FIOCCHI .308 Win. mit 180 gr "Match King"-Geschoss

Fiocchi ist inzwischen zu einem internationalen Unternehmen aufgestiegen. Im US-amerikanischen Zweigunternehmen Fiocchi of America (FOA) entsteht Munition für Gewehre mit Zentralfeuerpatronen. Die Patrone Kaliber .308 Winchester ist als „Exacta Match“ mit Sierra-Geschoss im Katalog vertreten. Angeboten werden in den USA Geschossgewichte von 168 gr, 175 gr und 180 gr. Hieraus haben wir das schwere 180-gr-Geschoss gewählt. Im Katalog steht das als 308MKC. Deutsche Kunden finden im neuen Katalog von Manfred Alberts (www.manfred-alberts.de) ebenfalls Fiocchi-Büchsenpatronen, allerdings (vorerst nur) mit dem Standard-Vollmantelgeschoss mit 147 gr Masse.
Das 180-gr-Geschoss haben wir ausgewählt, da ich das für Unterrichte und Training in unsrem Schützenverein beim Schießen auf große Entfernungen verwende. Verladen wird das firmeneigene Anzündhütchen. Die Patrone macht auch auf den zweiten Blick einen sorgfältig verarbeiteten Eindruck. Nach dem Glühen des Hülsenmundes wurde die Hülse nicht noch einmal poliert. Das Geschoss ist das als exzellent bekannte Sierra „Match King“ Hollow Point Boat Tail. Die Herkunft des Pulvers ist nicht bekannt. Es handelt sich um ein kugelförmiges Pulver mittlerer Schüttdichte. Zur Erprobung haben wir eine Remington 700 Police verwendet. Der Lauf der Waffe hatte bereits 3.000 Schuss "auf dem Buckel".

Über die 700 Police gibt es nicht viel zu sagen. Meiner Meinung nach ist die der beste Einstieg in die Präzisionklasse. Sie ist einfach und robust, wie es eine Waffe sein muss, die für Schwerarbeit benötigt wird. Dabei ist sie immer präzise. Der umfangreiche Zubehörmarkt ermöglicht uns, die 700 “Police” aus einem simplen Gewehr eine der besten Büchsen auf dem Markt zu machen. Dazu gehören Läufe in Benchrest-Qualität, militärische Magazinkästen, auch für geänderte Magazine, Match-Abzüge, Schäfte aller möglichen Kontur und eine unübersehbare Auswahl an Zielfernrohr-Montagen. Vieles kann verbessert oder hinzugefügt werden, wie es der Geldbeutel gerade erlaubt. Außerdem kennen sich eigentlich alle Büchsenmacher bei diesem Modell aus.  

Einen Wermutstropfen hat die Remington 700: Die große Fertigungsmenge erlaubt zwar ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, in einem Fertigungslos kommen dann aber neben sehr guten auch gute Büchsen vor. Das gibt es auch bei teureren Modellen, aber bei der 700 Police etwas häufiger.

Ich persönlich bin glücklich, da mein Gewehr ab Werk mit einem außergewöhnlich guten Lauf daherkam. Mit der Waffe haben wir dann auch die Fiocchi-Patronen durchprobiert. Die Munition ging bei einem Büchsenmacher um die Ecke über den Tresen, so dass wir mit größtmöglicher Freiheit und ohne Druck seitens eines Herstellers arbeiten konnten.

Unsere 700 hat einen herkömmlichen Schaft, wir haben lediglich das System gebettet, die Anlage der Verschlusswarzen geprüft und am Abzug etwas gearbeitet. Das kann jeder Büchsenmacher für Sie erledigen. 

Ich möchte kurz etwas zum Abzugsgewicht sagen: Während meiner Long-Range-Lehrgänge habe ich nur zu oft Abzüge gesehen, die so leicht eingestellt waren, dass der Schuss schon durch den Ruck ausgelöst werden konnte, den das Verriegeln des Verschlusses bewirkt. Über 1,5 kg braucht kein Abzug zu stehen. Wenn man nur auf dem Schießstand schießt, dann kann man auf 200 g heruntergehen. Wenn man aber im Gelände unterwegs ist, sollten es schon mindestens 800 g sein. Dabei sollte die Sicherung natürlich immer funktionieren!

Bevor wir zum technischen Teil übergehen, möchte ich noch einmal erwähnen, was den meisten Profischützen klar ist: Die Kombination von Waffe und Munition, die wir hier vorstellen, brachte sehr gute Ergebnisse. Die können nur hier gelten und nicht einfach auf andere Waffen übertragen werden. Selbst mit dem gleichen Modell usw. können sie andere Ergebnisse bekommen.
Jedenfalls zeigen die Ergebnisse, dass man mit der Remington 700 Police und Fiocchi-Patronen sehr gut zurechtkommt.

Bevor es auf die Schießbahn ging, habe ich die Munition genauer untersucht. Aus zwei Schachteln wurden willkürlich fünf Patronen ausgewählt und entladen. Wir haben die Gewichte der Komponenten Geschoss, Hülse und Pulverladung überprüft, außerdem die Gesamtlänge L6 aller Patronen in den beiden Schachteln, den Sitz der Schulter (mit einem Stoney Point Bullet Comparator), den „center offset“ zwischen Geschoss und Hülse sowie die Hülsenlänge L3. Bei fünf Patronen haben wir die Geschossgeschwindigkeit gemessen.

Die Geschosslänge habe ich nicht gemessen, da Sierra bekannt ist und das „Match King“ bei den großen Fertigungsmengen in Sachen gleichmäßiger Bemaßung an der Spitze liegt. Das Instrument zum Messen des „center offset“ von Hülse und Geschoss ist Marke Eigenbau, einfach, aber genau. Es arbeitet mit der Anzeige einer Borletti-Schiebelehre mit 0,01 mm Genauigkeit. Die Ergebnisse finden Sie in der Tabelle. 

Auf 100 m Schussentfernung verwende ich als Ziel die offizielle Scheibe “Rimfire bench-rest cal.22 at 50 m Mod.10/5”. Geschossen wurde von der Auflage im geschlossenen Stand durch eine Betonröhre. Die lieben Schießstandbesitzer ja, weil nichts danebengehen kann. Dafür ruinieren sie das Gehör der Schützen und vermiesen einem den Spaß am Hobby.
Die Waffe wurde vorne mit BR-Harris-Zweibein abgestützt. Als Zielfernrohr habe ich ein Police Marksman II 3-12×50 von Schmidt & Bender mit P4L-Absehen auf der ersten Bildebene und 1-cm-Klicks verwendet.

Das Absehen mag nicht das beste für das Präzisionschießen sein, da es das Ziel in vier Teilbilder zerlegt. Das gilt aber für das Benchrest-Schießen, während das Zielfernrohr klarer Sieger ist, wenn es bei schlechtem Wetter oder im Strauchwerk um militärischen oder jagdlichen Einsatz geht. Die Vergrößerung war auf 11-fach gestellt. Um die Kopfhaltung bequemer zu machen, wurde das PM II auf einen integralen 20-MOA-Picatinny-Fuß gesetzt. Wir haben eine Eagle-Wangenauflage verwendet.

Zur Auswertung der Schießtabelle ist anzumerken, dass sich die Daten auf die Geschossflugbahn und die vorgenommenen Änderungen an den Türmen des Zielfernrohrs beziehen. Negative Werte in der vertikalen Spalte bedeuten, dass das Geschoss unter der Achse des Zielfernrohrs war, positive Werte zeigen, dass das Geschoss sich darüber bewegte. Auf der horizontalen Ebene (mit Winddrift und Rotationsabweichung) zeigt ein negativer Wert, dass das Geschoss links der Sichtachse flog, ein positiver Wert seht für eine Abweichung nach rechts.
Der aufmerksame Leser wird sehen, dass einige Daten wie der Geschossfall oder die kinetische Energie auf dieser oder jener Entfernung fehlen. Das ist aber beabsichtigt, da diese Schusstafel für den „Feldgebrauch kalibriert“ ist.

Die Theorie besagt, dass Läufe mit einem 1:12“-Drall mit Geschossgewichten von 168 gr oder weniger arbeiten sollten. Das 700-Fiocchi 308MKC-Gespann war trotzdem erfolgreich. Die abgebildete Schussgruppe entstand in Italien im August an einem Abend, als die Sommerhitze bereits nachgelassen hatte. Die Ziele wurden von unten links angefangen nach rechts beschossen, dann in der oberen Reihe ebenso. Der Schießrythmus wurde davon bestimmt, wie schnell der Schütze die leere Hülse herausnehmen und händisch eine neue Patrone in die Waffe einlegen, verriegeln, durchatmen, das Ziel aufnehmen und abkommen konnte. Der erste Schuss diente der Kontrolle, ob das Zielfernrohr richtig eingestellt war. Die übrigen sind Teil des Tests.

Abgesehen vom ersten Schuss liegen alle anderen auf der Fläche eines 20-Cent-Stückes. Um ein Schussmuster zu ermitteln habe ich eine ungewöhliche, aber wirkungsvolle Methode verwendet. Sie gibt eine Idee davon, was die Munition leistet. Der Münzdurchmesser abzüglich des Geschossdurchmessers beträgt 14,38 mm. Das von der Münze bedeckte Schussbild kann natürlich noch enger sein. Ehrlich gesagt habe ich ein so gutes Schussbild nicht erwartet. Ich hatte schon andere Zeichen für gute Schussgruppen auf 100 m, habe aber noch nie auf so kurze Entfernung Präzision gemessen. ich habe bisher auf Metallziele verschiedener Größe und Form auf Entfernungen zwischen 500 m und 800/900 m geschossen. Ohne starken Seitenwind gab das gute Ergebnisse.

Meiner Meinung nach spielt die Fiocchi 308MKC in einer Klasse mit der NORMA 168 Diamond, die auf kurze und mittlere Entfernungen als Champion bekannt ist, und der Federal 175 Gold Medal Match, einer „Kriegsmaschine“ auf mittlere und lange Entfernungen. Die NORMA Patrone liegt eigentlich bis 300 m vorne. Das geringere Geschossgewicht bei gleicher Mündungsgeschwindigkeit macht sich aber ab 500 m bemerkbar. Da liegt die Fiocchi vorne. Andererseits ist die Federal GMM eine wunderbare, schnelle und präzise Laborierung für das „Long Range“-Schießen. Sie kopiert die Patrone M118LR der US-amerikanischen Scharfschützen. Unter 500 m lässt sie aber Raum für die langsameren Laborierungen mit 168-gr-Geschoss und die Fiocchi-Patrone mit 180-gr-Geschoss.

Die Laborierungen von NORMA und Federal sind in EN Kategorien Spitze, die Fiocchi-Patrone mit 180-gr-„Match King“-Geschoss hat sich meiner Meinung nach aber als sehr gute Allzweckpatrone für alle Distanzen herausgestellt. Der mehr als wettbewerbsfähige Preis der Patrone ist auch ein entscheidendes Argument. Kurz und gut: Die Fiocchi 308MKC hat mich überrascht und überzeugt.

Live fire test Technical data:

Ballistische Tabellen

Fiocchi .308 Win

Tabelle 1: Geschossgeschwindigkeiten bei fünf Messungen

Tabelle 2: Ballistische Daten 0 bis 1000 m für die Patrone Fiocchi 308MKC

Maßtabelle

Tabelle 3: Messung der Geschossunwucht, Abweichung Geschossachse von der Hülsenachse(run out)

Tabelle 4: Gewicht / Massen der einzelnen Komponenten (5 von 40 Patronen)

Table 5: Gesamtlängen (OAL, nach CIP L6) der Fiocchi-PAtronen. Messung mit Stoney Point Bullet Comparator