Auch wenn das dynamische Schießen einen großen Reiz ausübt, ist ein Großteil der Schützen doch im statischen Präzisionsschießen verwurzelt. Hier spielen die sogenannten „Longslides“ – also Pistolen mit 6“/152-mm-Lauf – und entsprechender Verschlusslänge, die erste Geige. Neben Klassikern, wie der Colt Government of 1911-A1, Heckler & Koch P9S oder SIG P210 in für den Sport oftmals modifizierten Ausführungen, ist in diesem Metier auch die tschechische Ganzstahlpistole CZ 75 äußerst beliebt. So schicken beispielsweise die Großhandelsunternehmen Frankonia die Taipan oder AKAH die CZ 75 SP01 6.1 ins Rennen.
Der Pionier auf diesem Gebiet ist aber zweifelsohne der aus Österreich stammende Büchsenmachermeister Kurt Tschofen, von der bereits 1964 gegründeten Firma Waffen Oschatz aus Stuttgart, die er 1991 übernahm. Die erste modifizierte CZ-75-Ausführung Sport I erschien bereits Mitte der 1990er Jahre und wies einen 6“/152-mm-Lauf mit originaler Verschlusslänge und einem Kornträger auf. Um die Jahrtausendwende erblickte die CZ 75 Sport II das Licht der Welt, die aufgrund des nun einteiligen Langverschlusses mit 6“/152-mm-Matchlauf hinsichtlich Demontage, Wartung und Reinigung nun noch handhabungsfreundlicher war. Zur Verbesserung der Präzision besaß sie eine mündungsseitige Laufführungsbuchse im 1911er-Stil. Recht früh erkannte man bei den sparsamen Schwaben schon den Nutzen einer Kleinkaliber-Ausführung mit 6“/152-mm-Lauflänge, die den Namen Sport III tragen sollte. Das Sondermodell CZ 75 Viper kann man bei B&H Waffenhandel kaufen. Das Unternehmen wartet mit einem ansehnlichen Komplettprogramm auf, das Matchpistolen auf technischer Basis des tschechischen Klassikers CZ 75 vom Originalhersteller sowie von Waffen Oschatz, Frankonia Pro Tuning oder AKAH Tuning umfasst. Bei Jens Busch und seinem Team sind Sie in guten Händen.
Die über B&H Waffenhandel erhältliche Testwaffe CZ 75 Viper im Detail. Was ist an diesem Sondermodell anders?
Bekanntermaßen bildet das Fundament der CZ 75 Viper Matchpistolenfamilie das CZ 75 SP-01 Shadow-Griffstück. Es offeriert durch sein massives, mündungslanges Schließfedergehäuse (Dust Cover) mit Picatinny-Montageschiene mehr Gewicht und Vorderlastigkeit als der CZ 75-Standardrahmen. Der aus eigener Herstellung stammende lange Sportverschluss wird mit viel Sachverstand, Handarbeit und Minimaltoleranzen von Kurt Tschofen auf das Griffstück gesetzt. Zusammen mit dem sauber angepassten 6“-Matchlauf mit Führungsbuchse entsteht eine Großkaliber-Sportpistole, die minimalistische Streukreise verheißt.
Dazu gesellt sich dann das Sport III Kleinkaliber-Wechselsystem, um das sportliche Komplettpaket perfekt zu machen. Das .22er-Oberteil von Waffen Oschatz auf Basis des CZ 75 Kadet-2-Systems besteht ganz aus Stahl und ist über den eigenen Verschlussfanghebel griffstückfest verbunden. Das bewegliche, kurze Verschlussstück in der Heckpartie arbeitet als simpler Massenträgheitsverschluss. Weil kein schwerer Vollverschluss in Bewegung gesetzt werden muss, lässt sich auch günstigere Standardmunition und nicht ausschließlich HV-Munition nutzen. Zudem findet sich in der leicht angedeuteten Visierschiene eine Schnittstelle für eine hauseigene Klemmmontage. Auf der Oberseite steht dann entweder ein Weaver-Profil oder alternativ der Fußabdruck für ein Noblex/Docter beziehungsweise C-More-Minileuchtpunktvisier zur Verfügung. Wer ein möglichst identisches Training mit Zentral- und Randfeuerpistole betreiben möchte, kann von der baugleichen Visierung profitieren. Auf beiden Verschlüssen sitzt ein volljustierbares Mikrometervisier mit hinterschnittenem Scheibenkorn. Und auch vom Gewicht liegt man fast gleichauf, mit dem KK-System wiegt die Waffe sogar 80 Gramm mehr. Apropos Gewicht, das Gewichtslimit von 1.300 Gramm nach BDS-Regelwerk wird mit der Toleranz von ±1% ausgereizt, nur noch drei Gramm bleiben nach oben. Mit den balligen Holzgriffschalen, die es für 100,- Euro als Option gibt, liegt man erstaunlicherweise sogar noch weiter drunter.
B&H offeriert die sportliche Viper mit Single-Action- und Spannabzugssystem, wobei letztere interessant wäre, wenn man beispielsweise auch in der IPSC Production Division mitmischen möchte. Dann braucht es nur das Wechselsystem der CZ 75 Shadow in 9 mm Luger, das B&H zum Spottpreis von 399,- Euro anbietet. Ob die etwas teurere, reinrassige Single-Action-Pistole bessere Abzugsqualitäten besitzt, ist schwierig zu beantworten. Denn bei vorgespanntem Hammer löste unsere Double-Action-Testwaffe im Single-Action-Modus sauber bei rund 1.050 Gramm aus. Das konnte die Single-Action-Vergleichstestwaffe mit der flacheren Abzugszunge nicht besser machen, löste der Abzug doch bei 1.150 Gramm bei rund vier Millimeter kürzerem Vorzugsweg aus. Der Vollständigkeit halber soll noch erwähnt werden, dass der Double-Action mit einem kurzen, steilen Gewichtsanstieg bei angenehmen 3.800 Gramm auslöste.
Ob sich die Anschaffung eines Kleinkaliber-Wechselsystems finanziell lohnt, ist abhängig von der Schusszahl und ob man die 9x19 wiederlädt. Wenn man kein Wiederlader ist, schießt man mit der Randfeuerpatrone etwa zu einem 1/3 des Preises der 9 mm Luger. Bei 1.000 Schuss sind das etwa 170 Euro Einsparpotential. Wie lange es dauert, bis der Kauf sich amortisiert hat, hängt natürlich vom individuellen Trainingsfleiß ab. Dessen ungeachtet, lassen sich mit dem zusätzlichen KK-System mehr Disziplinen abdecken oder gar der jugendliche Nachwuchs an den Schießsport heranführen. Bei nur einem Griffstück mit mehreren Wechselsystemen muss auch nur einmal in eine teure Griffstücküberarbeitung (Griffschalen, Abzugstuning, Bedienelemente) investiert werden. Sollte allerdings mal etwas am/im Griffstück defekt sein, ist man im Vergleich zu mehreren Komplettwaffen natürlich bis zur Reparatur kaliberübergreifend aufgeschmissen.
Praxistest: Mit der CZ 75 Viper auf dem Schießstand mit 10 Laborierungen
Zur Schussleistungsüberprüfung wählten wir im Kaliber 9 mm Luger zehn Laborierungen von 115 bis 147 Grains. Die Viper erbrachte ihr bestes Ergebnis mit der Norma 124 Grains Safeguard mit hervorragenden 20 mm. Nur unwesentlich schlechter schnitt die GECO 124 Grains Vollmantel mit 26 mm ab. Wir montierten das kurze Shadow-Wechselsystem in 9x19 auf das Griffstück, um es mit den identischen Munitionssorten auf Präzision zu überprüfen. Große Erwartungen an kleine Streukreise hegten wir keine, denn der Verschluss saß mit deutlichem Spiel auf dem Griffstück. Analog zum langen Oberteil schmeckte dem Wechselsystem die 124 Grains Norma Safeguard mit 48 mm. Danach folgte die PPU 124 Grains FMJ mit 55 mm. Von der Sandsackauflage könnten sich da vielleicht noch bessere Ergebnisse realisieren lassen, weil hier die Griffstück-Verschlusspassungen nicht ins Gewicht fallen.
Wir beließen es dabei und widmeten uns dem Randfeuer-Wechselsystem. Die Magazine lassen sich bis zum maximalen Füllstand von zehn Patronen gut befüllen, auch wenn man den Zubringer von außen nicht runterziehen kann. Beim ersten Magazin gab es zwei Zuführstörungen danach lief es aber einwandfrei. Das beste Ergebnis erbrachte hier die GECO Semi-Auto mit 25 mm, danach folgte die Aguila Super mit 33 mm. Gerade einmal eine Laborierung hätte nicht die „Zehn“ halten können. Lediglich mit der Federal American Eagle gab es einen Anzündversager, wobei sich die Randfeuerpatrone beim zweiten Abschlagen doch noch zum Zünden überreden ließ. Bei dem abschließenden Schießen frei Hand fiel uns besonders positiv der Single-Action-Abzug auf, der nach dem Druckpunkt ohne jegliche Vorankündigung brach. Dass es trotzdem nur für 190 von 200 Ringen mit der 9 mm Luger stehend freihändig reichte, dürfte neben dem Steuermann vielleicht auch an dem uns persönlich zu engen Kimmenspalt gelegen haben.
B&H CZ 75 Viper in 9 mm Luger: Technische Daten und Preis
Modell: | CZ 75 Viper |
Kaliber: | 9 mm Luger |
Magazinkapazität: | 19 Patronen |
Griffstück: | Stahl, schwarz beschichtet |
Verschluss: | Stahl, schwarz beschichtet |
Lauflänge, Laufprofil: | 150 mm |
Zug-Felddiameter/Dralllänge: | 8,87-9,06 mm/k.A. |
Kimme: | Mikrometer, 3,05 mm |
Korn: | hinterschnittenes Scheibenkorn, 3,55 mm |
Visierlänge: | 202 mm |
Sicherung: | beidseitig Flügelsicherung am Griffstück |
Abzugssystem, -gewicht/Spannweite*: | DA: 3.866/32 Gramm, SA: 1.051/23 Gramm |
Schlosszeit*: | 4 ms |
Gesamtgewicht (inkl. Magazin): | 1.310 Gramm |
Maße (LxBxH): | 242x41x158 mm |
Extras: | Hartschalenkoffer mit Reservemagazin |
Preis (UVP): | 2.249 Euro (Preis für die Grundwaffe ohne Wechselsystem) |
Unser Fazit zur CZ 75 Viper von B&H Waffenhandel
Die erstklassig schießende „nordische Kombination“ von B&H Waffenhandel aus Niedersachsen, bestehend aus der CZ 75 Viper in 9x19 mit Sport III Wechselsystem in .22 Long Rifle, ist eine Empfehlung wert. Angesichts der Verarbeitung, Schussleistung und guten Abzugsqualitäten finden wir den Preis von 2.249.- € als nicht zu hoch angesetzt.
Dieser Artikel ist auch in der caliber 9/2023 erschienen. Dort sind auch die ausführlichen Schießergebnisse in Tabellenform enthalten. Das Heft können Sie im VS Medien-Onlineshop kaufen. Dort steht es auch als ePaper zur Verfügung.
Weitere Informationen zur Waffe finden Sie auf der Webseite von B&H Waffenhandel sowie beim Hersteller Waffen Oschatz.