Bei dem von Ralf Merkle gegründeten Unternehmen Merkle Tuning verfeinert man natürlich gern auch hochwertige Pistolen von Meisterhand. Besonders berühmt ist das Familienunternehmen und Mitglied des S&W Club 30 seit Jahrzehnten aber für seine aufwändig überarbeiteten Revolver. Mit dem T1 hat nun Tim Merkle sein erstes Design eines Custom-Revolvers lanciert. Er absolvierte die Meisterprüfung zum Büchsenmacher vor vier Jahren und ist bereits ein Merkle der vierten Generation: Sein Urgroßvater Wilhelm gründete anno 1925 das Unternehmen Merkle Messerschmiede.
Das Fundament des T1 von Merkle Tuning
Je nach Ausstattung eignet sich das neue Merkle-Modell für unterschiedliche Disziplinen, aber in der vorliegenden Konfiguration empfiehlt sich das Prachtstück für den Wettkampf PPC/1500, bei dem Tim Merkle selbst mit dem T1 antritt. Wie die meisten auf PPC/1500 ausgelegten Revolver basiert auch der T1 auf dem Modell 686 von Smith & Wesson, in diesem Fall eine moderne "Strich Sechs"-Variante des beliebten Revolvers in .357 Magnum. Der mittelgroße L-Rahmen des M 686 hat sich heute im Sportbereich weitgehend gegenüber dem schlankeren K-Rahmen von S&W durchgesetzt, selbst in Disziplinen, bei denen bevorzugt nur die schwächere .38 Special verwendet wird. Den 686er Fabriklauf ersetzte Tim Merkle durch einen wuchtigen Match-Lauf mit Polygon-Profil. Die Spezial-Läufe wurden vom S&W Club 30 entwickelt und werden eigens für die Club-Mitglieder bei Merkel in Suhl gehämmert. Damit die Visierung möglichst flach über der Hand liegt, fräste man die Rahmenbrücke samt der originalen Kimmen-Nut und den Lauf oben so flach wie möglich ab, um die Bauteile auf eine Höhe zu bringen. Insgesamt rückt dadurch die Visierschiene rund zwei Millimeter näher über den Handrücken als bei einem nicht entsprechend überarbeiteten S&W-Rahmen. Unten bietet das Match-Rohr eine Aufnahme für anschraubbare Laufgewichte, in diesem Fall montierte Merkle ein Gewicht aus Leichtmetall.
Detailarbeit: Das sind die Features des Merkle T1
Vorn verriegelt die Trommel des T1 nicht wie für die meisten S&W-Revolver üblich über die Ejektor-Stange. Stattdessen fixieren zwei unter Federdruck stehende Kugeln den Trommelkran im Rahmen. Torsionsstifte verbinden die Trommel und den Ausstoßerstern und unterstützen ein perfektes Timing. Bei S&W wurden die Stifte bereits vor Jahren wegrationalisiert, dagegen finden sich im vorliegenden Revolver gleich drei Stifte. Gut möglich, dass Merkle aber bei weiteren T1 zu dem üblichen Konzept von zwei Torsionsstiften zurückkehrt, schlicht, weil dies vollauf genügt, den Stern in der verriegelten Trommel ohne sich zu Verdrehen an seinem Platz zu halten. Revolver wie der T1 werden für PPC/1500 meist in reinrassige Spannabzugs-Revolver umgebaut. Hier kommt dabei ein spornloser (und 250,- Euro teurer) DAO-Hammer des Typs Apex Evolution zum Einsatz. Gegenüber einem regulären S&W-Hammer verkürzt das Apex-Element auch die Wegstrecke des Züngels ein wenig. Kurz gesagt, war der DAO-Abzug des vorliegenden Revolvers ein Gedicht: Glatt und geschmeidig mit angenehm kurzem Weg und immer noch ausreichend Kraft der Rebound-Feder, damit das Züngel auch nach dem Schuss wieder in seine Ausgangsposition zurückschnellt. Das Abzugsgewicht betrug lediglich 2.300 Gramm. Üblicherweise bewegen sich Werks-Spannabzüge meist im Bereich um vier bis fünf Kilo. Damit ist dann aber auch die sichere Anzündung mit allen Zündhütchen gewährleistet. Das Schloss des Merkle T1 wurde rein auf die als besonders zündwillig geltenden Federal-100-Zündhütchen abgestimmt, damit der Abzugswiderstand derart stark reduziert werden konnte. Auf die passende Sportler-Diät gesetzt, läuft der Revolver dann aber auch zur Hochform auf, wie das Zehn-Schuss-Trefferbild aus der Schießmaschine belegt. Der Meister selbst bevorzugt hierbei eine 38er Laborierung von 4,0 Grains Vihtavuori N 320 hinter einem 125 Grains schweren HS-Wadcutter-Geschoss aus dem Hause Haendler & Natermann (Gesamtlänge 30,7 Millimeter, Federal-100-Zündhütchen, alle Ladedaten ohne Gewähr).
Bis auf den genialen Abzug gibt es an dem Revolver freilich nicht viele weitere Bedienteile. Die Trommelentriegelung mit ihrer stark vergrößerten und griffig gecheckerten Tastfläche wird ebenfalls von dem Backnanger Tuning-Unternehmen hergestellt. Durch den schweren Matchlauf bringt der T1 komplett mit einem Underlug-Laufgewicht aus Aluminium und dem großen Master 2-Griff des Griff-Spezialisten Karl Nill 1.530 Gramm auf die Waage. Über die Unterseite des Wettkampf-Griffes gemessen erreicht der T1 auch seine maximale Breite, die Trommelbreite beträgt nur 38 mm. Durch Ausfräsungen, andere Griffe oder ein Laufgewicht aus Stahl kann das Gesamtgewicht natürlich noch erhöht oder gesenkt werden, damit man mit dem T1 auch in diversen Disziplinen antreten kann, wie sie etwa die Schießsportverbände DSB und BDS für 357er Revolver im Programm haben. So bringt etwa ein baugleiches Laufgewicht aus Stahl gut 65 Gramm mehr auf die Waage als das hier verbaute, 35 Gramm schwere Element aus Leichtmetall.
Übersicht: Alle Daten und Preis des Merkle T1 auf einen Blick
Modell: | Merkle Tuning T1 |
Preis: | ab 3.800,- Euro |
Kapazität: | 6 Patronen |
Maße (LxBxH): | 293 x 49 x 184 mm |
Lauflänge: | 152 mm, 1:11"-Drall |
Trommelspalt: | 0,1 mm |
Visierlänge: | 202 mm |
Ausschnitt Kimme: | 3,0 mm |
Ausschnitt Korn: | 3,5 mm |
Abzug: | 2300 g |
Gewicht: | 1795 g mit Optik und Montage |
Ausstattung: | gehämmerter Polygon-Matchlauf, Rahmen abgeflacht, DAO-Abzug mit Apex-Hammer, Merkle-Visierschiene, doppelter Ball-Crane-Lock, abnehmbares Laufgewicht. |
Visierung und Zieleinrichtung des T1 in .357 Magnum
Eine voll verstellbare und zudem schnell von Hand auf drei Trefferpunkte justierbare Kimme gehört seit Jahren bei PPC-Revolvern zum guten Ton und darf natürlich auch bei dem hier vorgestellten Sportgerät nicht fehlen. Beim T1 stammt die Visierschiene ebenfalls aus der Fertigung von Merkle und wurde für Lauf und Rahmenbrücke des neuen Revolvers unten plan gefräst. Die Visiermechanik der Merkle-Schiene stammt von dem renommierten US-Hersteller Aristocrat. Auf der Visierschiene thronen gleich zwei Red Dots hintereinander, befestigt über eine Schnellspannmontage. Die Spezialmontage stammt wie die Optiken auch von Aimpoint und wurde speziell für PPC/1500 entwickelt. Normalerweise kommt man auf einer Kurzwaffe natürlich mit einem Reflexvisier aus. Aber bei Sportarten wie PPC/1500 wechseln die Distanzen erheblich, was sich bei der gemütlichen .38 Special Wadcutter auch auf die Trefferlage merklich auswirkt. Die beiden Micro H2 von Aimpoint liefern ein Gegenmittel in Form zweier Leuchtpunkte, wobei der Meister Tim Merkle hier auf einen Leuchtpunkt von 2 MOA (Winkelminuten) und einen 4-MOA-Dot setzt. Reflexvisiere, deren Punkt vier Winkelminuten abdeckt, sind auf Pistolen oder Revolvern nun nichts Ungewöhnliches, aber extrafeine Punkte von 2 MOA sieht man auf dem Pistolenstand sonst eher selten. Bei PPC/1500 muss man aber auch mal bis auf 50 Meter hinauslangen und trotzdem hochpräzise treffen, da hilft der extrafeine rote Punkt weiter.
Schutzschicht: Das Finish des T1 im Detail
Vor Kratzern und Rost schützte das vorliegende Exemplar eine abriebfeste Titan-Aluminium-Nitrit-Beschichtung. Was den Oberflächenschutz betrifft, kann man hier auch andere Wege beschreiten oder unterschiedliche Farben wählen. Tim Merkle entschied sich bei seiner persönlichen Wettkampf-Waffe für mattschwarz, sozusagen der natürliche Farbton aller viel geschossenen Revolver. Und wie steht es um die Verarbeitung? Da kann sich der Merkle T1 "von" schreiben. Von der sauber hinterdrehten Mündung über das gleichmäßige Timing der Trommel und dem schmalen Trommelspalt bis zu den Passungen zwischen Rahmen und Kleinteilen erschien das vorliegende Stück makellos – das ist einfach ein sehr schön gemachter Revolver. Die hochwertige Ausstattung und piekfeine Verarbeitung haben dann aber auch ihren Preis. Den T1 gibt es in Backnang ab 3.800,- Euro, ohne die Optiken und Montage von Aimpoint natürlich. Auch die Sonderausstattung wie etwa der spornlose Hammer, der sportliche Nill-Griff und auch die Ti-Al-Ni-Beschichtung kosten nochmals extra.
Fazit: Das kann der sportliche Revolver von Merkle Tuning
Der T1 ist ein feines Exemplar deutscher Büchsenmacher-Kunst und eine praxisnah konzipierte Wettkampfwaffe zugleich. Im Bereich Ausstattung ganz auf PPC/1500 getrimmt, bietet die Waffenschmiede Merkle noch reichlich Alternativen, um den Sechsschüsser auch für andere Wettkämpfe perfekt zu aptieren. Die sorgsame Verarbeitung bis ins kleinste Detail rechtfertigt den durchaus gehobenen Preis des edlen Custom-Revolvers aus Backnang.
Dieser Test erschien zuerst in der VISIER, Ausgabe 8/2020. Das Heft ist im VS Medien-Shop in der Print- wie auch in der Digitalversion verfügbar.
Weitere Informationen zu Merkle Tuning, gibt es auf den Seiten des Familienunternehmens.
Der Tuner ist zudem Mitglied des Club 30 Deutschland. Über die Büchsenmachervereinigung hat all4shooters bereits berichtet.