Test: Colt Defender in 9 mm Luger

Als die US-Firma Colt die unter Leitung des Konstrukteurs John M. Browning entwickelte Pistole M 1911 Government im Kaliber .45 ACP vorgestellt hatte, folgten bald Rufe nach kleineren Spielarten, die sich besser als diese Full-Size-Ordonnanzversion verdeckt führen lassen sollten. Zwar lieferte Colts hauseigene, als „Model Room“ bekannte Experimentier-Gruppe schon früh mit dem „Model of 1910/1911, .38 Caliber Experimental“ eine verkleinerte Government, doch blieb es bei einer Handvoll Musterstücke. Die erste serienmäßig kürzere 1911er Variante präsentierte Colt 1949 in Gestalt der mit Alu-Griffstück ausstaffierten Colt Commander (Lauflänge 4 1/2 statt 5 Zoll). Die gab es ab 1951 auch im deutschen Kaliber 9x19 mm. 1970 folgte eine Ganzstahl-Ausführung namens Combat Commander. In den 70ern kamen dann von Herstellern wie Star-Echeverria (Spanien) und Detonics (USA) gefertigte Pistolen heraus, die noch kleiner ausfielen als eine Commander. Und seit gut vier Jahrzehnten sind Miniatur-Governments ein eigenes Feld, in dem sich mit Modellen von Star Firestar M 43 und Llama Minimax über Springfield Compact und STI Falcon 3.9 bis hin zu Para Warthog oder SIG Sauer P 238 so gut wie jeder 1911er Hersteller tummelt. Der Marktführer des 1911er Bereichs, die US-Marke Kimber, hält mit den Reihen Micro und Solo superkleine 1911er vor, deren Läufe weniger als drei Zoll messen.

Bei alldem schaute Colt als Mutter aller 1911er nicht tatenlos zu: Das Werk fertigte diverse Taschen-Ausführungen, als da wären Officer‘s, .380 Government Model 80, Mustang und Defender. Von diesem ab 1999/2000 gefertigten Stainless-Steel-Modell existiert auch eine Ausführung in 9x19 mm – und die absolvierte den Test in Form einer „Lightweight“-Version mit Alu-Unterbau und einem Wraparound-Gummigriff der Marke Hogue. Technisch handelt es sich um eine Single-Action-Pistole mit modifizierter Browning-Technik. Statt der 1911er Laufmündungsbuchse sorgt eine Frontverdickung dafür, dass der Lauf auch vorn nach dem Repetieren in die korrekte Position zurückfindet. Aber für die Federführung gibt es eine entnehmbare Schlittenbuchse. Außerdem werkelt im Inneren eine passive Schlagbolzensicherung à la M 1911 Series 80.

Zum Test des Colt Defender:

Bei der Kontrolle der insgesamt ordentlichen Verarbeitung fielen einige Werkspuren, diverse Ritzen, die nicht ganz sauber aufgebrachte Namensgravur und ein mäßiges Laufspiel auf (-3 Punkte). Bei der Abzugscharakteristik zeigten sich ein leichtes Kriechen und ein strammes Gewicht (-2 Punkte). Das für eine Taschenpistole vortreffliche Abzugs-Griff-Design (-0 Punkte) führte zu einem satt und weich in der Hand liegenden Griff. Es wirkte sich jedoch auf die Bedienelemente aus – ein Tester kam trotz langer Finger fast nicht an den Schlittenfang. Zudem waren alle Elemente nur einseitig ausgelegt (-2 Punkte). Untadelig und zweckgemäß die driftbare Drei-Punkt-Visierung mit Balkenkorn und Novak LoMount-Kimme (-0 Punkte). 

Zum Prüfabschnitt Repetierablauf/Sicherheit: Die Defender funktionierte mit allen Patronensorten tadellos. Weder hakelte etwas, noch hätte sich ungewollt ein Schuss lösen können. Und die ausgeworfenen Patronenhülsen landeten nicht in Gesicht oder Halskrause der Schützen (-0 Punkte). 

Fehlt noch die Präzision: Das beste Resultat von 50 mm Durchmesser verdankt die Colt Defender der schwereren von zwei im Test verwendeten Fiocchi-Patronen (-8 Punkte).

Testfazit zur Colt Defender:

Die Colt Defender zeigte sich als gut gearbeitete, brauchbar schießende Taschenwaffe im klassischen Look einer der berühmtesten Selbstladepistolen der Welt. Hervorzuheben ist auch der exzellent gestaltete Gummigriff der US-Firma Hogue. In mitteleuropäischen Gefilden empfiehlt sie sich vor allem als Begleiter für die Jagd, dafür ist sie mit einem Leergewicht von 768 Gramm auch nicht zu schwer.

VISIER-Bewertung der Colt Defender in 9 mm Luger:

Schießtest: Colt Defender

Hinweise: Streukreis = 5-Schuss-Gruppen, geschossen über *15 Meter Distanz von der Sandsackauflage. Angegeben in Millimetern, gemessen von Einschussmitte zu Einschussmitte.
v₂ = Geschossgeschwindigkeit zwei Meter vor der Laufmündung, in Meter pro Sekunde. E₂ = Geschossenergie zwei Meter vor der Mündung, in Joule.
Geschoss-Abkürzungen: SP = Soft Point. JHP = Jacketed Hollow Point. FMJ = Full Metal Jacket. IPSC appr. = IPSC approved (für IPSC zugelassen).

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