Report Spezialkräfte weltweit – Teil 1: Einführung in die Aufgaben der Special Forces und ihre Strategie

"Who dares wins – Wer wagt gewinnt" ist das Motto des britischen 22nd Special Air Service (SAS) Regiments und damit das Vorbild für alle modernen militärischen Spezialeinheiten. Das Motto gilt nicht nur für die Kommandeure oder die "Operators", sondern vor allem für die politische Führung. 

Wir gehen der wichtigsten Frage nach: Was sind die zentralen Aufgaben und Funktionen der Special Forces?

Das sind die Hauptaspekte der Arbeit von internationalen Spezialeinheiten:

Spezialkräfte weltweit – Teil 1: Einführung in die Spezialkräfte und ihre Strategie
Australische Assaulter üben Taktiken für die Geiselbefreiung in Flugzeugen.
  • Direct Action (DA; Kampfeinsätze gegen Ziele strategischer und / oder operativer Bedeutung);
  • Special Reconnaissance (SR; Spezialaufklärung = Gewinnen von Schlüsselinformationen für die strategische und operative Führungsebene);
  • Military Assistance (MA, Zusammenarbeit und Ausbildungsunterstützung bei Sicherheitskräften in Partnerstaaten);
  • Schutz eigener Kräfte auf Distanz und von Personen in besonderer Lage;
  • Hostage Rescue & Recovery (HRR, auch HRO = Hostage Rescue Operations; Retten und Befreien von Personen aus Gefangenschaft, Geiselnahme oder terroristischer Bedrohung);
  • Counterterrorism (CT; offensive Maßnahmen zur Abwehr terroristischer Bedrohung und Kampf gegen subversive Kräfte);
  • Unconventional Warfare (UW; unkonventionelle Kriegführung);
  • Covert Operations (verdeckte Operationen im Aufgabenspektrum der Streitkräfte).

Diese Aufgaben müssen militärische Spezialkräfte weltweit und in allen Klimazonen erfüllen – oftmals in schwer zugänglichem und vom Gegner kontrollierten Gebiet oder sogar in feindlicher Umgebung. Wesentliche Erfolgsfaktoren für Spezialkräfteeinsätze bilden daher Geheimhaltung, gute Aufklärung und Einsatzplanung sowie Entschlossenheit, Schnelligkeit und Präzision. Dazu kommt natürlich eine hervorragende Ausbildung und Routine.

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Französische Spezialkräfte des 1RPIMA führen eine Zugriffsoperation auf einen Terroristenführer vor. Hier sichern sie biometrische Erkennungsmerkmale an der "Leiche" eines im Feuerkampf getöteten Terroristen.
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Die westlichen Intention, afrikanische Staaten zu stabilisieren, liegt auch der Ausbildungsserie Flintlock zu Grunde. Tschechische Operators unterweisen malische Elitesoldaten in Schießtechniken.

"Kommando-Mann, geh‘ Du voran"! Wir erklären die Rolle der Frau in Spezialkräften − aber auch die Limitierungen:

Unweigerlich stellt sich die Frage nach der Auswahl des richtigen Personals. Die physischen und psychischen Anforderungen an einen derartigen Kommandosoldaten zeigen sich extrem hoch und seine Ausbildung dauert mehrere Jahre. Abgesehen davon lernt man im Leben nie aus und so erfolgen stetig Aus-, Fort- und Weiterbildung. Die Personalgewinnung stellt daher gerade für Spezialkräfte eine strategische Fähigkeit dar. Nach wie vor gilt der Grundsatz "Lücke statt Krücke": Die strengen Anforderungskriterien sollen nicht gesenkt werden, um mehr Personal gewinnen zu können. Daher versucht man immer wieder, die Rekrutierungsbasis zu erweitern.

Das führt zu einem außerhalb des Militärs viel beachteten und diskutierten Thema: Frauen in Spezialkräften. In Stabs-, Führungs- und Unterstützungsfunktionen sowie im Sanitätsdienst zählen sie schon länger zum Truppenbild. Nicht jedoch bei den eigentlichen Kommandosoldaten. Grundsätzlich gilt: Wer die gleichen physischen und psychischen Leistungen bringt, kann sich qualifizieren. Daher blieben die Einsatzkräfte-Verwendungen bisher meist Männersache. Die Regel bestätigen Ausnahmen wie im Sommer 2020 bei den Green Berets der US-Armee oder beim dänischen Fromandskorpset (Kampfschwimmer), wo jeweils eine Frau die entsprechenden Ausbildungen erfolgreich abschließen konnte.

Spezialkräfte weltweit – Teil 1: Einführung in die Spezialkräfte und ihre Strategie
Eine Ausbilderin der rein weiblichen norwegischen Spezialkräfteeinheit "Jegertroppen" unterweist ihre Kameradin in Schießtechnik im urbanen Gelände.

Im Zuge der Einsätze in anderen Kulturkreisen ergab sich hingegen ein wohl begründetes größeres Einfalltor für das vermeintlich "schwächere Geschlecht". So sollten weibliche Soldaten Spezialkräfte in Einsätze begleiten. Vor allem sollen sie die Kommunikation mit der einheimischen weiblichen Bevölkerung übernehmen, aber ihr Job besteht auch darin, zum Beispiel Leibesvisitationen durchzuführen.

Teilweise werden zu diesem Zweck Soldatinnen der "Linie" – etwa Militärpolizistinnen – zur Unterstützung der Spezialkräfte abgestellt. Teilweise entstanden innerhalb der Spezialkräfte Dienstposten für eigene weibliche Unterstützungskräfte, so etwa im deutschen Kommando Spezialkräfte (KSK). Norwegen begann 2014 damit, mit den "Jegertroppen" sogar eine erste rein weibliche Spezialkräfte-Einheit aufzustellen. Anfangs als einjähriges Pilotprojekt vorgesehen, wurde es später verlängert und gilt inzwischen als Erfolg.

Spezialkräfte können für ihre Einsätze auf Unterstützungskräfte und die "Linientruppen" zurückgreifen.

Spezialkräfte weltweit – Teil 1: Einführung in die Spezialkräfte und ihre Strategie
HK416 in Konfiguration der DEVGRU, wie wahrscheinlich bei Neptune Spear benutzt. Das vom ehemaligen SOF-Kämpfer und Autor Larry Vickers verbreitete Bild sorgte für Furore.

Semi-offiziell hat sich hier eine dreistufige Rangordnung durchgesetzt – Tier one bis Tier three.

  • Die erste Stufe (Tier one): die eigentlichen Spezialkräfte. Etwa das britische 22nd SAS Regiment oder das US-amerikanische 1st SFOD-D(A), die "Delta Force". Bei der Bundeswehr sind KSK, Kampfschwimmer und die Kräfte der 4. Staffel des Hubschraubergeschwaders 64 der Einsatzverbund Spezialkräfte.
  • Die zweite Stufe (Tier two): größere Spezialkräfteverbände wie die US Army Special Forces.
  • Die dritte Stufe (Tier three): spezialisierte Kräfte zur direkten taktischen Unterstützung von Spezialkräften, wie das 75th Ranger Regiment (USA) oder die EGB-Kräfte der deutschen Fallschirmjägerregimenter (EGB = Erweiterte Grundbefähigung).

Kategorien für die Kampfwertsteigerung von Spezialeinheiten:

Hauptwaffensystem der Spezialkräfte bleibt der Operator, also der Kommandosoldat. Dessen Kampfwert wiederum lässt sich in verschiedenen Kategorien steigern:

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KSK-Soldaten beim Fast Roping aus dem Airbus-Helikopter H145M LUH SOF.
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US Navy SEALS bei der Annäherung von See her. Die Sauerstoffkreislaufgeräte unterbinden unter Wasser verräterische Blasen.
  • Mobilität zu Lande, zu Wasser und in der Luft: Hier geht es vor allem um kleinere Plattformen wie taktische Kleinfahrzeuge, Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeuge, Helikopter wie den Unterstützungshubschrauber H145M oder Festrumpfschlauchboote. Dazu kommt Spezialausstattung wie taktische Gleitfallschirmsysteme, Unterwasser-Scooter und Ähnliches.
  • Handwaffensysteme: Sie müssen im Hinblick auf Präzision und Zuverlässigkeit auf die besonderen Bedürfnisse der Kommandosoldaten zugeschnitten sein. Das Sturmgewehr FN SCAR ist beispielsweise eigens für die US-Spezialkräfte entwickelt worden. In Deutschland läuft derzeit das HK416 A7 als Sturmgewehr Spezialkräfte leicht G95 den Verbänden zu. Noch werden leichte und schwere Ausführungen in 5,56 x 45 mm beziehungsweise 7,62 x 51 mm genutzt, doch in den USA kommen neue Kaliber in die Evaluierung. Spezialwaffen ergänzen den Handwaffenbestand. Beispielsweise stehen Präzisionshalbautomaten oder schallgedämpfte Sonderwaffen auf den Beschaffungslisten.
  • Nachtkampffähigkeit: Die Befähigung, bei Dunkelheit operieren zu können, stellt derzeit oftmals noch einen taktischen Vorteil dar. Nicht umsonst erfolgte Neptune Spear ja nicht tagsüber. Allerdings holen selbst nichtstaatliche Gegner bei dieser Fähigkeit auf, da Nachtsichttechnik zunehmend verfügbar ist.
  • Unbemannte Systeme: Fahrzeuge in jeder Größe zu Lande, zu Wasser und in der Luft tragen Aufklärungssensorik und Kampfmittel, führen eigenständig Nachschub heran oder helfen bei der Verwundetenevakuierung. Ähnlich wie bei der Nachtsichttechnik gilt, dass auch "nichtstaatliche Akteure" aufholen – sprich: Terroristen. Daher gewinnt die Abwehr solcher Technik an Bedeutung.
  • Soldatensysteme: Hierzu zählt alles weitere, was die Kampfkraft des Kommandosoldaten in den Fähigkeitskategorien Aufklärung, Wirkung, Schutz und Mobilität steigern kann (etwa Bekleidung, persönliche Ausrüstung, Funkgeräte, Öffnungstechnik). Gerade im Spezialkräfte-Bereich ergibt sich ein schneller Modernisierungszyklus, um up to date zu bleiben. Daher erscheinen beschleunigte Beschaffungsverfahren sinnvoll.

Ausblick in Bezug auf die Entwicklung der Spezialkräfte:

Die sicherheitspolitischen Lageveränderungen bringen zum Teil eine Neugewichtung des Aufgabenspektrums von Spezialkräften mit sich. So werden Aufgaben im Rahmen gleichsam klassischer Einsatzszenarien wie der Landes- und Bündnisverteidigung wieder an Bedeutung gewinnen, ohne dass die bisherigen aufgegeben werden. Als weiteres Betätigungsfeld kommt der Kampf gegen die als Proliferation bezeichnete Weitergabe von Massenvernichtungswaffen hinzu. Spezialkräfte bleiben auch auf absehbare Zeit strategische Hochwertinstrumente. Es braucht aber auch den politischen Willen, die Fähigkeiten der Spezialkräfte abzurufen – und bei diesem Aspekt scheint gerade in Deutschland Optimierungspotential zu bestehen.

Teil 2 unserer Serie "Spezialkräfte Weltweit" folgt am Sonntag, den 6. Juni – weitere Ausgaben lesen Sie jeweils Sonntags.


Wie erwähnt, handelt es sich bei diesem Artikel um eine stark gekürzte Adaption. Den kompletten Artikel und weitere spannende und interessante Informationen bekommen Sie in VISIER Special 99 "Spezialkräfte weltweit" – erhältlich für 9,90 Euro im VS Medien Online-Shop.

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