Test: KK-Pistolen GSG 1911 ADOPS und Colt Rail Gun – beide sind verdammt nah am US-Original, aber günstiger...

GSG 1911 ADOPS vs Colt Rail Gun
GSG 1911 ADOPS: KK-Pistole mit Masseschluss im Alu-Schlitten – eine von sieben erhältlichen GSG-Varianten.

John Moses Brownings Pistolenentwurf der Colt M 1911 ist wohl einer der berühmtesten seiner Art. Diente die Waffe doch immerhin weit über 70 Jahre als Ordonnanzpistole der US-Armee und legte nach dem Zweiten Weltkrieg mit zunehmendem Erfolg eine zweite Karriere in den Holstern zahlreicher Sportschützen hin. Etliche Hersteller widmeten sich in den vergangenen Jahrzehnten dem lizenzierten Nachbau des Klassikers aus den USA. Dies betrifft schon lange nicht mehr nur die großkalibrigen Exemplare. Zahlreiche internationale Hersteller bieten heute Kleinkaliber-Pistolen im 1911er Look an. So offeriert das italienische Unternehmen Chiappa Firearms gleich sechs kleinkalibrige 1911er, der philippinische Hersteller Armscor bietet innerhalb seiner XT-Reihe ebenfalls KK-1911er an und Browning als Tochter der belgischen Fabrique Nationale Herstal fertigt sogar mehrere Dutzend Ausführungen von KK-Governments. Zahlreiche weitere Firmen, die sich auf 1911er im Kaliber .22 l.r. oder entsprechende Wechselsysteme spezialisierten haben, ließen sich nun anführen. Doch wie sieht es hierzulande aus? Auch deutsche Hersteller haben sich mittlerweile den kleinkalibrigen Ablegern von John Moses Brownings Ur-Entwurf verschrieben. Der Ulmer Hersteller Carl Walther bietet derzeit drei von Colt lizenzierte Kleinkaliber-1911er an und German Sport Guns (GSG) wartet mit sieben unterschiedlichen Ausführungen des Klassikers auf.

1911er in .22 gibt es oft: Aber was machen GSG und Colt anders?

KK-Pistolen GSG 1911 ADOPS und Colt Rail Gun im Test
Die von Walther gebaute Colt Rail Gun hat die Lizenz des US-Herstellers, der die Pistolen sogar im originalen Colt-Koffer ausliefert.

Walther bietet derzeit drei durch Colt lizenzierte KK-1911er an, die sich durch Optik und Ausstattung aber spürbar voneinander abgrenzen: Die 1911 A1 ist eine klare Hommage an den frühen Klassiker und wartet mit einem Hahn, der kurzen stummeligen Daumensicherung und der spärlichen, aber traditionellen Visierung auf. Für 419 Euro gibt es einen gefrästen Alu-Verschluss mit den geraden und längs gestellten Repetierrillen. Die 1911 Gold Cup unterstreicht das sportliche Schießen und soll wohl an die legendären Sport-Colts (hier die „Trophy“) erinnern. Mit skelettiertem Abzug und Hahn samt einer nun einstellbaren Target-Visierung steht dem Scheibensport nichts im Weg. Mit einem Preis von 439 Euro ist sie die teuerste im Bunde. 

Bei der 1911 Rail Gun handelt es sich um die Testwaffe. Sie ist klar taktisch ausgerichtet. Ihr widmen wir uns weiter unten ausführlich. Der günstigste Einstieg in die 1911er- GSG-Welt gelingt mit der 369 Euro teuren Standard. Die Pistole verfügt bereits über einen skelettierten Abzug und Hahn, über einen Triggerstop und die obligatorische Handballensicherung. Viele der GSG-1911er lassen schon am Namen erkennen, welche Ausstattung sie mitbringen: So setzt die Wood auf Holzgriffschalen, die Stainless bringt einen Schlitten mit partieller Stainless-Optik mit und OD Green und US Tan warten mit entsprechenden Rahmen- und Verschlussfarben auf. Die Top-Modelle im Sortiment bilden für jeweils 399 Euro die taktische ADOPS (Testwaffe) und die sportlich ausgestattete Target, die mit verlängerten und ergonomisch geformten Holz-Griffschalen und einer einstellbaren Visierung antritt.

GSG 1911 ADOPS vs Colt Rail Gun
Die GSG 1911 ADOPS in ihre Hauptgruppen zerlegt (v.o.): Verschluss, Bushing, Lauf, Buchse, Verschlussfeder, Griffstück, Schlittenfang.
GSG 1911 ADOPS vs Colt Rail Gun
Die Colt Rail Gun zerlegt: Der Lauf sitzt starr im Rahmen aufgehängt. Der Verschlussfang greift in kein Kettenglied.

Colt Rail Gun und GSG 1911 ADOPS: Wo liegen die Unterschiede?

Auf den ersten Blick erscheinen die beiden schwarzen 1911er Pistolen wie ausgewachsene Governments. Selbst in die Hand genommen, wirken die beiden KK-Plinker mit ihren Leergewichten von 948 Gramm (Walther) und 992 Gramm (GSG) fast so schwer wie eine originale Colt M 1911 – diese wiegt je nach Ausführung nur ungefähr 10 Prozent mehr. Doch das Gewicht ist bei den KK-Pistolen ganz anders verteilt. Die Leichtmetallverschlüsse der beiden Pistolen sind viel leichter als der Stahlschlitten einer großkalibrigen 1911. Entsprechend dem Verschluss und der schwächeren 22er Munition kommt auch ein ganz anderes System zum Einsatz, das deutlich reduzierte Kräfte im Schuss umsetzen muss. Während moderne Sport-1911er in .45 ACP an der Mündung mit Geschossenergiewerten von 400 bis über 500 Joule arbeiten, liefert die .22 l.r. bei den Testwaffen eine deutlich reduzierte Energie-Show von rund 80 bis 160 Joule ab. Auch die filigrane und vollkommen anders aufgebaute Patrone .22 l.r. fordert Anpassungen im System – kein Wunder, dass die originale Browning-Kulisse für die KK-Basis umgestaltet werden musste. 

Und dies lösen beide KK-1911 auf eine ganz eigene Art: Single-Action-Abzug und ein Hahn-Schloss sind beiden Testwaffen gemein, doch beim Lauf und dem System gibt es große Unterschiede. So ist der Lauf der Walther samt Patronenlager starr am Stahlrahmen aufgehängt. Darunter befindet sich die Feder samt Führungselement. Das Führungselement ist nicht wie beim Original eine Stange, die sich am Lauf abstützt, sondern eine Konstruktion, die durch einen Pin in eine Mulde im Rahmen greift. Als Gegenlager dient der Feder eine Buchse. Diese und auch das Bushing, das den Lauf im Mündungsbereich führt, stellen Übernahmen aus dem Brownings-Entwurf dar. Auch ein Schlittenfanghebel in Original-Optik ist vorhanden, doch greift dieser hier nicht in ein Kettenglied und hat dadurch selbstredend nicht die gleiche Funktion wie beim Großkaliber-Pendant. Konstruktiv handelt es sich beim System der Walther-Colt im weitesten Sinne um einen Feder-Masseverschluss.

GSG 1911 ADOPS vs Colt Rail Gun
Die taktischen Visierungen fallen kompakt aus. Doch die Anlage der GSG ADOPS (r.) baut deutlich höher als die der Colt Rail Gun.
GSG 1911 ADOPS vs Colt Rail Gun
Die KK-1911er greifen beide auf eine Lauflagerung mittels Laufbrillenstück (Bushing) im Mündungsbereich zurück.

Der größte Unterschied zwischen den beiden Pistolen steckt in der Laufaufhängung im System: Bei der GSG ADOPS liegt der Lauf nicht starr im System und ist nicht am Rahmen befestigt, sondern er wird – in Anlehnung an Browning sozusagen – ebenfalls über eine Konstruktion um den Verschlussfanghebel gehalten, allerdings eine komplizierte. So greift neben dem Verschlussfanghebel auch ein Bolzen in die Laufeinheit. Um die Waffe zu zerlegen, müssen diese beiden und noch eine zusätzliche Schraube im Rahmen entfernt werden. Erst dann kann der Verschluss vom Rahmen getrennt werden. Der 127 Millimeter lange Lauf trägt vorne eine Gewindekappe, die für die Montage des beiliegenden Fake-Schalldämpfers abgenommen werden muss. Die Laufführung am Rahmen übernimmt auch hier ein Bushing und die Schließfeder wird vorne ebenso mittels einer Buchse und hinten einer Kunststoffführungsstange gelagert. Insgesamt weisen beide Pistolen nur einige Elemente des alten Browning-Systems auf (Bushing, Buchse, Feder, Verschlussfang) – wie gesagt: Selbst der Verschlussfang hat nicht mehr dieselbe Funktion wie beim Original. Besonders aufgrund der komplizierten Laufbefestigung des GSG-Systems gefällt uns die simplere Walther-Lösung besser. Bei der Ausstattung der beiden Waffen hat wiederum die GSG die Nase vorn.

Auf dem Schießstand: Colt gegen GSG, wer wird siegen?

GSG 1911 ADOPS vs Colt Rail Gun
Den dichtesten Streukreis im
Schießtest lieferte die Colt Rail Gun
ab. Der Durchmesser beträgt 37 mm.

Mit den KK-1911ern geht es zum Testen auf die 25-Meter-Bahn. Dank ihres 1911er Metallrahmens können beide Kurzwaffen normalerweise in den entsprechenden Adapter der Ransom-Rest-Schießmaschine eingespannt werden. Doch das ausladende Schlagfedergehäuse und weitere Begebenheiten des GSG-ADOPS-Rahmens sorgten für keinen ordentlichen Sitz im eingespannten Adapter innerhalb der Ransom Rest. Daher wurden beide Waffen sitzend aufgelegt vom Heymann-Guntester geschossen. Government-Schützen fällt im stehenden Anschlag selbstredend sofort auf, dass es sich nicht um eine von der .45 ACP befeuerte 1911er handelt. Allein die leichten Verschlussfedern und die geringmassigen Alu-Schlitten lassen kein originales Government-Feeling aufkommen. Doch Handlage, Griffwinkel und die restlichen Bedientasten passen wunderbar und überzeugen bei beiden Pistolen. Der mit 2.339 Gramm auslösende Abzug der Walther / Colt Rail Gun steht zwar recht trocken, löst für sportlich ambitionierte Schützen jedoch deutlich zu schwer aus. Dies kann die GSG um Längen besser. Ihr Single-Action-Abzug darf mit einem Wert von 1.599 Gramm als – wie bereits erwähnt – sportlich bezeichnet werden. Ein minimales Kriechen im Abzugsweg ließ sich feststellen. Die hoch bauende Kimme der GSG ADOPS mag für den (Fake-)Schalldämpfer Einsatz taugen, auf den Schießstand passt sie indes weniger gut. Auch die rattelige Daumensicherung dürfte etwas präziser rasten und laufen. Trotzdem können beide Kurzwaffen auf dem Schießstand überzeugen. Sie arbeiteten absolut störungsfrei und dies auch mit schwächer geladenen Fabrikpatronen, obwohl die GSG auf ihrem Schlitten auf die Verwendung von HV-Munition verweist. Alle detaillierten Schießdaten und weitere Fotos finden Sie in VISIER 9/2021, das Heft (oder E-Paper) können Sie hier bestellen.

Technische Daten und Preise: Colt Rail Gun und GSG 1911 ADOPS

Modell:
 Colt (Walther) 1911 Rail Gun
GSG 1911 ADOPS
Preis:
429,- Euro
399,- Euro
Kaliber:
.22 l.r.
.22 l.r.
Kapazität:
12 Patronen
10 Patronen
Maße (LxBxH):
225 x 33 x 136 mm
224 x 34 x 139 mm
Lauflänge:
127 mm (fünf Zoll)127 mm (fünf Zoll)
Visierlänge:
165 mm
161 mm
Abzugsgewicht:
2.339 g
1.599 g
Gewicht:
948 g
992 g
Ausstattung:
Kleinkaliber-Pistole mit Masseverschluss, Aluminium-Schlitten, seitlich driftbare Kimme, Beavertail-Handballensicherung, taktische Zubehör-Schiene.
Kleinkaliber-Pistole mit Masseverschluss, Aluminium-Schlitten, Triggerstop, Fake-Schalldämpfer, Beavertail Handballensicherung, taktische Zubehör-Schiene.

Test-Fazit und die zentrale Frage: Welche KK-1911 bringt mehr?

GSG 1911 ADOPS vs Colt Rail Gun
Die 1911-Taktiker kommen selbstredend
mit taktischen Zubehörschienen. Die
GSG-Schiene (l.) besteht aus Kunststoff.

Fazit: Das Testduo der in 22 l.r. ausgeführten 1911er Pistolen überzeugte im Test mit einer ordentlichen Funktion und Präzision. Die Walther lässt sich deutlich leichter zerlegen und das Konzept des starren und mit dem Rahmen verbundenen Laufs kann überzeugen. Die GSG bringt bei einem niedrigeren Neupreis auch ein Mehr an Ausstattung mit. Ihr Fake-Schalldämpfer hat indes nur eine optische Funktion und seine Verarbeitung wirkt eher billig. Neben dem leichtgängigen Abzug holte die GSG aus sämtlichen Patronen etwas mehr Energie heraus. Beide Pistolen kommen ab Werk in einem schwarzen Kunststoffkoffer, mit zwei Magazinen und ein wenig Zerlegewerkzeug.

Letztlich ist es dann eine persönliche Entscheidung zwischen zwei sehr gut gelungenen KK 1911er-Modellen, die wir beide empfehlen können.


Das hat uns gefallen:

Das fanden wir weniger gut:

Colt Rail Gun:
Colt Rail Gun:
- Lauf-Rahmen-Konstruktion
- recht trockener Abzug
- breites Munitionsspektrum
- taktische Schiene in Rahmen integriert
- Abzug etwas zu schwergängig
- nur einseitige Bedienbarkeit



GSG 1911 ADOPS:
GSG 1911 ADOPS:
- günstigster Preis
- gute Grundausstattung
- leichtgängiger Abzug
- breites Munitionsspektrum
- kompliziert zu zerlegen
- hoch bauende Kimme
- taktische Schiene aus Kunststoff und nachträglich angebracht

Weitere Informationen zu den Testwaffen finden Sie auf den Websites der Hersteller German Sport Guns und Carl Walther

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