Die G46 ist die Antwort von GLOCK aus Österreich auf die Technische Richtlinie (TR) für Dienstpistolen, an denen die Fabrikate für den regulären Polizeidienst in deutschen Landen nicht vorbeikommen. Sicherlich etwas spät, denn die meisten Bundesländer haben schon vor einiger Zeit neue Dienstpistolengenerationen beschafft. Nichtsdestotrotz konnte GLOCK aber zumindest noch in Sachsen-Anhalt punkten. Dort werden rund 8.600 Pistolen des Modells G46 bis zum Jahr 2021 an die Beamten und Beamtinnen ausgegeben. Das Gerücht hält sich hartnäckig, dass die TR der Polizei damals absichtlich so geschrieben wurde, dass der international höchst erfolgreiche "Klassenprimus" aus Österreich bisher außen vor bleiben musste.
Alles anders an der G46 aus dem Hause GLOCK
Ein Knackpunkt in der Technischen Richtlinie, an der GLOCK bisher scheiterte, ist die Tatsache, dass für die Zerlegung der Waffe diese über den Abzug abgeschlagen, also entspannt, werden muss. Was für geübte Schützen nach der Sicherheitsüberprüfung kein großes Manko darstellt, sieht man wohl bei der Polizei anders. Zumindest kann man so die Ausbildungsdoktrin verbreiten, dass der Abzug einzig und allein zur Schussauslösung genutzt wird. Das erklärt auch den auffälligen Mechanismus auf der Rückseite des Verschlusses, der für viele Gerüchte sorgte, als die ersten Bilder der G46 die Runde machten. Vom Feuerwahlschalter war da schnell die Rede, doch die nüchterne Wahrheit war mit der Entspannfunktion wesentlich einleuchtender, wenn auch emotionsloser. Natürlich lässt sich die Waffe erst entspannen, wenn der Verschluss ein Stück nach hinten gezogen wurde. Somit ist ein versehentliches Entspannen, beispielweise im Holster, gänzlich ausgeschlossen. Zum Zerlegen benötigt man auch noch einen kleinen, linkseitig am Griffstück angebrachten Hebel, wobei in diversen Internetforen schon mal gerne von einer manuellen Sicherung fabuliert wurde.
Drehlauf – alter Hut mit Potential in der GLOCK 46?
Wahres Neuland für GLOCK findet man dann auch im Inneren, wenn die Waffe zerlegt wird. Während alle anderen Pistolen des österreichischen Herstellers mit einer Browning-SIG-Pettern-Verriegelung funktionieren, basiert die G46 auf einem Drehlaufverschluss. Das hat allerdings nichts mit der Vorgabe der Technischen Richtlinie zu tun. Nach Aussagen der Firma GLOCK hat man dieses Prinzip schon länger ins Auge gefasst, da es eine tiefe Laufseelenachse verspricht. In der Vergangenheit gab es schon einige Hersteller die sich am Drehlaufprinzip versucht haben, wie etwa die B&T TSP, Colt All American, Beretta 8000 Cougar oder die Mauser M2, die mittlerweile allesamt vom Markt verschwunden sind. Aktuell findet man aber noch die italienische Beretta PX-4Storm sowie die slowakische Grand Power K100.
Auch wenn der geniale Erfinder John Moses Browning schon 1897 eine Pistole mit Drehlaufverschluss patentieren ließ, stand mit der Roth-Steyr 1907 die erste in "größeren" Stückzahlen produzierte Pistole mit Drehlaufverschluss zur Verfügung. Auch ein teilvorgespanntes Abzugssystem, wie es auch die GLOCK aufweist, ist hier schon zu finden. Eine recht interessante Pistole, die eindrucksvoll beweist, was zu dieser Zeit mit wesentlich beschränkteren Fertigungsmöglichkeiten schon möglich war. Somit schließt sich durch die Roth-Steyr-Pistole auch wieder unweigerlich der Kreis nach Österreich. Pistolen mit Drehlaufverschluss sagt man übrigens eine höhere Präzision nach, da der Lauf nicht wie beim Browning-SIG-Pettern abkippt und zurückläuft, sondern nur eine Drehbewegung vollzieht. Zudem sagt man dem Drehlaufverschluss einen hohen Verschleiß nach, gerade wenn die Verriegelungsfläche oder entsprechende Materialvergütungen nicht entsprechend gewählt wurden. Laut Herstellerangaben wurde die Verriegelungsfläche als auch das Verschlussmaterial optimiert. Die Zertifizierung beim Beschussamt Ulm ergab − laut der GLOCK − an drei Waffen mit je 10.000 Schuss höher geladener Einsatzmunition neben einwandfreier Funktion (insgesamt nur 5 Ladehemmungen) keinerlei Auffälligkeiten wie Risse, Beschädigungen oder messbaren Verschleiß.
Abzug nach Technischer Richtlinie – zweifelhafte Vorschrift?
Wer die G46 zum ersten Mal schießt, wird wohl von den Abzugsqualitäten nicht besonders angetan sein. Ein Blick in den Trigger Scan lässt sehr gut erkennen, dass wir rund 3.900 g Abzugsgewicht und rund 15 mm Weg brauchten, um den Abzug auszulösen. Aber so sieht es leider die Technische Richtlinie vor, die einen Abzugswiderstand von mindestens 30 N vorschreibt, was einem Abzugsgewicht von etwa 2.950 g entspricht. Auch der Abzugsweg für den ersten Schuss liegt nach der TR zwischen 10-15 mm, zumindest für die erste Schussauslösung. Da wir gerade bei den Vorschriften sind, soll noch erwähnt werden, dass der Rückstellweg ("Reset") mindestens 4 mm betragen muss. Ob man es damit den Nutzern unbedingt leicht macht, das Ziel zu treffen oder eher den Umgang mit der Pistole sicherer macht, sei einmal dahingestellt. Eine eher rhetorische Frage für die Hersteller oder Anwender, die das einfach als gegeben hinnehmen müssen. Optional bietet GLOCK aber die G46 auch mit 2,5 kg- Abzugsgewicht und verkürztem Abzugsweg an. Auch wenn die GLOCK 46 etwas aufwendiger erscheint, so hat man darauf geachtet, nach GLOCK-Philosophie mit möglichst wenigen Einzelteilen auszukommen. So besteht der neueste Spross aus Deutsch-Wagram aus 37 Einzelteilen und somit gerade aus einmal 3 mehr als eine G19. Wer sich übrigens tiefer mit der G46 und ihrem Drehlaufsystem beschäftigen möchte, der kann sich ja einmal das veröffentlichte Patent EP 3179193A1, genauer anschauen. Für den Einschlag des Schlagbolzens in den Kupferstauchzylinder mittels der von der Firma Triebel zur Verfügung gestellten Inert-Gauge ermittelten wir einen Wert von 0,36 mm bei einem nahezu perfektmittigen Einschlag. Die TR schreibt hier übrigens einen Wert von mindestens 0,3 mm bei einer maximalen Exzentrizität von 0,2 mm vor.
GLOCK 46 im Detail und Vergleich
Die G46 entspricht in ihrer Größe ziemlich genau der G19, somit fasst das Magazin 15 Patronen. Beim Griffstück fällt sofort der bereits von Hause aus langgezogene Griffsporn auf. Die extrem abriebfeste nDLC-Beschichtung (Diamond like Carbon) die in der 5. Generation zum Standard wurde, ist auch bei dieser Behördenvariante zu finden. Der Magazinknopf ist für Linkshänder umsteckbar, der Verschlussfanghebel ist wie bei der GLOCK Gen5 auf beiden Seiten zu finden. Der 100 mm lange Lauf weist das neue GLOCK Marksman Barrel (GMB)-Laufprofil auf, das eine höhere Präzision versprechen soll. Der Schlagbolzen, der früher mit seiner eigenwilligen Lanzenform bis zur Gen4 zu finden war, ist nun auch der runden Form gewichen. Unsere Testwaffe kam mit der starren Visierung aus Metall, die über nachleuchtende Punkte verfügt.
Auf dem Schießstand mit der GLOCK 46:
Den ersten Kontakt auf dem Schießstand konnten wir am Geburtsort der G46 bei GLOCK vornehmen. Einer Einladung nach Deutsch-Wagram folgend, die mit einer technischen Unterweisung begann, endete schließlich im hauseigenen Schießstand. Hier konnten wir die G46 mit reichlich RUAG Action 4-Munition schießen und das zudem wechselseitig mit der G19. Und in der Tat, die G46 schien sich auf Anhieb geringfügig etwas ruhiger im Schuss zu verhalten. An den 26 g Mehrgewicht zur G19 dürfte es kaum gelegen haben. Scheinbar hat hier der Drehlauf doch einen positiven Einfluss im Schussverhalten. Zu Hause angekommen, sollte dann noch die Präzisionsüberprüfung folgen. Da es sich bei der G46 zweifelsohne um eine Kompaktpistole handelt, wählten wir für die Schussleistungsüberprüfung die 15-m-Distanz unter Zuhilfenahme der Sandsackauflage. Zur Anwendung kamen diesmal 7 Laborierungen, darunter 4 Fabrikpatronen, die wie die Pistole TR-zertifiziert sind. Das beste Ergebnis im Mittel aus zwei 5-Schuss-Streukreisen erreichte die RUAG Action 5-Munition mit dem 94 Grains schweren Massivgeschoss mit 24 mm. Der zweite Rang in der Präzisionswertung blieb im gleichen Stall, die zertifizierten Patronen RUAG Action 4 und SeCa lagen mit 33 mm gleich auf. Danach folgte die mit 89 Grains relativ leichte MEN Quick Defence mit 38 mm, die es zudem mit 511 J auf den höchsten Energiewert aller Testpatronen brachte. Der Durchschnitt aller Laborierungen lag bei 39 mm. Auch bei den weiteren dynamischen Drills erlaubte sich die G46 keine Funktionsstörungen.
Fazit zur neuen GLOCK Polizei in Sachsen-Anhalt
GLOCK hat wohl keine Kosten und Mühen gescheut, um eine Pistole zu entwickeln, die speziell für die eigenwillige und nur in Deutschland wichtige TR-Richtlinie erschaffen wurde. Für den zivilen Anwender steht die Waffe derzeit nicht zur Verfügung. Schade, da die G46 mit dem 2,5 kg Abzug mit kürzerem Abzugsweg aufgrund ihres Schießverhaltens nicht nur für technisch interessierte eine spannende Option ist. Man darf sicher gespannt sein, was aus der österreichischen Pistolenschmiede in Zukunft noch zu erwarten ist, denn schließlich ist ja mit der G44 noch ein weißer Fleck im Produktportfolio, das jetzt schon bis zur Ordnungszahl 48 reicht.
Weitere Informationen zu Pistolen von GLOCK gibt es auf der
Internetseite des Unternehmens.
all4shooters.com hat auch die
Pistolen aller deutschen Polizeien vorgestellt.