Die Verantwortlichen bei Carl Walther in Ulm sprachen dem hauseigenen Konstrukteursteam rund um Thomas Bretschneider und Mike Pries das Vertrauen aus. Man ließ sie anhand des aktuellen Regelwerks des Weltverbands ISSF und des Deutschen Schützenbundes erneut das Pflichtenheft durchforsten, wo und wie die ja bekannten Schwachpunkte der Ur-GSP optimiert werden können. Auch die etwas glücklose Walther SSP hatte ja durchaus ihre Vorzüge, aber sie war eventuell zu futuristisch?
Die GSP krankte stets daran, immer ein Kompromiss zu sein zwischen der erlaubten Maximallänge von 300 mm, einem möglichst langen und präzisen Lauf und einem ausreichend stützenden Griff. Passte dieser, um mal hinten anzufangen, ließ das vor dem Abzugsbügel steckende Magazin nicht viel Rest-Platz für den Lauf, der bei der GSP stets zwischen 85 mm und 115 mm blieb. Nun sind es immerhin 123 mm bei der GSP500, was sich vermutlich in engeren Schussgruppen niederschlagen dürfte, und das auch bei der 32er Version, die oft mehr Platz benötigt. Wenn es im Finale bei Weltcups und Olympia heutzutage um Treffer und Fehler geht und ein Treffer mindestens eine "10,2" in Zehntelringwertung sein muss, dann gewinnt der Schütze mit der präzisesten Pistole (sofern er auch dorthin trifft, wo er hintreffen wollte, natürlich...).
Was ist anders? Die Pluspunkte der neuen Walther GSP500
…zumindest nach der Papierform der zur IWA veröffentlichten Datenblätter – ein unabhängiger Testbericht wird folgen, sobald die Pistole ausgeliefert wird. Die GSP500 folge, so heißt es, kompromisslos der menschlichen Anatomie und der Biomechanik:
Anatomic Grip: ein ergonomisch perfektionierter Griff mit einstellbarer Handballenauflage. Das System liegt tief im Griff, was ein Hochsteigen im Schuss minimiert. Der Griffwinkel von nunmehr 54° zur Laufachse allerdings lässt sich nicht mehr wie etwa bei der SSP verändern – in der Praxis blieb es wohl oft nur bei der Werkseinstellung. Wer einen etwas flacheren oder steileren Winkel zur Laufachse haben wollte, gab einen Maßgriff bei einem Drittanbieter in Auftrag.
Überhaupt, die gesamte Balance einer Wettkampfpistole entscheidet oft darüber, ob ihr Besitzer mit ihr eins wird und sie als Verlängerung der Hand automatisch zumindest in Zielnähe weist. Walther nennt das „Advanced Weight Engineering“: „Die Konstruktion der GSP500 folgt exakten Zielvorgaben hinsichtlich Gesamtmasse, Schwerpunkt, Masseverteilung und Balance der Waffe“. Und das ist individuell einstellbar, etwa durch verschiedene Einschubmöglichkeiten für Gewichte. Der Schwerpunkt der GSP500 wurde für eine ausgewogene Gewichtsverteilung auf den Magazinschacht gelegt. 4 federgelagerte Wolframgewichte à 20 g und weitere 4 Wolframgewichte (in Kaliber .22) im Kornträger ermöglichen das fein abstimmbare Austarieren der Balance."
Eine Sportpistole sollte so konstruiert sein, dass sie so einfach wie möglich funktioniert, also auch unter Wettkampfstress. Zwar wurde zugunsten eines über alle fünf Wertungsschüsse eines Magazins gleichbleibenden Schussverhaltens wieder auf einen manuellen Schlittenfang verzichtet. Aber es geht auch anders: die Spanngriffe des Verschlusses sind beidseitig angebracht. Greift man den Verschluss und zieht ihn ganz zurück, so kann in dieser Position einer der beiden Verschlusshalteknöpfe eingerastet werden und der Verschluss bleibt offen. Soll der Verschluss wieder geschlossen werden wird dieser vollständig zurückgezogen – der jeweilige Verschlusshalter wird dadurch deaktiviert. Die GSP500 besitzt im Übrigen aber auch eine manuelle Sicherung auf der linken Seite hinter dem Abzug. Das ist ein Kriterium, was im Wettkampf manchem zusätzliche Sicherheit bietet, aber vor allem beim Export in die USA ein entscheidender Faktor ist.
Was sagt Walther über den Auslösemechanismus der GSP500?
Hier zunächst die überhaupt justierbaren Stellen der Walther GSP500 des Abzugs auf einen Blick:
- 1 Hahn
- 2 Stellschraube für den Eingriff des Abzugstollens in den Hahn
- 3 Stellschraube zur Stellung der Abzugsstange zum Abzugsstollen
- 4 Abzugsstange
- 5 Abzugsstollen
- 6 Abzugzüngel
- 7 Stellschraube Triggerstop
- 8 Klemmschraube Längsverstellung des Abzuges
- 9 Stellschraube Vorzugskraft
- 10 Stellschraube Einstellung Druckpunktkraft
- 11 Stellschraube Einstellung Druckpunktlage
Hier konnte die alte GSP auch schon immer punkten, und die GSP500? "Der GSP500 Abzug bricht am präzise definierten Druckpunkt „trocken wie Glas“. Absolut gleichmäßig. Auch nach vielen Tausend Schuss. Ermöglicht durch eine ausgeklügelte Drehpunkt- und Rastenlage der Komponenten sowie die Verwendung hochwertigster Materialien. Ein Minimum an mechanischen Bauteilen und die extrem kurze Schussentwicklungszeit von (0,0031s) führen zu maximaler Systemruhe".
Der Abzug ist einstellbar in Länge, Höhe und auch schwenkbar und damit individuell perfekt für jede Fingerlänge und -form justierbar. Bei dieser Abzugseinrichtung sind Vorzugskraft und Druckpunktkraft stufenlos einstellbar, ebenso wie der Abzugweg, der Triggerstop sowie Position und Winkel der Fingerlage. Alle Kräfte und Wege lassen sich also individuell anpassen, alles für einen vollkommen kontrollierten Schussablauf. Das Abzugsmodul lässt sich auswechseln, was auch bei der GSP klappte. So kann man die „Gebrauchs- und Standardpistole“ (ja, so heißt das Kürzel GSP weiterhin) auch für andere Disziplinen wie etwa Standardpistole oder Olympische Schnellfeuerpistole nutzen. Oder man kann einen Reserveabzug dabei haben, der im Ernstfall (die Disziplin Sportpistole ist für die Damenklasse ja weiterhin olympisch) im Koffer wartet. Hier ist allerdings wohl für den Herbst 2022 ohnehin eine eigene Schnellfeuerversion der GSP500 geplant.
Die Visierung besteht wie schon bei der Walther SSP aus einer komplett auswechselbaren Kimme, an der sich alle relevanten Einstellungen vornehmen lassen – neben Höhen- und Seitenrichtung auch die Breite und die Tiefe des Kimmeneinschnitts. Jeder Klick der per Sechskantschlüssel zu bedienenden Stellschrauben verändert den Treffpunkt auf 25 Meter um 0,5 cm. Zum zweiten Halbprogramm wenn es vom Präzisionsschießen zur größeren Duellscheibe geht, muss man also nicht den anderen Haltepunkt manuell einjustieren, sondern wechselt einfach die komplette Kimme aus. Was natürlich zugegebenermaßen auch eine Kostenfrage ist (Einzelpreis ist noch nicht bekannt). Die Korne haben eine Breite von 3,8 mm. Unterhalb der Kimme, verborgen unter dem Griff, soll sich übrigens laut Anleitung das integrierte Dämpfungssystem befinden, welches die Bewegung des Verschlusses nach hinten dämpft. Man kann es offenbar je nach Patronenenergie und gewünschtem Rückmeldeverhalten beim Schuss durch Änderung der Federspannung justieren.
Die technischen Daten der Walther GSP500 für beide Kaliber
Modell: | GSP500 | GSP500 |
Kaliber: | .22l.r. | .32 S&W long WC |
Preis (UVP): | 2.399,- | 2.699,- |
Maße (L/H/B: | ca. 300x140x50 mm | ca. 300x140x50 mm |
Gewicht (mit Magazin +2 Gewichtsstangen à 20 Gramm) | 1.040 g | 1.150 g |
Lauflänge: | 123 mm | 123 mm |
Länge Visierlinie: | 220 mm | 220 mm |
Magazinkapazität: | max. 6 Patronen | max. 5 Patronen |
Druckpunktabzug: | 1.000 g | 1.000 g |
Kornbreite: | 3,8 mm | 3,8 mm |
Kimme: | wechselbar, H und S justierbar | wechselbar, H und S justierbar |
Wir hoffen, noch im Laufe dieser IWA OutdoorClassics weitere Informationen zur GSP500 vom Walther-Team zu erhalten. Man kann aber schon jetzt behaupten, dass die neue Walther GSP500 zu den Höhepunkten der diesjährigen Messe zählen dürfte – und wir werden abwarten, wie der Neoklassiker aus Ulm bei der "Zielgruppe", den Sport-, Standard- und Schnellfeuerschützen ankommt.
Infos zu den Sportpistolen beim Hersteller Carl Walther auf der Firmen-Website
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