Die neue Walther PDP F-Series in 9 mm Luger im Test – keine reine Damenwahl!

Tanja Loch mit Walther PDP.
Aber muss eine Waffe für Frauen unbe-dingt pink oder klein(er) sein? Die Ulmer Ideenschmiede von Carl Walther hat ihre erfolgreiche Polymerpistole PDP weiterentwickelt und mit der PDP F-Series eine Waffe speziell für die Bedürfnisse von Frauen auf den Markt gebracht. Ob sie damit die Herzen aller Schützinnen im Sturm erobern werden oder sich sogar Männer auf den jüngsten Spross der PDP-Familie freuen können, verrät unser Testbericht.  

Interessanterweise begann die Arbeit an einer auf die Anforderungen von weiblichen Anwendern oder von solchen mit kleineren Händen ausgelegten Variante der PDP bereits schon vor der Marktreife der Urversion. Laut Bernhard Knöbel, dem Geschäftsführer der Carl Walther GmbH, nahm alles seinen Anfang im Zuge eines Meetings bei der US-Tochtergesellschaft Walther Arms in Fort Smith, Arkansas. Eigentlich ging es um die projektierte PDP, deren Entwicklung zu diesem Zeitpunkt weitestgehend abgeschlossen war, als man auf die steigende Anzahl weiblicher Waffenbesitzer in den USA und deren Bedürfnisse zu sprechen kam. Recht zügig stand dann fest: "Warum bauen wir nicht gleich eine PDP extra für Frauen?" Aber damit schloss sich unweigerlich die nächste Frage an: Was wollen denn Frauen wirklich, wenn es um Pistolen geht? Philosophen, Poeten, Politiker und Männer haben sich hierüber schon oft den Kopf zerbrochen. Doch wenn es um Pistolen geht, will der deutsche Waffenhersteller Carl Walther nach eigenem Bekunden zumindest dieses Mysterium gelöst haben.

Scherz beiseite: Schaut man sich den Entwicklungsprozess der PDP F-Series mal genauer an, hat man bei Walther nichts dem Zufall überlassen, um das gesteckte Ziel zu erreichen. So hat man während der Entwicklung insbesondere eng mit erfahrenen Schützinnen und Ausbilderinnen zusammengearbeitet. Allen voran Tatiana Whitlock sowie Gabby Franco. Whitlock ist eine renommierte Schießausbilderin und Teil der Walther Arms Defense Division, wohingegen die zur Walther Performance Division gehörende Gabby Franco auf eine 25-jährige und mehrere Disziplinen umfassende Schießsportkarriere (sowohl olympische als auch dynamische Disziplinen) zurückblicken kann. Zudem konnte man bei Walther selbst auf einen gehörigen Erfahrungsschatz aus dem Bau von Sportwaffen für den Olympischen Schießsport wie der GSP oder LP500 zurückgreifen, wo das individuelle Anpassen des Griffs an den späteren Nutzen quasi zum A und O gehört. Und da ein nicht gerade geringer Anteil dieser Waffen in weibliche Schützenhände geht, weiß man bei Walther um die ergonomischen Unterschiede sehr gut Bescheid. Basierend auf Messungen von tausenden weiblichen Schützenhänden wuchs ein riesiger Datenbestand, der letztlich auf der Suche nach der optimalen Ergonomie gewinnbringend genutzt werden konnte. Darüber hinaus wurden im Zuge der Entwicklung der F-Series immer wieder modifizierte Griffstücke zwischen den USA und Deutschland hin- und hergeschickt; Material wurde entfernt oder an anderen Stellen aufgetragen, um die optimalen Abmessungen zu erreichen. Auf Grundlage der Rückmeldungen der Testerinnen sowie des Erfahrungsschatzes der Entwickler im eigenen Haus konzentrierte man sich bei der F-Series auf die folgenden drei Bereiche:

• Abstand zum Abzug ("Trigger Reach")
• Griffkontur
• Spannwiderstand ("Rackability")

Am Ende wurde das Polymergriffstück sowohl in puncto Abmessungen als auch Form aufwändig neu gestaltet, die Abzugsposition wurde nach hinten verlagert und selbst das Schlosssystem wurde zur Verringerung der Kräfte bei Ladetätigkeiten überarbeitet. Angesichts dieser zahlreichen, tiefgreifenden Änderungen verwundert es nicht, dass Walther die PDP F-Series nach eigenem Bekunden quasi als neue Waffe betrachtet. 

Technische Details der insbesondere für Frauen konstruierten Walther PDP F-Series

Walther PDP F-Series im Holster.
Die Walther PDP F-Series, wahlweise erhältlich mit 4“- oder 3,5“-Lauf, besitzt Idealmaße für die verdeckte Trageweise.

Sobald man sie in die Hand nimmt und das Griffgefühl mit dem einer herkömmlichen PDP vergleicht, fällt direkt die vollkommen neu gestaltete Griffpartie auf. Repetiert man dann händisch durch und betätigt den Abzug, merkt man endgültig, dass es sich bei der F-Series nicht bloß um eine geschrumpfte Version einer Fullsize-Pistole handelt, sondern hier jede Menge Entwicklungsarbeit drinsteckt. Im Vergleich zu einem herkömmlichen PDP-Polymergriffstück wurde der Griffumfang für eine verbesserte Ergonomie bei kleinen Händen um mehr als 2,5 mm reduziert. Der Bereich des Griffsporns wurde hingegen geringfügig voluminöser ausgestaltet. Auf den ersten Blick erscheint diese Maßnahme widersinnig. Doch da bei Frauen der Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger auf dem Handrücken in der Regel weniger ausgeprägt ist als bei Männern, kann sich so der Griffsporn im Schuss dort besser abstützen. Das gepaart mit der nun weiter nach oben gezogenen, buckelartigen Kontur des Griffrückens sorgt insgesamt für eine bessere Handlage und schlussendlich für eine höhere Rückstoßkontrolle, da die Schützin besser "hinter" die Waffe kommt. Zu Gunsten eines schlankeren Griffstücks mussten auch die von der PDP bekannten seitlichen Konturierungen weichen. Stattdessen sind die Seitenflächen nun über die gesamte Länge flach gestaltet, was die Breite von 30,1 mm auf 29,2 mm schrumpfen lässt. Als positiver Nebeneffekt dieser Schlankheitskur lässt sich nun der Magazinlöseknopf mit kürzeren Fingern ebenfalls leichter erreichen. Erhalten geblieben ist hingegen glücklicherweise die "Performance Duty Texture" getaufte Oberflächenstruktur mit ihrem markanten Tetraeder-Design, welche im Schuss eine herausragende Kontrolle erlaubt. Da ein von der Form her optimiertes, schlankes Griffstück für kleine Hände indes nur die halbe Miete ist und die Erreichbarkeit des Abzugs mindestens genauso wichtig ist, wurde der Abstand zur Abzugszunge ebenfalls verringert. 

Die komplett demontierte Walther PDP F-Series 4“.
Die komplett demontierte Walther PDP F-Series 4“. Mit Ausnahme der neuen, zweigeteilten Schlagbolzeneinheit gleicht sie im technischen Aufbau der bereits bekannten PDP.

Erreicht wurde dies nicht durch eine Verlagerung des Drehpunktes des angelenkten Performance Duty Triggers ("PDT"). Alleine durch die neue Konturierung des Züngels realisierte man eine Reduzierung des Abstandes zum Abzug von über 7 mm. Ansonsten punktet der PDT auch in der F-Series mit einer äußerst kultivierten Abzugscharakteristik mit einem klar definierten Druckpunkt und kurzem Rückstellweg. Das gemessene Abzugsgewicht bei unserer Testwaffe betrug 2.420 Gramm unter Verwendung der kupfernen "Light"-Abzugsfeder. Um die zu überwindende Kraft beim manuellen Repetieren des Verschlusses zu reduzieren, wurde das Schlagbolzenschlosssystem komplett überarbeitet und eine neue, zweigeteilte Schlagbolzeneinheit konstruiert. Hierdurch soll sich der Spannwiderstand laut Walther um etwa 20% reduzieren. Auch die Verschlüsse der F-Series kommen direkt ab Werk "Optics Ready" daher, wobei sie über den etwa zwei Millimeter längeren Gen2 Optics-Cut verfügen. Als mechanische Visierung können dank übereinstimmender Maße bei der Aufnahme alle für GLOCK-Pistolen bestimmten Visierungen genutzt werden. Werksmäßig wird die F-Series mit der von GLOCK hinlänglich bekannten Kombination aus Korn mit weißer Punkteinlage und voll verstellbarer Kimme mit weißer Umrandung ausgeliefert. Darüber hinaus verfügt die PDP F-Series ebenfalls über die griffigen "SuperTerrain"-Greifrillen im vorderen und hinteren Verschlussbereich. Im Unterschied zu den anderen PDP-Modellen wurde bei der F-Series der Übergang zwischen den Verschlussflanken und der Oberseite zu Gunsten des leichteren Reholsterings mit einem dezenten Radius versehen. Erhältlich ist die Waffe in den Lauflängen 3,5“/89 mm und 4“/102 mm. Wie alle Läufe der PDP-Baureihe verfügen sie über ein polygonales Profil sowie den charakteristischen, zylindrischen Absatz der Lugerschen Kröpfungsliderung. Die Griffstücklängen sind bei beiden identisch und für die PDP Compact- respektive PPQ-Magazine mit einer Kapazität von 15 Patronen ausgelegt.

Auf dem Schießstand: Die Walther PDP F-Series ausgestattet mit einem Bushnell RXS-250 Sight unter Praxisbedingungen im Test

Abzugsgehäuse der PDP F-Series von Walther.
Trotz der neuen, zweigeteilten Schlagbolzeneinheit erfolgt die Auslösung der PDP F-Series von Walther nach wie vor über den im Abzugsgehäuse liegenden Stollen. Die darüber liegende, kupferne Druckfeder stellt den Abzug wieder zurück. Sie bestimmt zudem maßgeblich das Vorzugsgewicht. Bei der kupfernen Abzugsfeder handelt es sich um die leichteste Werksvariante (gemessenes Abzugsgewicht unserer Testwaffe 2.420 Gramm).

Für die praktische Erprobung rüsteten wir die PDP F-Series mit einer entsprechenden Walther-Optik-Adapterplatte und einem Bushnell RXS-250 mit 4-MOA-Punktabsehen aus. Dank "Boresighting" mit einer Laserpatrone war das Einschießen des Minileuchtpunktvisiers mit wenigen Schüssen erledigt und es konnte zügig mit der Präzisionsüberprüfung begonnen werden. Zum Einsatz kamen sechs Laborierungen von 115 bis 145 Grains, darunter zwei bewährte Handlaborierungen. Es wurden immer zwei 5-Schuss-Streukreise für die in der Tabelle angegebene, rechnerische Durchschnittspräzision von einer Schießauflage auf der 15-Meter-Distanz geschossen. Das beste Ergebnis erreichte die Hornady 124 Grains TAP CQ mit 17 mm. Nach der Pflicht folgte die Kür in Gestalt diverser Standardübungen – allen voran "Dot Drills", "Bill Drills" und dem altehrwürdigen "El Presidente Drill". Auch diesen Erprobungsteil absolvierte die Pistole mit wehenden Fahnen. Die Kombination aus griffiger Perfomance Duty Texture, deutlich schlankerem Griffstück und veränderter Geometrie des Griffrückens sorgt trotz der kompakten Abmessungen der PDP F-Series für eine sehr gute Schusskontrolle. Dabei zeigten sich beide Autorinnen ungeachtet ihrer unterschiedlicher  Handschuhgrößen  (6 vs. 9) gleichermaßen angetan von den flachen Seitenflächen des neuen F-Series Griffstücks. Der verkürzte Abzugsabstand sorgte vor allen Dingen bei der Autorin für Verzückung, da sie ihren Abzugsfinger nahezu optimal mit der Mitte des letzten Gliedes auf dem Züngel platzieren konnte. Und auch der reduzierte Spannwiderstand kam ihr bei Waffenmanipulationen unter Zeitdruck zugute. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die PDP F-Series die gesamte, gut 500 Schuss umfassende praktische Erprobung ohne jegliche Funktionsstörungen absolvierte.  

Walther PDP F-Series: Eine Waffe (wirklich) nur für Frauen?

Trefferbild der Walther PDP F-Series 4“.
Munition: Mit der Hornady 124 Grains TAP CQ stanzte unsere Walther PDP F-Series 4“ auf der 15-Meter-Distanz diese 17-mm-Gruppe in die Zielscheibe.

Das "F" in der F-Series steht für "Female" (englisch: "weiblich"). Wir sind aber nach über 500 Schuss der Meinung, dass das "F" auch gut für "Fantastisch" stehen könnte. Ja klar, die Waffe wurde primär für weibliche Schützen mit entsprechend kleineren Händen entworfen. Doch zum einen gibt es auch Männer mit kleinen Händen, die  von der verbesserten Ergonomie profitieren können und zum anderen lässt sich die PDP F-Series auch mit durchschnittlich großen Händen sehr gut schießen. Gerade die abgeflachten Seiten des Griffs verleihen ihr hervorragende Deuteigenschaften. Zudem macht eine schlankere, kompakte und dennoch gut zu beherrschende Waffe für alldiejenigen Sinn, die eine Waffe führen dürfen oder müssen. Sei es etwa als Jäger im Rahmen der berechtigten Jagdausübung, als Inhaber eines Waffenscheins oder als behördlicher Bedarfsträger im konspirativen Einsatz. In diesem Anwendungsbereich kann die PDP F-Series ebenfalls all ihre Vorzüge gewinnbringend in die Waagschale werfen und ist dabei von der Größe her mit einer GLOCK 19X beziehungsweise Glock 43X vergleichbar. Es gibt auch ein sportliches Betätigungsfeld für die beiden F-Series-Modelle. Der BDMP bietet mit Police Pistol 3 (Carry Gun), Police Pistol 4 (Pocket Gun), NPA Service Pistol – Carry Gun und NPA Service Pistol – Pocket Gun interessante Mehrdistanzdisziplinen an. Die F-Series 4“ passt dabei in den 220x140x40 mm messenden Carry-Gun-Kasten und die 3.5“ in den lediglich 180x140x40 mm großen Pocket-Gun-Kasten.

Technische Daten und Preis der Walther PDP F-SERIES 4“ in 9 mm 

Hersteller:
Carl Walther
Modell:
PDP F-Series 4“
Kaliber:
9 mm Luger
Magazinkapazität:
15 Patronen
Griffstück:
Polymerrahmen mit Stahleinlagen
Verschluss:
Stahl, schwarz beschichtet
Lauflänge, Laufprofil:
102 mm (4“), Polygon 
Kimme:3,7 mm, voll verstellbar mit weißer, nicht nachleuchtender Umrandung
Korn:
3,7 mm, mit weißer Punkteinlage
Visierlänge:
163 mm
Sicherung:

Abzugssicherung, abzugsgesteuerte Schlagbolzensicherung und Schützensicherung (Unterbrecher)

Abzugssystem, -gewicht:
SA, Mittelwert 2.420 Gramm
Gesamtgewicht (inkl. Magazin):
585 (670) Gramm
Maße (LxBxH):
184x136x34 mm
Extras:

Hartschalenkoffer, 2 Magazine, auswechselbarer Griffrücken, Werkzeug, Sicherheitsfahne

Preis: 849,- Euro
*Mittel aus 5 Messungen mit Lyman Electronic Digital Trigger Pull Gauge

Unser Test-Fazit: Das kann die Walther PDP F-Series

Wir sind uns sicher, dass der jüngste Spross die Erfolgsgeschichte der PDP-Pistolenfamilie fortsetzen wird. Vor allen Dingen in den USA entpuppt sich gerade die kürzere 3.5“-Modellvariante als wahrer Shooting-Star. Neben einer sauberen Verarbeitung, praxisnaher Ausstattung, tadelloser Funktion und einer sehr guten Schussleistung überzeugt die F-Series vor allen Dingen durch ihr durchdachtes Ergonomiekonzept, das nicht nur für weibliche Anwender, sondern allgemein für Schützen mit kleineren Händen in puncto Handhabung und Schusskontrolle einen klaren Gewinn darstellt. Der Preis beträgt für beide aktuell verfügbaren Varianten 849,- Euro. 


Text: Tanja und Marijan Loch

Dieser Artikel erschien auch in der caliber 5/2023. Dort sind auch die Schießergebnisse aller fünf getesteten Laborierungen in der praktischen Übersicht enthalten. Das Heft ist, auch als e-Paper, im VS Medien-Onlineshop erhältlich.

Weitere Informationen zur Walther PDP F-Series erhalten Sie auf den Seiten des Herstellers, der Carl Walther GmbH.


Diesen Artikel gibt es auch in dieser Sprache: