Da sage niemand, dass Militärs und Beschaffungsbehörden bei ihrem Dienst keinen Spaß haben können. Insbesondere der AküFi – kurz für Abkürzfimmel – eignet sich als Ansatzpunkt für humorvolle Kreativität. Das bewiesen erst jüngst die französischen Streitkräfte. Im westlichen Nachbarstaat Deutschlands lief das im Frühjahr 2019 auf den Weg gebrachte Pistolenprojekt unter dem Kürzel „PANG“. Der klangvolle Name bezog sich nicht etwa auf das Geräusch, welches sich aus der Waffe beim Abkrümmen vernehmen lässt. Vielmehr stand die Abkürzung für „Pistolet Automatique de Nouvelle Génération“, also Selbstladepistole der Neuen Generation. In die Endausscheidung kamen GLOCK und die kroatische Firma HS Produkt. Um den Jahreswechsel 2019/20 fiel die Entscheidung: Der Auftrag ging ins niederösterreichische Deutsch-Wagram – wo übrigens der französische Herrscher Napoleon vom 5. auf den 6. Juli 1809 in einer Schlacht einen glänzenden Sieg erringen konnte, der das Ende des Fünften Koalitionskrieges einläutete. Das heute dort ansässige, global operierende Unternehmen GLOCK liefert nun eine Version ihres Modells G 17 Gen 5 als neue französische Ordonnanzwaffe.
Die Vorgänger und Nachfolger der PSA GLOCK-Pistole
Diese Pistole mit sandfarbenem Griffstück und schwarzem Verschluss erhielt zudem eine neue Abkürzung, nämlich „PSA“. Dies steht für „Pistolet Sémi-Automatique“, also halbautomatische Pistole. Sie soll bis 2022 die noch im Dienst befindlichen Pistolenmodelle ablösen. Dabei handelt es sich um:
- MAC50, eine Eigenentwicklung aus den 1950er Jahren und die
- PAMAS G1, eine Lizenzfertigung der Beretta 92F.
Das erste Los der GLOCK Pistolen traf im Dezember 2020 in Frankreich ein und passierte die Güteprüfung. Inzwischen kam schon über die Hälfte der rund 75.000 bestellten Exemplare in die Truppe.
Das harte Auswahlverfahren, bis die PSA den Zuschlag bekam
Trotz des mit leichtem Augenzwinkern benannten Pistolenprojektes nahmen die Beschaffer das Vorhaben sehr ernst. Dies um so mehr, da die Selbstladepistole per se bei Streitkräften weltweit als Zweit- oder “Back-up”-Waffe erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Wenig Überraschung gab es beim Kaliber der Kurzwaffe. Frankreich blieb wie die meisten NATO-Staaten bisher auch bei der bewährten Patrone 9 x 19 mm. Neue Wege im Vergleich zu den Vorgängermodellen schlug man aber fast überall ein. So zählte zu den weiteren Vorgaben ein Griffstück in dem als „Coyote Brown“ bekannten Farbton. Da die französischen Streitkräfte traditionell weltweit operieren, sollte die Pistole so eine möglichst universelle Tarnwirkung erzielen und sich zudem gut in Kampfuniform und persönliche Ausrüstung einfügen. Hohe Belastungs-, Klima- und Umwelttests kamen ebenfalls dazu. So erfolgten Evaluierungen in Klimakammern, um die Funktionssicherheit auch in extremen Einsatzbedingungen zu bestätigen. Zudem zeigt die Erfahrung, dass Streitkräfte ihre Handwaffenbestände in langfristigen Zyklen erneuern. Bei den Tests wurde etwa eine rund 25 Jahre lange Nutzungsphase durch eine Schussbelastung von 25.000 Schuss simuliert. Die GLOCK-Prüfexemplare übertrafen als Testsieger diese Anforderung deutlich und erreichten bei den Belastungsproben über 30.000 Schuss. Doch es ging zum Testen nicht nur ins Labor. Auch hier zeigten sich die französischen Streitkräfte bei ihren Erprobungen kreativ. So bezogen sie einen großen Nutzerquerschnitt mit in die Evaluierungen ein. Erfahrene und unerfahrene Schützinnen und Schützen, Frauen und Männer mit unterschiedlich großen Händen, Stabsdienstsoldaten ebenso wie Spezialkräfte erprobten die Waffe. Dabei standen natürlich Ergonomie, sichere Handhabung und Trefferleistung im Vordergrund. Alles in allem konnte die GLOCK G 17 dabei voll überzeugen.
Keine einzelne PSA-Pistole, sondern ein Gesamtpaket mit Zubehör
Des Weiteren folgten die Franzosen bei ihrer PSA dem Systemansatz. Demgemäß besteht das System nicht nur aus der Handwaffe selbst, sondern umfasst auch Munition, gegebenenfalls Schalldämpfer sowie optische Ausstattung und Laser-Licht-Module, Peripheriegerät wie Holster, Magazintaschen sowie Zubehör wie Reinigungsgeräte oder Waffenkammerwerkzeug. Und auch Training und damit verbunden geeignete Ausbildungsmittel gehören zum System Handwaffe.
Folglich umfasste der Auftrag an GLOCK außer den Pistolen auch passende Holster, 7.000 Schalldämpfer-Kits, 15.000 Laser-Licht-Module, 9.000 Trainingswaffen, 45 Millionen Patronen jeweils mit Vollmantelgeschoss, 2 Millionen Unterschallpatronen, 4 Millionen Markierungspatronen und weiteres Zubehör. GLOCK lud diverse Hersteller ein und beurteilte deren Produkte vor dem Hintergrund der französischen Forderungskataloge.
So kamen bewährte Partner mit ins Boot. Das Holster-System stammt von Blackhawk, in Deutschland durch die Helmut Hofmann GmbH in Mellrichstadt vertreten. Das vielseitige T-Series-Modell verfügt über einen Sicherungsbügel und eine Waffensicherung. Beide Vorrichtungen lassen sich beim Ziehvorgang durch einen Druck mit dem Daumen auf die an der Körperseite liegenden Sicherungstaste lösen. Das Holster-System bietet weiterhin zahlreiche Möglichkeiten, die Pistole in unterschiedlichen Einsatzsituationen zu führen. Dank seiner Quick-Disconnect-Adapter lässt sich das Holster schnell an einem Gürtelsteg am Koppel respektive am “Battle Belt” (Gefechtsgurt), auf einer Oberschenkelplattform oder an der taktischen Weste befestigen. Als Munitionshersteller wurde Sellier & Bellot ausgewählt.
Als Waffenleuchte liefert GLOCK das hauseigene Tactical Light GTL 51 mit aus. Insgesamt betrug der Auftragswert für das PSA-GLOCK-Gesamtpaket rund 44 Millionen Euro. Damit handelte es sich da um ein veritables Handwaffen-Großvorhaben. Und doch ist es im Vergleich zu anderen Rüstungsvorhaben "preiswert", wenn man die Mengen bedenkt. Zum Vergleich: Fast das Fünffache – über 200 Millionen Euro – gab das deutsche Verteidigungsministerium alleine 2015 und 2016 für externe Berater aus. Leider scheinen oft teuer beratene Dienstherren noch immer nicht zu erkennen, mit welch geringen Investitionen sich Bewaffnung und persönliche Ausrüstung modernisieren lassen. Die so erreichte Dienstzufriedenheit wirkt sich positiv auf Image und Personalgewinnung aus.
Unsere Testwaffe: Eine zivile GLOCK 17 Gen 5 FR Coyote
Eine auf Herz und Nieren geprüfte moderne Dienstpistole kommt auch bei Sportschützen, Jägern oder Sammlern gut an. Zivile Interessenten mussten sich freilich nicht zur Fremdenlegion bewerben, um an eine PSA zu kommen. So bot man für einen limitierten Zeitraum die GLOCK 17 Gen 5 FR Coyote an – ein baugleiches Modell der französischen Dienstpistole für den zivilen Markt. Die erste Vorstellung der Waffe erfolgte bei all4shooters.com bereits im April 2021, jetzt kommt der Praxistest.
Die Waffe mit dem Schlagbolzenschloss und dem Safe-Action-System bietet zunächst die von der im August 2017 vorgestellten serienmäßigen Gen 5 bekannten Eigenschaften: Eine verbesserte Oberflächenbeschichtung in Gestalt des nDLC-Finish sorgt für Kratzfestigkeit, Korrosionsschutz und Langlebigkeit. Der neue GLOCK Marksman Barrel weist ein hexagonales Laufprofil mit Rechtsdrall und 250 mm Dralllänge auf. Der Magazinschacht ist aufgeweitet, um schnellere Ladetätigkeiten zu ermöglichen. Der Verschlussfanghebel lässt sich beidseitig bedienen. Die Gen 5 verzichtet auf die Fingermulden vorne am Griffstück. Bei zwei früheren Dienstpistolenprojekte – zum einen beim FBI, zum anderen beim Modular Handgun System der US-Armee – hatte sich gezeigt, dass insbesondere bei sehr großen oder sehr kleinen Händen die Fingerrillen eher für einen unbequemeren Waffengriff sorgen. Geblieben sind die bewährten, drei unabhängig voneinander arbeitenden Sicherungen: Fallsicherung, Schlagbolzensicherung und Abzugssicherung. Dank austauschbarer Griffrücken lässt sich die Waffe an unterschiedliche Handgrößen anpassen. Handhabungsrillen vorn am Verschluss, („front serrations“) erleichtern Ladetätigkeiten und persönliche Sicherheitskontrolle. Der Magazinhalteknopf lässt sich bei Bedarf nach rechts verlegen.
Die "Extra-Wünsche" der Franzosen bei der PSA-Pistole von GLOCK
Serienmäßig trägt die GLOCK 17 Gen 5 FR Coyote respektive PSA die nachtleuchtende Stahlvisierung. Zudem befindet sich eine Fangriemenöse hinter dem Magazinschacht. Gerade im militärischen Bereich spielen Fangriemen noch eine relativ große Bedeutung, um die Waffe vor Verlust zu sichern. Das erweist sich etwa im maritimen oder amphibischen Einsatz oder im Gebirge als Vorteil. Der Verriegelungsschieber zum Zerlegen der Waffe fällt länger aus und lässt sich so gut bedienen. Das Griffstück ist wie bereits erwähnt in Coyote Brown gehalten. Das gleiche gilt für die Magazine, deren Zubringer wiederum einen Orange-Farbton aufweisen. Das erleichtert unter anderem die Sicherheitsüberprüfung. GLOCK liefert die Waffe zudem im Coyote-farbenem Kunststoffkoffer aus. Zum Set gehören neben der Waffe ein Reservemagazin, eine Ladehilfe, ein Griffrückensatz mit vier Backstraps in unterschiedlichen Größen, Putzstock und Bürste und die Bedienungsanleitung.
Test: Auf dem Schießstand mit der PSA-Pistole von GLOCK
VISIER schoss die Glock 17 Gen 5 FR Coyote sowohl statisch auf 25 Meter als auch in praxisorientierten Szenarien auf kürzere Distanzen. Dies geschah teilweise aus dem zugehörigen Blackhawk T-Series-Holster heraus und mit Handschuhen. Es überrascht kaum, dass man sich als Dienstpistolenschütze sofort mit der GLOCK 17 Gen 5 FR Coyote zurechtfindet. Die Waffe lässt sich dank der griffigen Handhabungsrillen, des beidseitig bedienbaren Verschlussfanghebels und des größeren Magazinhalteknopfes auch mit Handschuhen gut bedienen. Der Safe-Action-Abzug lässt sich sehr gut kontrollieren. Das Trigger Reset, also das Rückführen des Abzugzüngels nach der Schussabgabe zurück zum Druckpunkt, gelingt auch bei schnellen Schüssen gut fühlbar. Die nachtleuchtende Stahlvisierung erlaubt es, das Ziel schnell aufzunehmen und zu treffen. Ein geübter Schütze hält bei Präzisionsserien auf 25 Meter locker das Schwarze im DSB-Spiegel. Und auch bei Dot Drills auf kurze Distanzen zwischen drei und fünf Metern liegen die Treffer im Schwarzen.
Test-Fazit: Die GLOCK ist limitiert, exklusiv und voll diensttauglich
Mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 805 Euro liegt die Glock 17 Gen 5 FR Coyote etwas über dem Betrag von rund 740 Euro, den man für die Standardversion einkalkulieren muss. Dafür erhält man eine ansprechende, etwas exklusivere und in jedem Falle praxistaugliche Pistole out of the box. Das bestätigen auch die französischen Kameraden in ersten Erfahrungsberichten mit ihrer neuen PSA. Und wer sagt, dass der Dienst mit moderner Ausrüstung keine Freude bereitet?
Weitere Informationen zur G17 Gen5 Coyote finden Sie auf den Seiten von GLOCK sowie der RUAG Ammotec, dem deutschen Importeur.