Diese gemeinsamen Wurzeln (siehe Bild oben) werden heute wieder klar herausgestellt. So trägt das französische 1er Régiment de Parachutistes d‘Infanterie de Marine (1RPIMA) seit Mai 2017 eine neue Kopfbedeckung. Diese erinnert an die French Squadron der 1944 aufgestellten britischen SAS-Brigade (SAS = Special Air Service). Konsequenterweise sitzt an dem bordeauxroten Barett das berühmte SAS-Abzeichen. Es zeigt das geflügelte Excalibur-Schwert (eine andere Interpretation ist das flammende Schwert des Damokles) und das Spruchband "Who Dares Wins" – wer wagt gewinnt. Das 1RPIMA trägt ihn freilich auf Französisch: "Qui Ose Gagne". Die im Februar 2003 im Zuge zahlreicher Umstrukturierungen gebildete belgische Special Forces Group trägt seit Ende 2010 ebenfalls das weinrote SAS-Barett. Diese Kopfbedeckung hatte zuvor das aus der 5th Belgium SAS-Squadron hervorgegangene belgische 1este Bataljon Parachutisten ab 1946 bis zu seiner Auflösung Ende 2010 getragen.
Die Geschichte des britischen SAS begann freilich nicht mit der 1944 in England gebildeten SAS-Brigade, sondern drei Jahre früher in Nordafrika. Hier stellte der britische Major David Stirling den SAS als Spezialkräfteverband für Kommandounternehmen gegen das deutsche Afrikakorps auf. Nach Rückkehr auf die Insel erfolgte der Umbau des SAS zu einer Luftlandebrigade, was bei Männern der ersten Stunde nicht auf Begeisterung stieß. Nach dem Zweiten Weltkrieg sah das britische Verteidigungsministerium dann sogar gar keinen Bedarf mehr für den SAS. Er bestand lediglich in der Territorialarmee fort. Das Blatt wendete sich im Malayan Emergency (1948-60). Im heutigen Malaysia brauchte die britische Armee Spezialkräfte für die unkonventionelle Kriegführung, um kommunistische Guerillas zu bekämpfen. 1952 entstand aus den Malaya Scouts das 22 SAS Regiment.
Der Verband kehrte schnell zum sandfarbenen Barett der Gründerzeit zurück. Dieses erhielten auch die SAS-Schwesterverbände in Rhodesien (ursprünglich C Squadron 22 SAS, 1980 aufgelöst), Australien und Neuseeland.
Eine andere französische Truppengattung führt ihr Barett ebenfalls auf die Weltkrieg-Zwo-Tradition zurück, nämlich die Commandos Marine. Sieben Commandos gibt es derzeit, sie sind meist nach verdienten französischen Marineof zieren benannt: Pierre Ponchardier, Charles Trépel, Louis André Marie de Montefort, Augustin Hubert, Alain de Penfentenyo de Kervéréguin, François Jaubert und Philippe Kieffer. Dass die britischen Royal Marine Commandos ebenfalls das grüne Barett tragen, dürfte logisch erscheinen. Ebenso demonstrieren das niederländische Korps Commando Troepen (KCT) und die polnische Jednostka Wojskowa Komando (JWK, Spezialoperationen-Kommandogruppe) durch das grüne Barett ihre Verbundenheit an die alliierten Commandos des Zweiten Weltkriegs. Das JWK setzt darüber hinaus die Traditionen anderer polnischer Exilverbände und der Heimatarmee fort.
Ein anderes grünes Barett gab einer weiteren weltberühmten Spezialkräfte-Truppengattung ihren Namen, nämlich den als Green Berets bekannten US Army Special Forces. Colonel Aaron Banks, Pionier der US Special Forces, führt die Farbwahl auf die irische Abstammung des wesentlichen Förderers der Special Forces zurück: John F. Kennedy, der 35. US-Präsident. Im April 1962 verfasste der kriegserfahrene Torpedoboot-Kommandant ein offgielles Memorandum des Weißen Hauses. Dort hieß es: "Das Green Beret wird wieder zu einem Symbol für hervorragende Leistungen, zu einem Abzeichen für Mut, zu einer Auszeichnung im Kampf für die Freiheit." Daher lautet das Motto der US Special Forces denn auch: "De Oppresso Liber" – frei von Unterdrückung.
Unkonventionelle Kriegsführung und die Rolle von John F. Kennedy
Mit Kennedys Förderung der US Special Forces endete ein langer Kampf. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sah die reguläre Streitmacht keine Verwendung mehr für Spezialkräfte. An der Haltung änderte sich auch nichts, als die US-Armee ab 1952 unter Führung von Aaron Banks wieder Special Forces aufstellte und mit Banks den richtigen Mann beauftragte: Ein Weltkrieg-Zwo-Veteran, der in dem auf unkonventionelle Kriegführung spezialisierten Office of Strategic Services (OSS) gedient hatte und dabei auch an der im März 1943 anlaufenden alliierten Geheimdienstoperation Operation Jedburgh beteiligt gewesen war (dazu unten mehr). Jedoch hatte der ehemalige Kommando jetzt mit Widerständen zu kämpfen. Auch herrschte ein falsches Verständnis von Spezialoperationen vor. So sah man die Truppe zeitweise als Fallschirmspringer-Eliteinfanterie, erkannte aber den strategischen Wert der unkonventionellen Kriegführung nicht.
John F. Kennedy war überzeugt davon, dass es schlagkräftige Verbände für die unkonventionelle Kriegführung brauchte, etwa im damals beginnenden Vietnamkrieg. Der SAS-Einsatz in Malaya hatte entsprechende Erfolge gezeitigt. Fernspähpatrouillen und Handstreiche tief im feindlichen Hinterland, Ausbildung lokaler Kräfte zum Kampf gegen Insurgenten und vor allem das Gewinnen der Herze und Köpfe der Bevölkerung versprachen strategische Erfolge. Zudem hatten wenige Jahre zuvor das OSS und seine britische Partnerorganisation Special Operations Executive (SOE) unter Beweis gestellt, welchen strategischen Wert Aufbau und Unterstützung von Widerstandsbewegungen in feindbesetztem Gebiet haben können.
Hierzu entstanden kleine Einheiten aus Exilanten der besetzten Staaten, die Kommandoaktionen durchführten. Hohe Wirkung erzielten weiterhin die Jedburgh-Teams der OSS/SOE. Die kleinen Trupps sprangen in den von unter der NS-Diktatur durch Deutschland besetzten Ländern per Fallschirm ab. Sie bestanden meist aus einem Offizier, einem einheimischen Dolmetscher und einem Funker. Sie unterstützten örtliche Widerstandsgruppen, lieferten Aufklärungsergebnisse, koordinierten Guerilla-Aktionen und bildeten Kämpfer aus.
Eine späte Würdigung erfuhr das OSS Ende der 1980er Jahre mit der Aufwertung der US-Spezialkräfte zur eigenen Teilstreitkraft. Das US SOCOM machte eine Abwandlung des einstigen Speerspitzen-Abzeichens des OSS zu seinem Ärmelwappen. Mit der Besetzung der Krim-Halbinsel durch Russland im Jahr 2014 rücken die Aufgaben der Landes- und Bündnisverteidigung wieder mehr ins Bewusstsein der Spezialkräfte.
In den Zeiten der hybriden Kriegführung fällt der Unconventional Warfare noch höhere Bedeutung zu. Eine Rolle spielt dabei das sogenannte Resistance Operation Concept, also die Vorbereitung auf den Widerstand gegen Besatzungsmächte. Es geht also zurück zu den Wurzeln, um die neuen Herausforderungen gemeinsam zu meistern.
Wie erwähnt, handelt es sich bei diesem Artikel um eine stark gekürzte Adaption. Den kompletten Artikel und weitere spannende und interessante Informationen bekommen Sie in VISIER Special 99 "Spezialkräfte weltweit" – erhältlich für 9,90 Euro im VS Medien Online-Shop.