Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910: MG-Meilenstein in ziviler Ausführung, die Sie jetzt kaufen können

Die Büchsenmacherei Niedermeier aus München ist unter anderem für ihre halbautomatischen Ausführungen historischer interessanter Waffen wie der MP 40, MP 38/44, der MP 44, PPSh41 und Thompson M1A1 bekannt. Auch halbautomatische Büchsen auf Basis bekannter Maschinengewehre wie dem Bren MKI und MKII oder dem MG 34 können Interessenten dort erwerben. Ebenfalls stellt Niedermeier aus von Kunden angelieferten Teilsätzen halbautomatische Schusswaffen her. Im Nachfolgenden geht es um die Selbstladebüchse auf Basis des Maxim-Maschinengewehrs.

Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910 in zerlegtem Zustand.
Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910 in Einzelteilen: mittig das Steuerstück mit dem Durchladehebel. Links davon das Federgehäuse. Rechts der Lauf.

Die Waffe: Niedermeier SG08 Maschinengewehr in 7,62 x 54 R

Klaus Niedermeier gelang es, eine zivil erwerbbare Variante des legendären Maxim-Maschinengewehrs anbieten zu können. Die Waffe ist größtenteils aus Originalkomponenten hergestellt. Im Unterschied zum Original handelt es sich dabei jedoch um eine halbautomatische Selbstladebüchse. Wie der Name schon verrät, basiert die Waffe mit der genauen Bezeichnung Tula-Maxim P.M. 1910 auf dem bekannten und von Sir Hiram Maxim erfundenen Maxim-Maschinengewehr. Doch nun zuerst zum Erfinder selber, Sir Hiram Maxim:

Sir Hiram Maxim als Erfinder des ersten Maschinengewehrs

Historisches Foto von Hiram Maxim an einem Maschinengewehr.
Der in den USA geborene, jedoch in England wirkende Erfinder Sir Hiram Maxim an einem von ihm erfundenen, portablen Maschinengewehr.

Hiram Stevens Maxim wurde 1840 in den USA geboren. Der gelernte Kutschen- und Instrumentenbauer zog 1880 nach London. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte sich Maxim als Chefingenieur der First Electric Lighting Company mit der Verbesserung der von Edison erfundenen Glühlampe und hatte sich bereits zahlreiche Erfindungen patentieren lassen. Sein erstes Waffenpatent erhielt er im Jahr 1883 für den Umbau eines Winchester-Unterhebelrepetierers M 1873. Zur Vermarktung seiner neuen Erfindung gründete Hiram Maxim im Jahre 1884 in London die "Maxim Gun Company". Bereits im Jahr darauf stellte er den Prototypen eines Maschinengewehrs vor, das vollautomatisch auf Rückstoßbasis arbeitete. Bei allen bis zu diesem Zeitpunkt gebauten Maschinengewehren – wie beispielsweise die Gatling Gun – handelte es sich um sehr schwere Konstruktionen. Zudem mussten sie mechanisch mit Handkurbeln angetrieben werden. Die neue Erfindung Maxims funktionierte als automatischer Rückstoßlader mit einem kurzen Rohrrücklauf und Kniegelenkverschluss. Durch die verbaute Wasserkühlung ließ sich zuverlässig eine automatische Schussfolge von bis zu 666 Schuss pro Minute erreichen.

Die erste Lieferung von 26 Waffen erfolgte 1888 an die italienische Armee. Im Jahr darauf orderte die österreichische Marine 160 Einheiten der Rückstoßlader. Ebenfalls im selben Jahr wurde die Waffe bei der britischen Armee eingeführt. Bei Versuchen in der Schweiz in Thun wurden im Mai 1889 aus einem Vorführstück im Kaliber 7,5 x 55 mm Swiss insgesamt 4871 Schuss ohne nennenswerte Störung abgegeben. Daraufhin stellte die Schweizer Armee die neue Waffe in Dienst. In den kommenden 20 Jahren fand die Waffe weltweit große Verbreitung. Das Maxim wurde in modifizierten Varianten nicht nur in England produziert, sondern in Lizenz unter anderem auch in Deutschland, Russland, USA, Schweiz, Finnland, China und Australien. Auf dem Entwurf des Maxim basieren alle namhaften Maschinengewehre dieser Zeit: Etwa das deutsche MG 08, das Vickers Maschinengewehr, das Schweizer MG 11 oder das russische P.M. 1910.

Für unseren Praxistest haben wir das Niedermeier SG08 auf einer Radlafette vom Typ Sokolov montiert. 

Diese nach ihrem Erfinder Oberst Alexander Sokolov benannte Lafette mit kleinen Rädern entstand ab 1908 in Russland. Das optional erhältliche Schild wurde von uns nicht montiert. Auch ohne Schild hat die Lafette ohne Waffe ein Gewicht von über 35 kg. Bei der vorliegenden Lafette handelt es sich offenbar um eine spätere Version, da das Grundgestell nicht aus Stahl, sondern Messing gefertigt wurde. Grund hierfür war, dass sich Messing leichter bearbeiten ließ und die Produktionszahlen gesteigert werden mussten. Die Radlafette lässt sich für den Transport zusammenklappen. Nach einer groben Ausrichtung in der Waagrechten wird die Waffe mit einer Schraube fixiert. Eine Feinjustierung in der Höhe erfolgt mit einer großen Rändelschraube. Am Rahmen der Lafette befindet sich eine Blechbox für einen zusätzlichen Verschlussträger.

Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910 und die Sokolov-Lafette von einander getrennt.
Die Lafette vom Typ Sokolov mit eingeklapptem Handbügel für den Transport.

Alle Daten und Preise zum Niedermeier SG08 im Überblick

Modell:

Tula-Maxim P.M. 1910: Büchsenmacherei Niedermeier München SG08

Preis:€ 2.500,- (Waffe), € 300,- (Lafette)
Kaliber:7,62 x 54 R
Kapazität:Patronengurt mit variabler Kapazität
Länge:1.100 mm
Lauflänge:723 mm
Abzugsgewicht:2,1 kg
Gewicht:20,7 kg Waffe und 35,4 kg Lafette
Links-/Rechtsausführung:Nur als Rechtsausführung
Ausstattung:Selbstladebüchse als Rückstoßlader mit Kniegelenkverschluss, Direktabzug, Spatengriffe, offene Visierung mit Klappkimme (Visierlinie 870 mm).

Zur Technik der Testwaffe Niedermeier SG08

Die wesentliche waffentechnische Erfindung besteht aus der Funktionsweise in 3 Ebenen. In der oberen Ebene befindet sich die Gurtzuführung. Die erste Patrone wird durch den Repetiervorgang in die mittlere Ebene in das Patronenlager geladen. Beim Feuern läuft der Lauf mit dem Verschluss durch den Rückstoß zurück. Nach wenigen Millimetern bleibt der Lauf stehen. Der Verschluss geht weiter nach hinten und vollzieht eine walzenartige Bewegung. Dabei wird die abgeschossene Hülse eine Ebene nach unten befördert und ausgestoßen. Der Hülsenauswurf befindet sich in der unteren Ebene direkt unter dem Lauf. Gleichzeitig wird durch die walzenartige Bewegung eine neue Patrone aus der oberen Ebene aus dem Gurt gezogen und in die mittlere Ebene in das Patronenlager befördert.

Blick in das System des Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910.
Nachladevorgang des SG08 von Niedermeier: oben eine Patrone im Gurt. Mittig wird eine Dummy-Patrone ausgezogen und im nächsten Schritt eine Ebene tiefer ausgeworfen.
Ausgebauter Verschluss des Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910.
Verschluss des Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910 mit zwei eingesetzten Dummy-Patronen. Dahinter die Gurtzuführung.

Durch den Rohrrücklauf bewegt sich der Patronengurt um eine Patrone weiter. Da beim ersten, manuellen Ladevorgang aufgrund des fehlenden Rückstoßes der Gurt nicht weitergeführt wird, muss der Schütze den Gurt mit der Hand um eine Position weiterziehen und den Durchladehebel erneut betätigen. Daraufhin ist die Waffe fertig geladen und bereit für die Schussabgabe.

Griffe des Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910.
Die Bedienelemente: der Durchladehebel an der rechten Waffenseite. Halbkreisförmig zu erkennen ist die Sicherung über den Spatengriffen.

Als Bedienelemente befinden sich auf der rechten Gehäuseseite der Durchladehebel. Auf der linken Gehäuseseite sitzt das Federgehäuse. Durch Variation der Federspannung lässt sich in einem gewissen Bereich die Nachladegeschwindigkeit verändern. Die Gehäuserückseite weist den als Spatengriff bekannten Doppelrichtgriff auf. Der Abzug besteht aus einer Platte, die sich mit den Daumen drücken lässt. Die darüber liegende Sicherung muss zuvor mit dem Daumen der anderen Hand angehoben werden. Im Gegensatz zur vollautomatischen Version feuert der halbautomatische Prüfling beim Betätigen des Abzugs jeweils nur einen Schuss ab. Das Niedermeier-Team hat dazu im Gehäuse einen im eigenen Hause entwickelten Unterbrecher eingebaut. Auf dem Gehäusedeckel thront ein klappbares, höhenverstellbares Visier. Nach Anheben des Deckels kann der Schütze auf die Zuführung zugreifen. Die Gurtzuführung der Waffe lässt sich in einem Stück entnehmen.

Der Blick in das Gehäuse des Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910.
Blick in das Gehäuse des MGs mit eingesetztem Verschlussträger.

Der Verschluss gelangt durch eine Drehbewegung ins Gehäuse, man muss ihn aber vor dem Einsetzen von Hand spannen. In einer Schiene finden auf 3 Ebenen bis zu 3 Patronen Platz, die an den Hülsenrändern im Verschluss gehalten werden. Der Lauf ist an beiden Enden in der Kühlwassertrommel gelagert. Damit das eingefüllte Wasser nicht zu schnell ausläuft, hat man die Waffe am Laufende mit einer Nut ausgestattet, in die geölte Dichtschnüre aus Asbest eingelegt wurden. Der durch die Lauferwärmung entstehende Wasserdampf kann durch die Öffnung an der Mündung entweichen. Das vorliegende russische Modell besitzt einen größeren Deckel an der Kühlwassertrommel, der ein Einfüllen von Schnee erleichtert.


Der Ladevorgang des Niedermeier SG 08 / Maxim P.M. 1910

Der Ladevorgang des Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910: Schritt 1.
Der Ladevorgang Schritt für Schritt: Zum Laden den Patronengurt rechts einführen und nach links ziehen. Im Gurt sind zwei Dummy-Patronen eingesetzt.
Der Ladevorgang des Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910: Schritt 2.
Durchladehebel nach vorne drücken. Bei geöffnetem Verschluss den Gurt nach links ziehen. Eine Patrone befindet sich jetzt in der oberen Ebene über dem Patronenlager.
Der Ladevorgang des Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910: Schritt 3.
Ladehebel loslassen. Der Verschluss geleitet nach vorne und greift die Patrone in der oberen Ebene. Danach ist der Verschluss geschlossen. Eine Patrone ist in der oberen Ebene des Verschlusses.
Der Ladevorgang des Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910: Schritt 4.
Durchladehebel erneut nach vorne bewegen. Die Patrone wird aus dem Gurt gezogen. Sobald der Durchladehebel ganz vorne ist, wird die Patrone in die mittlere Ebene transportiert.
Der Ladevorgang des Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910: Schritt 5.
Bei fehlendem Rückstoß wird der Gurt nicht automatisch weitertransportiert. Daher muss der Gurt manuell nach links gezogen werden. Die nächste Patrone wird in der oberen Ebene sichtbar.
Der Ladevorgang des Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910: Schritt 6.
Wieder den Durchladehebel loslassen. Der Verschluss befördert eine Patrone in die mittlere Ebene in das Lager. Die Waffe ist fertig geladen. In der oberen Ebene wurde eine Patrone im Gurt vom Verschluss gegriffen. Eine Patrone steckt fertig geladen im Patronenlager.

Das Niedermeier SG 08 / Maxim P.M. 1910 in der Praxis

Die Waffe macht trotz Kriegsfertigung einen wertigen Eindruck. Am originalen Lack sind nur einzelne Macken vorhanden. Mit 20,7 kg handelt es sich bei der Waffe nicht um ein Leichtgewicht, das man nebenbei in die Tasche packt. Die Lafette wiegt zusätzlich 35,4 kg und wird durch das Zusammenklappen nur unwesentlich handlicher. Das Gesamtgewicht der auf Lafette montierten Waffe beträgt über 56 kg.

Niedermeier SG08 – Maxim P.M. 1910 im Schuss durch den Tester.
Niedermeier SG08: Anschlagart liegend. Aufgrund des hohen Waffengewichts lässt sich die Waffe sehr angenehm schießen. An der Kette am Kühlwasserkörper hängt der Verschluss für den Dampfablass.

Zum Erwerb der Waffe gehört eine umfangreiche Einweisung in der Büchsenmacherei Niedermeier. Somit hat man auf dem Stand bereits ausreichend Praxiserfahrung in der Bedienung. Die Waffe wird mit Patronengurten aus Metall ausgeliefert, die das Laden der Waffe ohne Probleme ermöglichen.

Die Technik der 75 Jahre alten Waffe begeistert. Das Visierbild stellt die Tester zufrieden. Aufgrund des Waffengewichts und der Montage schießt die Büchse sehr weich, es gibt keinen nennenswerten Rückstoß. Als Munition wurden relativ günstige Patronen von Prvi Partizan verwendet. Auf 100 Meter Entfernung sind Streukreise von 80 mm ohne große Übung möglich. Der beste Streukreis bei Gruppen mit fünf Schuss beträgt 55 mm. Das Schießen sowie die Handhabung der Waffe bereiten Freude. Die sportliche Herausforderung besteht darin, einen geeigneten Anschlag zu finden. Falls man sich für Waffen und Technik begeistern kann, erhält man mit dem Niedermeier-Umbau ein echtes Schmuckstück sowie einen Meilenstein in der Waffenhistorie. Betrachtet man den Aufwand für die Fertigung der Waffe an sich sowie den Genehmigungsaufwand, halten die Tester den Verkaufspreis in Höhe von 2.500,- Euro für durchaus angemessen.

Rechtliches zum vorgestellten Niedermeier SG08: Es handelt sich bei dem Umbau um eine "halbautomatische Langwaffe"

Bereits im Dezember 2006 legte die Firma Niedermeier dem Bundeskriminalamt eine Waffe auf Basis des Maxim-Maschinengewehrs vor. Die daran getätigten Umbaumaßnahmen gingen dem BKA jedoch nicht weit genug: Ein Rückbau zur vollautomatischen Version ließ sich zum damaligen Zeitpunkt nicht ausschließen. So erging über sieben Jahre später im März 2014 ein Bescheid, der einen zivilen Erwerb als halbautomatische Büchse ausschloss. Im Februar 2016 legten die Münchner dem Bundeskriminalamt nach umfangreicheren Umbauten erneut eine Waffe vor. Am 7. September 2017 erteilte das BKA dafür einen positiven Feststellungsbescheid, der einen zivilen Erwerb als halbautomatische Langwaffe gestattet – und exakt dieser Bescheid gilt für die vorgestellte Waffe.

Die Modellbezeichnung der Büchsenmacherei Niedermeier lautet Selbstladewaffe Modell SG08. Dem besagten Bescheid zufolge hat das BKA die Waffe als mehrschüssige halbautomatische Lang-Schusswaffe Kategorie B gemäß Anlage 1 zu § 1 Absatz 4 WaffG Abschnitt 3 Nummer 2.4 und 2.5 eingeordnet. Die Waffe kann somit aufgrund einer waffenrechtlichen Erlaubnis (also Waffenbesitzkarte oder Jagdschein) erworben werden.

Niedermeier SG 08 / Maxim P.M. 1910 – Das Fazit:

Mit dem Erwerb der Waffe erhält man einen Meilenstein der Waffengeschichte. Möglicherweise gibt es immer weniger Gelegenheiten für den Erwerb. So ist leider die erste Serie bereits ausverkauft. Der Verkaufspreis der nächsten Serie ist davon abhängig, zu welchen Konditionen die nächsten Dekowaffen erworben werden können. Beim Abfassen dieses Textes lagerten in München auch einige deutsche MG08, aus denen in Zukunft Selbstladebüchsen hergestellt werden. Niedermeier hat ausreichend Erfahrung in der Fertigung derartiger Waffen, dass beim Erwerb Rechtssicherheit gegeben ist. Ein Feststellungsbescheid ist vorhanden.

Erfahrungsgemäß steht Klaus Niedermeier bei Problemen stets mit Lösungen parat. So ist auch die Versorgung mit Ersatzteilen gesichert. Schießen und Handhaben der Waffe sind für jeden interessant, der etwas Gespür für Technikgeschichte hat. Spaß macht sie zudem. Ganz klar: Dafür gibt‘s eine Kaufempfehlung.


Text: Martin Schallmoser und Dario Nothnick

Dieser Test erschien zuerst in der VISIER, Ausgabe 07/2020. Dieses Heft ist noch über den VS Medien-Shop zu beziehen. Es ist sowohl als Print- wie auch als Digitalausgabe verfügbar.

Weitere Informationen zum Niedermeier SG 08 / Maxim P.M. 1910 finden Sie auf den Seiten der Büchsenmacherei Niedermeier.