Er ist dick, er ist schwer und er kostet was – aber er ist stets mehr wert, als man dafür gezahlt hat. Der Auktionskatalog von Hermann Historica in München beschreibt nicht nur die Stücke der aktuellen Auktion und gibt mit dem genannten Startpreis eine erste Idee vom aktuellen Wert der Stücke, er bleibt oft für Jahre die Referenz für den Wert seltener Stücke, zeigt Waffen, die man sonst bestenfalls aus Fachbüchern kennt und schafft mit knappen, aber präzisen Informationen kompaktes Fachwissen. Die nach der Auktion gelieferten Ergebnisse bilden zusammen mit dem Katalog selbst einen Marktspiegel, der seines Gleichen sucht. Aber wie kommen die Stücke in den Katalog? Wie kommen die Angebote zu Hermann Historica in München?
Wie kontaktiert man ein Auktionshaus, wenn man eine seltene Sammlerwaffe verkaufen möchte?
Manche tun es einfach! Sie schicken die Sammlerstücke mit einem Auftrag, sie bestmöglich in der nächsten verfügbaren Auktion unterzubringen, einfach nach Grasbrunn bei München zu Hermann Historica. Das ist allerdings eine eher seltene Möglichkeit, mit dem Auktionshaus ins Geschäft zu kommen und bei erlaubnispflichtigen Waffen heute auch kein rechtlich gangbarer Weg mehr. Aber nicht alles was den Weg in den Katalog findet, unterliegt der Erlaubnispflicht. Manchmal ist es eine seltene Pistolentasche, Literatur oder auch ein Magazin. Früher – als Hermann Historica noch am Rande der Münchener Innenstadt beheimatet war – kamen Kunden häufiger mal auch persönlich vorbei. Teils ohne Termin, teils nach kurzer vorheriger Absprache.
In der Regel sucht ein Interessent aber per Telefon oder Mail den Kontakt zu den Sachverständigen des Auktionshauses. Wer für welches Thema der richtige Ansprechpartner ist, kann bereits auf der Homepage des Unternehmens eingesehen werden. Andernfalls hilft das freundliche Personal am Telefon bei der Vermittlung zum richtigen Spezialisten. Das dann folgende Gespräch kann sehr unterschiedliche Inhalte haben. Möchte ein spezialisierter Sammler ein überzähliges Stück in den Markt geben, liefert er meist die entscheidenden Informationen über Waffenart, Modell, Baujahr und Zustand von selbst. Suchen Erben einer Waffe den Kontakt, stehen oft zunächst die rechtlichen Belange im Vordergrund, bevor man sich im Detail mit dem Stück beschäftigt. Oft folgen dann Bilder der Waffen, damit sich der Sachverständige einen Eindruck verschaffen kann. Wichtig ist dies insbesondere bei hochwertigen Jagdwaffen, die oft mit Gravuren versehen sind, oder auch bei Stücken, die in nicht mehr ganz so guten oder aber auch in einem überarbeiteten Zustand sind. Die Kamera des Smartphones und die Möglichkeit die Bilder unkompliziert zu verschicken schafft hier schnelle Ergebnisse. Manchmal zeigt sich schon hier Erstaunliches. Was manch ein Erbe für ein komisches altes Ding hält, kann sich unter dem scharfen Blick des Sachverständigen zum seltenen und wertvollen Sammlerstück verwandeln. Allerdings: manchmal zeigt sich leider auch, dass das vermeintlich wertvolle Stück eben doch keines ist.
Grundsätzlich ähnlich, aber mit deutlich aufwendigerer Vorarbeit ist die Einlieferung verbotener Waffen. Auch für diese – es handelt sich hierbei etwa um Stockdegen, Wilderer-Gewehre oder Maschinenpistolen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges – gibt es Kunden. Zuweilen kommen sie aus dem Ausland, manchmal handelt es sich um Museen, aber auch private Sammler beherbergen zuweilen derartige Stücke in ihren Sammlungen. Hier muss schon vor Annahme des Exponats durch das Auktionshaus eine Ausnahmegenehmigung beim Bundeskriminalamt beantragt werden. Ein Vorgang der Zeit und Geld kostet, aber von den Spezialisten des Auktionshauses stets routiniert erledigt wird. So kommen tatsächlich auch vollfunktionsfähige MP 40, Sturmgewehre 44 oder Fallschirmjägergewehre 42 in den Auktionskatalog. Selten zwar – aber doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Sie bilden oftmals die wahren Glanzstücke im Auktionsgeschäft und erfreuen die Sammler, die solche Waffen in Deutschland erwerben dürfen.
Die Waffe, das Holster, das schon seit Jahren vergriffene Fachbuch müssen dann irgendwie zu Hermann Historica kommen. Idealerweise kommt man persönlich vorbei, kann mit den Sachverständigen über die einzuliefernden Stücke sprechen, erfährt so manches über wertsteigernde oder auch wertmindernde Umstände, kann sich hinsichtlich der Startpreise und der Marktchancen orientieren oder auch gleich über die Umgestaltung oder auch Auflösung der ganzen Sammlung sprechen. Verkaufen und gleichzeitig kaufen in einer Auktion müssen kein Widerspruch sein. Für Waffenhändler ist das oft eine Selbstverständlichkeit. Man liefert ein, was man im eigenen Geschäft nicht gut verkaufen kann, weil die entsprechende Kundschaft fehlt und erwirbt, was der eine oder andere Kunde gerade haben möchte. Aber auch Sammler haben die Möglichkeit längst für sich entdeckt. Denn über die Jahre kann sich der Fokus einer Sammlung verändern – auch ohne das Sammlungsziel aus den Augen zu verlieren. Hat der Sammler von Mauser-Pistolen vielleicht bisher den Schwerpunkt auf die Varianten der weltbekannten C 96 gelegt, verschiebt sich vielleicht das Interesse mit der Zeit auf die kleineren Modelle im Kaliber 6,35mm und 7,65mm. Auch waffenrechtliche Änderungen verändern zuweilen das Interesse. Hatte die Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz in den 1980er- und 1990er-Jahren ein Sammeln zeitgenössischer Waffen praktisch nicht zugelassen, ist heute mit einer anderen Betrachtung mehr Spielraum möglich – was eben dazu führt, dass sich Sammlungen verändern oder auch neue Sammlungsthemen entstehen.
Rechtliche Rahmenbedingungen für die Einlieferung und den Verkauf von Sammlerwaffen bei Hermann Historica
Ein anderer Weg, wie das Stück nach Grasbrunn kommt: per Post. Oder, aber eigentlich nur bei der Einlieferung ganzer Sammlungen eine Option, die Abholung der Exponate durch die Sachverständigen direkt vor Ort. Erstellt wird dann ein Annahmebeleg, der gerade für den Einlieferer von erlaubnispflichtigen Waffen von Bedeutung ist. Denn mit ihm kann er den Verbleib der Waffe gegenüber den Behörden nachweisen. Gerade für Erben ist das wichtig, die von ihrer Waffenbehörde eine Frist bekommen haben, die Waffen an einen Berechtigten zu überlassen oder eine Waffenbesitzkarte zu beantragen. Selbstverständlich bekommt der Einlieferer auch das weitere Vorgehen erklärt und natürlich werden auch die Kosten der Verwertung durch das Auktionshaus nochmals erklärt. 20% des Zuschlagspreises behält das Auktionshaus für seine Dienste ein. Dieser Abschlag wird in der Auktionswelt Abgeld genannt. Das wirtschaftliche Risiko des gesamten Annahmeprozesses inklusive des noch folgenden Prozesses der Katalogerstellung trägt Hermann Historica. Bleibt das Stück in der Auktion ohne Gebot kostet das den Einlieferer nichts. Allerdings ist nicht zuletzt deshalb das Auktionshaus daran interessiert, dass die Exponate zu realistischen Startpreisen in den Katalog kommen. Das auf anderen Marktplätzen gelegentlich anzutreffende Anbieten zu Mondpreisen ist hier nicht zu erwarten. „Wir haben nichts davon, denn es wird niemand darauf bieten, wenn Stücke überteuert angeboten werden“. Das gelegentlich von Kunden gewünschte „wir können es doch mal probieren“, findet deshalb regelmäßig keine Resonanz. Auch enorme Zuschlagpreise führen nicht automatisch dazu, dass die Startpreise in der nächsten Auktion stark steigen. „Hohe Zuschlagpreise sind manchmal einfach der Besonderheit dieses einen Stücks geschuldet“ erklärt ein Mitarbeiter von Hermann Historica und führt weiter aus: „daraus ergibt sich nicht automatisch eine Wertsteigerung für ähnliche Stücke“. Dennoch verfolgen die Sachverständigen Trends auch bei den Zuschlagpreisen, beobachten Ergebnisse anderer Auktionshäuser und Marktplattformen und reagieren durchaus auf veränderte Marktlagen. Den Preis machen letztlich ohnehin die Kunden des Auktionshauses.
Wie kommen seltene Sammlerwaffen in den Auktions-Katalog von Hermann Historica?
Damit die auf den Geschmack kommen, wird das Stück nun für den Katalog beschrieben. Wichtig ist dabei, die Pistole, den Revolver oder das Gewehr möglichst genau zu beschreiben. Hersteller, Modell und Kaliber sind hier praktisch nur die Basisinformationen. Seriennummer, Abnahmestempel und Erhaltungszustand sind eine wertvolle Erweiterung. Weitere – verifizierbare – Informationen über gefertigte Stückzahl, Truppenteil oder bekannte Vorbesitzer, können den Wert enorm steigern. Mit der Beschreibung wird auch festgelegt, ob für das beschriebene Stück eine Übersetzung in den Katalog kommt, wie viele Bilder für den Katalog gefertigt werden sollen und welche Detailaufnahmen gegebenenfalls gemacht werden. Das Fotografieren der Waffen ist dann übrigens eine ganz spezielle Herausforderung. „Das Bild soll die Waffe möglichst genau darstellen“, erklärt ein Mitarbeiter der Fotoabteilung. Das klingt nach einer Selbstverständlichkeit, ist es aber nicht. Ob Kratzer oder Macken sichtbar werden, ist oft eine Frage des Lichts. Hier könnte man tricksen – in beide Richtungen. Der Kunde soll später nicht enttäuscht sein. Deshalb ist der Anspruch klar definiert: Das Stück soll punktgenau dargestellt werden. Im Zweifelsfall minimal schlechter als es tatsächlich ist.
Sind die Bilder gemacht, folgt eine Tätigkeit, die Kunde vielleicht gar nicht bewusst wahrnimmt, die aber dennoch von großer Wichtigkeit ist: die Sortierarbeit. Der Katalog Schusswaffen aus fünf Jahrhunderten hat einen klaren Aufbau. Historisch oder modern. Lang- oder Kurzwaffe. Ordonnanzwaffe aus den USA oder dem deutschen Kaiserreich. Alles das bestimmt den Platz im Katalog. Gerade für den deutschen Sammlermarkt, in dem Ordonnanzwaffen eine starke Rolle spielen, ist das von großer Bedeutung. Da die Zugehörigkeit einer Waffe zum genehmigten Sammelthema im Zweifelsfall durch den Erwerber nachgewiesen werden muss, hilft der Katalog als Nachweis. Ein Beispiel gefällig? Die Bayerische Polizei nutzte in den 1970er- und 1980er-Jahren die Taschenpistole Walther TPH für ganz besondere Verwendungen. Es gibt sogar Pistolen, deren Eigentumsstempel verdeckt unter dem Schlitten angebracht war. So hilft der Katalog nicht nur, die Pistole für den Verkauf zu präsentieren, sondern auch gleich noch die rechtliche Grundlage für den Erwerb als „Waffe im Gebrauch der Bayerischen Polizei“ zu untermauern.
Schließlich startet der Vorlauf zu Auktion. Ein gedruckter Flyer mit besonderen Stücken der nächsten Auktion erreicht die Kunden. Auf der Internetseite ist die Vorankündigung in digitaler Form für alle Interessierten zu sehen. Es folgt die Bestellmöglichkeit für den gedruckten Katalog und schließlich sind die Kataloge online zu betrachten – als Flipping Book oder ganz klassisch. Was einem lieber ist, darf jeder für sich entscheiden. Übrigens: das eine muss das andere nicht ausschließen. Online kann man die Bilder vergrößern, kleinste Details betrachten, sich an Schlagstempeln freuen oder über Gebrauchsspuren wundern. Gedruckt kann man die Beschreibung ins Bücherregal stellen und zusammen mit dem erworbenen Stück irgendwann weitergeben – quasi wie ein kleines Gutachten. Und für den Einlieferer bleibt mit dem Katalog die Erinnerung an sein interessantes Stück und die Begegnung mit einem außergewöhnlichen Marktplatz – für Pistolen, für Revolver, für Gewehre und manchmal sogar für eine Maschinenpistole.
Die nächste Auktionen "Schusswaffen aus fünf Jahrhunderten" bei Hermann Historica findet vom 20. bis 22. November 2024 statt
Am Mittwoch, dem 20. November, dreht sich bei Hermann Historica ab 15:00 Uhr alles um antike Schusswaffen. Donnerstag, der 21. November, steht ab 10:00 Uhr ganz im Zeichen der zivilen Schusswaffen und am Freitag, dem 22. November, ebenfalls ab 10:00 Uhr, folgt der dritte Teil mit den Ordonnanzwaffen. Insgesamt kommen an den Tagen 2056 Schusswaffen unter den Hammer. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Seite zur Auktion. Und natürlich gibt es in Kürze auch eine detaillierte Vorschau mit den Highlights hier auf all4shooters.com.