Gleich zwei Auktionstage für Waffen und Zubehör – ein erfolgreicher Jahresabschluss für Hermann Historica in 2022. "Schusswaffen aus fünf Jahrhunderten", "Antike Waffen und Rüstungen aus aller Welt" und die "Sammlung Binker" sind die Titel der drei Veranstaltungen, die vom 24. bis 26. Oktober 2022 im Auktionshaus Hermann Historica in München stattfanden. Wie im Bereich des Sammelns üblich, sind Waffenauktionen ein wichtiges Ereignis, um Markttrends zu studieren und den Wert von Gewehren, Schwertern und Rüstungen zu schätzen. Einem Trend folgend, der sich in den letzten Ausgaben der Auktion bereits recht gut etabliert hat: Es scheinen die begehrtesten und bestbezahlten Sammlerwaffen aktuell Waffen aus dem 20. Jahrhundert zu sein, wobei sich der Schwerpunkt von den ersten auf die letzten Jahrzehnte verlagert hat...
Hermann Historica im Oktober 2022: Die außergewöhnlichen Waffen der Sammlung Binker
Beginnen wir mit der Auktion, die Pistolen aus der Sammlung Binker umfasste: Unserer Erwartung entsprechend, war eines der Highlights das Los 2249, die "Cartridge Counter"-Version einer 1908 American Eagle Parabellum DWM Mod. 1902 im Kaliber 9mm Luger. Auf der linken Seite des Griffstücks ist das besondere Merkmal zu sehen, für das diese Waffe bei Sammlern so besonders begehrt ist: Das lange Fenster des Patronenzählers, der "Cartridge Counter". Der ist von 1 bis 7 nummeriert und ermöglicht es dem Schützen, die Anzahl der Patronen im Magazin zu überprüfen. Nach offiziellen Angaben wurden von dieser Variante nur 50 Exemplare hergestellt. Die Pistole trägt auf allen Teilen die Seriennummer 22408, während der Schlagbolzen und die Sicherung unnumeriert bleiben. Die Pistole hat einen schweren Lauf (in der Sprache der Luger-Sammler: "Fat Barrel") von 100 mm Länge. Auf dem Patronenlager befindet sich der amerikanische Adler, und das vordere Gelenk trägt das DWM-Logo. Alle Bedienelemente sind strohfarben lackiert, Kleinteile sind brüniert. Die Griffe aus Nussbaumholz, mit feiner Fischhaut versehen, tragen passende Seriennummern. Das vernickelte Magazin mit Holzboden ist nicht nummeriert.
Ausgehend von einem Preis von 35.000,- Euro wurde diese Waffe für 40.000,- Euro verkauft. Der prächtige Luger-Karabiner im Kaliber 7,65 Mod. 1902 von DWM Berlin, komplett mit Geschenkbox und punziert mit den Initialen GL (Georg Luger), kam dagegen nicht über den (schon recht hohen) Startpreis von 33.000,- Euro hinaus. Die 1903 hergestellte Pistole trägt im Kammerbereich die Markierung "J.L.M. / von H.C.R.", gefolgt von der Jahreszahl, und wurde sicherlich als Geschenk für eine Persönlichkeit der damaligen Zeit verwendet. Die Pistole ist in einer lederbezogenen Original-Holzkassette untergebracht, die die Pistole, den Nussbaumschaft/das Holster, zwei Magazine, die Bürste und das Reinigungswerkzeug enthält. Eine weitere Waffe aus der Sammlung Binker, die die psychologische Schwelle von 30.000,- Euro überschritt, war Los 2089, eine kommerzielle, werksgravierte Mauser C96 aus der Vorkriegszeit.
Diese Mauser-Pistole im Kaliber 7,63 mm wurde 1913 hergestellt und zeichnet sich durch eine wunderschöne Schneckengravur mit Goldresten aus, die sich auch auf die Griffe aus Walnussholz erstreckt. Das Holzetui ist mit schwarzem Lammfell überzogen, der Deckel ist mit Seide gefüttert und hat eine vergoldete Mauser-Markierung. Neben der Waffe enthält sie zwei lederne Munitionstaschen, eine Reinigungsbürste und eine Magazinfeder. Diese Waffe wird in dem Buch Mauser C96 von Kersten, Moll und Schmid auf den Seiten 122-123 beschrieben. Die Waffe befindet sich in einem neuwertigen Zustand, und so ist es nicht verwunderlich, dass dieses wirklich ungewöhnliche Stück für beeindruckende 36.000,- Euro verkauft wurde.
Schusswaffen aus fünf Jahrhunderten bei Hermann Historica: Die H&K P7 in verschiedenen Varianten
Kommen wir nun zu dem Stück, das zum höchsten Preis verkauft wurde. Es überrascht uns schon lange nicht mehr, dass relativ moderne, wenn nicht sogar zeitgenössische Waffen bessere Preise erzielen als ältere. Das gilt auch für die vollständig gravierte Heckler & Koch P7 K3, die 1985 in einem Unikat für den damaligen CEO des deutschen Unternehmens hergestellt wurde. Die H&K P7 K3 hatte die Besonderheit, drei verschiedene Kaliber verschießen zu können: .380 ACP, .32 ACP (7,65 Browning) und .22 Long Rifle. Der Wechsel vollzog sich, indem man einfach den Lauf, die Rückstoßfeder und die Magazine austauschte, daher der Name K3 (3 Kaliber). Zu den weiteren sehr interessanten Merkmalen gehören das verzögerte Blowback-System und die automatische Sicherung am Griffstück vorne. Obwohl die P7 wie so viele Heckler & Koch-Waffen technisch sehr interessant war und gut funktionierte, fand sie in der Öffentlichkeit und bei Kritikern keinen großen Anklang. In der multikalibrigen K3-Variante wurde sie nur von 1984 bis 1995 hergestellt. Auch die "Full Size"-Version im Kaliber 9 mm Para wurde der U.S. Army zur Einführung vorgelegt, kam aber nicht in Betracht. Das von Hermann Historica verkaufte Exemplar weist umfangreiche florale Gravuren auf dem Schlitten auf, während die Griffe aus Nussbaumholz mit massiven Gravuren im typischen mitteleuropäischen Stil bedeckt sind und auf der rechten Seite einen Adler zeigen, der ein Murmeltier ergreift. Die Waffe wird in einem Original-Lederetui geliefert, in dem sich ein Ersatzmagazin, ein Anleitungsheft und eine Anschussscheibe befinden. Die Waffe ist praktisch neu und in perfektem Zustand. Für den Zuschlag musste der anonyme Käufer 40.000 Euro ausgeben. Zwei Lose mit fortlaufenden Nummern, nämlich 1240 und 1241, erzielten beide einen Verkaufspreis von 34.000,- Euro, und auch hier handelt es sich um zwei Heckler & Koch P7-Pistolen:
Aber der Reihe nach: Los 1240 ist eine Heckler & Koch P7 A10 XM9 im Kaliber 9 mm mit der Seriennummer 27842 und Beschusszeichen von 1982. Diese Waffe gehört zu einer Charge von 34 Waffen, die an die US-Armee zur Erprobung gingen: Das Suffix X steht für experimentell. Bekanntlich endeten die Versuche 1985 mit der Einführung der Pistole Beretta 92 mit dem Namen M9. Es wird angenommen, dass die meisten der getesteten Pistolen verschrottet wurden, was das Los 1240 für Sammler besonders wertvoll macht.
Das auffälligste Merkmal dieser Version ist das einreihige Magazin, ursprünglich mit einer Kapazität von 10 Schuss, das durch Anschweißen eines zusätzlichen, aus dem Griffstück herausragenden Teils sichtbar verlängert wurde. Die Waffe wird im klassischen H&K-Koffer zusammen mit zwei Magazinen, dem Benutzerhandbuch und der Werksanschussscheibe geliefert. Bei Los 1241 handelt es sich um eine Heckler & Koch P7 A13 XM9 im Kaliber 9 mm, wobei die Zahl 13 auf die Anzahl der Patronen im doppelreihigen Magazin anspielt.
Die Pistole hat die gleiche Seriennummer wie die vorherige Charge und trägt auch die Beschusszeichen von 1982. Das originale Finish ist phosphatiert, die Griffschalen sind aus Kunststoff, aus dem Vollen gefräst und schwarz lackiert. Die rechte Seite ist mit "XM 9" gekennzeichnet, die linke Seite mit "HK P7 A13". Die Pistole wird im Originalkarton mit zwei Magazinen und der Werksscheibe geliefert. Auch hier ist die extreme Seltenheit auf die Tatsache zurückzuführen, dass sie Teil des Loses war, das der U.S. Army für Adoptionstests vorgelegt wurde. Wie bereits erwähnt, erreichte der Preis die stolze Summe von 34.000 Euro.
Abschließend noch ein Wort zu den wirklich alten Waffen: Bei der Auktion vom 26. Oktober, die ausschließlich echten Museumsstücken gewidmet war, erzielte Los 3244 den Rekordumsatz: Ein fränkisches Schwert um 900 n. Chr. Die zweischneidige Klinge weist beidseitig flache Kehlungen auf, die fast bis zur Spitze reichen. Der Kern ist aus gedrehten Damaststrängen geschmiedet, die seitlichen Schneiden sind separat angebracht. Die Parierstange hat ein längliches, ovales Profil. In der Mitte ein Bronzebanner mit Inschrift, die eingravierten Buchstaben mit Resten von Silbereinlagen. Kräftige, leicht verjüngte Parierstange. Der Knauf ist zweiteilig geschmiedet, der untere Teil mit einem weiteren bronzenen Inschriftenband.
Die übrige Oberfläche ist mit feinen Fadenintarsien aus Bronze bedeckt. Länge 98 cm. Die Inschrift in Großbuchstaben ist wahrscheinlich in einem stark abgekürzten mittelalterlichen Latein geschrieben und daher schwer zu entziffern. Auf den Parierstücken ist das Wort "BENEDICT" zu lesen. Außerdem befinden sich zwischen einigen Buchstaben geradlinige Kreuze und andere nicht identifizierte Symbole. Die Inschrift ist jedoch ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Schwert einer hochrangigen Person gehört haben muss. Provenienz: Das Schwert wurde in den 1960er Jahren bei Ausgrabungsarbeiten in einer privaten Kiesgrube in der Nähe des Rheins gefunden und verblieb anschließend im Besitz der Familie des Finders. Der Verkaufspreis betrug 48.000,- Euro.
Zum Abschluss empfehlen wir einen Besuch auf der Seite von Hermann Historica. Hier finden sie nicht nur Infos zu allen Losen der vergangenen Auktionen, sondern auch alles zu den bevorstehenden. Viele Lose sind bei den beiden Auktionen im Oktober 2022 nicht übriggeblieben, doch ein Blick in den Nachverkauf lohnt sich immer! Alle unverkauften Lose können bis Ende November zum Startpreis zzgl. Aufpreis erworben werden. Details und Informationen sind unter www.hermann-historica.com zu finden.
Die nächste Auktion, eine "Online Only-Versteigerung", findet voraussichtlich vom 30. Januar bis zum 03. Februar 2023 statt.