Es war 1999 als der Techniker und ehemalige Glock-Präsentationsschütze Wilhelm Bubits der VISIER-Redaktion eine Neun-Para-Pistole namens „M“ vorstellte, die er mit Friedrich Aigner bei Steyr Mannlicher entwickelt hatte. Schnell folgten Varianten in .40 S&W und .357 SIG sowie kleinere, als „S“ bezeichnete Ausführungen. Daraus schuf Aigner bis 2004 die heutigen Steyr-Reihen M-A1, S-A1 und L-A1, deren Untertypen im Namen noch das jeweilige Kaliber führen, also M40-A1, M357 A1 und eben M9-A1. Wobei es noch einen Unterschied gibt: M9-A1 steht für die Ausführung in 9 mm Para, M9*-A1 bezeichnet die speziell für Italien entwickelte Variante in 9 x 21 mm.
Zur Technik der Steyr M9-A1: Sicher, auch da gibt es ein Polymergriffstück, ein Schlagbolzenschloss und ein Browning-Petter-SIG-Verriegelungssystem – dennoch ist manches anders als bei anderen Pistolen ihrer Klasse. So wartet die M9-A1 nicht mit einer klassischen Drei-Punkt-Visierung samt rechteckigem Ausschnitt und damit korrespondierendem Balkenkorn auf. Stattdessen verfügt sie über einen trapezförmigen weiß umrandeten Kimmenausschnitt und ein Dachkorn mit passender Dreiecks-Einlage. Auch etwas Auffälliges ist die Schlüsselfunktionssperre, zu finden rechts am Griffstück, direkt hinter dem Zerlegehebel: Über einen Zubehör-Schlüssel lässt sie sich um 90 Grad drehen. Dann ist der Abzug blockiert und die Waffe lässt sich nicht demontieren. Schon bei den frühen M-Versionen fanden sich keine in den Verschluss eingegossenen Führungsschienen, sondern eine Baugruppe aus massivem Stahl, vorgesehen für die Aufnahme von Schlittenführung, Riegellager und Abzugseinheit. Vom Prinzip her ähnlich dem, was sich der Amerikaner Chip McCormick für seine 1911er Polymer-Griffstücke hat einfallen lassen.
Zum Test der Steyr M9-A1:
Verarbeitung: Äußerlich tipptopp, stießen die Tester im Abzugsbügel auf eine fühlbare Gussnaht und im Inneren auf minimale Werkspuren (-1 Punkt). Abzugs-Griff-Design: Brillant gelöst – zwei schräge Fingermulden sorgen dafür, dass selbst kleine Hände den Abzug gut erreichen. Auch der Griffwinkel, die Rückenmulde oben am Griff und eine clever unterteilte Griff-Front tragen zum Schießkomfort bei. Jedoch bemängelten die Tester eine zu glatte Textur und die fehlende Möglichkeit zur Individualisierung
(-1 Punkt). Bedienelemente: nur einseitig, zum Teil unangenehm anzufassen und arg schwer bedienbar (-3 Punkte). Abzugscharakteristik: Auch das Reset-Abzug-Mittelzüngel verhinderte nicht, dass es da bei drei von vier im Lauf der Jahre geprüften Stücken fühlbar hakelte (-3 Punkte). Visierung: Erneut eine auf Universaleinsatz ausgelegte Waffe ohne Chance zur Höhenjustierung, so der erste Kritikpunkt. Der zweite: Die Tester bewerteten die auf schnelles Zielerfassen hin konzipierte Trapezkimme-Dachkorn-Kombi als zu fein für mittlere und weite Schussdistanzen (-2 Punkte).
Präzision: Mit 47 mm Best-Streukreis lag die M9-A1 auf sehr gutem Niveau (-6 Punkte). Repetierablauf/Sicherheit: Nichts zu bemängeln. Alle Sicherungen verrichteten ihren Dienst (soweit sich das gefahrlos aus der üblichen Anwendung heraus feststellen ließ). Und weder bei dem im langsamen Rhythmus durchgeführten Präzisionstest noch bei schnellen Schussfolgen frei Hand ließen sich Zuführ- oder Funktionsstörungen vermerken – das gefiel sehr gut (-0 Punkte).
Testfazit zur Steyr M9-A1:
Die Steyr M9-A1 ist eine elegante, zuverlässige und führige Pistole mit prinzipiell sehr guter Griffkontur, der man etwas mehr Rutschsicherheit gönnen möchte. Etwas für jeden, der eine Polymerpistole wünscht, die ein paar besondere technische, gescheit umgesetzte Features bietet.
VISIER-Bewertung der Steyr M9-A1 in 9 mm Luger:
VISIER-Bewertung | Punkte |
Präzision (max. 50 Punkte) | 44 Punkte |
Repetierablauf/Sicherheit (max. 10 Punkte) | 10 Punkte |
Abzugscharakteristik (max. 10 Punkte) | 7 Punkte |
Abzugs-Griff-Design (max. 5 Punkte) | 4 Punkte |
Bedienelemente (max. 10 Punkte) | 7 Punkte |
Visierung (max. 5 Punkte) | 3 Punkte |
Verarbeitung (max. 10 Punkte) | 9 Punkte |
Gesamtpunktzahl (max. 100 Punkte) | 84 Punkte |
Testurteil | sehr gut |
Prädikate | 5 von 6 |
Schießtest: Steyr M9-A1
Nr | Fabrikpatrone | Streukreis | v2 | E2 |
1. | 115 grs PMC Bronce FMJ | 80 (43) mm | 336 m/s | 421 J |
2. | 124 grs Sellier & Bellot FMJ | 125 (112) mm | 313 m/s | 394 J |
3. | 124 grs TopShot FMJ | 158 (132) mm | 316 m/s | 401 J |
4. | 139 grs GECO caps. FMJ IPSC appr. | 110 (107) mm | 283 m/s | 361 J |
5. | 154 grs GECO FMJ IPSC approved | 47 (43) mm | 265 m/s | 350 J |
Hinweise: Streukreis = 5-/4-Schuss-Gruppen, geschossen über 25 Meter Distanz von der Sandsackauflage angegeben in Millimetern, gemessen von Einschussmitte zu Einschussmitte.
v2 = Geschossgeschwindigkeit zwei Meter vor der Laufmündung, in Meter pro Sekunde.
E2 = Geschossenergie zwei Meter vor der Mündung, in Joule.
FMJ = Full Metal Jacket.
Caps. = capsulated, gekapselt.