Im Test: Mauser HSr von German Sport Guns – eine trendige Retro-Pistole im Kaliber .22 l.r.

Als erstes erzeugte die von German Sport Guns, kurz GSG, hergestellte Pistole in der Redaktion etwas Stirnrunzeln. Nicht wegen offensichtlicher Mängel, nein. Aber der auf pfiffige Kleinkaliberwaffen spezialisierte Hersteller German Sport Guns hat seiner Kleinkaliber-Interpretation der Mauser HSc, nun jedoch sinnig als HSr bezeichnet, gleich vier an der linken Seite sichtbare Funktionselemente verpasst: Eine manuelle Flügelsicherung, einen Verschlussfang- und einen Zerlegedrücker, sowie noch eine Entspanntaste. Das ist für eine so ungewöhnlich kleine wie auch günstige KK-Pistole eine ganze Menge Technik. Und diese in Verbindung mit dem SA/DA-Hahnschloss lassen hinsichtlich des Bereitschafts-Zustandes beim Führen keinen Wunsch offen. Der Zustand entspannt, entsichert und unterladen wird wegen der zeitraubenden Maßnahme, eine Pistole unter Stress erst durchzuladen, als unpraktikabel für ein DA/SA-System beiseitegelassen. An Sinnvollem bleibt übrig: Den Hahn der durchgeladenen Pistole mittels Abspannhebel zu entspannen, und den ersten Schuss aus der nicht gesicherten Waffe über den Spannabzug abzufeuern. Alternativ kann, oder besser muss, die gesicherte Waffe für den Erstschuss beim Ziehen noch entsichert werden. US-Bürger, auf die Sicherung in „Condition One“ vertrauend, verzichten vielleicht auf die Abspanntaste und verstauen die Pistole im Holster mit gespanntem Hahn, nur über die Flügelsicherung blockiert. Ob der wesentlich leichtere Abzugswiderstand beim Auslösen des vorgespannten Hahnes die im wahrsten Wortsinn sicherheitskritische Führweise rechtfertigt, muss jeder für sich entscheiden.

Die Kleinkaliber-Pistole Mauser HSr von GSG im Detail:

Wer sich die Pistole näher anschaut, stellt fest: Moment, das Funktionsdesign kenne ich doch, ebenso die Linienführung. Und das zu Recht, denn die German Sport Guns Mauser HSr steht in einer illustren Ahnenreihe: Details ihrer auffällig schrägen, sanft gerundeten Verschlusskontur passen zur SIG Sauer P230, die vor knapp 50 Jahren auf den Markt kam. Aber das Vorderteil mit der unverwechselbar schräg nach oben laufenden und konkav gewölbten Verschlusstückkontur, das ist eindeutig Mauser HSc. Die mit Abzugs- wie Hahnspannung ausgestattete, weithin als so präzise wie zuverlässig eingeschätzte Waffe kam im Gefolge der Walther-Modelle PP und PPK um 1937 heraus und wurde bis Mitte der 1980er in zwei Produktionschargen gefertigt. Ihre Kaliber waren 7,65 mm Browning und 9mm kurz. Das führt dann auch zu einer Abweichung im Namen der Neuen. Um vorn anzufangen: „HS“ steht für „Hahnspanner“. Das daran angehängte „c“ bezieht sich darauf, dass die 7,65er wie die 9er Patrone Zentralfeuerkaliber sind. Auf englisch: Centerfire.

German Sport Guns bringt die neue Interpretation des Mauser-Klassikers im Kaliber .22 l.r. an den Start, also in einer Randfeuerpatrone (Rimfire). Folgerichtig verpasste das GSG-Team seiner Ganzmetallwaffe nicht nur das berühmte Tonnen-Logo in den Griffschalen und am Schlitten, sondern auch das Addendum „r“. Rein technisch ist das aber nicht alles Mauser. Darüber hinaus orientierte man sich  bei Mechanik und Funktion noch einmal woanders, nämlich bei der SIG Sauer P232. Das Prozedere rund ums Auseinandernehmen der HSr stammt ebenso von diesem modernen Taschenwaffen-Klassiker wie auch die Funktion des Entspannhebels, auch wenn man von der älteren Oberndorfer Konstruktion die manuelle Flügelsicherung hinten oben am Verschlussgehäuse übernommen hat. Der Hersteller betont: „Die damit verbundene Schlagbolzensicherung sowie eine Fallsicherung entsprechen den aktuellen Anforderungen einer modernen Pistolenkonstruktion. Die Mauser HSr ist auf Grund ihres schlanken Designs besonders für alle Arten des verdeckten Führens geeignet.“ Rein optisch zeigt sich die HSr ganz in Schwarz, es soll wohl auch - gegen Vorbestellung - eine Variante mit schicken Nussbaumschalen geben.

Unser Test: Mit der GSG Mauser HSr auf dem Schießstand

Unser erster emotionaler Eindruck: Das Dingen ist auch noch spaßig! Da sind zum Einen die überschaubaren Kosten für die Munition. Und zum Anderen die bei dieser handlichen Kurzwaffe absolut ausgefeilten Wahl- und Bedienmöglichkeiten. Positiv fiel den Testern auf, dass mit der vormontierten, mittelhohen Kimme das Pistölchen auf rund fünf Meter nach Höhe wie Seite fast exakt Fleck schießt. Was den späteren, informellen Schuss auf einen Block Gelatine-Ersatz (Clear Ballistics) ungemein erleichterte. Bemerkenswert an diesem Gelatinebeschuss war eine gut zitronengroße Kaverne. Da das Geschoss keinerlei Flächen-Querschnittsvergrößerung aufwies, ist die unerwartet große Kaverne wohl auf eine 180-Grad-Geschossdrehung zurückzuführen. 

So filigran die Visierung auch wirkt, das Visierbild an sich (gute Lichtverhältnisse vorausgesetzt) war durchaus verwertbar. Der Kontrast ist ausgeprägt, Kimme und Korn rasch gut aufnehmbar, dabei aber nur so groß wie nötig, um ein Hängenbleiben in stressigen Situationen zu verhindern. Auf die praxisgerechte Entfernung von zehn Meter geschossen, ließen sich aufgelegt für Verteidigungszwecke völlig ausreichende Streukreise generieren. Auffälligkeiten oder Störungen gab es mit keiner der im Test ausgewiesenen Patronensorten. Der Hülsenauswurf war stets kräftig, der Winkel nahezu immer gleich. Trotz des geringen Waffengewichts hält sich der Rückstoß auch mit HV-Munition in absolut verkraftbaren Grenzen. Und ja, Kleinkaliber-Pistolen verführen durchaus zum „Ballern“. Warum auch nicht, denn trotz der geringen Dimensionen der Mauser HSr lässt sich das Pistölchen auch im raschen Feuer einwandfrei kontrollieren. Und damit sei an den berühmten Ausspruch eines der frühen Combat-Päpste erinnert, der sinngemäß sagte: „Ein unter Stress abgegebener Schuss mit einem erfolgten Treffer mit einer .22 Long Rifle ist zweifelsfrei besser als ein Fehlschuss mit einer nicht genügend beherrschten .44 Magnum“. Dem ist hinsichtlich der andauernden Gültigkeit dieses Spruches nichts hinzuzufügen.

Technische Daten und Preis: Mauser HSr von German Sport Guns

Test-Fazit: Das kann die 22er Mauser HSr

Spaßfaktoren finden im deutschen Waffengesetz leider nicht statt. Und die Selbstverteidigung mit Schusswaffen scheint nur noch für Wenige (legal) realisierbar. Und aus der Bedürfnisschublade lassen sich nur ganz kleine und vereinzelte herausziehen, etwa ein Bedürfnis für eine 22er Pistole zur Fallenjagd. Ein Systemsammler könnte noch an der überaus reichen Ausstattung mit Sicherungssystemen Gefallen finden. Die glatte Kaufempfehlung für diese überraschend wertig wie technisch aufwendig ausgestattete KK-Pistole dürfte in Deutschland leider nur eine kleine Käuferschicht ansprechen – schade!

Text: Robert Riegel und Matthias S. Recktenwald

Dieser Test erschien auch in der VISIER 8/2024. Dort ist auch eine Schießtabelle mit den Ergebnissen von 5 Laborierungen enthalten. Sie können das Heft im VS Medien-Onlineshop kaufen. Es steht dort auch als ePaper zur Verfügung.

Weitere Informationen zur Mauser HSr, gibt es auf der Webseite vom Hersteller German Sport Guns (GSG).