Nach den ersten eher glücklosen Gehversuchen mit der Ruger P85 auf dem Parkett der Polymerdienstpistolen möchte der Waffenhersteller mit der brandneuen "American Pistol" endlich einen großen Coup landen. Wir haben Rugers "Kampfansage" an die Konkurrenz auf Herz und Nieren geprüft. Sehen Sie sich hier das Video zum Test der Ruger American Pistol im Kaliber 9 mm Luger an:
Ruger American Pistol in 9 mm Luger – die technischen Details
Schon beim ersten Handling der gefälligen Dienstpistole mit schnittigem Design fiel auf, dass die Ruger American Pistol schwerer als populäre Konkurrenzfabrikate mit Polymerrahmen ist. Immerhin bringt sie 877 Gramm im Vergleich zu einer Glock G17 mit 715 Gramm auf die Waage.
Hierfür dürfte vor allem wohl das multifunktionale Abzugsgehäuse verantwortlich sein. Dieses dient als Verschlussführung und nimmt gleichzeitig das Abzugssystem, den Verschlussfanghebel und weitere Stifte/Federn auf. Die modulare Einheit ist ein massiv ausgelegtes MIM-Bauteil, das etwa 140 Gramm in die Waagschale wirft. Solch ein modulares Multifunktions-Abzugsgehäuse kennt man beispielsweise auch von der SIG Sauer P320, hier ist es aber ein Prägeteil aus rostfreiem Edelstahlblech.
Die Ruger American Pistol erweitert die ohnehin schon lange Liste der Polymerdienstpistolen mit Schlagbolzenschloss ohne außenliegenden Hammer. Dadurch kann prinzipiell die Laufseelenachse wertvolle Millimeter tiefer angeordnet werden, wodurch die Mündungsauslenkung im Schuss reduziert wird.
Der 4,2“/116 mm lange, kaltgehämmerte Lauf mit 9,03 mm-Felddurchmesser und 1-10“/250 mm-Drall lagerte zumindest bei unserer Testwaffe mit geringem Seitenspiel im Verschlussauswurffenster. Bei dem Browning-Petter-System soll eine optimierte, offene Steuerkulisse für weniger Rückstoß sorgen.
Das teilvorgespannte Abzugssystem verfügt über eine im Abzug integrierte Sicherungszunge, die neben einer internen, automatischen Sicherung auf den Abzugsstollen (englisch: "Sear") wirkt.
Mit einem gemessenen Abzugswiderstand bei konstanter Abzugscharakteristik vom ersten bis zum letzten Schuss von rund 3.300 Gramm zählt der Ruger American Pistol-Abzug sicherlich nicht zu den Leichtgewichten. Für eine Dienstpistole geht er aber in Ordnung.
Ruger American Pistol 9 mm Luger – die Handhabung
Die Handhabung wurde kompromisslos auf beidseitige Bedienung ausgelegt. Davon zeugen der auf der linken und rechten Rahmenseite vorhandene Magazinknopf und Verschlussfanghebel. Der Hebel auf der rechten Seite für die Schlittenauslösung ließ sich aber ungleich schwerer betätigen.
Bei der 9 mm Luger-Variante sind zwei weitere Griffstück-Adapter (.45 ACP-Version ein Adapter) im Lieferumfang enthalten. Somit ist die Modifikation des Griffstücks je nach Handgröße des Schützen möglich. Bei keinem der Module verändert sich jedoch der Abstand vom Griffrücken zur Fingerauflagefläche des Abzugs.
Mit Hilfe des mitgelieferten Schlüssels können die Griffstück-Schrauben gelöst und die Wechselmodule einfach nach unten abgezogen werden. Zur Montage werden sie auf den Führungsschienen hochgeschoben und mit der Schraube wieder fixiert. Allerdings könnten die Seitenflächen des Griffstücks nach unserem Geschmack über eine aggressivere Oberflächenstruktur verfügen, um gerade bei feuchten Händen mehr Gripp zu liefern.
Eine unserer Meinung nach gute Wahl hat Ruger bei der Visierung getroffen. Diese stammt vom Spezialisten Novak Sights. Mit einem Luftspalten-Verhältnis von 3,5 mm (keilförmige Kimme) zu 3,15 mm (Rampenkorn) verfügen auch großgewachsene Schützen mit langen Armen über genügend Licht, das ans Auge geführt wird. Und zwar sogar unter "Low Light"-Bedingungen.
Das sauber gemachte Stahlblech-Magazin mit Nickel-Teflon-Beschichtung fasst im Kaliber 9 mm Luger 17 Patronen und in .45 Auto 10 Patronen. Ein Reservemagazin ist im Lieferumfang enthalten.
Ruger American Pistol 9 mm Luger – auf dem Schießstand
In Präzisionstests (sitzend aufgelegt unter Verwendung einer Sandsack-Auflage) konnten wir auf der kurzen 15-Meter- und der für Sportschützen üblichen 25 Meter-Distanz sehr ordentliche Trefferbilder erzielen. Mit der Patrone GECO 124 Grains Hexagon schafften wir hervorragende 26 mm auf die 15 Meter-Distanz beziehungsweise 43 mm auf die Entfernung für Sportschützen.
Ruger American Pistol 9 mm Luger – unser Fazit
Die aktuellste Dienstpistole wird der erfolgreichen Firmenphilosophie des prominenten US-Herstellers Sturm, Ruger & Company gerecht. Sie ist robust, funktionszuverlässig und steht mit 680,- Euro in einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis.
Dank ihres schnittigen Designs macht die Polymerpistole auch rein optisch eine gute Figur. Unserer Meinung nach ist die neue Ruger American Pistol die bisher beste Dienstpistole aus diesem Stall und im Vergleich zu der vor bald 30 Jahren getesteten Ruger P85 ein wahrer Quantensprung.
Weitere Informationen zur Ruger American Pistol finden Sie direkt auf der Website von Ruger.
Lesen Sie hier bei all4shooters.com einen Artikel zum Mehrlader-Repetiergewehr Ruger Precision Rifle (RPR) aus der amerikanischen Waffenschmiede.