Inzwischen sind die über den Hamburger Großhändler Huntex GmbH aus der Türker importierten Canik-Pistolen längst keine Unbekannten mehr auf dem deutschen Markt und haben sich in puncto Qualität und Preis-Leistungs-Verhältnis einen Namen gemacht. Daher haben wir uns die noch recht jungen Modelle Canik METE SFT und SFX in 9 mm Luger für Sie einmal näher angeschaut. Nach dem Öffnen der relativ groß ausgelegten Pistolenkoffer fällt der Blick erst einmal auf die farblich passenden Holster, in denen die Canik METE SFX oder die etwas kürzere SFT stecken. Zur vollen Bezeichnung der beiden Testwaffen fehlen noch die Abkürzungen FDE, für Flat Dark Earth, den beige-braunen Farbton der Griffstücke, und OR für die als Optics Ready bezeichnete Ausfräsung des Verschlusses, in der ein Rotpunkt-Visier seinen Platz finden kann. Doch das sind eher Feinheiten, die später bemerkt werden. Denn nachdem das Wundern über die im Holster steckenden Pistolen vorbei ist, realisiert man, dass der Pistolenkoffer mehrlagig aufgebaut ist. Unter der Abdeckung, auf welcher das Kuvert der Bedienungsanleitung klebt, liegt weiteres Zubehör. Sofort greift man zu einem kleinen Modell-Pistölchen. Nein, das ist (leider) kein Knallplättchen-Schreck für den Nachwuchs. Im Inneren klappert es, das signalisiert einigen Inhalt. Dieser verbirgt sich sinnigerweise im Griffstück der Pistolenminiatur. Deren "Magazinboden" lässt sich verschieben, und schon purzeln einige hochwertig wirkende Bits und Schrauben heraus. Die Bits passen in die "Mündung" des als Handhabe dienenden Pistolenminiatur. Die Schrauben sind für die Befestigung der für die Canik METE-Modelle vorgesehenen Rotpunkt-Visiere bestimmt. Auch die erforderlichen Adapterplatten sind schon im Lieferumfang enthalten, davon aber später mehr.
Canik METE SFT und SFX mit viel Zubehör im praktischen Koffer
Mutet die "Bit-Pistole" etwas verspielt an, signalisiert der über zehn Zentimeter lange Griff des darüber liegenden Splinttreibers, dass dieses Werkzeug einiges abkann. Der Treiber wird benötigt, um den Spannstift auszutreiben, der den Griffrücken hält. Ein Wechsel-Griffrücken gehört zur Werksausstattung. Um den ebenfalls im Lieferumfang enthaltenen Magazintrichter an seinen Platz am Griffstück zu setzen, bedarf es der Minipistole, dem T10-Torx-Bit und dem passenden Schräubchen. Spätestens beim Hantieren fällt auf, dass der Magazintrichter aus farblich passend eloxiertem Aluminium besteht. Da Canik bei den Magazinen nicht auf Kunststoff, sondern Stahlblech setzt, eine durchaus bessere Wahl. So bleibt auch nach häufigen, schnellen Wechseln der Trichtereingang glatt, ohne Kratzer. Der Magazintrichter bietet sich beim Wechsel auf das Ersatzmagazin durchaus an, da dieses mit einem größeren (Hohl)Boden ausgestattet ist. Damit fasst es 20 statt 18 Patronen. Die letzten lassen sich mit der, ja, schon wieder, im Lieferumfang enthaltenen Ladehilfe deutlich leichter laden. Canik verwendet Mec.Gar-Magazine, eher ein Zeichen von Vernunft als Unfähigkeit. Denn dieser führende Magazinhersteller hat schon vor über fünfzig Jahren verstanden, warum die meisten Störungen bei Selbstladewaffen vom Magazin ausgehen, und zieht mit einer entsprechend zuverlässigen Fertigung seine Konsequenzen.
Unter der Marke Mecanik bietet Canik eigene Red Dot Sights an
Canik bietet unter dem Handelsnamen Mecanik eine eigene Linie von Rotpunkt-Visieren an. Auf unsere Testwaffen passt nur eines der kleinen Baureihe der Mecanik-Visiere, das Modell MO1, ein sogenanntes Micro Red Dot Sight (MRDS) mit einem Rotpunkt von 3 MOA Durchmesser. Das Visier benötigt zur Montage eine Adapterplatte (im Lieferumfang). Damit kommen wir zum aufpreispflichtigen Zubehör. Das Mecanik MO1 kostet 269,- Euro. Es wurde von uns auf die METE SFT montiert.
Ähnlich zierlich gefertigt, und mit 270,- Euro fast gleich teuer, kam das brandneue Rotpunkt-Visier Mini Micro OT-RDM16 von UTG auf die etwas längere METE SFX.Auch dieses Modell setzt auf einen 3-MOA-Punkt. Beide MRDS ermöglichen durch die niedrige Bauhöhe, bei Ausfall des Rotpunktes die "analoge" Visierung durch die Linse hindurch zu nutzen. Das scheint etwas knapp geraten, funktioniert aber durchaus. Eine angenehme Nebenerscheinung: Beim Voreinstellen kann der Rotpunkt schon auf die Dämmerungsmarke am Korn einjustiert werden. Damit fallen, je nach Laborierung, in der Regel nur noch geringe Höheneinstellungen an, die Seite passt immer. Die Linse des Mecanik MO1 ist bei nahezu gleicher Breite etwa zwei Millimeter höher als die der Reflexvisierung von UTG. Ansonsten funktionieren beide ähnlich, es sind "Käppchenträger", verfügen also weder über Ein- und Ausschalter noch über eine manuelle Leuchtstärke-Regulierung.
Die Vorteile der von HUNTEX importierten Canik Mete SFX und SFT
Es existiert ein bissiger Spruch, dass viel Zubehör meist zu nur mager ausgestatteten Produkten angeboten wird. Der mag oft seine Richtigkeit haben, gilt aber nicht für die Canik-Pistolen. Wer einmal den Magazinauslöser umsteckt, hat eine vollwertige, rechts- wie linkshand-taugliche Pistole. Der Schlittenfanghebel ist wie die Demontagewippe auch beidseitig ausgelegt. Handhabehilfen zum Spannen des Verschlusses sind am guten wie am bösen Ende des Verschlusses angebracht, die Ergonomie des Griffstücks überzeugt, die gesamte Waffe wirkt im Zusammenspiel ihrer Teile wertig und aufgeräumt, sprich nicht mit Design-Tinnef belastet. Ästheten werden sich über eine sichtbare Gussnaht am Griffstück mokieren. Aber das war auch schon alles, und da es weiter nichts zu meckern gibt, fehlen diesem Artikel die Plus/Minus-Kästen. Zwangsläufig wird an redaktionellen Neuzugängen (meist sofort) der Abzug überprüft. An den Canik wieder und wieder − hier das Resultat in Zahlen: Zwischen 1900 und 2000 Gramm, dann lösen sie aus. Für ein Schlagbolzenschloss ein sehr niedriger Wert. Und dann die Charakteristik: Es fehlt kaum etwas zum viel zitierten "Match-Abzug". Der außergewöhnlich klar definierte Druckpunkt gehört zum Besten, was wir bei dieser Pistolengattung ab Werk jemals in der Hand, respektive am Zeigefinger hatten. Klar definiert, so gut wie kein Kratzen, und schon ist der Schuss weg. Muskel- wie Neuronengedächtnis unserer älteren Teammitglieder erinnerten die brillante Charakteristik beim Auslösen des Abzuges an einer Heckler & Koch P7M8 oder P7M13, aber ohne die vor dem Schuss erforderliche Quetschkommode des HK-Griffspanners. Sobald das Schloss der Canik ausgelöst wird, verschwindet der zur Signalwirkung leicht verlängerte Schlagbolzen aus seiner trichterförmigen Fassung am Verschlussende. Optisch wie haptisch ist dieses Sicherheitsmerkmal so leicht wahrzunehmen wie die zusätzliche Anzeige, ob eine Patrone im Lager steckt. Der Ladestandanzeiger findet sich oben auf dem Verschluss. Es handelt sich also um eine eigene Sicherheitsvorrichtung, die unabhängig von der rechts seitlich sitzenden, zu dieser Anzeigefunktion oftmals herangezogenen Auszieherkralle angebracht wird. Eine nicht sichtbare, aber umso bedeutendere Sicherheits-Vorkehrung der Canik wird beim Zerlegen offensichtlich. Der Verschluss wird zwecks Demontage nur wenige Millimeter nach hinten gezogen. Wird dann die Zerlegewippe betätigt, reicht ein leichter Druck nach vorn, und der Verschluss gleitet vom Griffstück. Dabei wird weder das Schloss gespannt, noch muss der Finger den Abzug betätigen.
Test: Die Canik METE SFT und SFX in 9 mm auf dem Schießstand
Ganz weit unten, in einem extra dafür vorgesehenen Safe-Methusalem, da liegen sie: die teilweise nicht unerheblichen Reste längst nicht mehr auf dem Markt befindlicher Munition. Alte Surplus-Patronen im Kaliber 9 mm Luger, solche von Barnaul, noch mit Stahlhülse, oder die auch schon vor langer Zeit beliebten, sehr günstigen "Schütten" von Sellier & Bellot. Die mit dem satt rot überpinseltem Zündhütchen der Sorte "Extra hart" − sie zündeten alle. Auch bei bewusst vorsichtigem Abziehen. Die Streukreise passten zwar nicht in die Tabellen, aber: Die Caniks knacken offensichtlich auch als kritisch geltende, härtere Zündhütchen. Wenn schon eine Schulterstütze zur Verfügung steht, sollte auch auf etwas längere Distanz getestet werden. 50 Meter sind eigentlich die Distanz der Verbände, welche Disziplinen für Karabiner in Pistolenkalibern anbieten. Dafür schien jedoch die Top-Abzugscharakteristik der Canik eher angemessen als die 25 Meter, welche üblicherweise für Disziplinen gelten, die von Verbänden für "Pistole mit Anschlagschaft" ausgeschrieben werden. Die aus der Schulterstütze resultierende Ergonomie der Canik METE TP9 SFX erlaubte eine etwas komprimierte, aber dennoch ausreichend unterstützte Position aus einer Gewehrauflage. Über den Rotpunkt geschossen hielten die meisten Laborierungen sogar den Zehnerring der ISSF-Präzisionsscheibe. Ganz entgegen den Erwartungen "ging" die Schulterstütze auch bei etwas festerem Einziehen nicht zur Seite weg. Das Ganze, im Handumdrehen ansteckbare Konstrukt wirkte durchaus vertrauenerweckend stabil. Störungen oder Auffälligkeiten? Keine Spur davon.
Auf 25 Meter kam die Canik METE TP9 SFT zum Einsatz. Aber ohne Schulterstütze, und eingelegt in einen Heymann-Guntester. Abgesehen von einigen beeindruckenden Einzelergebnissen spricht auch der nur 35 Millimeter große Mittelwert der Streukreise für sich. Da die Tests mit den gleichen Munitionssorten vorgenommen wurden, gab es noch eine Erkenntnis: Rund zwei Zentimeter Unterschied der Lauflänge bewirken hinsichtlich der Mündungsgeschwindigkeit kaum etwas. Der größere mittlere Streukreis auf 50 Meter Distanz ist wahrscheinlich weniger der Kombination von Waffe und Munition geschuldet, als der nicht manuell dimmbaren Leuchtstärke der Rotpunkte der beiden Testvisiere. Deren Automatik setzt das auf den Sensor einwirkende Umgebungslicht gleich mit dem Helligkeitswert im Zielbereich. Aber der ist auf geschlossenen Schießständen selten gleich, sodass beide Visiere zum Überstrahlen neigten. Auf 25 Meter waren diese Effekte dagegen kaum noch wahrnehmbar. Beide Reflexvisiere haben einen Punkt von 3 MOA. Der Leuchtpunkt verdeckt wie ein normales Absehen einen Teil des Ziels. Dieser überstrahlte Bereich liegt bis 50 Meter noch etwas unter 50 mm, bei 100 Meter Entfernung sind es schon etwas über 100 mm, die der Rotpunkt vom Ziel verdeckt. Wer also mit einem Rotpunktvisier weiter als 25 Meter schießen und ein kleines Ziel genau treffen will, sollte unbedingt bei kleinen Punktgrößen bleiben. Für Schnellschüsse auf kurze Entfernungen angebotene Reflexvisiere haben Punktgrößen von 6 oder 7 MOA, damit werden schon auf 50 Meter über 10 Zentimeter verdeckt. Freihand, ohne Schulterstütze geschossen, zeigte sich zwischen beiden Modellen kein spürbarer Unterschied.
Technische Daten und Preis der Canik METE SFT und SFX
Modell | Canik METE SFT FDE OR | Canik METE SFX FDE OR |
Preis: | 699,- Euro | 799,- Euro |
Kaliber: | 9 mm Luger | 9 mm Luger |
Kapazität: | 18 / 20 + 1 Patronen | 18 / 20 + 1 Patronen |
Abmessungen (L x B x H): | 192 x 36 x 146 mm | 211 x 36 x 146 mm |
Lauflänge: | 144 mm | 132 mm |
Dralllänge: | 250 mm | 250 mm |
Abzugsgewicht: | ca. 1900 g | ca. 1900 g |
Gewicht: | ca. 790 g | ca. 835 g |
Ausführung: | Links- Rechtstauglich nach Umstecken des Magazinauslösers | Links- Rechtstauglich nach Umstecken des Magazinauslösers |
Ausstattung: | OR-Verschluss, Ersatzmagazin (20 Patronen), Ladehilfe, Holster, Magazintrichter, Wechselgriffrücken, Adapter- platte für Rotpunkt-Visier, hochwertiges Werkzeug, Putzzeug, Hartschalenkoffer. | OR-Verschluss, Ersatzmagazin (20 Patronen), Ladehilfe, Holster, Magazintrichter, Wechselgriffrücken, Adapterplatte für Rotpunkt-Visier, hochwertiges Werkzeug, Putzzeug, Hartschalenkoffer. |
Unser Test-Fazit zur der Canik METE SFX und SFT
Sie werden es schwer haben. Nicht die von Canik, aber andere, ähnliche Produkte. Canik fertigt Top-Qualität, in vieler Hinsicht technisch verbesserte Waffen, und diese mit Zubehör, das für solche Preise wohl noch lange seinesgleichen suchen wird. Wer nun meint, wer später kommt, kann prima abgucken, hat teilweise recht. Aber Canik hat nicht nur abgeguckt. Für den Anschlagschaft zahlt Canik zum Beispiel Lizenzgebühren an Wilhelm Bubits. Und etwas abgucken, aber danach zu verbessern und zu solchen Preisen zu vermarkten, das ist schon eine deutliche Ansage an die etablierten Hersteller.
Mehr über die Pistolen der METE-Baureihe finden Sie auf dieser englischsprachigen Internetseite von Hersteller Canik.
Weitere Informationen zum Canik-Importeur HUNTEX GmbH und seinem Portfolio finden Sie hier auf seiner Unternehmens-Webseite.
Die genaue Schussleistung der Canik Mete SFX und SFT können Sie in der detaillierten Tabelle in VISIER 01/2023 nachlesen. Dort finden Sie auch weitere Informationen zu noch mehr optionalen Zubehörteilen. Das Heft können Sie auch als ePaper – hier im VS Medien-Onlineshop kaufen.