Verkehrte Welt: In den USA heißt die neue Heckler & Koch-Polymerpistole "VP 9", was für "Volkspistole 9" steht. In Deutschland lautet der Name "Striker Fired Pistol", kurz "SFP 9". Anscheinend hat die deutsche Bezeichnung in Übersee den werbeträchtigeren Klang, während man sich hierzulande vom englischen Namen mehr verspricht. Unabhängig von der - auch im Stahl des nitrocarburierten Schlittens verewigten - Bezeichnung handelt es sich aber um denselben Waffentyp. Bislang entstehen alle Exemplare bei Heckler & Koch in Oberndorf, ob nun VP 9 oder SFP 9. Von dieser gibt es drei Varianten: SFP 9 SF, SFP 9 M (Maritim) und SFP 9 TR, letztere folgt der Technischen Richtlinie (TR) zur Zertifizierung von Polizeidienstpistolen. Die SFP 9 TR kommt mit höherem Abzugsgewicht und längerem Abzugs- sowie Resetweg.
Im Namen SFP 9 klingt an, dass es sich um eine Pistole mit Schlagbolzenschloss handelt. Damit ist dies Heckler & Kochs Erstling, der dem Glock-Prinzip folgt: Kunststoff-Chassis, hohe Magazinkapazität, modifiziertes Browning-Verschlussprinzip und ein stets gleichbleibender, mittellanger und mittelschwerer Abzug (hier: voll vorgespannt). Bis eben aufs Schlagbolzenschloss gab es das alles bei der Heckler & Koch-USP-Baureihe und ihren Ablegern. Im Prinzip ähnelt die SFP 9 der Heckler & Koch P 30, der modernsten USP-Version, aber ohne Schlaghahn. Von der P 30 stammen:
- die Stahlvisierung mit phosphoreszierenden Einsätzen, die Magazine, korrosionshemmend beschichtet, gut zu befüllen und mit Ladestands-Kontrolllöchern,
- das Griffkonzept. Dem individuellen Anpassen der Handlage dienen sechs Seitenplatten und drei Griffrücken: Mehr geht „out of the box“ bei kaum einer Verteidigungswaffe. Top auch die patentierte Durchladehilfe am Schlitten und das Zerlegeprozedere, da werkzeuglos zu bewältigen
- aber nur bei entnommenem Magazin und mit dem Benefit, dass sich die Pistole dabei automatisch entspannt.
Zum Test der Heckler & Koch SFP 9 SF:
Einer von fünf Testschützen klagte je nach Handhaltung der Heckler & Koch SFP 9 SF über "trigger slap" – die zurückschnellende Abzugssicherung im Züngel drückte nach dem Repetieren ab und an unangenehm in die Fingerkuppe. Ansonsten ließ sich die Pistole auch einhändig schlapp gehalten und bei schwacher Fabrikmunition nicht zu einer Funktionsstörung hinreißen. Die Heckler & Koch SFP 9 SF warf alle Hülsen schwungvoll nach rechts aus, niemand bekam heißes Messing ab: In puncto Schussverhalten, Visierung und Abzug gefiel die Heckler & Koch allen Schützen. Gemäß dem VISIER-Bewertungsschema erreichte die Heckler & Koch SFP 9 SF 91 von 100 möglichen Punkten. Abzüge gab es vor allem für die Präzision. Zwar ließ die für eine reine Dienstwaffe realistisch kaum Wünsche offen. Aber VISIER verteilt die volle Punktzahl von 50 Zählern bei einer Pistole nur für alle Streukreise bis zu dreifachem Kaliberdurchmesser – nicht leicht für Verteidigungswaffen mit eher für die Praxis konzipierten Abzügen und Visierungen. Den besten Streukreis von 47 mm brachte die Gold Dot-Verteidigungspatrone von Speer (-7 Punkte).
Ansonsten blieben der Heckler & Koch SFP 9 SF die vollen Zähler nur bei Abzugscharakteristik und Verarbeitung verwehrt (je -1 Punkt): Das lag am nicht ganz trockenen Druckpunkt und an kleineren Verarbeitungsungenauigkeiten, etwa der Lauflagerung im Bereich des Patronenlagers. Davon abgesehen gab sich die Heckler & Koch SFP 9 SF keine Blöße bei Repetierablauf/Sicherheit, Visierung, Abzugs-Griff-Design sowie dem Konzept der Bedienelemente (je -0 Punkte).
Testfazit zur Heckler & Koch SFP 9 SF:
Die Einschätzung der Tester: Preislich liegt die Heckler & Koch SFP 9 SF im Mittelfeld der in Deutschland angebotenen Polymerpistolen. Das betrifft aber nicht die werkseitig gebotene Ausstattung und Qualität, da gehört die neue Heckler & Koch eindeutig zur Upper Class. Wer eine leichte Waffe im Dienstpistolenformat mit stets gleichbleibendem Abzugsgewicht wünscht, bekommt mit der Heckler & Koch SFP 9 SF einen hohen Gegenwert für seine finanzielle Investition.
VISIER-Bewertung der Heckler & Koch SFP 9 SF in 9 mm Luger:
VISIER-Bewertung | Punkte |
Präzision (max. 50 Punkte) | 42 Punkte |
Repetierablauf/Sicherheit (max. 10 Punkte) | 10 Punkte |
Abzugscharakteristik (max. 10 Punkte) | 9 Punkte |
Abzugs-Griff-Design (max. 5 Punkte) | 5 Punkte |
Bedienelemente (max. 10 Punkte) | 10 Punkte |
Visierung (max. 5 Punkte) | 5 Punkte |
Verarbeitung (max. 10 Punkte) | 9 Punkte |
Gesamtpunktzahl (max. 100 Punkte) | 90 Punkte |
Testurteil | ausgezeichnet |
Prädikate | 6 von 6 |
Schießtest: Heckler & Koch SFP 9 SF
Nr | Fabrikpatrone | Streukreis | v2 | E2 |
1. | 124 grs Remington Golden Saber JHP | 57 (37) mm | 347 m/s | 484 J |
2. | 124 grs Prvi Partizan JHP | 59 mm | 339 m/s | 462 J |
3. | 124 grs Sellier & Bellot FMJ nontox | 51 mm | 335 m/s | 451 J |
4. | 124 grs Speer Gold Dot+P JHP | 47 mm | 373 m/s | 559 J |
5. | 125 grs Hornady Steel Match JHP | 66 (38) mm | 320 m/s | 415 J |
Hinweise: Streukreis = 5-/4-Schuss-Gruppen, geschossen über 25 Meter Distanz von der Sandsackauflage. Angegeben in Millimetern, gemessen von Einschussmitte zu Einschussmitte.
v2 = Geschossgeschwindigkeit zwei Meter vor der Laufmündung, in Meter pro Sekunde. E2 = Geschossenergie zwei Meter vor der Mündung, in Joule.
Geschoss-Abkürzungen: JHP = Jacketed Hollow Point, FMJ = Full Metal Jacket. +P = verstärkte Ladung.