Fabrique Nationale (FN) ist ein belgischer Staatskonzern mit Sitz im wallonischen Herstal – das weiß jeder, der sich etwas für Feuerwaffenklassiker wie die FN-Selbstladepistole M 1935 High Power interessiert. Wie so viele andere europäische Waffenhersteller produziert FN auch in den USA (seit 1981). Das Ganze ist aber etwas verwickelt: Gefertigt wird bei FN Manufacturing in Columbia, South Carolina. Fürs Marketing zuständig ist seit 1998 die in McLean, Virginia, gegründete Firma FNH, in deren Namen sich die Initialen des Firmenstammwerks und seines Heimatortes bündeln. Davon gibt es einen in Fredericksburg angesiedelten Ableger, betraut mit der technischen Entwicklung. Seit 2014 läuft alles unter FN America. Man fertigt AR-Carbines der Typen M 4/M 4-A1, M 16-Gewehre, Maschinengewehre der Typen MK 46, MK 48 und M 240 L sowie den Granatwerfer MK 19, alles fürs amerikanische Militär bestimmt. 2009 stellte das Werk die gemäß der Vorgaben des US Joint Combat Pistol Program konstruierte Pistole FNX vor, zu haben in .45 ACP, .40 S & W sowie 9 mm Para: Es handelt sich um eine Polymerpistole mit dem obligatorischen Browning-Petter-SIG-System, aber mit einem Außenhahn, der sich via Double- oder Single-Action-Betrieb auslösen lässt.
Zum Test der FNX-9:
Das Testschießen der FNX-9 mündete in eine enervierende Prozedur. Die Waffe muckte fast bei jeder Munitionssorte – das betraf die von der Sandsackauflage aus abgefeuerten Schüsse und das freihändige Schießen, gleichgültig, ob die Tester die Pistole ein- oder zweihändig hielten. Ständig gab es Zuführstörungen, mitunter von einem Schuss zum anderen. Auch blieb der Schlitten nach dem jeweils letzten Schuss nicht immer bestimmungsgemäß im Schlittenfang stehen, sondern machte sich selbsttätig auf den Weg nach vorn. Angesichts all dessen fiel es kaum noch ins Gewicht, dass man die ausgeworfenen Patronenhülsen dauernd ins Gesicht oder auf den Kopf bekam: Die Tester mussten die Hälfte der Punkte bei Repetierablauf/Sicherheit abziehen (-5 Punkte). Die Visierung zeigte sich zwar sehr kontrastreich, zumal mit dem ungewöhnlichen V-förmig abgesenkten Boden des Kimmenausschnitts und dem augenfreundlich geriffelten Kimmenblatt. Aber die Lichthöfe ums Korn fielen derart großzügig bemessen aus, dass man beim Blick über die beiden Zielelemente regelrecht im Ziel zu schwimmen schien (-1 Punkt). Die Präzision war, gelinde gesagt, mäßig, mit einem Bestwert von 83 mm (-19 Punkte), die übrigen Gruppen lagen alle deutlich jenseits der 100-, ja in einem Fall sogar der 200-mm-Marke.
Dabei hatte die FNX-9 auch einiges an Lobenswertem vorzuweisen: Ihr Abzugs-Griff-Design darf man dank rutschsicherer Gestaltung und mehrerer Austauschelemente ebenso als gelungen bezeichnen wie die Bedienelemente: Sicherungs-/Entspannhebel, Magazindrücker und Schlittenfang ließen sich von den Händen aller Tester gut erreichen, und zwar alle drei von rechts und links – etwas, das es in dieser Waffenklasse leider recht selten gibt (jeweils -0 Punkte). Auch das Zerlegen war sehr leicht.
Zur Abzugscharakteristik: Sowohl in Single wie auch in Double Action empfanden die Tester das Auslösen nicht als zu hart oder unangenehm, aber leider kroch der Abzug in beiden Auslösemodi spürbar und fiel danach auch jeweils leicht durch (-2 Punkte). Die Verarbeitung hinterließ gemischte Gefühle – einerseits sehr sauber gefinishte Teile und Baugruppen, andererseits arge Klapperpassungen bei Lauf, Schlitten und Griffstück (-2 Punkte).
Testfazit zur FN America FNX-9:
Alles in allem gesehen, zeigte sich die FNX-9 als reinweg auf militärisch-behördliche Zwecke ausgelegtes Gerät, das aber zu diversen Funktionsstörungen neigte. Für den ihr zugedachten Zweck reicht die Schussgenauigkeit auch aus – gerade so. Als richtig klasse einzustufen ist hingegen das beidseitige Vorhandensein der drei Bedienelemente Schlittenfang, Magazindrücker und Sicherung sowie die üppige Ausstattung mit insgesamt drei Magazinen und drei Reserve-Griffrückeneinsätzen.
VISIER-Bewertung der FNX-9 in 9 mm Luger:
VISIER-Bewertung | Punkte |
Präzision (max. 50 Punkte) | 31 Punkte |
Repetierablauf/Sicherheit (max. 10 Punkte) | 5 Punkte |
Abzugscharakteristik (max. 10 Punkte) | 8 Punkte |
Abzugs-Griff-Design (max. 5 Punkte) | 5 Punkte |
Bedienelemente (max. 10 Punkte) | 10 Punkte |
Visierung (max. 5 Punkte) | 4 Punkte |
Verarbeitung (max. 10 Punkte) | 8 Punkte |
Gesamtpunktzahl (max. 100 Punkte) | 71 Punkte |
Testurteil | gut |
Prädikate | 4 von 6 |
Schießtest: FNX-9
Nr | Fabrikpatrone | Streukreis | v2 | E2 |
1. | 100 grs Sellier & Bellot SP | 83 mm | 382 m/s | 473 J |
2. | 115 grs Fiocchi FMJ | 115 mm | 313 m/s | 365 J |
3. | 115 grs PPU FMJ | 123 mm | 311 m/s | 360 J |
4. | 124 grs GECO Hexagon | 170 mm | 306 m/s | 376 J |
5. | 154 grs GECO FMJ IPSC appr. | 134 mm | 259 m/s | 335 J |
Hinweise: Streukreis = 5-Schuss-Gruppen, geschossen über 25 Meter Distanz von der Sandsackauflage. Angegeben in Millimetern, gemessen von Einschussmitte zu Einschussmitte. v2 = Geschossgeschwindigkeit zwei Meter vor der Laufmündung, in Meter pro Sekunde. E2 = Geschossenergie zwei Meter vor der Mündung, in Joule. Geschoss-Abkürzungen: SP = Soft Point. JHP = Jacketed Hollow Point. FMJ = Full Metal Jacket. IPSC appr. = IPSC approved (für IPSC zugelassen).