B&T APC300 mit der Spezialpatrone .300 WHISPER von RUAG

Eine Visite bei B&T sollte klären, ob das in Kooperation mit dem im gleichen Ort ansässigen Munitionshersteller RUAG Ammotec entwickelte Konzept rund um die Spezialpatrone .300 Whisper wirklich das Zeug dazu hat, das seit 50 Jahren eingeführte NATO Gewehrkaliber 5,56x45 mm in ferner Zukunft vielleicht einmal abzulösen. 

Kurz vor und nach der Jahrtausendwende haben in den USA eine ganze Reihe an neuen, zwischen der 5,56x45 mm NATO/.223 Remington und 7,62x51 mm NATO/.308 Winchester angesiedelten Mittelkalibern für Selbstladegewehre - in erster Linie des AR-Typs - das Licht der Welt erblickt. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Patronen wie die 6,5 mm Grendel oder 6,8 mm Special Purpose Cartridge (SPC) aber eben auch die .300 Whisper (alias .300 AAC Blackout), die allesamt als potentielle Nachfolger der 5,56x45/.223 Rem. gehandelt werden. Den Anstoß für solcherart neue Kaliberentwicklungen lieferte die mangelnde Performance der 5,56x45 in den konfliktreichen Auslandseinsätzen der amerikanischen Streitkräfte. 

B&T APC300 UND die Spezialpatrone .300 WHISPER
Futter in Reih und Glied (von links): Das APC300 von B&T konnten wir mit diesen sechs Fabrikmunitionssorten testen. HORNADY 110 grains V-Max, HORNADY 208 grains A-Max, RUAG SWISS P 220 grains HPBT Target, 200 grains Final, 130 grains Styx Action und 124 grains FMJ Ball. Ganz rechts zum Vergleich eine REMINGTON .300 AAC Blackout, die aufgrund ihrer nahezu identischen Patronenabmessungen problemlos aus dem Selbstladegewehr verfeuert werden konnte.

Die fundamentalen Anforderungen an ein neues Kaliber als Ersatz für das klassische NATO-Gewehrkaliber 5,56x45:

  • Einfache Umrüstung vorhandener Waffen
  • Möglichst geringe Reduzierung der Magazinkapazität
  • Patronengewicht zwischen 5,56x45 und 7,62x51
  • Geschossenergie zwischen 5,56x45 und 7,62x51
  • Größere Durchschlagskraft als die 5,56x45 (SS109)
  • Größere Reichweite als die 5,56x45 (SS109)
  • Hohe Leistungsausbeute auch aus kurzen Läufen
  • Geringer Rückstoß und gute Kontrollierbarkeit im Feuerstoß

 

Betrachtet man die aktuellen US-Markttendenzen, dann kann man an der deutlichen Überzahl der Waffen- und Munitionshersteller, die .300 Whisper/.300 AAC Blackout anbieten, erkennen, dass sich dieses Kaliber gegenüber anderen Lösungen wie 6,5 Grendel und 6,8 SPC deutlich durchgesetzt hat.

Schon die vom englischen „to whisper“ (flüstern) abgeleitete Namensgebung der Patrone .300 Whisper deutet auf ihre besondere Eigenschaften hin. Sie wurde im Gegensatz zu den nach 2000 entstandenen Patronenentwicklungen 6,5 mm Grendel und 6,8 mm SPC schon in den frühen 1990er Jahren vom bekannten US-Experten J.D. Jones von SSK Industries erschaffen (siehe auch: www.sskindustries.com). Weil ihr geistiger Vater Lizenzgebühren bei Nutzung der .300 Whisper verlangt, entstand die .300 AAC Blackout mit dem einzigen Detailunterschied der um einen Millimeter längeren Hülse. 

Um die .300 Whisper zum Leben zu erwecken, weitete J.D. Jones die 35,56 mm lange Schulterhülse der .221 Remington Fireball aus dem Jahre 1984 auf den Geschossdurchmesser .308“ (7,82 mm) auf und verlud vorzugsweise 220 und 240 grains schwere Projektile, die schon im Standardkaliber .308 Winchester zur Schwergewichtsliga gehören. Bei einer mit der .223 Remington identischen Patronengesamtlänge von maximal 60 Millimeter passt die .300 Whisper in standardmäßige AR-15-Magazine. Selbstverständlich können auch die bewährten Standardkaliber .223 Rem. und .308 Win. für Schalldämpferwaffen auf geeignete Unterschall-Geschwindigkeiten von unter 330 m/s laboriert werden, doch es kommt überwiegend einem Drahtseilakt aufgrund der hohen Geschwindigkeitsschwankungen und der daraus resultierenden, bescheidenen Präzision gleich. 

Bei der .300 Whisper mit ihrem geringen Hülsenvolumen brennen die kleinen Pulverchargen hingegen stabil ab, was wiederum zu engen Streukreisen von Subsonic-Munition auf 100 Meter und mitunter auch auf 200 Meter führt. Auch im Überschallbereich stellt die .300 Whisper ein leistungsfähiges Kaliber dar. Es eignet sich aber auch bestens dazu, um aus schallgedämpften halb- oder vollautomatischen Waffen sehr geräuscharm und vor allem ohne jegliche Funktionseinbußen Unterschallmunition zu verfeuern. Gerade in diesem Metier geraten die Standardkaliber 5,5x45 und 7,62x51 an ihre Grenzen, weil sie nicht genug Gasdruck für eine sichere Repetierfunktion produzieren können. 


Schweizer Schweigsamkeit: .300 Whisper Swiss P von RUAG

B&T APC300 UND die Spezialpatrone .300 WHISPER
Gerade im urbanen Umfeld macht eine schallgedämpfte Waffe im Kaliber .300 Whisper viel Sinn. Mit einer Einsatzdistanz von rund 150 Metern setzen sie polizeiliche und militärische Spezialeinheiten primär im städtischen Gebiet gegen sekundäre Ziele wie Alarmanlagen, Kameras oder Kampfhunde ein.

Der vielseitigen Patrone hat sich nun in besonderer Weise der schweizerische Munitionshersteller RUAG Ammotec angenommen und konzipierte in enger Zusammenarbeit mit B & T rund um das Sturmgewehr-Projekt APC300 eine aus vier unterschiedlichen Laborierungen bestehende Munitionsfamilie, die vielen unterschiedlichen Aufgaben bei Militär und Polizei gerecht wird. Alle .300 Whisper Patronen werden natürlich nach strengen militärischen Standards (versiegelte Zündhütchen, zusätzlich am Hülsenmund geklebte Geschosse, usw.) produziert. Hierbei handelt es sich um die beiden Überschall-Patronen RUAG SWISS P 124 grains Ball und RUAG SWISS P 130 grains Styx Action sowie die beiden Unterschall-Patronen RUAG SWISS P 200 grains Final und RUAG SWISS P 220 grains HPBT Target.

Weitere Informationen zu dieser Spezialmunition von RUAG finden Sie auf folgender Internetseite in englischer Sprache: www.ruagswissp.com.

Die Unterschall- und Überschallmunition lässt sich übrigens leicht untereinander unterscheiden, weil die Subsonic-Patronen mit einem blau lackierten Zündhütchen versehen sind. Die Überschallmunition 130 grains Styx Action mit Expansionsgeschoss mit Hohlspitze transferiert auf 300 Meter deutlich mehr Energie als eine 5,56x45. Das Projektil überträgt maximale Energie in Weichziele bei geringem Risiko der Überpenetration, was wiederum die Umlandgefährdung im Einsatz minimiert. Speziell ist auch die Unterschallmunition 200 grains Final, denn ihr Hohlspitzgeschoss besteht aus einem Kern aus zusammengepressten Bleistücken sowie einem zinkplattierten Tombak-Mantel. Im Unterschall-Geschwindigkeitsbereich zerlegt sich das Projektil  beim Auftreffen auf Weichziele sofort in unzählige Fragmente, die eine äußerst geringe Eindringtiefe aufweisen. 

Nebeneffekt: Wiederum minimiertes Risiko für Umland und etwaige unbeteiligte Personen.


Das B&T Strumgewehr APC300 im Detail:

B&T APC300 UND die Spezialpatrone .300 WHISPER
Nun kann der Schweizer Spezialist mit dem SPR300 und dem APC300 zwei unterschiedliche Waffensysteme in .300 Whisper anbieten. Links das Präzisionsgewehr mit Zylinderverschluss, rechts das automatische Sturmgewehr. Das SPR300 weist bei eingeklappter Schulterstütze und abgeschraubtem Schalldämpfer minimale Transportmaße auf.
B&T APC300 UND die Spezialpatrone .300 WHISPER
Nun kann der Schweizer Spezialist mit dem SPR300 und dem APC300 zwei unterschiedliche Waffensysteme in .300 Whisper anbieten. Links das Präzisionsgewehr mit Zylinderverschluss, rechts das automatische Sturmgewehr. Das SPR300 weist bei eingeklappter Schulterstütze und abgeschraubtem Schalldämpfer minimale Transportmaße auf.

Das halb- oder vollautomatische Selbstlade-/Sturmgewehr  APC300 basiert - zumindnest in der äußeren Anmutung - auf den Maschinenpistolen/Pistolenkarabinern APC9 in 9 mm Luger. 

Im Inneren verrichtet allerdings kein kraftschlüssig verriegelnder, aufschießender Masseverschluss, sondern ein formschlüssig verriegelnder Multiwarzen-Drehkopfverschluss seine Arbeit. Die APC Gewehre und Karabiner in den Büchsenkalibern sind indirekte Gasdrucklader mit Kurzhub-Impulsgestänge und Drehkopfverschluss, wobei das System Assoziationen an das HK G36 oder auch FN SCAR weckt. Hierbei gibt es aber durchaus eigenständige Detaillösungen zu entdecken, wie den in der Schulterstütze untergebrachten Öldruckdämpfer, der den zurückmarschierenden Verschluss abbremst und einen wesentlichen Anteil am hohen Schießkomfort hat. Auch im weiteren Aufbau entsprechen die brandneuen Gewehre den erst vor zwei Jahren erschienen Maschinenpistolen. 

Das Kunststoff-Griffstück mit AR-15- Druckpunkt-Abzugseinheit und einem Auslösegewicht von rund zwei Kilogramm wird mit zwei verlustsicheren Querbolzen mit dem Leichtmetall-Systemgehäuse verbunden. Der „upper receiver“ besteht aus einem verwindungssteifen Aluminiumstangenprofil mit integralen MIL-STD-1913 Montageschienen auf der Ober- und Unterseite sowie aufgeschraubten, seitlichen Rails.

 

In dem Leichtmetallprofilgehäuse sitzt formschlüssig der beidseitig mit vier Torx-Schrauben gesicherte Lauflagerbock, der beim APC300 den 10,4“ (265 mm) langen, gehämmerten Lauf mit 1-8“ (203 mm) Drall-Länge und Mündungsfeuerdämpfer aufnimmt. Der Lauf wird mit einem Stift gegen Verdrehen im Block gesichert und von vorne durch eine Überwurfmutter fixiert.

Von hinten wird unterhalb des Patronenlager-Eingangs die Zuführrampe als separates Bauteil angeschraubt. Der Laufblock übernimmt übrigens noch eine weitere Funktion, denn er dient auch als vordere Aufnahme für das Griffstück. In der Hinterpartie des Verschlussträgers, der auf seiner gesamten Länge auf beiden Seiten im Systemkasten geführt wird, sitzt die in sich gekapselte Schließfeder-Einheit. Ein cleveres Konstruktionsmerkmal hierbei ist es, dass mit dem Federführungsstangenkopf der Ladehebel des Verschlussträgers fixiert wird, so dass er bei Bedarf und teildemontierter Waffe ruckzuck von der linken auf die rechte Systemgehäuseseite (und umgekehrt) gewechselt werden kann. Somit wird eine hundertprozentige beidseitige Bedienbarkeit realisiert, denn der Sicherungs-Feuerwahl-Hebel sowie die Verschluss und Magazinauslösetaste sind auf beiden Seiten des „lower receivers“ vorhanden. Die Verschlussfangtaste ist am Übergang zwischen Abzugsbügel-Unterseite und Magazinschacht-Eingang gelagert. Die Kunststoff-Schulterstütze in Skelett-Bauweise kann nach Aktivierung eines Druckknopfes auf der linken Seite auf die rechte Waffenseite eingeklappt werden. In dieser Stellung wird sie mit einem kleinen Raststück, das in eine korrespondierende Aussparung an der Systemgehäuse-Unterseite eingreift, fixiert. Gefüttert wird das APC300 mit geringfügig modifizierten Oberland Arms „OA-Mag“ Kunststoff-Magazinen, bei denen die innere Zubringer-Führung an der Magazinkörper-Front reduziert wurde. 


All4shooters Fazit zum APC300 von B&T:

Mit dem APC300 im Kaliber .300 Whisper ist B&T in enger Zusammenarbeit mit RUAG Ammotec die Konzeption eines Sturmgewehrs im Mittelkaliber gelungen, das von der Unterschallpatrone bis zur panzerbrechenden Überschallpatrone alles funktionssicher verdaut - unabhängig davon, ob ein Schalldämpfer montiert ist oder nicht, einfach durch einen schlichten Magazin- und somit Munitionswechsel. Damit dürfte das Ziel, im behördlichen Einsatzszenario maximale Funktionssicherheit bei möglichst wenigen Handgriffen zu gewährleisten, als erreicht angesehen werden. 

Einerseits ist das APC300 mit Unterschallmunition präziser, leiser und leistungsstärker als eine HECKLER & KOCH Maschinenpistole MP5 SD in 9 mm Luger und andererseits liefert es bei identischer Lauflänge mit Überschallmunition wie der RUAG SWISS P 130 grains HV Styx Action rund 30% mehr Energie als ein Gewehr im Standardkaliber .223 Remington/5,56x45 bei gleichzeitig reduziertem Mündungsfeuer.


Weitere Information: 


B & T APC300 in .300 Whisper
Technische Daten

€ auf Anfrage
System

indirektes Gasdruckladesystem mit Kurzhub-Impulsstange und Drehkopfverschluss mit sechs Riegelwarzen sowie verstellbarer Gas-Düse mit zwei Positionen

Kadenz  

theoretische Feuerkadenz von 600 Schuss pro Minute 

Lauf

10,4“ (265 mm) langer, kalt gehämmerter Lauf mit 1-8“ Drall und Mündungsfeuerdämpfer

Magazin
OA-MAG Kunststoffmagazin mit Kapazität für 10, 20 oder 30 Patronen
Schaft

klappbare Kunststoff-Schulterstütze in Skelett-Bauweise, frei stehender Pistolengriff mit Stau-Fach, Alu-Handschutz

Abzug

in AR-15-Bauart mit rund 2.000 Gramm Abzugsgewicht

Sicherung

beidseitig ausgelegter Sicherungs-Feuerwahl-Hebel, wirkt auf Abzug

Visierung
auf Aimpoint Micro T-1 Leuchtpunktvisier abgestimmte, klappbare Notfall-Visierung in der Optik-Montageschiene auf der Systemgehäuse-Oberseite
Gewicht
3.430 Gramm im Leerzustand (ohne Montage, Optik und Anbauteile)
Länge

79,7 cm (56,4 cm bei eingeklappter Schulterstütze)