Was haben Revolver in 9 mm Luger und Anschlagschäfte für Pistolen gemeinsam? Beide konnten sich über viele Jahrzehnte nie richtig durchsetzen und sind trotzdem nicht totzukriegen. Weil die Munitionspreise im Kaliber .38 Special/. 357 Magnum gegenüber der dominanteren, günstigeren 9 mm Luger immer weiter auseinanderdriften, verschafft das der Pistolenpatrone einen deutlichen Vorteil. Die Idee, diese randlose Patrone in einen Revolver zu implantieren ist hingegen nicht neu. Smith & Wesson, Ruger, Taurus, Manurhin und Korth haben oder hatten zumindest ein Modell respektive eine Wechseltrommel im Programm, wobei das 9x19-Revolverprojekt oftmals wieder verworfen wurde. Die neueste Idee, der universellen Patrone im Revolver auf die Beine zu verhelfen, stammt von Thomas Spohr. Er fertigt eine Wechseltrommel für den recht jungen RLrange-Matchrevolver in .357 Magnum. Zudem kann der neue Matchrevolver im umfangreichen Konfigurator aber auch gleich in diesem Kaliber bestellt werden. Das ist dann vor allen Dingen für denjenigen interessant, der zu seinen Pistolen in 9 mm Luger einen passenden Revolver sucht und somit die Logistik kleiner halten kann. Die nicht kannelierte Trommel passt natürlich auch in den nahe baugleichen, günstigeren Spohr L562.
Eigentlich schlechte Voraussetzungen für Revolver in 9 mm Luger
Weil Revolver fast ausnahmslos sportlich genutzt werden, ist das Thema Präzision untrennbar mit der Verwendbarkeit verbunden. In Disziplinen, in denen die Präzisionsanforderungen nicht so hoch ausfallen, wie etwa IPSC, Steel Challenge oder Fallplatte, genießen die 9-mm-Revolver – meist als 8-Schüsser – schon eine gewisse Reputation. Wer mehr Wert auf Präzision legt, wurde oftmals enttäuscht oder muss viel Zeit in Ausprobieren oder Handlaborierungen stecken, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Fairerweise muss man sagen, hat es die 9 mm Luger aus dem Revolver nicht ganz leicht. Eine möglichst genaue Fluchtung von Trommelausgang und Übergangskonus sind wie bei den klassischen Revolverpatronen für die Präzision entscheidend. Nicht weniger wichtig dürfte der Durchmesser der Trommelbohrung sein, der ja schließlich das Geschoss bis zum Einpressen in den Übergangskonus führt. Zudem schlägt das Geschoss sehr viel schneller auf den Übergangskonus auf als beim sehr viel kürzeren Weg in einem Pistolen- oder Gewehrlauf. Wenn es nicht zentrisch durch den zu weiten Trommelausgang ankommt, dürfte die Präzision dahin sein. Bei unserer Wechseltrommel maß der Ausgang nur 9,04 Millimeter, sodass ein Geschoss mit .355"/9,02 Millimetern gerade einmal 0,02 Millimeter Spiel hat. Ein .356"-Geschoss, wie es bei einigen Herstellern durchaus vorkommt, geht hier dann saugend oder leicht unterkalibriert durch. Eine gute Ausgangsvoraussetzung also.
Der Club 30 RLrange in 9mm Luger: Und die Verbände?
Der BDS hat der Verwendung der 9 mm Luger im Revolver schon lange Rechnung getragen. Lediglich unser Modell kollidiert etwas mit dem 1.400-Gramm-Obergewicht in den Standard- oder Mehrdistanzdisziplinen. Das lässt sich aber bei der Zusammenstellung des Wunschrevolvers im Konfigurator im Blick behalten. In den Fallscheiben- oder Speed-Disziplinen ist aber bei der Testwaffe hinsichtlich des Gewichts noch genug Luft nach oben. Der DSB sieht das etwas anders und klassfiziert Revolver nur in den Kalibern .357 und .44 Magnum. Trotzdem braucht man den 9x19-Revolver nicht ins sprichwörtliche Korn zu werfen. Als günstige Trainingsergänzung zur .357 Magnum ist er immer noch legitim. Und wer die entsprechende Grundwaffe besitzt, kann die dazugehörige Wechseltrommel, analog zum Wechselsystem bei der Pistole, bedürfnisfrei dazu erwerben.
Übrigens wird unsere Trommel mit Clips geladen, was sich gerade in dynamischen Action-Schießsportarten etabliert hat. Allerdings sollten mögliche Besitzer über ein entsprechendes Werkzeug nachdenken, um die leeren Hülsen aus dem Clip zu befördern. Das gibt es beispielsweise bei Brownells. Man kann aber auch ein entsprechendes Rohr zurechtfeilen, dessen Absatz dann die Hülsen heraushebelt, oder auch mal zur Spitzzange greifen. Wer noch ein bisschen wartet, wird aber bald ein Multitool im Club 30 bekommen, mit denen sich die Clips laden und entladen lassen. Man darf also gespannt sein. Mit den Fingern sollte man die Hülsen allerdings nicht herausziehen. Es besteht die Gefahr, dass die Hülse, zwangsläufig im oberen Bereich gegriffen, über den langen Hebelweg den 0,5 Millimeter dicken Clip verbiegt. Und das führt dann unweigerlich zu Funktionsstörungen. Wer nicht wiederlädt, kann einen gewissen Preisvorteil aus der Wechseltrommel herausholen. Mit rund 10-15 Cent Preisunterschied pro Schuss zur .357 Magnum, braucht es allerdings 6-8.000 Schuss bis sich die 849 Euro für den 9x19-Zylinder inklusive der fünf Clips amortisiert haben.
Test auf dem Schießstand mit dem RLrange des Club 30 mit der 9mm-Wechseltrommel
Zehn Laborierungen im Geschossgewichtsbereich von 115 bis 150 Grains sollten den Weg in die Pappe finden. Von Thomas Spohr erfuhren wir, dass er die besten Ergebnisse mit den schweren Laborierungen erzielen konnte. Und das zeigte sich auch bei unserem 25-Meter-Test. Das Topresultat von 26 mm realisierten wir mit der knackig geladenen Winchester 147 Grains JHP. Der Durchschnitt aller Laborierungen lag bei 47 mm. Somit kann man dem RLrange in 9 mm Luger mit einigen Laborierungen durchaus Matchqualitäten bescheinigen. Allerdings werden wir nach all unseren Erfahrungen der letzten Jahre das Gefühl nicht los, das die fast 120 Jahre alte Patrone im Revolver sensibler reagiert als in der Pistole oder dem Gewehr. Deshalb sollte man auch hier seine auserwählten Laborierungen besser einmal persönlich austesten.
Alle Daten zum Club 30 RLrange mit Wechseltrommel in 9mm Luger in der Übersicht
Hersteller: | Club 30 |
Modell: | RLrange |
Kaliber: | .357 Magnum |
Trommelkapazität: | 6 Patronen |
Lauflänge/ -profil: | 152 mm, 12-Flächen-Polygon |
Dralllänge/Zug-Felddiameter: | 1-300 mm/keine Messung |
Trommellänge/-durchmesser: | 41,3 mm/39,7 mm |
Trommelspalt: | 0,1 mm |
Trommelausgang: | 9,12 mm |
Kimme: | 3,05 mm, LPA-Mikrometerkimme, quergeriffelt |
Korn: | 3,50 mm, Targetkorn |
Visierlänge: | 208 mm |
Abzugssystem, -gewicht*: | DA: 3.835-3.939 Gramm, Mittelwert: 3.887 Gramm, SA: 1.084-1.114 Gramm, Mittelwert: 1.096 Gramm Zündverzugszeit: 7 ms (SA) |
Gesamtgewicht: | 1.466 Gramm |
Maße (HxBxL): | 293x40x156 mm |
Extras: | Hartschalenkoffer |
Preis: | ab 2.974,- Euro/ Wechseltrommel 849,- Euro inkl. 5 Clips |
* Mittel aus 10 Messungen mit dem Trigger Scan System |
Spohr-Wechseltrommel für den RLrange: Unser Fazit
Wer nicht unbedingt die .357 Magnum braucht, kann den RLrange auch in 9 mm Luger bestellen und somit von der günstigeren Munition und der breiten Auswahl an Fabrikmunition profitieren. Die Wechseltrommel kann ebenfalls eine interessante Option für Training oder Wettkampf sein, zumal sie in Deutschland leicht zu erwerben ist.
Das hat uns gut gefallen: | Das fanden wir weniger gut: |
Matchtaugliche Präzision | - |
Als Komplettwaffe oder als Wechseltrommel | |
Sparpotenzial bei hohem Munitionsverbrauch |
Dieser Test erschien zuerst in der caliber, Ausgabe 06/2021. Dort sind auch alle Schießergebnisse mit Fabrik- und Handladungen enthalten. Das Heft können sie als Print- sowie als Digitalausgabe im VS Medien-Onlineshop erwerben.
Weitere Informationen zum RLrange und der Wechseltrommel im Kaliber 9 mm Luger, gibt es beim Club 30 Germany.