch bei der zuständigen Behörde. Persönliches Erscheinen ist erforderlich; den – gültigen – Personalausweis oder Pass mitbringen. Hier geht es um die "körperliche" Fähigkeit des Bewerbers. Personen mit Einschränkungen brauchen unter Umständen ein ärztliches Attest.
- Nachweis des berechtigten wirtschaftlichen, beruflichen oder sonst begründeten Interesses am Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen oder am Erwerb. Bei Mitgliedern einer anerkannten schießsportlichen Vereinigung oder Jagdscheininhabern reicht in der Regel eine Bescheinigung des Vereins oder der – gültige – Jagdschein.
Unseren nächsten Beitrag zum Thema Wiederladen mit Tipps und Tricks – dann geht's mehr um die eigentliche Praxis – finden Sie demnächst natürlich hier bei uns.
Text: Robert Riegel und Matthias S. Recktenwald
Dieser Bericht erschien zuerst in der VISIER, Ausgabe 11/2020. Das Heft ist im VS Medien-Onlineshop als Print-, wie auch als Digitalausgabe zu erwerben.
Weitere Informationen und Beiträge zum Thema Wiederladen finden Sie auf unserer Übersichtsseite.