Die Vorderladerpistole Pedersoli Boutet 1er Empire Commemorative im Praxistest mit Video. Einst purer Luxus, heute als Nachbau ein beliebter "Neo-Klassiker" 

Sogenannte "Neo-Klassiker" von Vorderladern  –  das sind mehr als nur simple Kopien der Waffen von Waldläufern und Trappern, von Soldaten des Amerikanischen Bürgerkriegs oder solchen aus dem britischen Commonwealth in der Mitte des 19.  Jahrhunderts. Das beweist die italienische Firma Davide Pedersoli. Vor gut 20  Jahren begann das Familienunternehmen, limitierte und nummerierte Gedenkmodelle (Commemoratives) zu fertigen. Das geschah mit Blick auf das Frankreich der Napoleonischen Epoche  –  French Connection sozusagen. Zu jedem Stück gehört ein Echtheitszertifikat auf Pergamentpapier: Das neueste Modell von Pedersoli trägt den Namen Boutet  –  damit einher geht eine besondere Geschichte.

Pedersoli fertigt (bislang) drei Varianten seiner von Boutet beeinflussten Steinschloss-Vorderladerpistole:

  • Boutet 1er Empire (1.319,- Euro),
  • Boutet 1er Empire Commemorative (1.559,- Euro, so eine war die Testwaffe),
  • Boutet 1er Empire Extra Deluxe (2.330,- Euro).
Vorbildgerecht auf dem Lauf der Boutet-Pistole von Pedersoli: „Boutet Directeur Artiste“ (=  künstlerischer Leiter). Links die Pflichtdaten zu Seriennummer, Werk, Kaliber und Treibmittel.

Diese Varianten unterscheiden sich nur im Finish. Das Einsteigermodell Boutet 1er Empire hat eine bunt gehärtete Schlossplatte und eine halbkugelförmige Schaftkappe aus Messing. Bei Commemorative und Extra Deluxe (diese mit Silbernägeln im Griff) trägt die Schaftkappe das Relief eines Frauenkopfes inmitten eines Nestes züngelnder Reptilien. Das Motiv bezieht sich auf einen antiken Mythos: Die geflügelte Medusa war eine der drei als Gorgonen bekannten Schreckgestalten, hatte Schlangenhaare und wurde schließlich vom griechischen Helden Perseus enthauptet. Zu diesen Repliken gibt es jeweils eine separate Präsentationskassette mit Glasdeckel.

An der Laufwurzel eingelegt findet sich das Firmen-/Zunftwappen des Herstellers, der Firma Pedersoli. Die flache Pfanne der Boutet 1er Empire Commemorative ist innen gussrauh.

Die eleganten Steinschlosspistolen haben je einen Rückstecher. Auf dem matt gebräunten Lauf prangen das Wappen oder Zunftzeichen von Pedersoli sowie die Beschriftung "Boutet Directeur Artiste". Die wie bei einer Kentucky-Pistole mündungslange Schäftung biegt sich zu einem scharf gekrümmten Griff. Eine typische Kontur, die Reisepistolen Napoleons zeigten sich ähnlich beschaffen. Bei der Testwaffe besteht der Griff aus poliertem Nussbaum mit der erwähnten Kappe. Unten drin steckte ein hölzerner Ladestock, der eine Horn-Handhabe und am anderen Ende ein Messinggewinde aufweist. Darüber sitzt der von zwei Schiebern gehaltene Lauf, wobei diese Schieber im Schaft gesichert sind und nicht verloren gehen können. 

Außen präsentiert sich der Lauf gebräunt, innen auf Hochglanz poliert, Werkzeugspuren sind daran nicht zu sehen. Sein Innendurchmesser beträgt 11,9  mm  –  ohne Felder und Züge: Dieses Rohr ist glatt, wie bei Reisepistolen oft üblich. Der Lauf hat die heute gängige Zündlochschraube, die auf einer für schnelles Zünden korrekten Höhe sitzt. Über der (leicht zurückgesetzten) Mündung sitzt ein Balkenkorn, das sich dank Schwalbenschwanzmontage seitlich driften lässt. Die Kimme ist starr, da fest von unten am Baskülenhaken verschraubt. Das optisch perfekte Steinschloss zeigt sich zweizeilig beschriftet mit "Manuf / a  Versailles". Es ist reibungsarm konstruiert, mit Kette und Fliege, hat eine breite und flache Pfanne (deren Oberfläche eine Politur nicht schaden würde) und einen Abroller auf der Batteriefeder. Alles gute Voraussetzungen für eine schnelle Funktion. Die Passungen zwischen Schloss und Lauf sind perfekt, beim Schuss gelangt deshalb kein Schmauch ins Innere.

VIDEO: Autor Matthias S. Recktenwald stellt die Pedersoli Boutet 1er Empire Commemorative vor

Steht der Hahn der hier geprüften Pedersoli Boutet 1er Empire Commemorative in der Laderast, liegt die Steinkante am Batteriedeckel an.
Das Schloss der Pedersoli Boutet kommt mit Fliege und Kette, die Funktionsteile sind an ihren Reibungsstellen sauber poliert, so dass alles glatt läuft.

Was uns auffiel bei der ersten Betrachtung, das war die etwas zu harte Deckelfeder. So etwas führt unter Umständen zu schnellerem Verschleiß der am Deckel angebrachten Batterie und belastet den an ihr vorbeireibenden Feuerstein. Nächster Knackpunkt: Das Schloss zündet zwar sehr schnell, tat das aber bei jedem vierten oder fünften Schuss nicht gleich im ersten Versuch. Auch benötigt es einen sehr kurzen Stein, der nicht länger als 14  mm ausfallen darf. Ein längerer Flint würde das komplette Schließen des Batteriedeckels blockieren, wenn der Hahn in der Laderast steht. Gesägte Steine in Größe Null (=  12 x 14  mm) passen gerade so. Die Tester ersetzten das originale Bleifutter durch eins aus Leder, da sich so der Flint deutlich besser spannen ließ. Aber das sind nur Kleinigkeiten.

Auf dem Schießstand musste sich die Pedersoli Boutet bewähren

Pedersoli Boutet Empire Commemorative: Die Mündung des bräunierten Laufs ist blank und leicht angeschrägt. Darüber ein Perlkorn, das sich seitlich driften lässt.

Um mit einer glattläufigen Waffe etwas zu treffen, verfahre man so: Die Ladung per Trichter einbringen, darauf eine gefettete Filzscheibe setzen, die einen leicht (!) größeren Durchmesser als das so große Kugeln auch mit roher Gewalt nicht laden, wenn darunter je ein gefettetes Pflaster der Stärke 0,24  mm sitzt. Das heißt: Jeder muss bei glattläufigen Waffen selbst die optimale Paarung aus dem von ihm verwendeten (gefettetem) Pflaster und einer Kugel finden, die sich so straff laden lässt. Sitzt das Geschoss mit etwas mehr Spiel, geht es zwar leichter, jedoch leidet die Treffgenauigkeit.

Die gefettete Filzscheibe zwischen Pulver und Geschoss dient zwar der Präzision, verhindert aber Geschwindigkeitsmessungen, da sie am Pflaster klebt und nach der Kugel durchs Messgerät fliegt: Eine Probeserie zeigte, dass dies die Werte verfälschte. Also ließen die Tester den Filz beim Messen weg. Der Rückstecher der Pedersoli machte im Test keine Probleme. Beim Schießen sollte man den Schaft dennoch möglichst hoch fassen. Greift man zu tief, besteht die Gefahr, den Schuss nach unten zu verreißen. Die Prüfer schossen die Waffe sitzend von der Sandsackauflage. Als Pulver diente die Schweizer Sorte No.  2, auf die Pfanne kam Schweizer Zündkraut. Die Ladung von 40  Grains ergab trotz des recht hohen Gewichts der Pistole einen markanten Rückstoß. Insgesamt umfasste der Test etwas mehr als 60  Schuss, dies beim "Verbrauch" von zwei  Steinen (alle Details des Schießtests finden Sie nur in der gedruckten Ausgabe VISIER 5/2024, siehe ganz unten).

Typisch Boutet: Knauf mit Maskaron (Fratzengesicht) gemäß dem antiken Medusa-Mythos. Am Rand des Knaufes steht bei Pedersolis Neo-Classiker die Nummer der limitierten Sammler-Edition.

Die Pedersoli Boutet ist nicht unbedingt sportlich nutzbar

Die ungewohnt steile Griffform war um 1800 in Mode. Damals war die heutige Schießhaltung mit durchgestrecktem Ellbogen nicht gebräuchlich, man schoss mit angewinkeltem Arm. Bei ein- oder beidhändigem Anschlag muss der heutige Sportschütze das starke Vordergewicht und den stark gekrümmten Schaft der Pistole bedenken. Wer will, könnte sie sportlich einsetzen, obwohl sie dafür kaum gedacht ist. Beim Deutschen Schützenbund (DSB) gibt es eine Disziplin für Steinschlosspistolen (glatte und gezogene Läufe, einhändiger Anschlag). Da ließe sich die Boutet zwar nutzen, hätte aber wegen ihres glatten Laufes kaum Chancen gegen Gezogenes. Der Bund Deutscher Sportschützen (BDS) bietet getrennte Disziplinen für glatte und gezogene Steinschlosspistolen an, beide werden stehend freihändig im beidhändigen Anschlag geschossen.

Pistole Pedersoli Boutet 1er Empire: Technische Daten und Preis

Modell

Pedersoli Boutet 1er Empire
Commemorative

Preis (UVP):

1.559,- Euro

Kaliber:

.45 Zoll

Kapazität:

1 Schuss

Maße (L x B x H):

420 x 47 x 150 mm

Lauflänge:

269 mm

Dralllänge:

kein Drall, glatter Lauf

Visierlänge:

273 mm

Ausschnitt Kimme:

2,3 mm

Kornbreite:

2 mm

Abzugsgewicht:

einstellbar, Rückstecher

Gewicht:

1.380 Gramm

Links-/Rechts-Ausführung:

Nur rechts

Ausstattung: Glattläufige Steinschloss-Vorderladerpistole, Nussbaumgriff mit Öl-Finish, Fischhaut und Stahlkappe. Lauf gebräunt, Abzugsbügel, Schlossplatte und Hahn blank. Perlkorn in Schwalbenschwanznut, starre Kimme. Holzladestock mit Hornabschluss und Gewindeaufnahme.

Unser Test-Fazit: Die Pedersoli Boutet 1er Empire Commemorative wäre in originalgetreuer Qualität unbezahlbar

Natürlich kann ein seriell gefertigter Neo-Klassiker bloß in Ansätzen das abbilden, was vor gut 200  Jahren die Werkstatt von Boutet verlassen hat. Wollte man auch nur halbwegs in dessen Qualität reproduzieren, dann erforderte dies die hundertprozentige Fertigung von Hand und einen Preis, der die Spanne von 1.319 bis 2.330,- Euro um ein Vielfaches übersteigen würde: Boutets Produkte galten als Inbegriff luxuriöser Waffen. Mitunter zeigten sich seine Stücke so flächendeckend wie kunstvoll mit Goldtauschierungen auf himmelblauem Metall wie auf edelsten Hölzern versehen  –  damals wie heute atemberaubend. Dass verschwenderisch anmutender Gebrauch solcher Nobelmaterialien im Verbund mit Highend-Finishes und feinster Handarbeit preistreibend wirkte, liegt auf der Hand. Das Pedersoli-Team knüpft daran an, indem es die Kontur des Originals kopiert und so eine Pistole vorlegt, die mit ölgeschliffenem, poliertem Schaft aus dunklem Nussbaum und gebräuntem Lauf sehr gut aussieht. Zudem kommt sie anständig verarbeitet und trifft vertretbar im Rahmen dessen, was ein "ungezogener", weil glatter Kurzwaffen-Lauf leisten kann: Sie ist eher etwas für Sammler solch limitierter Modelle  –  und für Reenactors der Napoleonischen Epoche, die ihr Erscheinungsbild um ein besonderes Detail ergänzen möchten.

Die Testpistole stellte der Pedersoli Service Deutschland zur Verfügung – vielen Dank!

Die Steinschloss-Pistolen Boudet 1er Empire beim Hersteller Davide Pedersoli

Dieser Testbericht stand in ungekürzter Form in  VISIER 5/2024, das Sie hier bequem bestellen können.

Diesen Artikel gibt es auch in dieser Sprache:

Hier beim Pedersoli Service Deutschland können Sie die vorgestellten Waffen  erlaubnisfrei ab 18 Jahren online kaufen:


Pedersoli Boutet 1er Empire Luxus
2.330 Euro

Pedersoli Boutet 1er Empire Commemorative (wie die Testwaffe)
1.559 Euro

Pedersoli Boutet 1er Empire (Einsteigerversion)1.319 Euro