Der formvollendete Klassiker mit den überzeugenden Handhabungseigenschaften übt eine besondere Faszination auf Waffenliebhaber und Schützen aus, vor allem dann, wenn er mit fachwerklichem Können aus hochwertigen Materialien hergestellt wird.
Nighthawk Custom: 34 Modelle in 3 Kalibern
Die Hauptbestandteile Griffstück und Verschluss werden aus geschmiedeten Rohlingen herausgearbeitet, die aufgrund eines angepassten Faserverlaufes auch noch eine höhere Standzeit versprechen sollen. Aktuell bietet der Hersteller aus den Südstaaten 34 Modelle des immergrünen Klassikers an. In erster Linie handelt es sich hierbei um Ausführungen im Commander-Format mit 4,25“ (108 mm)-Lauflänge, in Standardgröße mit 5“ (127 mm)-Lauf sowie wenige „Long Slide“- Exemplare mit 6“ (152 mm)-Lauf. Hierbei ist die Kaliberpalette mit 9 mm Luger, .45 ACP und 10 mm Auto sehr übersichtlich. Letztgenanntes, leistungsstarkes Kaliber wird in Nordamerika gerne für die Jagd mit der Kurzwaffe eingesetzt.
Modell "Nighthawk Custom / Bob Marvel"
Vom jungen Deutschland-Importeur „The Duke - Original American Gunshop“ aus Remscheid erhielten wir dankenswerter Weise gleich ein Quartett an 1911ern aus Arkansas, wobei wir drei .45er-Modelle mit unterschiedlichen Lauflängen von 4,25“(108 mm), 5“ (127 mm) sowie 6“ (152 mm) der Schussleistungsüberprüfung unterzogen. Beginnen möchten wir mit der kompakten NIGHTHAWK CUSTOM 1911-A1 im Commander-Format mit 4,25“-Lauf, die in Zusammenarbeit mit BOB MARVEL entstand.
Optische Akzente im Vergleich zur originalen 1911 setzt die NIGHTHAWK CUSTOM / BOB MARVEL vor allem durch die leicht abgeschrägte Verschlussunterseite im Mündungsbereich, die markanten Greifrillen im hinteren und vorderen Bereich des Schlittens sowie die aufgeraute Verschlussoberseite zur Vermeidung von Lichtreflexionen. Die grünschwarzen G10 Griffschalen mit extrem griffiger Oberflächenstruktur, mit denen sich die kurze .45er auch mit schweißnassen Händen gut kontrollieren lässt, sowie das Schlagfedergehäuse mit integralem, flachem Magazintrichter, der das schnelle Nachladen flüssiger gestaltet, sind weitere feine Ausstattungsmerkmale, die schon auf den ersten Blick ins Auge fallen.
Zu der kompakten Defensivpistole passt das tief im Verschluss sitzende, voll verstellbare Mikrometervisier mit flachem Korn, beide mit nachtaktiven TRIJICON Tritium-Einlagen für den „low light“-Einsatz ausgestattet, sehr gut. Doch auch die inneren Werte überraschen, denn der Kart-Lauf ist mit einer trichterförmigen Wolfram-Hülse (englisch: „barrel sleeve“) ummantelt, was eine klassische Laufführungsbuchse überflüssig macht und für mehr Vorderlastigkeit (und somit weniger Mündungsauslenkung im Schuss) sorgt. Unter dem Lauf ist das „Everlast Recoil System“ von Nighthawk Custom mit spezieller Flachdrahtfeder installiert, das einer längeren Lebensdauer des Schließfedersystems von mindestens 15.000 Schuss dienlich sein soll.
Neu ist dieses Konzept höchstens für die 1911, denn Dienstpistolen von HECKLER & KOCH, GLOCK, SMITH & WESSON oder WALTHER, um nur einige zu nennen, arbeiten mit solchen Flachdrahtfedern schon seit langer Zeit. Die BOB MARVEL COMMANDER gibt es nur in .45 Auto, optional auch in einer Stainless Steel Version. Die kürzeste Variante ist zugleich auch das teuerste Modell des Testtrios und geht für stolze 4.990 Euro über die Ladentheke.
Modell "Nighthawk Custom / Chris Costa Recon"
Die NIGHTHAWK CUSTOM/CHRIS COSTA RECON im klassischen GI-Format wurde nach den Ideen und Vorgaben des ehemaligen Präsidenten von MAGPUL DYNAMICS, Chris Costa, gebaut. Bei dieser Pistole mit dem speziellen „tactical touch“ wurden nur wenige Modifikationen durchgeführt. Besonders auffällig ist der beidseitig stark abgefaste Verschluss mit eckigem Profil und fein guillochierter Oberseite/Visierlinie. Die rechte Verschlussseite ziert neben dem Schriftzug COSTA auch das Zeichen seiner neuen Schießschule Costa Ludus. Im Verschluss sitzt ein „Jardine Tactical Hook“, eine massive, starre Visierung, die sich im Schwalbenschwanz zur gewünschten, seitlichen Treffpunktlagenveränderung verschieben und mittels Torx-Schraube fixieren lässt.
Bei taktischen 1911ern darf die Picatinny-Montageschiene am dickwandigen „Dust Cover“ des Griffstücks zur Aufnahme von Licht-Laser Modulen oder Waffenleuchten natürlich nicht fehlen. Die weitere Rahmenausstattung mit einer einteiligen Kombi aus flachem Schlagfedergehäuse und Magazintrichter, sauberem Checkering, sehr griffigen G-10 Griffschalen (diesmal in braun-schwarz) und Handballensicherung für hohe Handposition entspricht weitgehend der des BOB MARVEL COMMANDER-Modells.
Die prägnante Ausnehmung in der linken Griffschale verbessert deutlich die Erreichbarkeit des Magazinauslöseknopfs. Die NIGHTHAWK CUSTOM/CHRIS COSTA RECON gibt es neben .45 ACP auch im günstigeren Kaliber 9 mm Luger, wobei die ebenfalls offerierte Kompaktversion nur in .45 Auto zu haben ist. Der Preis für die hier vorgestellte „Full Size“ Variante beträgt 4.580 Euro.
Modell "Nighthawk Custom / Richard Heinie Longslide"
Bei dieser 1911 handelt es sich nicht um eine Gebrauchspistole für den taktischen Einsatz, sondern um einen sportlichen Punktejäger. Es ist eines von sechs Modellen im NIGHTHAWK CUSTOM Programm, die auf den Ideen des bekannten Tuningpioniers Richard Heinie basieren. (www.heinie.com)
Dem Stile des Hauses entsprechend, verziert auch sein Markenzeichen den Verschluss und die schönen rötlichbraunen Griffschalen. Weil es sich um eine reinrassige Scheibenwaffe handelt, wurde praxisgerecht eine pechschwarze, „gewöhnliche“ Mikrometervisierung und ein quergeriffeltes Targetkorn tief und sauber in Schwalbenschwanzführungen in die Verschlussoberseite eingesetzt.
Wie bei den beiden anderen erprobten NIGHTHAWK CUSTOM Pistolen verrichtet im Inneren ein Kart-Lauf mit 1-16“ (406 mm) Dralllänge und .451“er Diameter seinen Dienst. Im Mündungsbereich sitzt, genau wie bei der CHRIS COSTA RECON, die traditionelle Laufführungsbuchse. Unter dem Lauf ist aber keine lange Federführungsstange beziehungsweise das „Everlast-Recoil-System“ mit Flachdraht-Schließfeder positioniert, sondern ganz nach klassischer Manier entdeckt man hier den kurzen Federstutzen mit konventioneller Spiralfeder.
Wie übrigens alle hier präsentierten Modelle besitzt auch die HEINIE 6“ nur eine einseitige Sicherung, wobei man bei den üppigen Preisen wohl eine beidseitige Drehflügelsicherung am Rahmen eigentlich hätte erwarten dürfen. Die HEINIE Longslide gibt es neben .45 ACP auch in 10 mm Auto. Zudem steht eine Variante im Standardformat mit 5“-Lauf in .45 Auto und 9 mm Luger zur Auswahl. Die hier gezeigte Waffe kostet 4.750 Euro.
Auf dem Schießstand mit den Nighthawk Custom 1911-A1
Bevor wir uns mit den Ergebnissen der Schussleistungsüberprüfung näher beschäftigen, noch ein Wort zu den Single-Action-Abzugssystemen. Die BOB MARVEL 4,25“ und CHRIS COSTA RECON 5“ offenbarten exakt identische Abzugsgewichte von 1.616 Gramm. Besonders überraschend war aber die Überprüfung des Abzugs der HEINIE 6“ mit der digitalen Lyman-Messwaage, denn er konnte mit einer Gleichmäßigkeit auftrumpfen, die ihresgleichen sucht. Zwar lag das Abzugsgewicht im Mittelwert bei relativ hohen 1.882 Gramm, aber zwischen dem niedrigsten und höchsten Wert lag gerade einmal eine Spanne von 35 Gramm! Auch das ist ein Zeichen für Qualität.
Zuerst wanderte die NIGHTHAWK CUSTOM 1911 im Commander-Format in die Ransom Rest-Schießmaschine. Weil die Waffen noch jungfräulich waren, spendierten wir Ihnen eine Einlaufphase mit rund 100 Stück typischer 230 Grains Rundkopfmunition. Danach wetteiferten zehn Laborierungen, davon zwei Handladungen, im Gewichtsbereich von 185 bis 230 Grains um die Gunst des kleinsten Streukreises. Hier gab es auf Platz eins gleich eine Pattsituation zwischen der leichten FEDERAL 185 Grains Gold Medal und der italienischen FIOCCHI mit 230 Grains Hohlspitzgeschoss, die mit 30 Millimeter gleichauf lagen.
Platz zwei mit 32 Millimetern ging an die Handladung mit dem 200 Grains HORNADY HAP Geschoss hinter 5,0 HODGDON Titegroup. Den dritten Rang teilten sich dann wiederum gleich zwei Testpatronen in Form der GECO 230 Grains JHP Fabrikpatrone sowie einer Handladung mit dem 230 Grains HORNADY HAP Geschoss hinter 4,5 HODGDON Titegroup mit 39 Millimetern. Da die Hälfte der Laborierungen unter der 40 Millimeter Marke lag, verwundert es kaum, dass der rechnerische Präzisions-Durchschnitt aller Munitionssorten 44 respektive 41 Millimeter ohne Ausreißer betrug.
In Sachen Schussleistung landete auch hier die exzellente aber nicht gerade günstige FEDERAL 185 Grains Gold Medal mit 30 Millimetern auf Platz Eins. Danach folgte mit 33 Millimetern wieder die FIOCCHI Fabrikpatrone mit 230 Grains schwerem Hohlspitzprojektil.
Den dritten Platz belegte die Handladung, bestehend aus 4,5 HODGDON Titegroup und 230 Grains HORNADY HAP Geschoss, die einen 34-Millimeter-Streukreis in die Pappe stanzte. Ein Ausreißer vereitelte hier schlussendlich das Topresultat von 27 Millimetern.
Der taktische Nachtfalke nach COSTA-Ideen erreichte somit eine theoretische Durchschnittsschussleistung als Mittelwert aller Munitionsorten von 50 mm oder 47 mm (ohne Ausreißer). Die lange 6“ HEINIE konnte am besten mit der italienischen FIOCCHI JHP harmonieren und produzierte eine ansehnliche 29-Millimeter-Schussgruppe. Danach folgte mit 35 Millimetern die Handladung mit dem 230 Grains HORNADY HAP Geschoss hinter 4,5 Titegroup, sowie die FEDERAL Gold Medal Fabrikpatrone mit SWC Geschoss und 38 Millimeter Streukreis. Die rechnerische Durchschnittspräzision lag somit bei 46 Millimetern.
Technische Daten der CHRIS COSTA RECON, NIGHTHAWK CUSTOM HEINIE 6 und BOB MARVEL CUSTOM
Modell | CHRIS COSTA RECON | NIGHTHAWK CUSTOM HEINIE 6 | BOB MARVEL CUSTOM |
Kaliber: | .45 Auto | .45 Auto | .45 Auto |
Magazinkapazität: | 8 Patronen | 8 Patronen | 8 Patronen |
Griffstück: | Stahl, schwarz beschichtet | Stahl, schwarz beschichtet | Stahl, schwarz beschichtet |
Verschluss: | Stahl, schwarz beschichtet | Stahl, schwarz beschichtet | Stahl, schwarz beschichtet |
Lauflänge, Felddurchmesser: | 5“ (127 mm), .451“ | 6“ (152 mm), .451“ | 4,25“ (108 mm), .451“ |
Dralllänge, Laufprofil: | 1-16“ (1-406 mm), 6 Felder-Züge | 1-16“ (1-406 mm), 6 Felder-Züge | 1-16“ (1-406 mm), 6 Felder-Züge |
Kimme: | 3,45 mm, quergeriffelt, seitlich driftbar | 2,85 mm,
Mikrometervisier | 3,35 mm, Mikrometervisier mit zwei selbstleuchtenden Tritium-Einlagen |
Korn: | 2,5 mm, Targetkorn mit roter Fiberstabeinlage | 3,15 mm, Targetkorn | 2,85 mm, Stufenkorn mit selbstleuchtender Tritiumeinlage |
Visierlänge: | 182 mm | 212 mm | 162 mm |
Sicherung: | einseitige Drehhebelsicherung am Griffstück | einseitige Drehhebelsicherung am Griffstück | einseitige Drehhebelsicherung am Griffstück |
Abzugssystem, Widerstand*: | Single Action (SA), 1.792 bis 1.864 Gramm, Durchschnitt 1.882 Gramm | Single Action (SA),
1.674 bis 1.709 Gramm, Durchschnitt 1.686 Gramm | Single Action (SA), 1.564bis 1.706 Gramm, Durchschnitt 1.616 Gramm |
Gesamtgewicht: (incl. Magazin) | 826 Gramm | 1.178 Gramm | 1.140 Gramm |
Maße (LxBxH): | 218x150x36 | 246x147x36 | 201x148x36 |
Extras: | Tragetasche/ Reservemagazin | Tragetasche/
Reservemagazin | Tragetasche/
Reservemagazin |
Preis: | 4.580 Euro | 4.750 Euro | 4.990 Euro |
*Mittel aus 5 Messungen mit der Lyman Digital Trigger Gauge | *Mittel aus 5 Messungen mit der Lyman Digital Trigger Gauge | *Mittel aus 5 Messungen mit der Lyman Digital Trigger Gauge |
Schussleistung der NIGHTHAWK CUSTOM Pistolen
Caliber Test-Fazit
Sicherlich überraschend war, dass die kompakte BOB MARVEL mit 4,25“-Lauf die längeren Versionen in der durchschnittlichen Schussleistung etwas abhängen konnte. In Sachen Präzision bewegen sich die NIGHTHAWK CUSTOM 1911er auf dem Niveau anderer Edelfabrikate, sind aber auch nicht besser. Die vergleichsweise üppigen Preise rechtfertigen sich durch die hohe Verarbeitungsqualität, das im Detail sehr aparte Design und den Partnerschaften mit VIPs aus der US-Waffenwelt. Die Waffen werden in einem weichen NIGHTHAWK CUSTOM Transportetui mit einem Magazin für acht Patronen „Made in Italy“ sowie einem „barrel bushing“ Schlüssel aus Kunststoff ausgeliefert.