Aus der Sicht des Hülsenkörpers kennen wir drei Formen von Hülsen. Es gibt zylindrische, konische und flaschenförmige Hülsen. Wesentlich wichtiger ist die Unterscheidung nach den Bodenformen. Bodenform und Bodenabmessungen spielen beim Waffenbau eine wichtige Rolle.
Für die Serienproduktion ist es sinnvoll, wenn möglichst viele zur Disposition stehende Patronen identische Bodenabmessungen und Bodenformen haben, um so die Produktionskosten durch einige wenige Verschlusskopfformen zu beschränken. Bedeutung hat die Hülsenform auch für die Bildung des Verschlussabstandes, was wiederum auch Einfluss auf die Funktionssicherheit haben kann.
Wir haben heute fünf verschiedene Grundtypen von Hülsenbodenformen.
Primär die unterschiedlichen Waffensysteme sind die Ursache für die verschiedenen Hülsenformen. Wenn wir an den meistverwendeten Jagdbüchsentyp, den Zylinderverschlussrepetierer, denken, dann sind es vorwiegend zwei Bodenvarianten, die in der Praxis dominieren. Es sind dies die randlose Hülse sowie die Gürtelhülse.
Selten kommen die Hülsen mit eingezogenem Rand vor, die überwiegend entstanden, um einen gängigen Bodendurchmesser (R1-Wert) zu bekommen, typisch dafür ist beispielsweise die .284 Winchester.
Bei den Patronen mit Halbrand, die über einen schmalen Rand und eine Auszieherrille verfügen, ist die .220 Swift wohl der bekannteste Vertreter. Insbesondere bei den Magnumbüchsenpatronen dominierten über viele Jahrzehnte durch die angloamerikanische Vormachtstellung in dieser Kaliberkategorie die Gürtelhülsen. Von dieser Lösung rücken in den letzten Jahren die US-amerikanischen Patronenentwickler immer häufiger ab und wählen die klassische randlose Hülse. Das Für und Wider lohnt eine nähere Betrachtung.
Im Jahr 1912 schlug eine Sternstunde in der Entwicklung der Büchsenpatronen. Die britische Firma HOLLAND & HOLLAND stellte zwei neue, primär als Universalpatronen für die Jagd in den Kolonien gedachte Patronen vor.
Für Repetierbüchsen wurde das Kaliber .375 Belted Rimless Magnum Nitro Express lanciert und für Kipplaufgewehre das Schwesterkaliber .375 Flanged Magnum Nitro Express auf den Markt gebracht.
Während die Randpatrone, wie die für sie typischen Doppelbüchsen eher selten anzutreffen sind, wurde aus der randlosen Version mit Gürtelhülse die heute als .375 H&H Magnum bekannte Universalpatrone für die Jagd auf starkes Hochwild, ja sogar bis hin zu den Dickhäutern.
Mit der .375 H&H Magnum begann das eigentliche Zeitalter der Magnum-Büchsenpatronen mit Gürtel. Allerdings war sie nicht die erste Patrone mit Gürtel. Bereits 1904/05 hatte die Londoner Traditionsfirma eine Büchsenpatrone mit der Bezeichnung .400/.375 Belted Nitro Express mit dem später legendär gewordenen Gürtel vorgelegt.
Allerdings gehörte die .400/.375 Belted Nitro Express (H&H) noch nicht in die Magnumklasse, sondern ist in ihrer ballistischen Leistung der 9,5 Mannlicher ähnlich.
Stellt sich die Frage nach dem Warum des Gürtels?
Mit der häufig zu hörenden Darstellung, dass es sich um eine Verstärkung der Hülse wegen des hohen Gasdrucks handle, liegt keine schlüssige Erklärung vor, denn deutsche Munitionshersteller haben mit leistungsstarken Kalibern, wie beispielsweise 9,3x64 oder 8x68 S, sehr früh bewiesen, dass es auch ohne den Gürtel geht
Eine weitere Überlegung ergibt sich aus der Tatsache, dass die Gürtelhülsen den Verschlussabstand auf der Stirnseite des Gürtels bilden. Ob solche Überlegungen bei HOLLAND & HOLLAND angestellt wurden, bleibt im Bereich der Spekulation.
Tatsache ist, dass die Gürtelhülse ein gutes und einprägsames „Markenzeichen“ der .375 H&H Magnum wurde und somit zumindest ein geschickter Werbeschachzug war.
Da Patronenentwickler dazu neigen, bereits vorhandene Hülsen als Ausgangsbasis für neue Schöpfungen zu verwenden, waren es insbesondere die amerikanischen Wildcatter und kommerziellen Patronenentwickler, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Basis der H&H-Gürtelhülse ihre neuen Kreationen aufbauten. Da mit WINCHESTER und REMINGTON die beiden bedeutendsten Serienbüchsenhersteller auch die beiden großen Munitionshersteller nach dem Zweiten Weltkrieg waren, lag es nahe, dass man aus den bereits angesprochenen Gründen bei der Waffenfertigung auf bereits vorhandene Patronenbodenabmessungen setzte.
So entstanden so legendäre und erfolgreiche Patronen, wie beispielsweise die 7 mm Remington Magnum, die .300 Winchester Magnum und die .458 Winchester Magnum. Aus der Sicht eines Wildcatters hat die Gürtelhülse durch die Bildung des Verschlussabstands auf dem Gürtel einen besonderen Vorteil, da beim Umformen keine Verschlussabstandsprobleme entstehen. Mit randlosen Hülsen, die den Verschlussabstand auf der Hülsenschulter bilden, kann es da schon einmal zu Problemen kommen und zum Fireforming-Schießen können zunächst einmal Hilfsschultern notwendig werden.
Wenn in den letzten Jahren die Patronenentwickler nun verstärkt auf dem Reißbrett neue Hülsen ohne den Gürtel entstehen lassen, so hat dies objektive Gründe.
Zu diesen Neuschöpfungen gehören insbesondere die WSM-Kaliber von WINCHESTER sowie die RUM-Patronen von REMINGTON. Aber auch die neue Blaser-Patronenfamilie basiert auf dem Konzept der randlosen Magnumhülse.
Ferner ist mit den neuen Hülsengeometrien oftmals die Optimierung der Eigenpräzision zu bedenken. So haben kurze jedoch relativ dicke Hülsen Konjunktur, wie die erfolgreichen WSM-Patronen. Hier spielen die von den Benchrestern gewonnenen Erkenntnisse eine Rolle.
Auch die neuen Magnums ohne Gürtel liegen bei Maximalgasdrücken im Bereich der traditionellen Patronen mit Gürtelhülse zwischen 4.200 bar und 4.400 bar. Die Magnums ohne Gürtel haben den Vorteil, dass sie im Patronenlager durch die Bildung des Verschlussabstands auf der Schulter besser zentrieren.
Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass man den Pulverraum im Querschnitt größer gestalten kann als bei vergleichbar dicken Gürtelhülsen. So wird es möglich, mit kürzeren Hülsen die Leistung der vergleichbaren Patronen mit Gürtel zu erreichen. Ein typisches Beispiel sind die .300 WSM und die .300 Winchester Magnum, die in der gleichen Leistungsklasse liegen, während die .300 WSM in Kurzsysteme passt, muss man für die .300 Winchester Magnum mit Gürtelhülse ein Standardsystem wählen.
Zieht man ein Resümee aus diesen Fakten, so schlägt das Pendel zu Gunsten der Magnums ohne Gürtel aus. Die Verbreitung der Patronen mit Gürtelhülse sowie die ausgezeichnete ballistische Leistung vieler dieser Patronen wird sie uns als Standard bei den Magnumpatronen noch viele Jahrzehnte erhalten.