Seit mittlerweile über 20 Jahren tummelt sich der Hersteller HS Produkt im Polymer-Dienstpistolen-Feld. 1999 gelang mit der HS 2000 der Durchbruch im Bereich der Behördenpistolen. Die HS 2000 traf mit ihrem Polymer-Rahmen nicht nur den Zeitgeist sie wanderte auch als Ordonnanzpistole zum kroatischen Militär und zu Polizeieinheiten. Einen weiteren Meilenstein legten die kroatischen Pistolen dann in den USA: Springfield Armory vertreibt dort bis heute zahlreiche HS-Produkt-Pistolenmodelle. Die Pistolen werden in der Regel für den US-Vertrieb nur anders beschriftet. Neben der großen XD-M-Pistolenreihe vertreibt Springfield Armory dort auch die Modellreihe XD-S, die von unserer Testwaffe abstammt. Lustigerweise führt Springfield die Kurzwaffe lediglich im Kaliber 9 mm Luger auf – eine .45 ACP-Variante wird nicht angeboten. Dafür bieten die beiden XD-S-Versionen als Grundausstattung abnehmbare Stahlplatten auf dem Verschluss zur Montage eines Rot-Punkt-Visiers an – sie sind optics-ready, was sich bei Springfield hinter dem Modellkürzel OSP verbirgt.
Die S-Line Pistolen von HS Produkt (S5 und S7)
Hinter der Bezeichnung S-Line verbirgt sich die Pistolenreihe, zu der die S5-Testwaffe gehört. Sie umfasst zwei Pistolentypen in verschiedenen Farb-/Verschluss-Varianten. Die S5 bezeichnet dabei Typen im Kaliber .45 ACP und unter dem Kürzel S7 werden die sieben- beziehungsweise neun-schüssigen 9-mm-Luger-Pendants subsumiert. Es handelt sich um einreihige Slim-Line-Konstruktionen der Subkompakt-Klasse. Dabei kombinieren sie die heute typischen Elemente eines Polymer-Rahmens der die Abzugsgruppe trägt mit einem im Stahlschlitten befindlichen Schlagbolzenschloss. Neben jeweils einer schwarzen im Melonit-Verfahren (Nitrocarburierung) beschichteten Version bietet HS auch zwei Typen mit Stainless-Steel-Verschlüssen und eine S7 in gänzlich sandfarbener Ausführung an, die auf die Bezeichnung AFDE hört.
Die subkompakte 45er HS Produkt S5 im Detail
Wie bereits angedeutet, handelt es sich bei der S5 um eine besonders kleine Pistole, die sich im Bereich des Selbstschutzes und für das verdeckte Tragen (das v.a. in den USA ein Thema ist) verortet. HS Produkt selbst positioniert seine S-Line in den Segmenten "self defense“ und "back up“. Zum Einsatz kommen bei der S5 einreihige Magazine, sogenannte Einreiher (Single stacks), die zwar nicht die Kapazität der Doppelreiher mitbringen, dafür aber besonders robust sind und vor allem mit einem schmalen Magazinschacht und damit auch einen deutlich dünneren Pistolengriff zurechtkommen. Aufgrund des schmalen Schlittens und des gerade angesprochenen Griffstücks zeigt sich die S5 mit einer Waffenbreite von rund 25 Millimeter absolut auf dem Niveau von aktuellen Slim-Line-Pistolen. GLOCK 43, Walther PPS oder Smith & Wesson M&P Shield gehören ebenfalls zu den subkompakten "conceald carry“ oder "back up“ Pistolen und kommen ebenfalls mit einer vergleichbar dünnen Baubreite des Rahmens und Verschlusses daher. Beachtlich dabei ist, dass die S5 mit der deutlich größeren Patrone .45 ACP gefüttert wird, die genannten Kontrahenten doch maximal die .40 S&W aufnehmen.
Smith & Wesson bot zwar zeitweise die Shield ebenfalls in .45 ACP an, musste hierfür jedoch den Schlitten etwas breiter dimensionieren. Auch vom System und der Lauflänge setzt die S5 auf klassenübliche Konstruktionen. Zum Einsatz kommt bei ihr ein 84,5 Millimeter langer Lauf mit polierter Rampe. Die Verrieglung erfolgt mit einer unten offenen Steuerkulisse, die den Lauf während des Repetier-Zyklusses stark abkippt. Als Schließfeder dient eine in dieser Waffenklasse ebenfalls übliche kurze aber kräftige Teleskopfeder. Der Verschluss selbst zeigt sich außen einfach aufgebaut. Er trägt im hinteren Bereich Repetierrillen auf der rechten Seite sitzt der externe Hülsenauszieher und auf der Oberseite des Schlittens findet sich eine Patronenstandanzeige. Bei Letztgenanntem handelt es sich um einen Stahlstift der sich einige Millimeter anhebt, wenn sich eine Patrone im Patronenlager der S5 befindet. Als Visierung verbauen die Kroaten eine klassenübliche sehr kompakte Anlage aus dem taktischen Bereich. Die Kimme ist lediglich seitlich driftbar und bietet neben dem Rechteckausschnitt zwei weiße Kontrastpunkte als Zielhilfen an. An der Front sitzt ein Korn samt roter Fiberoptikeinlage.
Für das Schießen auf kürzer Entfernungen im Verbund mit einer raschen Zielaufnahme taugt die Visierung jedenfalls. Das Polymer-Griffstück ist ergonomisch geschickt geformt und unterstützt die Schusshand sehr gut. Neben den leicht angedeuteten vorderen beiden Fingermulden hilft auch die recht griffige Oberflächentextur dabei, dass die Waffe sicher in der Hand liegt. Die Auskehlung unterhalb des Abzugsbügels sowie das hoch geschwungene Beavertail des Griffrückens lassen die S5 tief in der Schusshand versinken, was möglichst viel Handkontakt am Griffstück ermöglicht. Neben einer kurzen taktischen Zubehörschiene kommt die S5 auch mit einer Griffrückensicherung. Daneben bringt sie noch eine Abzugssicherung sowie die innen liegende Schlagbolzensicherung mit. Auf der linken Seite finden sich die Schlittenfang-, Zerlege- und Magazintaste. Die Magazintaste ist auch auf der rechten Seite vorhanden und permanent beidseitig bedienbar – ein Ausstattungspunkt der derzeit schon als Alleinstellungsmerkmal herangezogen werden darf. Denn die meisten Kurzwaffen verfügen heute meist nur über eine umsteckbare Magazintaste, die dann eine jeweils einseitige Funktion gewährleistet. Die Verarbeitung der kleine S5 ist durchaus überzeugend und auf einem recht hohen Niveau. Die Stahlbaugruppen lassen so gut wie keinen Werkzeugspuren erkennen, die Passungen stimmen und die Oberflächenbeschaffenheit wirkt ziemlich rein.
Der Single-Action-Abzug mit der eingebauten Züngelsicherung löste im Mittel nach dem Überwinden von rund 2.900 Gramm Widerstand aus. Ein klassenüblicher Wert. Die meisten subkompakten Pistolen liegen bei rund 3.000 Gramm Auslösewiderstand und sind schon immer etwas schwerer abzuziehen als vergleichbarer Fullsize-Dienstpistolen. Der Abzugsweg ist mittellang und bringt für schnell Schussfolgen einen entsprechend kurzen Reset mit.
Test: Mit der HS Produkt Pistole S5 3.3 auf dem Schießstand
Die subkompakte S5 absolviert ihren Präzisionstest auf 15 Metern Entfernung, indem sie aufgelegt vom Heyman-Guntester ausgeschossen wird. Die 15 Meter-Distanz (statt der üblichen 25 Meter) wird hier herangezogen, da es sich bei der S5 um eine Verteidigungspistole in Kleinstabmessungen handelt, die für kürzere Entfernungen eingerichtet ist. Der Präzisionstest fällt sehr positiv aus. Keine der verschossenen Fabrikpatronen schoss einen Streukreisdurchmesser von über 50 Millimetern auf die Prüfscheiben. Mit den Magtech und Top Shot Patronen waren sogar Streukreisdurchmesser von weit unter 40 Millimetern möglich. Für eine subkompakte kurzläufige Pistole ist die Präzision ziemlich gut. Die ermittelten Energiewerte der Geschosse sind selbstredend etwas niedriger als sie lauflängere Fullsize-45er abliefern, trotzdem sind sie noch absolut ausreichend für den erdachten Einsatzzweck. Da solche Pistolen gerne mit Hohlzspitz-Geschossen geladen werden, wurden besonders unterschiedliche JHP-Geschosskopfformen ausgewählt, um zu prüfen, ob die Waffe problemlos zuführt. Das Ergebnis: nicht eine Zuführungsstörung im Test, weder an der polierten Rampe noch an einem anderen internen Bauteil kam es zu einer Festsetzung von Patronen. Im stehenden Anschlag fiel sofort die gute Handlage, zu der der Tiefe sitzt der S5 in der Schützenhand beiträgt, auf. Der Rückschlag der kleinen Pistole ist selbst mit den nur mäßig geladenen Fabrikpatronen für einen Otto-Normal-Schützen schon recht kräftig. Besonders der Einsatz des kleinen Magazins – bei dem der fünfte Finger quasi in der Luft hängt – sorgte für Schmerzen in der Handinnenseite nach mehreren Schuss, da die Pistole eine stärkere Drehbewegung in der Hand ausführt, als wenn man die sechs-schlüssigen Magazine mit der Griffverlängerung nutzte. Bei der Verwendung der längeren Magazine tat nichts "weh“ und die realisierte Drehbewegung der Pistole fiel geringer aus. Sicher zu halten war sie jedoch stets mit beiden Grifflängen. Ihr Abzug ist nicht für das Sportschießen abgestimmt, was allein schon der hohe Widerstand klarmachen sollte. Seine Charakteristik weist keinerlei spürbaren Druckpunkt auf. Der Schütze muss recht weit auf dem Abzugsweg gegen den Widerstand ziehen, bis der Schuss schließlich bricht. Der Abzug ist insgesamt gutmütig abgestimmt und soll wohl verhindern, dass vorschnell ein Schuss bricht. Auch die Bedienung der Waffe funktionierte währende des Testes vorbildlich. Es kam nicht zu einer einzigen Störung, auch mit absichtlich schwach gehaltener Waffe.
Modell: | HS Produkt S5 3.3 Polymerpistole |
Preis: | 629 ,- € |
Kaliber: | .45 ACP |
Kapazität: | 5/6 Patronen |
Maße (L x B x H): | 162 x 25 x 113 mm |
Lauflänge: | 84,5 mm (rund 3,3 Zoll) |
Visierlänge: | 135 mm |
Abzugsgewicht: | 2.900g |
Gewicht: | 690g |
Ausstattung: Subkompakte Polymer-Pistole mit Schlagbolzenschloss und modifizierter Browning-Verriegelung, beidseitige arbeitende Magazinknöpfe, Ladestandanzeige, driftbare Kimme und Fiber-Optik-Korn, Picatinny-Schiene. |
Test-Fazit: Das kann die HS Produkt S5 3.3
Die kleine .45er-Pistole S5 von HS Produkt überzeugte im Test mit einer guten Schussleistung, einer hohen Zuverlässigkeit und einer durchdachten Bedienbarkeit. Die Kombination der Big-Bore-Patrone .45 ACP mit dem kleinen Waffen-Verschluss geht auf und funktioniert wunderbar. Abzug und Visierung sind auf das Kurzstrecken-Selbstverteidigungskonzept der Waffe ausgelegt und passen für diese Ausrichtung sehr gut. Wem der Rückstoß zu viel ist, der kann sich auch nach der 9-mm-Luger-Version (S7) umsehen, diese bringt auch eine etwas höhere Magazinkapazität mit. Die S5 kommt ab Werk in einem schwarzen Kunststoffkoffer mit drei Magazinen, einer Tube Waffenöl und einem Putzstock.
Das hat uns gefallen: | Das fanden wir weniger gut: |
Gutes Preis-/Leistungsverhältnis | Etwas schmerzhaft bei mehreren Schuss-Serien mit dem kleinen Magazin |
Beidseitig bedienbare Magazintaste | |
Drei beiliegende Magazine | |
Schießtest mit guter Präzision für eine Subkompaktpistole |
Dieser Artikel ist auch in der VISIER 10/2021 erschienen. Dort finden Sie auch alle Test-Ergebnisse in der praktischen Tabelle. Das Heft ist im VS Medien-Shop auch als e-Paper verfügbar.
Weitere Information über die Waffen des Herstellers bekommen Sie auf der Seite von HS Produkt.