Die Patronenhülse hat im Wesentlichen zwei Aufgaben: Sie fasst die einzelnen Komponenten - Zündhütchen, Treibladung und Geschoss - zusammen und ermöglicht so das bequeme Laden der Waffe. Nicht minder wichtig ist das Abdichten des Patronenlagers nach hinten, um das Ausströmen von Pulvergasen zu verhindern.
Drei Formen von Patronenhülsen
Aus der Sicht des Hülsenkörpers kennen wir drei Formen von Hülsen. Es gibt zylindrische, konische und flaschenförmige Hülsen. Wir haben heute fünf verschiedene Grundtypen von Hülsenbodenformen bei den Büchsenpatronenhülsen. Primär sind die unterschiedlichen Waffensysteme Ursache für die verschiedenen Bodenformen der Hülsen.
Die wohl älteste Gruppe stellen die Randhülsen dar. Sie findet man bei Büchsenpatronen, die hauptsächlich in Kipplaufgewehren und Blockbüchsen zum Einsatz kommen. Den Verschlussabstand bilden die Randpatronen auf der Stirnseite des Randes.
Die Entwicklung von Zylinderverschlussrepetierern mit Kastenmagazin führte zur randlosen Hülse mit Auszieherrille. Die meisten unserer modernen Büchsenpatronen gehören in diese Gruppe. Das Kaliberspektrum umfasst nahezu alle gängigen Geschossdiameter.
Soweit es sich um flaschenförmige Hülsen handelt, wird der Verschlussabstand auf der Schulter gebildet. Die ebenfalls randlosen, jedoch zylindrischen Hülsen finden sich in der Praxis primär bei den Pistolenpatronen und bilden den Verschlussabstand auf dem Hülsenmund.
Die dritte Gruppe sind die Gürtelhülsen. Diese randlosen Hülsen haben im unteren Bereich eine umlaufende Verstärkung, Gürtel genannt. Den Verschlussabstand bilden die Gürtelhülsen auf der Stirnseite des Gürtels.
Die Ränder der Büchsenpatronen
Die Patronen mit Halbrand verfügen über einen schmalen Rand und über eine Auszieherrille. Typische Vertreter sind bei den Büchsenpatronen die .220 Swift und die .225 Winchester. Die Gründe für das Entstehen von Patronen mit Halbrand sind unterschiedlich.
Bei der .225 Winchester lag es beispielsweise daran, dass man den Bodendurchmesser der .30-06 Springfield haben wollte, um kein neues Maß für den Verschlusskopf des Zylinderverschlusses einführen zu müssen, also letztlich eine Produktionsvereinfachung seitens der Waffe. Halbrandpatronen bilden je nach Kaliber den Verschlussabstand auf der Stirnseite des Randes, der Schulter oder bei manchen Pistolenpatronen auch auf dem Hülsenmund.
Die fünfte Gruppe sind die Patronen mit eingezogenem Rand. Der Grund für das Entstehen ist in aller Regel ebenfalls waffenseitig zu suchen. Zum einen wollte man bereits vorhandene Stoßbodenmaße übernehmen oder gewisse Abmessungen der Waffenkonstruktion nicht überschreiten und zum anderen war man waffenseitig in der Patronenlänge begrenzt.
Man erhöhte das Hülsenvolumen durch Vergrößerung des Pulverraums im Querschnitt. Bei den Büchsenpatronen sind besonders die .284 Winchester sowie die darauf aufbauende 6,5-284 Norma als Patronen mit eingezogenen Rand bekannt, die als flaschenförmige Hülsen den Verschlussabstand auf der Schulter bilden.
Hülsengeometrie und Hülseninnenvolumen
Die sogenannte Eigenpräzision hängt von der Hülsengeometrie und dem Verhältnis des Hülseninnenvolumens zum Kaliber und zur Geschossmasse ab. Bei der Hülsengeometrie setzen sich immer mehr kurze, dafür relativ dicke Patronen durch, die zudem noch über Schulterwinkel von 30 Grad und mehr verfügen.
Das Anzünden der Treibladung kann bei einer niedrigeren Pulversäule - so hat die Praxis gelehrt - gleichmäßiger erfolgen als die gleiche Pulvermenge in einer hohen, dafür aber schlanken Säule. Die Zeit-Druck-Kurve verläuft bei den so in der Hülsengeometrie aufgebauten Patronen günstiger als bei anderen Konstruktionen.
Die Ergebnisse dieser Überlegungen findet man in den Match-Patronen, wie beispielsweise 6 mm PPC und 6 mm BR Norma, aber auch bei den leistungsstärkeren Kalibern, wie beispielsweise den WSM-Patronen von Winchester oder den SARUM-Versionen von Remington.
Die kurzen Patronen haben als weiteren Vorteil, dass man sie in kurzen Systemen unterbringen kann. Gleichzeitig besteht jedoch auch der Nachteil, dass ein ruckfreies und sicheres Repetieren damit schwerer herzustellen ist.
Nun darf man jedoch nicht meinen, dass mit den kurzen, dickbauchigen Patronen alle bis dahin entstandenen Konstruktionen in den Ruhestand zu schicken wären. Viele der gängigen Standardpatronen verfügen ebenfalls über eine gute Eigenpräzision und sind in Verbindung mit Serienbüchsen zu bekommen.
Zu diesen Klassikern gehören auch die zahlreichen Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts als Ordonnanzpatronen entstandenen Büchsenpatronen. Die Anfangsgeschwindigkeiten dieser bewährten Ordonnanzpatronen von 6,5x55 Schwedisch Mauser bis 8x57 IS liegen durchweg im Bereich von 750 m/s bis 900 m/s. Der Wert von 800 m/s bis 900 m/s gilt bis heute auf die kurzen bis mittleren Distanzen als Idealwert für Matchpatronen.
Die Gürtelhülsen von Büchsenpatronen
Stellt sich weiter die Frage nach dem Warum des Gürtels. Mit der häufig zu hörenden Darstellung, dass es sich um eine Verstärkung der Hülse wegen des hohen Gasdrucks handle, liegt keine schlüssige Erklärung vor, denn deutsche Munitionshersteller haben mit leistungsstarken Kalibern, wie beispielsweise 9,3x64 oder 8x68 S, sehr früh bewiesen, dass es auch ohne den Gürtel geht.
Eine weitere Überlegung ergibt sich aus der Tatsache, dass die Gürtelhülsen den Verschlussabstand auf der Stirnseite des Gürtels bilden. Da Patronenentwickler dazu neigen, bereits vorhandene Hülsen als Ausgangsbasis für neue Schöpfungen zu verwenden, waren es insbesondere die amerikanischen Wildcatter und kommerziellen Patronenentwickler, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Basis der H&H-Gürtelhülse ihre neuen Kreationen aufbauten.
Da mit Winchester und Remington die beiden bedeutendsten Serienbüchsenhersteller auch die beiden großen Munitionshersteller nach dem Zweiten Weltkrieg waren, lag es nahe, dass man aus den bereits angesprochenen Gründen bei der Waffenfertigung auf bereits vorhandene Bodenabmessungen bei den Hülsen zurückgriff.
Aus der Sicht eines Wildcatters hat die Gürtelhülse durch die Bildung des Verschlussabstands auf dem Gürtel einen besonderen Vorteil, da beim Umformen keine Verschlussabstandsprobleme entstehen.
Wenn die Patronenentwickler in den letzten Jahren nun verstärkt auf dem Reißbrett neue Hülsen ohne den Gürtel entstehen lassen, so hat dies objektive Gründe. Zu diesen Neuschöpfungen gehören insbesondere die WSM-Kaliber von Winchester sowie die RUM-Patronen von Remington. Aber auch die neue Blaser-Patronenfamilie basiert auf dem Konzept der randlosen Magnumhülse. Die Magnums ohne Gürtel haben den Vorteil, dass sie im Patronenlager durch die Bildung des Verschlussabstands auf der Schulter besser zentrieren.
Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass man den Pulverraum im Querschnitt größer gestalten kann als bei vergleichbar dicken Gürtelhülsen. So wird es möglich, mit kürzeren Hülsen die Leistung der vergleichbaren Patronen mit Gürtel zu erreichen.
Um einen möglichst großen Pulverraum zu erhalten, setzt man bei einigen Patronen die Schulter weit nach vorne und verwendet einen steilen Schulterwinkel. Die Folge dieser Hülsengeometrie ist ein extrem kurzer Hülsenhals, was für einen festen, perfekten Geschosssitz eher nachteilig ist.
Ferner ragen schwerere Geschosse dann sehr rasch in den Pulverraum, da die Magazinabmessungen die Gesamtpatronenlänge oftmals rasch begrenzen. Eine typische mit dieser Problematik behaftete Patrone ist die .300 Savage. Eine Faustregel besagt, dass der Hülsenhals mindestens die Länge des Kalibers haben sollte.
Das Fazit zu der Hülsengeometrie von Büchsenpatronen
Um diese wichtigsten Faktoren rund um die Hülsengeometrie sollte der Fachverkäufer und Büchsenmacher wissen, will man dem unentschlossenen Kunden zur bestmöglichen Lösung für den gewünschten Waffentyp und Einsatzzweck raten.
Weitere Informationen von Hans J. Heigel über Büchsenpatronen und mehr gibt es auf der Website des Fachautors.
Einen Artikel zu Magnum-Büchsenpatronen mit oder ohne Gürtelhülse von Hans J. Heigel finden Sie bei all4shooters.com hier.