Redet man in Amerika derzeit über „Python“, dann wegen eines Problems, das vor allem Florida plagt: Nachdem einige Reptilienfreunde allzu sorglos mit ihren eierlegenden Riesenschlangen umgegangen sind, vermehren sich die eigentlich in Afrika, Australien und Asien beheimateten Würgetiere schlagartig. Und zwar so, dass sich mit den „Python hunters“ längst ein neuer Typ von Jägersmann in Florida etabliert hat.
Eigentlich gibt es nur einen Python in der Neuen Welt, den niemand loswerden will - nämlich einen wirklich amerikanischen. Der aber hat keine Haut mit prächtigem, geometrisch anmutendem Muster und misst auch nicht bis zu zehn Meter in der Länge. Statt dessen besteht er aus Stahl und (meistens) Holz.
Zudem passt er bequem in ein Gürtelholster: Die Rede ist von Colt’s Modell Python, einem der Revolver-Klassiker der 20. Jahrhunderts. Der sorgt inzwischen für ein eigenes Sammelfeld, da die Serienfertigung seit über 15 Jahren ruht und auch der Custom Shop der Firma Colt in Hartford, Connecticut derzeit keine Pythons herstellt.
Wegweisend bei Technik und Design
Als die große Schlange Mitte der 1950er aus ihrem Ei schlüpfte, bestach der von Werksleiter Alfred deJohn und Büchsenmacher Al Gunther entwickelte Python sofort. Durch eine 1a-Verarbeitung mit handgetuntem Schlossgang. Durch eine aufwändige Match-Visierung. Aber vor allem durch ein zeitgemäßes, unverwechselbares Design: Es zeichnete sich durch das mündungslange Ausstoßergehäuse, die massive, ventilierte Laufschiene sowie durch die glockenförmigen Griffschalen aus.
Nimmt man nun noch die großzügig bemessenen Dimensionen hinzu, sorgte das für das typische Python-Erscheinungsbild: gleichermaßen massig wie dynamisch-modern, dabei von insgesamt sehr harmonischer Linienführung. Das Modell ist so unverwechselbar wie der Colt M 1873 Single Action Army mit seinem runden Griffrücken und seinem rechts am Lauf montierten Hülsenausstoßer.
Aus der Rückschau gesehen, war der Python in mehrfacher Hinsicht ein Meilenstein. Dieses Modell galt seinerzeit als einer der mithin am präzisesten schießende Großkaliber-Revolver. Dann bildete er den Auftakt zu Colts Schlangen-Linie. In der folgten noch weitere Großkaliber-Reptilien, als da wären King Cobra, Boa und Anaconda.
Mit Blick auf seinen Ruf als „Rolls Royce der Revolver“ (so US-Fachmann R. L. Wilson) bildete der Python Colts bislang letzten wirklich großen Wurf im Revolver-Feld: Zwar hatte Smith & Wesson bereits Mitte der 1930er Jahre mit dem .357 Magnum Hand Ejector den Urvater aller Revolver im Kaliber .357 Magnum geschaffen und Colt für gut zwei Jahrzehnte auf einen nachgeordneten Rang verwiesen.
Doch als Hartford mit dem Python nach etwas ruckeligem Start in die Gänge kam, galt der Würger aus Hartford als wegweisend in seiner Magnum-Kaliber-Klasse. So wurde sein Konzept mit mittelgroßem Rahmen und mündungslangem Auswerfergehäuse vor 40 Jahren erst von Manurhin beim MR 73 und vor etwas mehr als drei Jahrzehnten von Smith & Wesson für den M 586 Distinguished Combat Magnum kopiert.
Hersteller wie Manurhin, Korth, Weihrauch, Taurus, Llama und Rossi übernahmen für einige ihrer 357er Trommel-Kurzwaffen die ventilierte Laufschiene. Gut eine Generation lang dominierte der Python dieses Kaliberfeld. Und das so, dass sich weithin die Ansicht durchsetzte, mit ihm habe die Karriere der leistungs-starken 357er Patrone überhaupt begonnen.
Was - wie ausgeführt - nicht stimmt. Aber es beweist, welch mächtiger Ruf den Sechsschüsser mit den linksdrehenden Zügen und der nach rechts rotierenden Walze begleitet hat.
Per TV zum Aufstieg und Niedergang
Vielleicht hätte S & W nie mit der als M 686 bekannten Stainless-Steel-Variante des Distinguished Combat Magnum zum Überholmanöver ansetzen können, hätte Colt in der Pole Position nicht angefangen zu schlingern. Dabei sah das erst einmal ganz anders aus: Zwischen 1979 und 1981 erreichte die Nachfrage ihren höchsten Punkt. 51 636 Pythons kamen 1979, 54 044 anno 1980. Und 1981 waren es gar 59 581 Stück.
Wobei die sehr erfolgreiche TV-Krimiserie „Starsky & Hutch“ dazu sicher ihr Scherflein beitrug: Mit David Soul als „Ken Hutchinson“ führte einer der beiden Hauptakteure so einen Colt, als Sechs-zöller im Achselholster. Die Serie lief 1975-79 - und ab 1975 wuchs die Python-Produktion um ein Drittel. Als Folge der Massenfertigung litt aber die Qualität beklagenswerterweise (so, wie auch bei anderen Waffen aus gleichem Stall).
Das machte erst richtig den Blick frei auf die Handikaps, durch die der Python im Vergleich zum S & W 586/686 ins Hintertreffen geriet: Das Colt-Schloss zündet konstruktionsbedingt etwas lang-samer als die jüngere Variante der Konkurrenz aus Massachusetts.
Auch lässt es sich nicht so gut tunen - Blattfedern kann man halt nicht so einfach ersetzen wie Schrauben-Varianten. Mit alldem hätten viele Fans gern gelebt, wäre das Werk dafür seinen einst so hohen Fertigungsansprüchen treu geblieben. Die Ende der 1990er einsetzenden Rettungsversuche waren zwar richtig, kamen aber zu spät.
So aber bleibt Aficionados moderner Revolver die Erinnerung an das Modell, das in der Mitte des 20. Jahrhunderts mehr als jedes andere für Furore gesorgt hat. Smith & Wesson M 586/686, MR 73, Ruger GP 100 und mancher Korth – alle folgten der Vorgabe dieses Colts mit dem mittelgroßen Rahmen: Der Python ist damit die einzige Schlange auf der Welt, die einen wirklich großen Schatten wirft.
- Eckdaten: Die Serienfertigung des Python lief von 1955-1996 und danach im Colt Custom Shop bis 2005/2006 (vermutlich wohl auch, um die vorhandenen Teile aufzubrauchen). Das Standardkaliber hieß .357 Magnum. Es gab aber auch einige Muster in .256 Winchester Magnum, .38 Special, .41 Magnum und .44 Special. Wohl angekündigt, aber im Prototypen-Stadium steckengeblieben: Varianten in .22 l. r. sowie .22 Winchester Magnum Rimfire (WMR).
- Ausstattung: Der Python war sechsschüssig und kam mit Double Action-/ Single Action-Schloss. Der Lauf trug – wie erwähnt – eine ventilierte Schiene und hatte ein mündungslanges Ausstoßergehäuse. Weiter gab es einen geriffelten Matchabzug, eine von Hand abgestimmte Mechanik, ein verstellbares Sportvisier und ein Rampenkorn. Am Rahmen saßen erst große, gecheckerte Holzgriffschalen, ab 1979/80 auch schwarze Gummigriffschalen.
- Lauflängen: Colt lieferte das Modell mit 2 1/2-, 3-, 4-, 6- und 8-Zoll-Rohren. Die 6-Zoll-Version lief am besten, der kurze am schlechtesten: Colt stellte den Zweieinhalbzöller 1994 ein. Selten ist die für einen US-Großhändler gebaute Drei-Zoll-Version „Combat Python“. Vor allem bei vernickelten Dreizöllern sollten sich Sammler von Colt via „factory letter“ Echtheit und Lieferweg schriftlich bestätigen lassen. Solche Raritäten verleiten zu Fakes. Je nach Lauflänge wiegt der Python zwischen 900 und 1500 Gramm.
- Finish: Standardmäßig kam der Python in „Royal Blue“, also hochglanzpoliert und mitter-nachtsblau brüniert. Colt offerierte auch ein Nickelfinish („Bright Nickel“). Ab 1982/83 gab es eine Ausführung in Stainless Steel, ab 1985 die rostträge, hochglanzpolierte Luxus-Variante „Python Ultimate Stainless Steel“.
- Colt Python Hunter: 1980 eingeführt, basierte er auf der Acht-Zoll-Ausführung und kam ab Werk mit zweifachem Leupold-Zielfernrohr. Er gilt als erste derart ausgerüstete, serienmäßig zur Jagd gebaute Kurzwaffe.
- Colt Python Silhouette: Die 1981 vorgestellte Version hat wie der Hunter einen Acht-Zoll-Lauf und ein Leupold-ZF.
- Colt Python Target (auch: Python .38 Special): Das war eine Scheibenwaffe mit Acht-Zoll-Lauf in .38 Special. Es gab 3740 Stück, meistens brüniert, seltener vernickelt.
- Colt Boa: Davon kamen 1985 im Auftrag des US-Grossisten Lew Horton 1200 Stück. Der Boa kombinierte den Colt-Mk V-Rahmen und den ventilierten Python-Lauf. Das limitierte Modell gab es jeweils zur Hälfte mit Sechs- und Vier-Zoll-Läufen. Je 100 wurden als „Matched Sets“, also mit gleichen Nummern, verkauft.
- Colt Grizzly: Diese Spinoff-Ausführung entstand ebenfalls auf Wunsch eines US-Großhändlers in einer Auflage von 500 Stück. Der Stainless SteelGrizzly bildete einen Mix von King Cobra-Rahmen und Python-Lauf. Die Waffe hatte eine ungeflutete Trommel und einen geporteten Sechs-Zoll-Lauf mit Motiv einer stilisierten Bärentatzenspur.
- Python Ten Pointer: ein weiterer Jagdrevolver mit Acht-Zoll-Rohr, dreifachem Burris-Glas, Holzschalen und Extra-Neopren-Schalen.
- Python Elite: Es handelte sich um eine 1997-1998 und 2002-2006 nur via Colt Custom Shop erhältliche Version. Kennzeichen: Royal Blue oder Stainless Steel, 4“- und 6“-Läufe.
- Ultimate Python: Auch das war ein vom Custom Shop getunter Sechszöller, auf Wunsch mit Visierungen des Typs Colt-Elliason oder Acro (white outlining). Er kam in Stainless Steel oder brüniert, aber stets hochglanzpoliert — so, wie es sich für einen Colt Python gehört.
Und wie viele gab es?
Das zu ermitteln, ist nicht so ganz simpel. Bislang liegen nämlich nur die Daten bis 1985 vor. Es fehlen also die Zahlen und Seriennummern bis 1996 sowie die Anzahl der Custom-Shop-Waffen. Zudem klaffen in der Nummernliste Lücken (siehe Seriennummern-Feld N, 1978). Rechnet man die bekannten Zahlen bis 1985 zusammen, ergibt das bereits über 560 000 Exemplare. Fragt sich,
ob das Modell die 600 000er Marke noch genommen hat.
Seriennummern | |
1955-69: | 1 - 99999 |
1969-75: | E 1001 - E 99999 |
1975-78: | 01001 E - 99999 E |
1978: | 01001N - ? |
1978-80: | V 01001 - V 99999 |
1980: | AL 0101 - AL 9999 |
LA 0101 - LA 9999 | |
VA 1001 - VA 9256 | |
1980-83: | K 01000 - K 99999 |
1983-85: | T 01001 - T 34453 |
Es zeichnet sich ab, dass es möglicherweise bei den Zahlen und Modellvarianten nach ‘85 Unstimmigkeiten gegeben hat.
Sammlern können den Weg über den allerdings kostenpflichtigen „factory letter“, also einen Werksbrief zu Fertigungsdatum und Lieferweg der jeweiligen Waffe, einschlagen: Historical Department, Tel. (001) 860-236-6311, und im Web: www.coltsmfg.com/CustomerServices/ArchiveServices.aspx