Selbst billige, kleine Ultraschallbecken reinigen die Hülse von innen deutlich besser als Trockentumbler mit Nussschalengranulat, so schon unser erster Befund (VISIER 11/2022) aus einem Kurztest. Zuvor entzünderten Hülsen fehlte auch viel vom schwarzkrustigen Belag in den Zündglocken. Jedoch, so gut "beschwingte Wassermoleküle" die harten Rückstände auch ablösen, etwas blieb meist haften. Zur rückstandslosen Reinigung mussten mehrere Intervalle ablaufen. Auch wurde außer einem Spritzer Spüli kein Reinigungsmittel zugefügt. Außen tat sich optisch so gut wie nichts, "blank" ist anders. Aber: Ein Pelz aus Rückständen des Reinigungsgranulates, der beim Trockenreinigen mit Schalengranulat im Inneren auftritt (oder bleibt), fand sich ebenso wenig wie grobe Schlackenreste. Kleine Edelstahlstifte in einer Reinigungsflüssigkeit sollen hingegen sowohl außen als auch innen für blankes Messing sorgen, so Reinigungsdetergenzien hinzugefügt werden. Reinigungsmittel finden sich auch in einem überall verfügbaren Haushaltsgerät, nämlich Waschmittel in der Waschmaschine. Auch dieses Verfahren hat Anhänger – doch nun der Reihe nach.
Auf der Suche nach günstigen Reinigungsmitteln für die Nassreinigungsgeräte von STROBL.CZ (Lyman) und Hornady
Die Chemie muss stimmen: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Säuren arbeiten in einem Fließgleichgewicht zwischen Wirkdauer und pH-Wert. Vereinfacht: Starke Säure wirkt in kurzem Zeitraum wie schwache Säure über längere Zeit. Die Zeitintervalle, in denen die Säure auf Schmutz einwirkt, sind also kurz oder lang. Nur, ist kein Schmutz mehr da, wirkt die Säure weiter, nämlich aufs gesäuberte Material. Schwache Säure gestattet ein längeres Zeitfenster, um den Punkt, an dem die Hülsen fertig sind, genau abzupassen. Egal ob starke oder schwache Säure Verwendung findet, nach dem Reinigen muss neutralisiert, also die Wirkung der Säure auf der Hülse abgestoppt werden.
"Das macht der Kollege, der immer mit seinem Mathe-Physik-Chemie-Abi angibt, der kann das"! Nein, das konnte er nicht. Zumindest nicht auf Anhieb. So zeigte das erste Los Hülsen, welche in saurer Lösung gereinigt wurden, nach dem vermeintlichen Neutralisieren und Trocknen noch heftige Flecken. Dabei wurde doch nicht mit Seife gespart? Der, nach längerem Nachdenken, erkannte Fehler war eine Flüssigseife mit Neutral-pH. Zum Neutralisieren der Säurereste braucht es aber eine basische Lösung, deren pH-Wert über dem Neutralwert 7,0 liegen sollte.
Gut, zweiter Versuch: Doch nach diesem zeigten die Hülsen noch hässlichere Flecken! Denn, wie es sich nach diesmal längerer Recherche herausstellte, Woll- oder Seidenwaschmittel sind sauer, im gelösten Zustand entsteht beim Waschvorgang ein pH-Wert von etwa 5,0. Dritter Versuch: Wieder kamen sauer gereinigte Hülsen direkt aus dem Sieb in den mit Seifenlauge gefüllten 10 Liter-Eimer. Und ein guter Esslöffel "normales" Persil, im lauwarmen Wasser aufgelöst, ließ endlich das dritte Los sauer gereinigter Hülsen fleckenlos abtrocknen. Und daher durften diese Hülsen, Kaliber .45 ACP, auch auf das Aufmacherbild. Zum Neutralisieren saurer Rückstände taugen nur alkalische Waschmittel für pflanzliche Stoffe wie Baumwolle, Leinen oder Kunstfasern. Waschmittel für tierische Fasern, wie Wolle oder Seide, sind in der Regel sauer. Somit wären diese theoretisch für die Reinigung besser geeignet, aber kontraproduktiv zum Neutralisieren. Zwischenfazit: Richtiges Wäsche Waschen ist gar nicht so einfach.
Aber was? Wie viel? Und auch wie lange? Da Zitronensäure sich in Reinigungsempfehlungen für Zier- und Haushaltsgegenstände aus Messing findet, klärte sich die Frage nach dem "was" recht schnell. Da die für die Nassreinigung von Hülsen vorkonfektionierten Reinigungsmittel nicht verfügbar waren, konzentrierten sich die Tester auf den in fast allen Detergenzien vorhandenen Wirkstoff, die Zitronensäure. Der Anbieter Dr. Klaus offeriert ein Kilogramm in Pulverform für rund 13,- Euro. Etwas weniger, zum Probieren ausreichend, verkaufen andere in kleineren Portionsbeutelchen, fünf Stück für einen Euro. Heiß diskutiert wurde in der Redaktion hingegen die Frage nach dem "wie viel". Erst genauer formuliert fand die Frage Zustimmung: Wie viel für welches Ergebnis? Erinnern wir uns an die Wiederlader, die gar nicht reinigen. Geht also, wenn auch auf die Gefahr hin, Fremdkörper wie Sand in den Lauf zu bringen. Also irgend etwas dazwischen. In der Art von: Jeglicher Rückstand entfernt und, dem mehrheitlichen Empfinden nach, hinreichend blank. Denn "sauber" liegt auch im Auge des Betrachters. Einer ist mit etwas fleckigen, noch mit Verfärbungen beaufschlagten Hülsen schon zufrieden, während ein Anderer nur hochglänzendes Messing akzeptieren kann.
Im ersten Teil fielen den Testern sehr unterschiedlich verschmutze Hülsen auf. Sowohl der Druck beim Abbrand, wie die Menge und Art des verwendeten Treibladungsmittels, aber auch die Zünder spielen eine Rolle für Menge und Widerstandsfähigkeit der Rückstände. Besonders schmutzig waren die mehrfach wiedergeladenen Hülsen .45 ACP. Wer also mit Chemie darangeht, muss bei unterschiedlich stark verschmutzten Hülsen einen kleinsten gemeinsamen Nenner finden. Oder nimmt einen, wenn auch extrem milden, Angriff der Säure auf an sich schon saubere Hülsen in Kauf. Der Test lief mit jeweils einem Beutelchen zu je 5 g Zitronensäure in Pulverform aus dem Haushaltsbedarf oder der Drogerie, sowohl in dem von STROBL.CZ bereitgestellten Lyman Ultraschallbecken als auch im Nasstumbler von Hornady. Die Menge im Tütchen entspricht etwa einem Esslöffel Zitronensäure. Diese Menge reichte im Test für ein befriedigendes Ergebnis nach je einer Stunde im Nass-Tumbler mit Polierstiften, oder analog 3 x 20 Minuten im Ultraschallbad. Der Reinigungserfolg im Hülseninnenraum war mit beiden Methoden weitgehend gleich, man kann vom berühmten 95 %-Ergebnis im Vergleich zu fabrikneuen Hülsen sprechen. Aber den Grad der Sauberkeit könnte jeder nach Belieben steuern, entweder über die Zeit, oder ein zweites Tütchen Säure. Reinigt man im Hornady-Tumbler etwa 400 Hülsen .45 ACP, reicht ein Kilogramm Zitronensäure für rund 200 Reinigungen, oder etwa 80 000 Hülsen. Eine Reduktion von Stahlstiften und Flüssigkeit lässt eine noch höhere Anzahl Hülsen zu.
Der Lyman Turbo Sonic 2500 von STROBL.CZ reinigt die Hülsen nicht nur gründlich, sondern auch sehr leise
Ähnliche Mengen packt auch das im Test verwendete Ultraschallbecken, der Lyman Turbo Sonic 2500. Im Betrieb hat uns das dumpfe Rasseln des Hornady-Tumblers gestört. Das Ultraschallbecken gab während des Reinigens nur ein dezentes Summen und leises Klingeln von sich. Dessen optionale Heizung kann den chemische Prozess beschleunigen. Mangels Heizung reicht beim Hornady-Tumbler hingegen die Füllung mit heißem Wasser so um 60° Celsius. Also genug Spielraum zwischen dem Reinigungserfolg, dem pH-Wert, der Zeitdauer und der Hitze der Lösung.
Steht in jedem Haushalt: eine Waschmaschine. Was noch zum Hülsenreinigen fehlt, ist ein altes Unterhemd mit genügend Stoff zum Zuknoten, oder ein Kopfkissenbezug. Dieser sollte jedoch schon einen Reißverschluss anstelle von Knöpfen haben. Der Rest dieses Tests bestand aus einer normalen Portion Vollwaschmittel und einem Durchgang für Kochwäsche auf 90°. Nach etwa zwei Stunden war die Wäsche fertig. Befunde: Der innen nun deutlich dunklere Kopfkissenbezug könnte gleich zur nächsten Wäsche in der Maschine bleiben. Im Schnitt zeigten sich die Kurzwaffenhülsen innen jedoch überraschend sauber. Die Langwaffenhülsen zeigten dort zwar noch Farbe, aber keinerlei leicht lösliche Rückstände mehr. Während die Kurzwaffenhülsen im Vergleich zwischen den trocken gereinigten und den sauer nass gereinigten Hülsen rangierten, zeigten die Langwaffenhülsen in etwa das Niveau der Trockenreinigung. Das galt auch für die Rückstände in den Zündglocken. Eines aber hatten alle nass gereinigten Hülsen gemeinsam: Sie mussten getrocknet werden. Wer Zeit hat, legt sie einige Tage bei guter Lüftung auf ein altes Handtuch. Zwischendurch durcheinanderhäufeln, aber immer darauf achten, dass gekippte Hülsen vermieden werden. Waagerecht liegend, bilden sich keine tiefen Wasserreste. Trockentest: Je eine Messerspitze Speisesalz in einige willkürlich ausgewählte Hülsen füllen, und eine halbe Stunde warten. Rieselt das Salz danach so heraus wie es hineingerieselt ist, sind die Hülsen innen wirklich trocken. Ungeduldige benötigen ein Trocknungsgerät, oder Energie im Backofen, etwa eine Stunde bei ca. 60° C. Wichtig: Auf Umluft, nicht Ober-/Unterhitze stellen.
Unser Fazit zum Lyman Turbo Sonic von STROBL.CZ und zu den Hornady Hülsenpoliergeräten (TBL 100)
Die "alte Schule" der manuellen Reinigung von wenigen Hülsen benötigt einen Lappen, Chrompolitur, eine kleine Flaschenbürste und einen passend gefeilten Schraubendreher für die Zündglocken. Bis zu 100 Hülsen lassen sich damit in einer passablen Zeitspanne ganz ordentlich reinigen. Jede für sich. Und nass mit Hausmitteln: Ein alter Kopfkissenbezug, einige hundert Hülsen plus ein Töpfchen Persil, dann ab in eine 90°-Wäsche. Funktioniert, je nach Maschine und Verschmutzungsgrad, durchaus passabel. Kosten: die einer Kochwäsche. Sonst lässt sich nur feststellen, dass die Nass- der Trockenreinigung klar überlegen ist, aber mehr Aufwand erfordert.
Kommen wir zu den beiden getesteten Geräten: Wie weit der Aufwand getrieben - oder wie viel für die Hülsenreinigung extra angeschafft werden muss, bestimmen weniger technische, als optische Gründe. Denn es gibt ja noch die Fraktion der Reinigungsverweigerer, deren Waffen auch mit schmutzigen Patronen funktionieren. Dazwischen liegt das berühmte weite Feld, in dem mit an sich verblüffend wenig Einsatz die gebrauchten Hülsen von akzeptabel aussehend bis fast dem Neuzustand gleichend gereinigt werden können. Die beiden Geräte von Hornady und Lyman funktionieren prima und halten sich preislich mit unter 250.- € (Lyman) und ca. 320.- € (Hornady TBL) im Rahmen. Nicht jeder möchte Hülsen und Geschossrückstände in der heimischen Waschmaschine haben...
Dieser Artikel steht auch in der VISIER, Ausgabe 11/2022. Das Heft ist im VS Medien-Onlineshop erhältlich. Dort ist es auch als digitale Ausgabe verfügbar.
Hier geht es zum ersten Teil unseres Tests: Reinigungsmethoden mit dem Hornady M-1 mit Poliergranulat und das Hornady Rotary TBL 100 Ultraschallgerät mit Stahlstiften
