Auf Initiative des Deutschen Schützenbundes (DSB) fand am Freitag, 18. Februar 2022, ein digitaler „runder Tisch“ zum Thema bleihaltige Munition statt. Die Resonanz der Vertreter der eingeladenen Verbände aus den von einem möglichen Bleiverbot betroffenen Bereichen war groß. DSB-Präsident Hans-Heinrich von Schönfels konnte über 40 Personen aus fast 20 Verbänden virtuell begrüßen und sagte bereits in seiner Begrüßung, „dass es sich um ein Thema handelt, das uns umtreibt und aus unserer Sicht dringenden Handlungsbedarf fordert.“ Wir von all4shooters hatten ja bereits mehrfach über die EU-Pläne berichtet (hier eine Übersicht); zunächst hatte der DSB das in drei Fragen an die großen deutschen Schießsportverbände geschilderte Szenario selbst noch als "Panikmache" abgetan, nun geht es aber dankenswerterweise doch ans Handeln.
Deswegen appellierte Präsident von Schönfels an alle Teilnehmer, sich geschlossen und koordiniert zu positionieren, „um bestmöglich die Interessen all‘ unserer Mitglieder zu vertreten.“ Dieses Vorgehen habe sich bei den Themen Waffenrecht und Schießstandsachverständige bereits bewährt.
Die Erkenntnis ist eindeutig: Es gibt keinen adäquaten Ersatzstoff für Blei in Munition
Walter Wolpert, DSB-Vizepräsident Recht, skizzierte in der Folge die aktuell auf internationaler und nationaler Ebene laufenden Verfahren zur Beschränkung der Verwendung bleihaltiger Munition, die alle unterschiedlich weit fortgeschritten sind. Wolpert ging zum Ende seines Vortrags auch auf die bisherigen Aktivitäten des DSB ein: „Der DSB hat, wie andere Verbände auch, in zahlreichen Gesprächen mit den politisch Verantwortlichen und mit verschiedenen Maßnahmen (u.a. Installation einer verbandsinternen „AG Blei“) bereits die Initiative ergriffen, nun gilt es diese Kräfte zu bündeln.“ Und so vereinbarten die Teilnehmer sich über zukünftige gemeinsame Initiativen weiter eng auszutauschen und den Schulterschluss zu suchen.
DSB-Präsident Hans-Heinrich von Schönfels bedankte sich abschließend bei allen Teilnehmern für die rege Diskussion und konstruktive Gesprächsatmosphäre. Für den DSB fasst er zusammen:
„Die weitere Nutzung bleihaltiger Munition spielt für uns eine zukunftsweisende Rolle. Solange es keinen adäquaten Ersatzstoff für Blei auf unseren Schießständen gibt, werden wir uns weiter mit aller Vehemenz für die Interessen unserer Mitglieder einsetzen, damit diese auch weiterhin ihrer Leidenschaft, dem Schießsport, nachgehen können.“
Unser Kommentar zum "runden Tisch der Verbände":
Recht zu behalten bringt oft keine innere Zufriedenheit. Insofern wäre es zwar schön gewesen, wenn die von all4shooters.com vorgebrachten Warnungen vor einem drohenden EU-Bleiverbot nicht nur für Outdoor-, sondern auch für Innenschießstände von den betroffenen Verbänden eher ernstgenommen worden wären. Und wenn man trotz aller Klein-Klein-Differenzen, die ja auch das Forum Waffenrecht als eigentliches "Aktionsbündnis" der Verbände teilweise lähmen, die alle gleichermaßen bedrohende Gefahr proaktiv angehen und abwehren würde.
Das ist aber möglich! Diesen Eindruck kann man jetzt durchaus gewinnen, auch wenn der eher unverbindlichen, nur auf den DSB gemünzten Pressemeldung noch keine gemeinsame Stellungnahme aller Verbände mit konkreten nächsten Schritten gefolgt ist. Auch die Jäger haben sich mit einer etwas unglücklichen Mitgliederumfrage, die einen Shitstorm im Internet zur Folge hatte, zeitweise selbst blockiert. Nun macht mal wirklich gemeinsame Sache, denn kein Verband kann unsere Jagdpassion, unser Schießsporthobby und für viele auch unseren Beruf allein retten.
Das von der EU-Behörde ECHA (European Chemicals Agency) angedachte Bleiverbot ist von Theoretikern und missionsbewegten und gut mit Steuergeldern honorierten Politikern geplant worden, denen die wirtschaftlichen, sozialen und auch kulturellen Kollateralschäden bei den bisherigen Nutzern vermutlich egal sind. Aber Luftgewehr-Diabolos, Klein- und Großkaliberpatronen und Schrotmunition sind nie nur auf einen einzelnen Verband bezogen, diese Unterschiede werden allenfalls durch die jeweiligen Regelwerke bedingt. Das gemeinsame und physikalisch nicht adäquat ersetzbare Material Blei geht über Verbandsgrenzen hinaus, und nur wenn auch die Argumente und die Aktivitäten ebenfalls über Verbandsgrenzen hinausgehen, kann das Erfolg haben.
Bitte lassen Sie uns dabei zwei essentielle Fakten nicht vergessen: Das Periodensystem hat nur 118 Elemente, und nur wenige Materialien eignen sich für Geschosse. Das in der Jagd überwiegend als Alternative eingesetzte Kupfer ist leider nicht "green ammo" wie häufig fälschlicherweise behauptet wird. Und es steht bereits auf der Watchlist der ECHA. Aus diesem Grund hoffen wir sehr, auch aus den Reihen der Teilnehmer von den Jagdverbänden schnell die richtigen Antworten zu bekommen. Wir haben nicht mehr viel Zeit – aber noch ist es nicht zu spät, der ECHA und der EU-Kommission mit Fakten den Weg zu weisen und ein Verbot von Blei in Munition zu verhindern.
Ulrich Eichstädt