"Zum Ersten, …zum Zweiten,…zum Dritten!" Dann ist ein kurzes, prägnantes Geräusch zu hören. Das metallische Klacken, wenn der Auktionator mit der stählernen Spitze seines Kugelschreibers die Platte des Auktionspults trifft. "Verkauft für 23.000,- Euro an den Bieter mit der Nummer….Wir kommen zu Los …Eine neuwertige Pistole Heckler & Koch PSP…"
Die Stimme des Auktionators ist ruhig, klar und deutlich. Routiniert trägt er die wichtigsten Informationen zum gerade angebotenen Stück vor und geht dann zu den Geboten über. Es ist Auktion beim Münchener Auktionshaus Hermann Historica – einem seit vielen Jahren fest etablierten Handelsplatz für Militaria, Orden und Ehrenzeichen, Antiken und eben auch Schusswaffen. Die waren bei Gründung des Auktionshauses gar nicht mit dabei, kamen erst im Jahr 2000 dazu, machen aber heute einen wesentlichen Teil des Geschäfts aus. "Schusswaffen aus fünf Jahrhunderten" heißt der Katalog, in dem die Auktionsware sorgsam sortiert, prägnant beschrieben und aufwändig fotografiert präsentiert wird.
So laufen die Auktionen bei Hermann Historica ab
Versehen sind die Stücke, die im Auktionskatalog als Lose bezeichnet werden, auch mit einem Startpreis. Es ist jener Preis, mit denen der Auktionator das jeweilige Stück zum Angebot bringt. Im Kontrast zum Auktionator steht das Treiben im Auktionsraum. Hier hat sich eine Schar von Kunden eingefunden, die teils mit erheblicher Anspannung den Verlauf der Auktion verfolgen, aufmerksam warten, um den Aufruf des begehrten Sammlerstücks nicht zu verpassen, um im entscheidenden Moment die Bieterkarte zu heben. Was dann zuweilen folgt, ist eine wahre Schlacht um die begehrten Stücke. Aktuell im Trend und mit enormen Preisentwicklungen: Pistolen des schwäbischen Herstellers Heckler & Koch aus den 1970er- und 1980er-Jahren. Geboten wird nicht nur vor Ort, sondern auch per Telefon, online oder schriftlich vorab. So manches Stück in der Auktion ist derartig selten, dass die Kunden gerne tiefer in Tasche greifen, um an das begehrte Stück zu kommen. Zu den Kunden gehören neben Waffensammlern aber auch Kuratoren von Museen und Waffenhändler, die ihren Warenbestand aufstocken wollen oder auch gezielt Suchaufträge ihrer Kunden abarbeiten. Ist das Stück einem Bieter zugeschlagen, beginnt hinter den Kulissen ein teils aufwendiger Prozess. Zunächst wird der Online-Katalog aktualisiert, der Zuschlagspreis wird nun für alle sichtbar. Manch ein Kunde, der vor Ort an der Auktion teilgenommen hat, möchte gleich bezahlen und das gute Stück sofort mitnehmen, andere Kunden vor Ort bieten zunächst noch auf andere Stücke, um dann den gesamten Einkauf auf einmal abzuholen. So mancher Kunde aus dem Ausland muss sich allerdings gedulden, bis er das ersteigerte Stück der heimischen Sammlung einverleiben kann. Da gilt es die Erstellung der Rechnung abzuwarten, nötige Erwerbs- und Einfuhrdokumente zu beschaffen und dem Auktionshaus nachzuweisen, denn dieses muss dann schließlich die nötigen Genehmigungen für die Ausfuhr beantragen. Erst dann kann das Stück die Reise zum neuen Eigentümer antreten. Oftmals vergehen Monate zwischen Ersteigerung und Erhalt der Waffe am Wohnort des Ersteigerers.
Startpreis, Zuschlagpreis, Aufgeld, Abgeld, Nachverkauf – fünf wichtige Begriffe bei Auktionen einfach erklärt
Der Startpreis ist der Preis, zu dem ein Stück im Auktionskatalog angeboten wird und zu dem der Auktionator mit der Versteigerung beginnt, wenn nicht bereits mehrere höhere schriftliche Gebote vorliegen. In diesem Fall wird das Los einen Bietschritt über dem zweithöchsten Gebot aufgerufen.
Wenn ein angebotenes Los sein höchstes Gebot erreicht hat, spricht man von Zuschlagpreis. Es ist der Preis, zudem der Auktionator das Stück nach dem Aufruf "zum Dritten" einem Bieter zuschlägt. Der Zuschlagpreis ist typischerweise höher als der Startpreis – muss er aber nicht sein. Bietet nur ein einziger Bieter auf das Los, ist der Zuschlagpreis gleich dem Startpreis.
Der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zahlt zusätzlich zum Zuschlagpreis das sogenannte Aufgeld. Es ist ein Teil der Vergütung für das Auktionshaus. Das Aufgeld beträgt bei Hermann Historica aktuell 29,5% und enthält auch die gesetzliche Mehrwertsteuer.
Der Einlieferer erhält für sein Stück den Zuschlagpreis abzüglich des sogenannten Abgeldes. Es ein weiterer Teil der Vergütung für das Auktionshaus, das damit auch einen Teil der Kosten der Erstellung des Katalogs finanziert. Das Abgeld beträgt bei Hermann Historica aktuell 20%, auch hier inkl. Mehrwertsteuer.
Wird ein Stück in der Auktion nicht verkauft, kann man es im sogenannten Nachverkauf erwerben. Hier besteht die Möglichkeit, es zum Startpreis zuzüglich des Aufgeldes zu kaufen. Der Nachverkauf beginnt unmittelbar nach der Auktion des jeweiligen Stücks und dauert typischerweise sechs Wochen.
Davor: So kommen Waffen bei Hermann Historica zur Auktion
Interessant ist es auch, den umgekehrten Weg zu betrachten. Den einer Waffe bis zum Aufruf durch den Auktionator in der Auktion. Am Anfang steht der Wunsch des Eigentümers, eine oder mehrere Waffen adäquat zu verwerten. Oftmals werden ganze Sammlungen aufgelöst, kommen auf diese Art und Weise hohe zweistellige, manchmal auch dreistellige Zahlen an Waffen zum Angebot. Oft mit dabei ist vielfältiges Zubehör zu diesen Waffen. Das können Pistolentaschen, Gewehrriemen, Mündungsschoner oder Putzgerät sein, aber auch Werkzeuge, Bedienungsanleitungen und Ausbildungsmaterial. Die Kunden auf Seiten der Einlieferer sind dabei genauso vielfältig wie die Kunden auf Seiten der Ersteigerer. Es sind Sammler, Händler, Museen oder auch einfach nur Hinterbliebene von Waffenbesitzern, die das ererbte Stück gut in den Markt bringen wollen. Gerade dieser Punkt macht die Verwertung so interessant. Oftmals können Laien den Sammlerwert einer Waffe auf dem internationalen Markt nicht richtig einschätzen, wären bereit, eine seltene Pistole 08 für einen moderaten Betrag im Bekanntenkreis an einen Berechtigten zu verkaufen. Waffenhändlern fehlt in ihrem Ladengeschäft mit Ausrichtung auf Jäger und Sportschützen vielleicht die Kundschaft für hochpreisige Pretiosen aus der Welt der Sammler und Liebhaber. Bestimmendes Element für die Wahl eines renommierten Auktionshauses ist aber oft auch das gute Gefühl, einen guten Marktpreis zu erzielen, denn "den Preis bestimmen die Kunden". So braucht sich niemand ärgern, wenn er später erfährt, dass sein günstig an einen Schützenkollegen abgegebenes Stück einen viel größeren Wert gehabt hätte. Hermann Historica versteigert die Waffen im Auftrag der Kunden. Das Geschäft wird dann aber über das Auktionshaus als Waffenhandelsunternehmen abgewickelt. So erfährt der Käufer nicht, wer die Waffe eingeliefert hat, und der Verkäufer nicht, wer sie gekauft hat. Eine Anonymität, die in Sammlerkreisen gerne gesehen ist.
Was ist eine Sammlerwaffe wert? Bewertung von Waffen beim Auktionshaus Hermann Historica durch Sachverständige
Den Startpreis in der Auktion legt übrigens der Sachverständige des Auktionshauses fest – nach einer eingehenden Begutachtung des Stückes. Fragen zu Hersteller und Modell, Seltenheit, Originalität und Erhaltungszustand spielen für die Bewertung eine wichtige Rolle. Ebenso aber auch Verfügbarkeit am Markt, Preisentwicklung der letzten Jahre und aktuelle Trends. Unterschiedliche rechtliche Einstufungen in den Ländern Europas, vor allem von historischen Waffen, sorgen oftmals für gewisse Unterschiede bei der Nachfrage und damit auch bei der Preisbildung. Ein Umstand, der sich sowohl für Käufer wie auch Verkäufer in barer Münze auszahlen kann. Was die Sachverständigen von Hermann Historica auszeichnet, sind ein geschultes Auge, viel Erfahrung und auch die Möglichkeit, ein zu bewertendes Stück mit anderen im Auktionshaus lagernden Waffen zu vergleichen. Fragen etwa nach der Originalität einer Brünierung sind leichter zu beantworten, wenn man gleich mehrere Stücke zum Vergleich heranziehen kann. Der Sachverständige erstellt dann den Text für den Katalog und gibt das Foto – bei teuren Waffen auch mehrere Fotos und eventuell auch eine Übersetzung seiner Beschreibung – in Auftrag. Zuletzt werden die einzelnen Beschreibungen sortiert, um im Katalog eine stimmige Reihenfolge zu bilden. Der Auktionskatalog bildet dann wiederum den Ausgangspunkt für die nächste Auktion. Es beginnt oft mit einem ungläubigen Staunen, welch seltene Waffen wieder zu einem Angebot zusammengestellt werden konnten, lässt schon in Startpreisen gewisse Entwicklungen am Markt erkennen, veranlasst das Sammlerherz, die verfügbaren Mittel und Erwerbsberechtigungen zu prüfen, um dann am Tag der Auktion zu hoffen, zu bangen oder mit anderen Sammlerkollegen zu diskutieren. Und alle warten auf das erlösende Klacken der stählernen Kugelschreiberspitze – egal ob Einlieferer, Ersteigerer oder nur Zuschauer. Mitgefiebert wird praktisch immer.
Hermann Historica feiert Jubiläum. Die nächste Auktion am 6. Mai 2024 ist die einhundertste Auktion
Alleine der Schusswaffenkatalog enthält über 1.000 Lose. Für die Kunden konnte wieder ein außergewöhnlicher Katalog mit seltenen Waffen aus fünf Jahrhunderten Waffengeschichte zusammengestellt werden. Ein absolutes Ausnahmestück stellt dabei sicher eine Prunk-Radschlossbüchse des österreichischen Kaisers Ferdinand III. dar. Eine Bittner-Repetierpistole markiert einen wichtigen Entwicklungsschritt auf dem Weg zur heute üblichen Selbstladepistole. Weiterhin dabei: ein Parabellum-Pistolenkarabiner Modell 1902 und gleich mehrere der von Edgar Budischowsky konstruierten Luxus-Pistolen namens Korriphila. Einen Vorgeschmack auf die kommende Auktion bietet der Flyer, der auch Exponate der anderen Auktionen zeigt.
Eine ausführlichen Überblick über die Highlights der Auktion haben wir auch schon hier auf all4shooters.com veröffentlicht.