Ende 2020 stellte GLOCK seine neuen Gen5-Pistolenmodelle G22, G23 und G27 in .40 S&W vor. Dabei ist die .40 die einzige Patrone gewesen, die trotz des aktuellen Ansturms auf Waffen und Munition in den Vereinigten Staaten noch in den Regalen der Waffenhändler lag. Und dass trotz der Tatsache, dass in der ersten Hälfte des Jahres 2020 der Verkauf von Munition in den USA um 92,4 % gestiegen ist. Ein unglückliches Schicksal für das Kaliber .40 Smith & Wesson? all4shooters.com begibt sich auf eine Spurensuche nach den Gründen.
Eine Patrone, entwickelt aus den Erfahrungen aus einer Schießerei
Die .40 Smith & Wesson ist eine typisch amerikanische Entwicklung und wurde vom FBI nach dem berüchtigten "1986 Miami shootout" erstmals nachgefragt, nachdem dabei Kriminelle zwei Polizisten töteten und fünf schwer verletzten, obwohl die Verbrecher mehrfach getroffen worden waren. Das FBI führte diese Katastrophe auf die geringe Leistung der Munition des Kalibers 9x19 zurück, für welche die Dienstwaffen der Polizeibeamten eingerichtet waren.
Die US-Bundesbehörde begann, sich nach einer Patrone mit größerer Stoppkraft umzusehen. Zunächst beschloss das FBI, die 1983 von Jeff Cooper für seine Pistole Bren Ten entworfene und vom schwedischen Hersteller Norma kommerziell entwickelte 10-mm-Auto-Patrone zu übernehmen, doch schon bald erwies sich diese Munition als übermäßig leistungsstark und schwer zu handhaben. Sowohl für Schusswaffen als auch für Schützen. Das FBI beauftragte daraufhin Federal mit der Entwicklung einer leichteren Ladung der 10 mm Auto. Die hatte dann zwar weniger Rückschlag, war aber wenig zuverlässig. In der Zwischenzeit entdeckte Robert Klunk, ein R&D-Ingenieur von Winchester Olin, der damals mit Smith & Wesson zusammenarbeitete, dass es durch die Verkürzung der 10 mm Auto-Patronenhülse von ursprünglich 25,2 mm auf 22 mm möglich war, die Leistung der Patronen in einer deutlich kleineren Verpackung aufrecht zu erhalten. Anders als bei der 10 mm-Patrone wurden bei der neuen, so geschaffenen Patrone, kleine Pistolenzündhütchen anstelle von großen Pistolenzündhütchen verwendet. Diese neue Patrone sollte als die .40 Smith & Wesson in die Geschichte eingehen.
Grandioser Auftakt der .40, doch ein schwieriges Leben
Das Kaliber .40 Smith & Wesson und die erste dafür eingerichtete Waffe, die S&W 4006, wurden auf der SHOT Show im Januar 1990 vorgestellt. In ihrer ursprünglichen Version hatte die von Winchester Olin hergestellte Patrone ein 180-Grain-JHP-Geschoss, das mit 950 fps oder 290 Metern pro Sekunde verschossen wurde. Das große Interesse, das die neue Patrone dank der mehr oder weniger freiwilligen Billigung durch das FBI weckte, wurde bald auch zu einem großen kommerziellen Erfolg. GLOCK brachte zwei Modelle auf den Markt, die für das Kaliber eingerichtet waren: die G22 und G23. 1997 wurden sie durch das FBI dann offiziell abgenommen. Das war der Startschuss für im Prinzip alle am Behördenmarkt beteiligten Hersteller, eigene Waffen im Kaliber .40 S&W an den Start zu bringen. Für kurze Zeit zog selbst die US-Armee (im Rahmen des Wettbewerbs um die Einführung einer neuen Dienstpistole, die die Beretta M9 ersetzen sollte) die Möglichkeit in Betracht, eine .40 Smith & Wesson-Pistole einzuführen.
Doch 2014 kam die Nachricht, mit der (vielleicht) niemand gerechnet hatte: Das FBI kündigte an, wieder auf Pistolen des Kalibers 9 mm zurückzugreifen und eine entsprechende Ausschreibung durchzuführen. 2016 gewann GLOCK die Ausschreibung mit seinen 17- und 19-Modellen im Kaliber 9 mm, zu denen sich auch die Subkompaktmodelle 26 (mit Double-Stack-Magazin) und 43 (mit Single-Stack-Magazin) gesellten.
.40 S&W: Wie immer eine Frage des Preises – Vergleich zur 9 mm Luger
Aber was waren die Gründe, die Entwicklung wieder rückgängig zu machen? Hier gibt es einige, aber die wichtigsten sind:
Erstens, die Kosten für Munition: Nicht einmal das FBI hat ein unerschöpfliches Budget, und insbesondere auch nicht alle örtlichen Polizeibehörden, die die .40 S&W eingeführt haben. Die .40 S&W ist nicht nur teurer als die 9 mm, sondern wegen des stärkeren Rückstoßes und Mündungssprungs nimmt die Ausbildung eines Beamten zum Schießen mit diesem Kaliber auch mehr Zeit und damit einen höheren Munitionsverbrauch in Anspruch.
Und das ist das zweite Problem mit der .40 Smith & Wesson: Im Vergleich zur 9 mm Luger ist sie weitaus anspruchsvoller und schwieriger zu handhaben, ohne eine entsprechende Leistungssteigerung zu bieten. Wenn wir über Leistung sprechen, müssen wir uns vor Augen halten, dass die Polizei die neuste Expansivmunition nutzen kann. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Leistung von Defensivgeschossen erhöht, so dass heute expandierende 9-mm-Geschosse wesentlich effektiver sind als die vor 30 Jahren auf dem Markt erhältlichen.
Das FBI führte auch Tests durch: Es ließ einige Mitarbeiter Schießübungen sowohl mit dem Kaliber 9-mm-Luger als auch mit .40 S&W-Pistolen durchführen. Das Ergebnis war ganz offensichtlich: Die meisten Schützen mit der 9-mm-Waffe waren schneller und präziser.
Drittens nun zur Magazinkapazität: Bei gleicher Größe hat eine GLOCK 17 in 9 mm Luger eine Magazinkapazität von 17 Schuss gegenüber den 15 des Modells G22 in .40 Smith & Wesson. Es mag als ein kleiner Unterschied erscheinen, aber wenn man bedenkt, dass laut FBI-Statistik 70 bis 80 % der Schüsse, die von Beamten während eines Feuergefechts abgegeben werden, das Ziel verfehlen, können sogar zwei weitere Schüsse den Unterschied ausmachen. Wenn die höhere Schusskapazität sich zu der höheren und schnelleren Trefferwahrscheinlichkeit addiert, neigt sich die Waage außerdem stark in Richtung der 9 mm Luger.
Auch viele Smith & Wesson-Waffen des Kalibers .40 sind von Modellen des Kalibers 9x19 mm abgeleitet. Dies birgt das Risiko eines vorzeitigen Verschleißes aufgrund der Schussbelastung. Sie haben also einen größeren Wartungsbedarf, was bedeutet, dass Sie mehr Geld im Unterhalt kosten.
Deshalb wurde die .40 Smith & Wesson vom FBI und von vielen anderen Sicherheitsbehörden im Wesentlichen aus Kostengründen aufgegeben. Aber wie stellt sich Situation auf dem Zivilmarkt dar?
Das sagt ein Schießausbilder zur .40 Smith & Wesson
Wir haben den Ausbilder und Schiessexperten Biagio De Santis, zu seiner Meinung über die .40 Smith & Wesson als Verteidigungspatrone gefragt: "Die .40 S&W ist das Ergebnis der Forderung des FBIs nach einer effektiveren Munition mit den gleichen Vorteilen in Bezug auf die Leistung der .45 ACP, die jedoch eine höhere Magazinkapazität und eine bessere Kontrolle des Schießens auch durch Personal ermöglicht, das nicht besonders erfahren oder gut ausgebildet ist. Im Gegensatz zu anderen mittelgroßen, aber leistungsstärkeren Munitionstypen, wie der 10 mm Auto und der .41 Magnum, wurde sie bald zu einem echten Bestseller unter den Verteidigungs- und Behördenpatronen. Obwohl sie mit Munition mit kontrollierter Expansion am besten war, wurde ihr selbst mit Vollmetallmantelgeschossen oft eine überlegene Endballistik sowohl gegenüber der 9 mm als auch der .45 ACP bescheinigt. Aber die Jahre sind vergangen, und die immer schwächeren Grifftechniken, die vom Action-Schießen auf das Polizei- und Verteidigungsschießen übertragen wurden, haben dazu geführt, dass diese Munition für die weniger Erfahrenen, die die Mehrheit der Benutzer sind, weniger kontrollierbar und weniger genau ist. Die standardmäßige .40 S&W ist schließlich eine +P-Patrone. Die neuen Geschosse mit kontrollierter Expansion und größerer Schadenskapazität im besser kontrollierbaren und wirtschaftlicheren Kaliber 9 mm Parabellum/9 mm Luger haben sowohl die zivilen Anwender als auch viele Strafverfolgungsbehörden, allen voran das FBI, dazu gebracht, die 10x22 mm alias .40 S&W-Patrone aufzugeben."
Die .40 Smith & Wesson auf dem Zivilmarkt
Die .40 Smith & Wesson an sich ist eine ausgezeichnete Patrone mit guter Eigenpräzision. Dank der Verfügbarkeit kommerzieller Ladungen mit Geschossen im Gewichtsbereich zwischen 155 und 200 grains ist sie auch sehr vielseitig einsetzbar. Für diejenigen, die ihre eigene Munition wiederladen, ist sie sogar noch breiter aufgestellt, obwohl die Kosten für die Komponenten höher sind als bei der 9 mm.
Was das Sportschießen anbelangt, so hat die .40 Smith & Wesson-Patrone einige Erfolge im dynamischen Schießen erzielen können. Da sie aufgrund ihrer Leistung in der Major-Klasse starten kann, was Schützen eine höhere Punktzahl ermöglicht. Der Leistungsfaktor wird berechnet, indem das Geschossgewicht in grains mit der Geschwindigkeit in Fuß pro Sekunde multipliziert und das Ergebnis durch 1000 geteilt wird. Dazu Tino Schmidt, deutscher Meister im dynamischen Schießen und all4shooters-Redakteur sowie Redakteur unserer Partner-Zeitschrift caliber: "Die .40 Smith & Wesson ist eine Patrone, die für das IPSC-Schießen in den Divisionen Standard und Classic geeignet ist. Es ist das kleinste Kaliber (.400"), mit dem Sie den Major-Leistungsfaktor erreichen können, der Ihnen höhere Punkte für die Trefferplatzierung geben kann. Bevor das Kaliber .40 populär wurde, mussten Schützen die .45 ACP verwenden, um den Major-Leistungsfaktor zu erreichen. Bei gleicher Magazingröße bietet die .40 S&W eine Kapazität von ein oder zwei Patronen mehr als die .45 ACP. Dies bringt beim IPSC einige Vorteile, da mehr Schüsse abgefeuert werden können, bevor das Magazin gewechselt werden muss. Aus diesem Grund verwenden viele IPSC-Schützen die Patrone, vor allem in der Standard Division, obwohl sie nicht gerade angenehm abzufeuern ist, vor allem wenn Major-Power-Factor-Patronen mit Geschossen verwendet werden, die weniger als 180 grains wiegen."
Übersicht: Diese Laborierungen in .40 S&W bietet der Markt
Hersteller | Geschoss | Geschossgewicht | V0 | E0 |
Federal | Vollmantel | 11,7g (180 grs) | 300 m/s | 526 Joule |
Fiocchi | Vollmantel-Flachkopf, Black Mamba | 8,75g (135grs) | 415 m/s | 744 Joule |
Fiocchi | Vollmantel-Flachkopf | 11,2g (170 grs) | 330 m/s | 600 Joule |
Fiocchi | Vollmantel-Flachkopf | 11,7g (180 grs) | 300 m/s | 522 Joule |
GECO | Blei-Rundkopf Verkupfert | 10,7g (165 grs) | 353 m/s | 667 Joule |
GECO | Vollmantel-Flachkopf | 11,7g (180 grs) | 310 m/s | 562 Joule |
Hornady | Hohlspitz (Monoflex) | 8,75g (135 grs) | 344 m/s | 519 Joule |
Hornady | Hohlspitz (XTP) | 10,0g (155 grs) | 360 m/s | 649 Joule |
Hornady | Hohlspitz (FTX) | 10,7g (165 grs) | 358 m/s | 686 Joule |
Hornady | Hohlspitz (FlexLock) | 11,3g (175 grs) | 308 m/s | 537 Joule |
Hornady | Hohlspitz (XTP) | 11,7g (180 grs) | 290 m/s | 489 Joule |
PPU | Vollmantel-Flachkopf | 10,7g (165 grs) | 305 m/s | 497 Joule |
PPU | Vollmantel-Flachkopf | 11,0g (170 grs) | 300 m/s | 496 Joule |
PPU | Hohlspitz | 11,7g (180 grs) | 295 m/s | 508 Joule |
PPU | Vollmantel | 11,7g (180 grs) | 295 m/s | 508 Joule |
PPU | Vollmantel-Flachkopf | 12,3g (190 grs) | 275 m/s | 466 Joule |
Sellier & Bellot | Vollmantel-Flachkopf | 10,7g (165 grs) | 313 m/s | 524 Joule |
Sellier & Bellot | Vollmantel-Flachkopf | 11,7g (180 grs) | 295 m/s | 509 Joule |
Sellier & Bellot | Hohlspitz | 11,7g (180 grs) | 297 m/s | 516 Joule |
Die Zukunft der .40 S&W: Licht und Schatten
Im Gegensatz zu anderen gegen Ende des letzten Jahrhunderts entwickelten Zwischenpatronen wie der .41 Magnum, der .356 TSW, der .357 SIG und der 9x22 Fiocchi Major, die Nischenprodukte blieben und in einigen Fällen in kurzer Zeit vom Markt verschwanden, war das Kaliber .40 Smith & Wesson ein sofortiger und dauerhafter Erfolg, der jedoch aus wirtschaftlichen und praktischen Gründen immer mehr zu verblassen begann.
Während die .40 Smith & Wesson heute sicherlich viel von ihrer Bedeutung in der Welt der zivilen Verteidigungswaffen und der Strafverfolgung verloren hat, scheint ihre Karriere in dynamischen Schießdisziplinen immer noch eine gewisse Befriedigung zu geben.
Ironischerweise dient die 10 mm Auto auch heute noch im Geiselrettungsteam des FBI, verwendet in einer speziellen Version der Heckler & Koch MP5 Maschinenpistole, auch wenn die .40 Smith & Wesson nur dreißig Jahre nach ihrer Geburt in den Ruhestand ging. Aber wer weiß, die Welt der Feuerwaffen besteht aus Zyklen und manchmal aus Wendungen. Vor dreißig Jahren galten Striker-Fire-Pistolen als veraltet, und diejenigen mit Polymerrahmen galten immer noch als Kuriosität, die nicht lange halten würde, doch heute sind sie sowohl in der Welt der Strafverfolgung als auch unter Zivilisten die Regel. Alles geht vorwärts, aber manche Dinge kommen manchmal zurück.